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Holocaust, oder die Frage wird doch erlaubt sein....

8.262 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Antisemitismus, Holocaust, Völkermord ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Holocaust, oder die Frage wird doch erlaubt sein....

30.05.2006 um 05:31
Im letzten Schritt werden die ersten drei zusammengefasst und verhärtet.Rassismus
beginnt dabei nicht erst mit der Annahme, es gebe "hochstehende" und"minderwertige
Rassen" (Überlegenheitsrassismus), sondern bereits mit einer"rassentrennenden"
Aussonderung von Menschengruppen, durch die das gemeinsame sozialeLeben gespalten wird
(Reinhalterassismus, vgl. Kattmann 2003). Die so konstruierten»Rassen« sind als
sozialpsychologische Kategorien klar erkennbar: Weder »Weiße« und»Schwarze« der
Rassentrennung und Bevölkerungsstatistiken in den USA noch die »Arier«und »Juden« der
Nationalsozialisten waren je »Rassen« im Sinne der Bemühungenphysischer Anthropologen.
Rassisten schaffen sich ihre Rassen selbst aus ihren eigenenBedürfnissen. Rassismus
verschwindet daher nicht automatisch mit den diskriminiertenGruppen. Wie anders ist es
zu erklären, dass z. B. der Antisemitismus in Europaüberdauert, obwohl Juden nach
Massenmord und Vertreibung hier eine verschwindendgeringe Minderheit sind? Man kann in
einem mehrfachen Sinne von »Rassismus ohneRassen« sprechen.

Wie verhalten sich
die Rassenklassifikationen derAnthropologen zur sozialen Rassenkonstruktion? Wie ist es
zu erklären, dass dieRassenkunde überdauert, obwohl das biologische Rassenkonzept sich
als untauglicherweist? Handelt es sich um »Rassenkunde ohne Rassen«?




Grundzügeder Rassenkunde

Die wesentlichen Aussagen der anthropologischen
Rassenkundezeigen deutlich den bestimmenden Einfluss sozialpsychologischer Faktoren (s.
Tabelle1). Ins Auge fällt die Parallelität zwischen kulturell verschiedenen Einteilungen
derMenschen und der Vielzahl an rassentaxonomischen Systemen. Hier liegt offen zuTage,
dass die Anthropologen bei ihren systematischen Bemühungen nichtnach
naturwissenschaftlich definierten Merkmalen klassifizieren, sondern sich ebensowie
andere Menschen von Alltagsvorstellungen leiten lassen, die vom kulturellen undsozialen
Umfeld geprägt sind.

Die Wissenschaftsgeschichte der Rassenkundeliefert für
diese Vermutung zahlreiche Belege. Für die Aufstellung von Rassen sindinsbesondere
sozial vermittelte ästhetische Kategorien leitend gewesen (vgl. Herrmann1983). Obgleich
es zahlreiche Querverbindungen von biologischer Rassenkunde zuphilosophischen und
politischen Rassentheorien, wie die von J. Arthur de Gobineau, H.Steward Chamberlain und
Adolf Hitler gibt, sind die Belege für das wissenschaftlichmotivierte Klassifizieren von
Menschen aus den enger biologisch bestimmten Bereichenzu wählen.
Klassifikation von
Menschen
Rassenkunde Alltagsvorstellungen

Divergierende
Rassensystematiken


kulturelle Unterschiede

Exklusive
Abgrenzungen, Erfassen auch von Übergängen als eigene Rassen


soziale
Konstruktion von Gegensätzen, z. B. »Schwarze«/»Weiße«

Verknüpfung von Rasse,
Verhaltenseigenschaften und Kultur: Wesensaussagen überAngehörige einer Rasse



Annahme von gleichbleibenden Eigenschaftender Menschen während der Entwicklung
und über Generationen hinweg

Rasse wirdals eine die Individuen bestimmende
Ganzheit vorausgesetzt


NaiveTheorie über die Zusammengehörigkeit der
Menschen: Unterscheidung von Eigengruppe undFremdgruppen.



Tabelle 1:
Grundzüge rassenkundlicher Klassifikationim Vergleich mit Alltagsvorstellungen




Ein hervorragendes Beispielist die Ausdeutung der »Hautfarbe« als
Rassenmerkmal. Sie findet sich schon bei denersten Vorläufern und dann ausgeprägt bei
dem Vater der biologischen Systematik, Carlvon Linné. Die zehnte Auflage von dessen
»Systema naturae« (Linné 1758) ist bis heutefür die zoologische Nomenklatur (auf dem
Artniveau) maßgeblich. Für Linné ist dieEinteilung der Lebewesen essentialistisch
begründet. In den systematischen Kategoriendrücken sich für ihn die Ideen Gottes bei der
Schöpfung aus. Innerhalb der Art Homosapiens unterscheidet Linné vier geographische
Varietäten, die er folgendermaßencharakterisiert:

» Americanus rufus,
cholericus, rectus. ... Regiturconsuetudine.

Europaeus albus, sanguineus,
torosus....Regitur ritibus.

Asiaticus luridus, melancholicus, rigidus. ...
Regitur opinionibus.

Aferniger, phlegmaticus, laxus. .... Regitur arbitrio.«


Auffallend an dieserKlassifikation ist eine dreifach abgesicherte Vierteilung
der Menschheit: nachErdteilen, nach Hautfarben und nach Körpersäften. Die Einteilung
nach Erdteilenerscheint heute noch modern, für Linné waren jedoch alle dreiKriterien
naturwissenschaftlich begründet, auch und gerade die Orientierung an denKörpersäften.
Die antike Lehre von den vier Elementen (Feuer, Luft, Erde, Wasser)führte durch die
Parallele von Makrokosmos (Welt) und Mikrokosmos (Mensch) zur Lehrevon den (den
Elementen entsprechenden) vier Körpersäften (Galle, Blut, Schwarze Galle,Schleim), denen
im Mittelalter die Charaktere Choleriker, Sanguiniker, Melancholikerund Phlegmatiker
zugeordnet wurden. Linné hält sich also an die (physiologischen)Vorstellungen seiner
Zeit, wodurch sogleich die Verbindung von »Rasse« und Seele(naturwissenschaftlich)
elementar begründet wird.

Wie die Erdteile und dieKörpersäfte sollten die
Hautfarben ein objektives Kriterium abgeben. Die Angaben dazuwurden bei Linné in diesem
Sinne von Auflage zu Auflage eindeutiger. Nur der Afrikanerbleibt von der ersten Auflage
an unverändert »niger« (schwarz). Der Europäer wird von»albescens« (weißwerdend) zu
»albus« (weiß), der Amerikaner von »rubescens«(rotwerdend) zu »rufus« (rot). Die
stärksten Änderungen macht der Asiate durch: SeineFarbe wechselt von »fuscus« (dunkel,
bräunlich bis schwarz) bis zu »luridus«(blassgelb).

Wie Walter Demel (1992)
gezeigt hat, sind die Hautfarben der»Rassen« das allmählich sich herausbildende Ergebnis
eines Farbgebungsprozesses.Hatten noch viele Entdeckungsreisende die Hautfarbe der
Chinesen als weiß wie die derEuropäer beschrieben oder differenzierend zwischen hell,
gelblich, bräunlich bisdunkel abgestuft, so wurden die Beschreibungen in den
Rassenklassifikationen eindeutigauf »gelb« fixiert. Die Haut der Chinesen ist nur leicht
getönt, ihr mittlererPigmentierungsgrad entspricht dem südeuropäischer Menschen. Die
Hautfarbe der Chinesenwäre also ähnlich zu beschreiben wie die der Italiener, Spanier
oder Griechen. DieEuropäer verstanden fsich aber als »Weiße«. So wurden Südeuropäer
(unabhängig vomPigmentierungsgrad ihrer Haut) »weiß« und Chinesen mussten zum Kontrast
»gelb« werden.Das Eigenbild bestimmt das Fremdbild: Die Eigenbezeichnung »weiß« wurde
exklusiv fürEuropäer reserviert. Für die nichteuropäischen Völker wurden die Hautfarben
»gelb«,»rot« und »schwarz« konstruiert (vgl. Robins 1991, 168 ff.; Demel 1992).Gelbe
Chinesen findet man daher nur in Rassenklassifikationen und sonst nirgendwo.Und
natürlich gibt es keine »roten« und »schwarzen« Menschen und auch keine »weißen«.Im
Glauben an die Hautfarben aber fällt nicht auf, dass man in Asien oder Chinatownkeinem
gelben Menschen begegnet. Dass wir das soziale Konstrukt der Hautfarben als mitunserer
Wahrnehmung konform halten, beruht also bereits auf der Wirkung dieserKonstruktion.


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30.05.2006 um 05:31
Die Pigmentierungsgrade der Haut korrelieren in verschiedenen Regionen der Erde mit derUV-Einstrahlung. Die Tönung der Haut ist durch Selektion unabhängig in mehreren Regionender Erde gleichzeitig herausgebildet worden und gibt daher keine nähere Verwandtschaftzwischen den Populationen an. Obwohl selbst typologisch arbeitende Anthropologen heutedie Pigmentierung der Haut daher für ein ganz ungeeignetes Merkmal zur Klassifizierunghalten, beziehen sich die meisten Rassenklassifikationen nach wie vor auf Hautfarben. Daswissenschaftliche Bedürfnis nach eindeutiger Klassifikation vereinigt sich so seit Linné- und wider bessere Einsicht - mit einer sozialpsychologisch bedingten Hautfarbenlehre.

Rassenkunde erfordert klare alternative und exklusive Zuordnungen. Ein Menschkann danach nur einer »Rasse« angehören. So ist der Rassenkundler nach Knußmanngezwungen, auch Übergänge zwischen den "Schwerpunkten" gegen die angrenzendenPopulationen als getrennte »Rassen« abzugrenzen (s. Kasten). Durch das "Muss" zumKlassifizieren werden also aus "Abstufungen" und "Übergängen" definierte taxonomischeGruppen. Die Schärfe der Abgrenzung entspricht der der sozial konstruierten »Rassen« injeder Hinsicht. Hier wie dort gibt es nur Schwarz oder Weiß. Soziale und taxonomischeGruppenabgrenzung treffen einander im selben Geiste. Die »Schwarzen« Amerikas heiratennicht nur untereinander. Die Bevölkerungsstatistiken in den USA zählen dennoch weiterhinjeden Menschen als »schwarz«, der einen »Schwarzen« unter seinen Vorfahren hat. RainerKnußmann (1996, 426) folgt ohne Bedenken dieser Bestimmung, wenn er die Afroamerikanerunumwunden mit der Rassenbezeichnung »Negride« belegt. Biologisch-genetisch ist einesolche Zuordnung absurd; sie wird aus gesellschaftlichen Gründen getroffen.

DieRasseneinteilung ist in der Anthropologie während der gesamten Geschichte nicht alleinund häufig nicht einmal in erster Linie an körperlichen Merkmalen orientiert, sondernvielmehr auf seelische und geistige Merkmale ausgerichtet (vgl. Herrmann 1983; Seidler1992). Die Verbindung von Rasse und Seele bezeichnet der Humangenetiker Fritz Lenz alsdas eigentlich Wesentliche an der Rassenfrage und rechtfertigt in diesem Zusammenhang dieNürnberger Gesetze von 1935: »Wichtiger als die äußeren Merkmale ist dieabstammungsmäßige Herkunft eines Menschen für seine Beurteilung. Ein blonder Jude istauch ein Jude. Ja, es gibt Juden, die die meisten äußeren Merkmale der nordischen Rassehaben und die doch von jüdischer Wesensart sind. Die Gesetzgebung desnationalsozialistischen Staates definiert einen Juden daher mit Recht nicht nach äußerenRassenmerkmalen, sondern nach der Abstammung« (Lenz 1941, 397). »Rasse« bestimmt danach -auch unabhängig von äußeren Merkmalen - die Wesensart der Menschen.

Um »Rassen«eine solche Funktion zuzutrauen, muss man ihre Existenz als »unbezweilfelbar« hinstellen(s. Zitat von Knußmann im Kasten) oder noch besser einfach als gegeben ansehen:»Voraussetzung für die Berechtigung solcher [rassenkundlicher] Arbeiten ist allerdings..., dass man die lebendige Wirklichkeit von Rasse und Rassentypus überhaupt sieht undanerkennt. Kurz gesagt: Es gibt Neger und Europäer, Nordische und Dinarier als lebendigeund wirkende Erscheinungen. Gibt es sie aber, so muss der Forscher am Menschen auch nachMethoden suchen, sie in ihrem Wesen und Dasein, ihrer Entfaltung und all ihrenBeziehungen und Wirkungen zu erfassen« (Schwidetzky 1943, 179). Rasse wird so als einedie Individuen überdauernde körperlich-seelische Ganzheit verstanden. Nach dieserVorstellung ist ein Mensch aus verschiedenen Rassen zusammengesetzt, deren Anteile dieAnthropologen Egon von Eickstedt und Ilse Schwidetzky wähnten, mit Hilfe vonRassenformeln prozentgenau bestimmen zu können (Schwidetzky 1943; vgl. dazu Lenz 1941;1943). Die Rassentypologie macht die Gruppenzugehörigkeit zu einer individuellenEigenschaft: Nicht die Individuen bestimmen die Eigenschaften einer »Rasse«, sondern die»Rasse« bestimmt die Eigenschaften der Individuen: Menschen werden zu Typen.

ImNationalsozialismus wurde auf diese Weise »Rasse« zum Lebensgesetz für Individuen, Volkund Staat, dessen Herrschaft die deutschen Anthropologen (mit wenigen Ausnahmen) u. a.durch das Erstellen von Rassengutachten stützten (vgl. Seidler/ Rett 1982; 1988, 251 ff.;Kattmann/Seidler 1989, 10 ff.). Die Eickstedtschen Rassenformeln dienten beiBevölkerungsuntersuchungen in den eroberten Ostgebieten dazu, um anhand der rassischenQualität der Menschen zu entscheiden, ob diese einzudeutschen oder als Sklavenvölker zuhalten seien (vgl. Holtz 1942). Die Vorstellung, dass »Rasse« die Seele des einzelnen,den Volkscharakter und die Kultur bestimmt, ist mit dem Nationalsozialismus nichtverschwunden. Es liegt vielmehr in der sozialpsychologischen »Natur« des Klassifizierensvon Menschen, derartige Vorstellungen zu zeugen und auszutragen. Bei allem Hin- undHerwenden kultureller Einflüsse auf den Menschen sieht Knußmann (1996, 426) die Kulturprimär rassebedingt: »Eine jede autochthone Kultur muss ursprünglich auf dem Boden dessengewachsen sein, was die sie tragenden Menschen an speziellen Fähigkeiten und Neigungenbesessen haben.« Mit aller Vorsicht folgt Knußmann hier leise den Spuren Gobineaus. Essollte zu denken geben, was der Anatom und Bearbeiter des ersten Neandertaler-Fundes,Hermann Schaaffhausen, zu solchen Anschauungen »autochthoner« Kulturen ausführte: »Dieglücklichen Völker, die nun einmal durch das Zusammentreffen der günstigstenLebensbedingungen seit Jahrtausenden die Träger und Förderer der menschlichen Kulturgeworden sind, nicht durch sich selbst allein, sondern durch jene von Geschlecht zuGeschlecht, von Volk zu Volk, von Welttheil zu Welttheil fortgepflanzte Erbschaft vonGeistesschätzen , sie sind schon darum nicht berechtigt, die höchsten Güter der Welt fürsich allein in Besitz zu nehmen, weil die Erfahrung gelehrt hat und die Zukunft es immerwieder lehren wird, dass die menschliche Kultur einen um so höheren Aufschwung nimmt,jemehr sie Gemeingut aller Völker der Erde wird. Wenn man [wie Gobineau] die Rassen alsim Wesen verschiedene Menschenstämme ansieht, so zerfällt die ganze Geschichte in eineReihe unzusammenhängender, nacheinander ablaufender Schauspiele« (Schaaffhausen 1885,228, Hervorhebungen U.K., Rechtschreibung von 1885). Auch schon die ältesten unsbekannten Kulturen leben vom Austausch, nicht von der Abgrenzung. Letztere ist - wie dieFormulierung der Kulturen als Pseudospezies- ein Teil der sozialpsychologischenRassenklassifikation.

Rassenseelenkunde wurde in der 1. Auflage vom "Lexikon derBiologie" (Herder Verlag) betrieben (vgl. aber jetzt die 2. Auflage: Kattmann 2002).Zunächst wird dort die Existenz von »Rassenketten« als Ergebnis der geographischenDifferenzierung postuliert. Eine solche Annahme ist direkte Folge des Aufstellens vonRassetypen, mit der die kontinuierliche geographische Variation aufgeteilt wurde. Ohnediese Klassifikation wäre das Postulat überflüssig. Sodann werden Kulturen undVolkscharaktere auf eine Rassenkette zurückgeführt:

»bEin markantes Beispiel fürRassenketten ist die armenid-dinaride Rassenkette , die sich geographisch vonzentralasiatischen Regionen bis nach Schottland und Irland verfolgen lässt. IhrenPopulationen verdankt die Menschheit die wiederholte Ausbildung von Hochkulturen, etwadie der Hethiter, vielleicht auch der Sumerer. Temperament, Kreativität und Eigensinn derKelten und ihrer heutigen Enkel, der Gallier, Schwaben und mancher Bayern, sind wohldinarides Erbe« (Herder Lexikon der Biologie 1985, Bd. V, 402).

Ist der(anonyme) Autor naiv? Im Sinne der Problemstellung dieses Abschnitts ist diese Frage mitja zu beantworten. Die Antwort trifft aber nicht allein für den Autor des Herderlexikons,sondern auf alle Rassenkundler zu. Rassenklassifikation folgt insgesamt Alltagstheorienüber die Zusammengehörigkeit der Menschen. In der Geschichte der Rassenkunde ist es nichtgelungen, sich von diesen naiven Theorien zu lösen und statt dessen die tatsächlicheVielfalt der Menschen in den Blick zu nehmen. Im Konzept der Menschenrassen haben sichdie wissenschaftliche Bedürfnisse der Anthropologen zur Klassifikation mit denAlltagsbedürfnissen zur sozialen Gruppenabgrenzung vereint. So sind nicht allein dieinnerhalb rassistischer Ideologien konstruierten »Rassen« als sozialpsychologischeKategorien anzusehen, sondern auch diejenigen der anthropologischen Wissenschaft (s.Tabelle 1).


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30.05.2006 um 05:32
Humanbiologie jenseits von »Rasse«

Auch wenn »Rasse« kein wissenschaftlichesKonzept ist, muss man sich mit ihm im alltäglichen und wissenschaftlichen Diskursgleichwohl ernsthaft auseinandersetzen. Die Vorstellung, dass es menschliche »Rassen«gebe, ist im Alltagsdenken der Menschen stets anzutreffen und aufgrund sozial- undlernpsychologischer Ursachen mit wissenschaftlichen Argumenten nicht zu einfachabzulösen.

Auch von biologischer Seite wird der Kritik am Menschenrassen-Konzeptoft Unverständnis und Widerstand entgegengebracht, da man bei Aufgabe des Rassenbegriffsallgemeinbiologische Prinzipien verletzt sieht:

* Rassenklassifikation seiein in der ganzen Biologie übliches Verfahren (s. Knußmann, Zitat im Kasten).
*Der Mensch habe biologisch keine Sonderstellung und sei daher wie alle anderen Tierartenzu behandeln.
* Das Rassenkonzept sei zum Verständnis der Evolution notwendig (s.Chopra, Zitat im Kasten).

Die Einwände unterstellen meist, dass die Ablehnungdes Menschenrassen-Konzepts nicht durch naturwissenschaftliche, sondern durchideologische Gründe motiviert ist. Demgegenüber wird gemeint, mit dem Rassenkonzept dasPanier der Biologie als unvoreingenommener Wissenschaft hochzuhalten. Der Autor gesteht,dass er selbst lange Zeit ebenso gedacht hat und es für hinreichend hielt, dastypologische Rassenkonzept durch ein populationsgenetisches zu ersetzen (vgl. Kattmann1973). Die genaue Analyse zeigt jedoch, dass keines der Argumente, amMenschenrassen-Konzept festzuhalten, biologisch stichhaltig ist.

Zunächst istfestzustellen, dass der Terminus »Rasse« in der Zoologie weitestgehend obsolet ist undausgiebig nur von Anthropologen und Haustierkundlern verwendet wird. In der KlassischenGenetik wird er noch in einigen Schulbüchern benutzt, um die reinen Linien derMendelschen Erbgänge zu charakterisieren. Er ist in diesem Zusammenhang missleitend undgänzlich überflüssig.

Der einzige Objektbereich, in dem »Rasse« als Fachwortangewendet wird, sind die Zuchtformen der Haustiere. Bei diesen liegen tatsächlich»zoologische Formengruppen« vor, die typologisch nach »Rassekriterien« zu beschreibensind. Die Haustierrassen sind jedoch durch gezielte Auslese und Isolation vom Menschenauf jeweils einen Typ hin enggezüchtet worden. Insofern wurden hier vom Menschen selbst»Typen« erst geschaffen, wie sie Rassenkundler beim Menschen als Naturzüchtung zuerkennen glauben.

Natürliche Populationen sind jedoch genetisch vielfältig undkeineswegs mit Haustierrassen vergleichbar. Geographisch deutlich differenziertePopulationen werden zoologisch als Unterarten (Subspezies) bezeichnet. Die Unterteilungvon Arten in Unterarten oder noch feineren Kategorien ist dabei keineswegs einverpflichtendes biologisches Prinzip. Die zoologische Klassifikation ist nur auf demArtniveau zwingend: Jeder sich zweielterlich fortpflanzende Organismus gehört notwendigeiner Biologischen Art an, die als Fortpflanzungsgemeinschaft definiert ist. Unterhalbdes Artniveaus ist die Unterteilung dagegen eine Frage der Zweckmäßigkeit: Es gibt Arten,die (aufgrund fehlender oder nicht erfasster geographischer Differenzierung) nicht weiteruntergliedert werden, und solche, bei denen die Gliederung in Unterarten Schwierigkeitenmacht und entsprechende Versuche daher in der Zoologie umstritten sind. Vielfach stelltsich die geographische Differenzierung auch bei Tieren komplexer dar, als es dieEinteilung nach auffälligen Merkmalen erscheinen lässt (vgl. Senglaub 1982). Keinebiologische Gesetzmäßigkeit verpflichtet also Biologen dazu, Arten in Unterarteneinzuteilen.

Beim Menschen ist die Vielfalt innerhalb und zwischen denPopulationen so komplex, dass es unzweckmäßig ist, diese Art zoologisch weiter zuuntergliedern (vgl. Gould 1984). Dieser Befund gilt nicht exklusiv für den Menschen,sondern auch für manche andere Tierart. Für die Untergliederung einer Biologischen Artist jedoch allein wichtig, dass deren geographische Differenzierung damit angemessenbeschrieben wird. Das eben ist mit dem Rassenkonzept beim Menschen nicht möglich. DasVerwerfen des Menschenrassen-Konzepts hat also mit dem Postulat einer Sonderstellung desMenschen nichts zu tun, das vom Autor vielmehr aus biologischen Gründen entschiedenabgelehnt wird (vgl. Kattmann 1974). Das Rassenkonzept ist einfach untauglich, diegenetische Verschiedenheit der Menschen in ihrer individuellen und geographischenVielfalt angemessen zu erfassen.

Wie die Grundsätze der Klassifizierung werdenauch Prinzipien der Evolution durch das Verwerfen des Menschenrassen-Konzepts nichtverletzt, sondern differenziert. Nicht nur bezogen auf den Menschen ist die Vorstellungzu revidieren, Populationsdifferenzierungen entstünden allein durch Selektion ingeographisch isolierten Züchtungsräumen. Die molekulargenetische Rekonstruktion derGeschichte menschlicher Populationen (vgl. Cavalli-Sforza 1992) erklärt die genetischeDifferenzierung hauptsächlich aus Wanderschüben und Alleldrift (Gendrift) sowieAllelfluss (Genfluss) zwischen Populationen, ohne dass ein längerer Aufenthalt inisolierten Räumen angenommen werden muss. Schon deshalb ist die wanderaktive Art Menschnicht in geographische Unterarten differenziert. Alle heutigen Menschen sind einmal ausAfrika ausgewandert. So, wie die nach Amerika ausgewanderten Europäer dort nicht zu einerneuen »Rasse« wurden, so wenig gilt dies auch für unsere wandernden Vorfahren. Ob es unsgefällt oder nicht: Im Grunde genommen sind wir alle Afrikaner.

Der Abschied vomanthropologischen Rassenbegriff ist Teil eines wissenschaftsethisch notwendigenKonzeptwandels (vgl. Kattmann 1992, S. 134 f.). Mit ihm wird erkannt, dass die Evolutiondes Menschen und die Populationsgeschichte komplexer sind, als es schematischeVorstellungen von Rassen- und Artbildung vorzuschreiben scheinen.

Für eineHumanbiologie jenseits von Rasse ergeben sich folgende Schlussfolgerungen und Aufgaben:

* »Rasse« ist kein biologisch begründbares Konzept. Die systematisch schwerfassbare genetische Verschiedenheit der Menschen legt nahe, die Bemühungen umKlassifikationen unserer Spezies beiseitezulegen und das Konzept der Rasse durch dieBeschreibung und Analyse der Vielfalt der Menschen selbst zu ersetzen (vgl. Lewontin1986). Die Menschheit besteht nicht aus drei, fünf, sieben, 35 oder 300 »Rassen«, sondernaus annähernd 6 Milliarden Menschen. Nicht Typenbildung und Klassifikation von Typen sindwissenschaftlich gefragt, sondern das Verstehen von Vielfalt und Individualität.
* Mit dem Abschied vom Menschenrassen-Konzept ist Rassismus nicht erledigt. Eine solcheAnnahme wäre naiv und gefährlich, da sie menschenverachtende rassistische Anschauungenbagatellisieren würde. Rassistische Überzeugungen sind jedoch von der biotischen Existenzvon Rassen nicht abhängig, sondern erzeugen sich ihre Rassen selber. Nicht »Rassen« sindhier das Problem, sondern der Glaube an deren Existenz und die damit verbundenenWertungen und Wirkungen.
* Wer weiterhin naturwissenschaftlich von Rassen desMenschen sprechen will, muss erklären, in welchem Sinne dies sachgemäß und auch im Lichteder geschichtlichen Wirkungen des Konzeptes gerechtfertigt sein könnte. Hinter dieserForderung lauert kein Denkverbot, sondern das Gebot, Denkgewohnheiten zu hinterfragen undKonzepte auch hinsichtlich ihrer ethischen Implikationen zu reflektieren. Wissenschaftlersind nicht nur verantwortlich für das Handeln, sondern auch für das Denken, das sienahelegen oder anstiften (vgl. Frey 1992).

Autor: Prof. Dr. Ulrich Kattmann.Adresse: Prof. Dr. Ulrich Kattmann, Instiut für Biologie, Geo- und Umweltwissenschaften,Carl von Ossietzky Universität Oldenburg, D-26111 Oldenburg


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30.05.2006 um 05:33
Das System der nationalsozialistischen Konzentrationslager PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Wolf Oschlies

Von Anfang an haben deutscheKFZ-Zulassungstellen die Buchstabenkombinationen "SS" und "KZ" nicht für Autokennzeichenvergeben. Das ist verständlich, auch wenn es sachlich dafür keinen Grund zu gebenscheint: Offiziell gab es in Deutschlands niemals "KZs" - weil die amtliche Abkürzungdafür "KL" lautete; um welches Lager es sich jeweils handelte, verrieten die angehängtenBuchstaben, also etwa "KLD" für "Konzentrationslager Dachau" (oder " Kann Lange Dauern"im Häftlingsjargon). Die Deutschen haben das Konzentrationslager auch nicht erfunden undnicht als erste eingerichtet - ihnen kamen im bereits im 19. Jahrhundert Spanier (Kuba1896) und Briten (Süd-Afrika 1899) zuvor. Danach machten Lenins Bolschewiken 1918 inRußland das schlechte Beispiel nach, Stalin vervollkommnete es in den 1930er Jahren, nachdem Zweiten Weltkrieg gab es entsprechende Lager in ganz Osteuropa, auch in Griechenland,später in Chile, in Kambodscha und anderswo.

Das alles ist mehr oder mindervergessen, denn von 1933 bis 1945 existierten die von Deutschen eingerichteten undbetriebenen Konzentrationslager, die in ihrer unwiederholbaren Grausamkeit dieseInstitution prägten und sie ein für allemal im Gedächtnis der Menschheit mit demdeutschen Namen verknüpften. Eben das ist das bleibende "Erbe" von Hitlers Herrschaft -alle Deutschen für alle Zeit mit dem verbunden zu haben, was in Dachau, Auschwitz undTausenden weiterer Konzentrationslager geschah.

Hier soll keineswegs derdeutschen "Kollektivschuld" (oder ähnlichem) das Wort geredet werden, denn die gab esselbstverständlich nicht. Was es aber gab, hat die Historikerin und Philosophin HannahArendt (1906-1975) beschrieben, nämlich daß die Existenz totalitärer Herrschaftsformen"mit der Existenz von Konzentrations- und Vernichtungslagern steht und fällt". Warum?Hannah Arendt: "Diese Lager sind die eigentliche zentrale Institution des totalen Macht-und Organisationsapparates".

Wie viele KZs gab es eigentlich? Polnische Autorenhaben gelegentlich die allein in Polen bestehenden Lager, Nebenlager, Zuchthäuser,Gefängnisse, Polizeiarreste etc. addiert und sind auf über 6.000 gekommen. DeutscheAutoren meinten, "die SS überzog Europa mit 1.634 Konzentrationslagern", polnischehielten dagegen, es wä-ren "mindestens 8.800 gewesen". Kurz nach Kriegsende versuchtenmanche, das Netz der KZs kartographisch zu erfassen - heraus kamen Europa-Karten, die biszu Unkenntlichkeit mit Punkten übersät waren, bei denen für die Nennung von Ortsnamen garkein Platz mehr war.

Hinzu kommt, daß KZ nicht gleich KZ war. Die Lagerentstanden zu verschiedenen Zeiten, an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zwecken -was zwar eine bis Kriegsende beibehaltene Differenzierung einschloß.

ZuOpferzahlen in KZs gibt es verschiedenste Daten. Aber alle Zahlen zu KZs sind nurannähernde Schätzungen. Die "Herren" der Lager waren absichtlich keine guten Buchhalter,sie legten es vielmehr darauf an, die genaue Zahl der Häftlinge nirgendwo exakt zuvermerken. In den meisten Lagern "im Osten" wurden Häftlingsnummern nur bis 20.000ausgegeben - war diese Zahl erreicht, fing man wieder von vorn an. So erklären sichgewisse Diskrepanzen der obigen Aufstellung, die zwischen den Angaben zu den Häftlingenund denen der Toten bestehen.

Hinzu kommt die Vermutung, daß alle KZ-Zahlen zuniedrig sind. Beweisen kann man das nicht, aber doch die eigene Vermutung stützen:Auschwitz bestand 1.778 Tage, auf seinem Gelände waren vier große Krematorien in Betrieb,die 6.000 Leichen pro Tag verbrennen konnten. Hinzu kamen einige kleinere Krematorien undmehrere "wilde". Wer hier anfängt zu multiplizieren, gelangt zu schwindelerregendenZahlen - die wiederum erheblich vermindert werden müssen, weil nicht jeden Tag TausendeMenschen getötet und verbrannt wurden. Aber wie viele Opfer gab es genau, nicht nur inAuschwitz?

Die Antwort wird nie gegeben werden können, weil Konzentrationslager,wie Hannah Arendt sagte, die Verkörperung absoluter, uneingeschränkter Macht waren.Nämlich die Macht der Betreiber, denen die absolute Rechtlosigkeit der Häftlingegegenüber stand. Dieses System wurde "Schutzhaft" genannt.


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30.05.2006 um 05:33
"Schutzhaft"

Die Schutzhaft war eines der schlagkräftigsten Instrumente desNS-Regimes zur Bekämpfung seiner Gegner. Mit Hilfe der "Schutzhaft", derenformaljuristische Grundlage die "Reichstagsbrandverord-nung" vom 28. Februar 1933bildete, schuf sich die Gestapo einen von jeder rechtsstaatlichen Bin-dung gelösten Raumstaatlicher Willkür. Erste Opfer der "Schutzhaft" waren vor allem Funktionäre derArbeiterbewegung sowie Juden, die in den zunächst "wilden" Konzentrationslagernfestgesetzt wur-den. Ende Juli 1933 befanden sich in ganz Deutschland mehr als 26.000Menschen in "Schutzhaft". Anfänglich wandten sich die Justizbehörden noch gegengerichtlich nicht überprüfbare Verhängung der "Schutzhaft". Doch der Hausjurist derGestapo, Werner Best (1903-1989), konnte Hitler schon 1935 überzeugen, daß"Schutzhäftlinge" keinen Anspruch auf rechtlichen Beistand hätten. Drei Jahre spätersanktionierte das Reichsinnenministerium die gängige Praxis einer "unmittelbarennormfreien Anwendung der Staatsgewalt". Die Ausweitung der von "Schutzhaft" bedrohtenPersonengruppen auf "Bibelforscher" (= Zeugen Jehovas), "Arbeitsscheue", "Asoziale" sowie"Zigeuner" spiegelt den Anspruch des nationalsozialistischen Systems wider, die"Volksgemeinschaft" radikal umzugestalten. "Rassisch", politisch und sozial Unerwünschtewurden systematisch ausgegrenzt. Im Zuge des November-Pogroms wurden 1938 mehr als 26.000Juden in "Schutzhaft" genommen. Die 1933 noch mit der Notwendigkeit der Stabilisierungdes NS-Systems begründete Schutzhaft war nun endgültig zu einer festen Institution derRepression geworden. Nach Beginn des Zweiten Weltkriegs sollten "Schutzhäftlinge" für dieDauer des Kriegs prinzipiell nicht mehr entlassen werden.
Theodor Eicke
TheodorEicke (1892-1943)
Die Schutzhaft wurde etwa ab Februar 1933 praktiziert: Nach demReichstagsbrand verhaftete die SA willkürlich politische Gegner und hielt sie in deneigenen Räumlichkeiten gefangen - etwa 25.000 Menschen sind durch diese sog. "wildenKonzentrationslager" gegangen. Im März 1933 wurde in Dachau in einer ehemaligenMunitionsfabrik das erste Konzentrationslager geschaffen, das ab Juni von Theodor Eicke(1892-1943) geleitet wurde. Der betrieb das Lager von Anfang an als eine ArtBerufsschule, als "SS-Übungslager". Eicke, der in jüngeren Jahren ärztlich fürgeisteskrank erklärt worden war, schuf die "Besondere Lagerordnung", die später für alleKZs obligatorisch wurde: "Schutzhaftgefangenen" wird niemals der Grund für ihreInhaftierung genannt; gegenüber den Bewachern sind sie "ausnahmslos in einemuntergeordneten Verhältnis"; für sie gilt "militärische Zucht und Ordnung vom ersten Tagean"; es sind "allen SS-Angehörigen militärische Ehrenbezeugungen zu erweisen"; dieOrganisation der Gefangenen unterliegt "Ordnungsmännern" aus ihren Reihen, die von der SSBefehle erhalten und diese "unter allen Umständen durchzudrücken" haben; "dieUnterkunftsstuben müssen sich zu jeder Zeit in einem musterhaft sauberen Zustandbefinden"; "die Gefangenen sind ausnahmslos zur körperlichen Arbeit verpflichtet";Briefverkehr mit Angehörigen ist gestattet, aber "alle auslaufenden Briefe und Postkartensind frankiert und offen dem Gef. Kompanieführer zu übergeben" - und so weiter, wobei beijeder Bestimmung angefügt war, daß jedweder Verstoß gegen diese "bestraft" würde. Detailsregelte die (ebenfalls von Eicke entworfene) "Disziplinar- und Strafordnung für dasGefangenenlager", die gleich in der "Einleitung" bestimmte (in originaler Orthographie):


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Holocaust, oder die Frage wird doch erlaubt sein....

30.05.2006 um 05:33
"Die vollziehende Strafgewalt liegt in den Händen des Lagerkommandanten, welcher für dieDurchführung der erlassenen Lagervorschriften dem Inspekteur der Konzentrationslager (=Eicke, W.O.) persönlich verantwortlich ist. (...) Toleranz bedeutet Schwäche. Aus dieserEr-kenntnis heraus wird dort rücksichtslos zugegriffen werden, wo es im Interesse desVaterlan-des notwendig erscheint. (...) Den politisierenden Hetzern und intellektuellenWühlern - gleich-welcher Richtung - aber sei gesagt, hütet euch, dass man euch nichterwischt, man wird euch sonst nach den Hälsen greifen und nach eurem eignen Rezept zumSchweigen bringen".

"Papa" wurde Eicke von seinen Untergebenen genannt, die zwaralle der SS angehörten, aus dieser aber wegen ihrer besonderen Aufgaben - Bewachung derKZs - organisatorisch ausgegliedert waren. Wegen ihres Zeichens auf Mützen und rechtemKragenspiegel wurden sie Totenkopfverbände genannt, und unter eben diesem Na-men wurdensie im März 1936 offiziell anerkannt.


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Holocaust, oder die Frage wird doch erlaubt sein....

30.05.2006 um 05:34
Ausbildung und Organisation der Wachverbände des KZ-Systems, der SS-Totenkopfverbände
Emblemen der SS Totenkopfverbände
Emblemen der SS Totenkopfverbände

DerEinteilung in sechs regionale Sturmbanne (Bataillone) 1934 folgte die Anerkennung Hitlersals Verbände der Partei und deren Finanzierung über den Reichshaushalt im September 1935;bis zum März 1936 wurden die Verbände dann auf 5.500 Mann vergrößert, bis März 1938bestanden - ein-schließlich einer neu aufgestellten Einheit in Oberösterreich - vierSS-Totenkopfstandarten (Regimenter) zu je 3 Bataillonen. Bis zum Kriegsbeginn betrug mitausdrücklicher Billigung und Unterstützung Hitlers nach einem Geheim-Erlaß vom 17. August1938 (...) eine verstärkte Polizeireserve "zur Lösung von Sonderaufgaben polizeilicherNatur" zu schaffen, die Stärke der Totenkopf-Verbände 22.033 Mann, die als motorisierteInfanterieregimenter ausgerüstet waren, bis zum Kriegsbeginn gar 24.000 Mann. Diesewurden zum Stammpersonal jener "3. SS-Division Totenkopf", die als Teil der Waffen-SS imKrieg zu einer der militärisch erfolgreichsten, vor allem aber angesichts ihrerKriegsverbrechen ge-fürchtetsten Einheiten der Waffen-SS wurde. Ihre Ausbildung alsKZ-Wächter wie als fanatische, weil politisch und ideologisch motivierte Soldaten warEickes zentrale Aufgabe zwischen 1936 und 1939, aber auch in den Folgejahren alsKommandeur dieser Division.
Kennzeichnung der Häftlinge in den Konzentrationslagern
Kennzeichnung der Häftlinge in den Konzentrationslagern
Die in jeder Hinsichtvariierende Kommunität der Häftlinge wurde etwa ab 1938 allmählich durch Dreiecke("Winkel") auf der blau-weiß gestreiften Sträflingsuniformen unterschieden: Rotbezeichnete "Politische", grün Kriminelle, schwarz "Asoziale", blau Emigranten, rosaHomosexuelle, violett Zeugen Jehovas ("Ernste Bibelforscher") und braun "Zigeuner".Später wurden die Zigeuner den Asozialen zugerechnet, womit der braune Winkel entfiel undfortan nur noch sechs Kategorien von Häftlin-gen existierten. Juden wurden mitgelb-schwarzen Davidsternen markiert. Weitere Differenzierungen wurden nachNationalitäten vorgenommen (roter Winkel + P = Pole), Haftumständen ("Strafkompanie","Fluchtverdächtige" etc.) Oberhalb der Winkel waren Leinenstreifen mit denHäftlingsnummern aufgenäht. "Funktionshäftlinge" waren durch Armbinden herausgehoben:gelb für "Capos" (Vorarbeiter), schwarz für "Stuben- " bzw. "Barackenälteste".

Als Phänomen blieb das Konzentrationslager zwar zeit seines Bestehens unverändert,machte aber dennoch einige Wandlungen durch. Sehr grob lassen sich folgende dreiEntwicklungsabschnitte konstatieren:

* 1933-1936: Übergang von "wilden" KZszu institutionalisierten, strukturelle Festle-gungen aufgrund des "Musterlagers" Dachau,Herausbildung von Verwaltungs-strukturen, Herrschaftsverhältnissen und Strafbestimmungen.

* 1936-1941: Ausweitung der Inhaftierten auf Kriminelle, Asoziale, Zigeuneretc. Anfänge einer wirtschaftlichen Nutzung der Häftlinge durch auszubeutendeZwangsarbeit, vermehrte Inhaftierung von Juden, nach Kriegsbeginn auch von Polen.

* 1942-1945: Totale Nutzung der Häftlinge für Zwangsarbeit in derRüstungsproduktion, "fabrikmäßige" Massenvernichtung im Zuge der "Endlösung derJudenfrage", darum starke Expansion von "Nebenlagern" (in der Nähe vonProduktionsstätten) und reinen Vernichtungslagern.

Vergleicht man die drittemit der ersten Phase, dann kann man nur staunen: Anfänglich galt, daß die KZs nur als"vorbeugende Maßnahe" zu verstehen seien und die überfüllten Polizeigefängnisse entlastensollten. Das traf sogar zu: Bis 1939 waren Entlassungen aus dem KZ so sehr die Regel, daßeine durchschnittliche Haftdauer etwa 12 Monate betrug. Erst mit der "großdeutschen"Territorialerweiterung, die im Verlauf des Kriegs erfolgte und immer neue, immer größereund immer mehr "fremdvölkische" Massen in die KZs brachte, hörte das auf: Man brauchteund baute größere Lager, in denen Menschen auf unbestimmte Zeit festgehalten wurden, weilsie für die Zwangsarbeit oder den Tod bestimmt waren - im Regelfall für beides, sobaldsie für die Arbeit zu erschöpft waren.

Jedes KZ war ein äußerlich hermetischabgeriegelter Komplex, dessen Existenz die Außenstehenden zwar wahrnahmen, von dessenInterna sie jedoch so gut wie nichts erfuhren. Das lag an der ausgeklügelten Organisationfunktionaler Entmischung, die in den Lagern die Norm war. Die Lagerverwaltung hatte dievon Eicke in Dachau geschaffenen fünf Abteilungen: I - Kommandantur (Dienst- undPersonalangelegenheiten), II - Politische Abteilung (Gestapo, verantwortlich fürEinweisungen, Entlassungen, Verhöre, Exekutionen etc.), III - Schutzhaftlager (innererDienstbetrieb, Arbeitseinsatz), IV - Verwaltung (ökonomisches Zentrum), V -Sanitätswesen. Darüber hinaus war ein KZ geradezu urban gegliedert: 1

DasLagergelände wurde zoniert, in Regionen aufgeteilt. Ein Konzentrationslager besteht nichtnur aus einer Ansammlung von Holzbaracken. Je nach Ausbaustadium befanden sich auf seinemAreal Werkstätten, Fabrikhallen und landwirtschaftliche Betriebe, Heizwerk undLöschteich, Kasernen und Büros, Bordell und Kino, Kantinen, Lazarette, Gefängnis undKrematorium. Vollständig ausgebaut war es eine Ortschaft mit Straßennetz undGleisanschluß, eine Stadt für Personal und Gefangene, in der Tausende, zeitweiligZehntausende Menschen untergebracht waren. In einer modernen Standardform ist das Lagereine geschlossene Ortschaft mit Einrichtungen, die der Infrastruktur einer Stadtentsprechen. Das Machtzentrum lag im Verwaltungsbezirk. Die Betriebe der Privatfirmen(...), die Steinbrüche, Ziegeleien, Textil- und Holzbetriebe lagen etwas weiter entfernt.(...) im KZ (herrscht) das Prinzip der verdichteten und segmentierten Masse. Der Raum istnicht in kleine Zellen aufgeteilt, sondern in Felder und Blocks. Die Insassen wurden alskompakte Einheiten überwacht. Sie wurden so dicht zusammengepresst, daß persönlicheHandlungsräume nahezu ausradiert waren. Das System der Felder war, sofern keinenatürlichen Hindernisse im Weg standen, unendlich ausdehnbar".

Israelische undandere Autoren haben mitunter die Fragen verständnisloser Nachfahren thematisiert, "warumhabt ihr euch das alles im KZ gefallen lassen". Die Frage erscheint berechtigt: Warumsind Millionen Juden und andere widerstandslos in Gaskammern gegangen und haben sichumbringen lassen? Die Antwort kann nur in genauerer Kenntnis KZ-interner Verhältnissegegeben werden, und sie ist schmerzlich: Die SS hatte auch die größten Lager - Auschwitz,Majdanek - so lückenlos "im Griff", daß sie zwar allgegenwärtig war, aber nicht immerpräsent sein musste. Beispielsweise war nachts kein SS-Mann in einem Lager. Das war auchnicht nötig, denn das "Erfolgsgeheimnis" der KZ-Betreiber waren die zahlreichenHierarchien, die die Häftlinge so auseinander dividierten, daß von ihnen keine kollektive"Gefahr" mehr drohen konnte. Die wichtigsten Hierarchien waren:

*Soziopolitisch: Politische versus kriminelle Häftlinge, "rot" gegen "grün". Zwar wur-dendie "Grünen" von der SS bevorzugt, aber die "Roten" waren ihnen zumeist in Bezug aufIntelligenz und internen Zusammenhalt überlegen.

* Funktional:"Lageraristokratie" (Capos, Älteste etc.) gegen den Rest der Häftlinge.

*Temporär: Neuankömmlinge ("Zugang") versus "alte Nummern".

* Ethnisch: Inabsteigender Linie Deutsche, Nord-Europäer, West-Europäer, Ost-Europäer, Slaven.

* Rassistisch: Juden und "Zigeuner" als verachtetste Gruppen.

Vorlangen Jahren hatte der Verfasser Gelegenheit, anlässlich einer Tagung in Bad Boll denVortrag eines ehemaligen Auschwitz-Häftlings anzuhören (der inzwischen in Österreich zumLeiter der dortigen KZ-Gedenkstätten avanciert war). Er berichtete, daß in Auschwitzseine Aufgabe gewesen war, Wände der einzelnen "Blöcke" mit künstlerischen Malereien zuversehen - "und glauben Sie mir, ich habe mich mit allem Können bemüht, gut zu malen,denn nur wenn meine Arbeit den Capos, Blockältesten, SS-Männern gefiel, hatte ich wiedereinen Tag heil herumgebracht, und nur darum ging es in Auschwitz".

Nur darumging es wirklich in Auschwitz, denn vor einem waren alle Häftlinge wieder gleich - vordem Tod. Der Tod war allgegenwärtig, der langsame Tod durch Hunger und Erschöpfung, oderder rasche Tod durch Erschießen, Erschlagen etc. Diesem Tod wieder einen Tag entkommen zusein, war im Bewusstsein der Häftlinge eine große Tat. Und ein KZ gar überlebt zu haben,erschien ihnen als glänzendster Beweis von Widerstand. 2

Autor: Wolf Oschlies


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Holocaust, oder die Frage wird doch erlaubt sein....

30.05.2006 um 05:34
Zeitzeugen

Zeitgeschichte an sich ist nicht erfahrbar, sie wird als persönlicheGeschichte und von jedem anders erlebt. Eine Gesellschaft verarmt, wenn sie das Wissenund die Erfahrung älterer Menschen nicht nutzt, um die kritischen Fragen der jüngerenGeneration zu beantworten. Zeitzeugen vermitteln uns kein "wahreres" Bild derVergangenheit als Daten und Fakten. Erinnerung ist subjektiv und kann sich mit der Zeitverändern. Aber Daten und Fakten allein spiegeln uns nicht das "wahre" Bild derVergangenheit, weil sie die Bedeutung nicht einfangen können, die Geschehnisse für dieeinzelnen Menschen haben. Beide zusammen erst machen Blicke frei auf das ganze Bilddessen, was geschehen ist.

Den bedeutsamsten Wert haben solche Quellen für dieErforschung des alltäglichen Lebens und des Geschichtsbewusstseins der berichtendenMenschen. Dabei muss der Leser bzw. Zuhörer sich jedoch bewusst sein, dass sich oftmalspersönliche Erinnerungen mit allgemeinen Ansichten vermischen. Auch ist das, was jemandtatsächlich erlebt hat, und das, woran er oder sie sich erinnert, nicht unbedingtidentisch. Oft liegen Jahrzehnte zwischen der Erzählung und dem erlebten und an mancheswerden sich die Menschen gar nicht mehr erinnern.

Doch ungeachtet dieserVorbehalte stellt die Oral History Quellenmaterial von Menschen bereit, die sonst in derGeschichte ungehört blieben. Mit der Erzählung des individuell Erlebten bieten sie eineeigene Perspektive auf die „große” Geschichte.

Unser Projekt arbeitet derzeitdaran einen Zeitzeugenbereich aufzubauen und Berichte auf Shoa.de zu publizieren.

Falls Sie interesse daran haben Ihre eigenen Erfahrungen aufzuschreiben und bei unszu veröffentlichen so freuen wir uns über eine Mail an die Redaktion.

Shoa.deselbst vermittelt keine Zeitzeugen. Aber wenn Sie selbst als Lehrer, Wissenschaftler oderJournalist auf der Suche nach Zeitzeugen sind, helfen Ihnen Institutionen wie dieZeitzeugenbörse in Berlin gerne weiter.


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Holocaust, oder die Frage wird doch erlaubt sein....

30.05.2006 um 05:40
Ja, manche Frage in "Sachen" Holocaust mag "erlaubt" sein, doch manche MENGE an Antwortenumsomehr.

q.


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30.05.2006 um 06:44
moin

die links hätten auch genügt

buddel


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30.05.2006 um 06:59
@ buddel

Ich denke da anders.

q.


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30.05.2006 um 07:27
http://www.shoa.de/component/option,com_frontpage/Itemid,1/

moin


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30.05.2006 um 10:21
Auch ich fühle mich nicht schuldig an dem Geschehen damals.

Aber es macht michfürchterlich wütend, dass insgeheim immer noch Steuergelder in Wiedergutmachungenfliessen.

Angeblich verjährt Völkermord ja nie - nur die dummen Deutschen werdenimmer noch gegeisselt.

Und da die Sieger die Geschichte schreiben, wird es immerso bleiben.


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30.05.2006 um 10:23
Bist Du aus Brasilien, Knolle?


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30.05.2006 um 10:24
Wenn Du nicht aus Brasilien, sondern DEUTSCH bist, habe ICH mit DIR ein Hühnchen zurupfen.



QUENTIN


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30.05.2006 um 10:25
Auch ich fühle mich nicht schuldig an dem Geschehen damals.

Aber es macht michfürchterlich wütend, dass insgeheim immer noch Steuergelder in Wiedergutmachungenfliessen.

Angeblich verjährt Völkermord ja nie - nur die dummen Deutschen werdenimmer noch gegeisselt.

Und da die Sieger die Geschichte schreiben, wird es immerso bleiben.
<


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30.05.2006 um 10:27
Stehst Du stellvetretend....


Stehst Du stellvetretend....




(Na ja nu.. ein Goethe hätte das verstanden... ein Schiller ooch)


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30.05.2006 um 10:44
@quentin

Was soll deine Bemerkung?

Ich bin Deutsche und du kannstHühnchen rupfen wenn du willst.

Das ist meine Meinung und die darf ich ja nochkundtun oder wird das zensiert?????


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30.05.2006 um 13:19
Ich schließ mich Knolle's Beitrag an...


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30.05.2006 um 14:57
grundgesetz, artikel 5. meinungs- und pressefreiheit; freiheit der kunst und derwissenschaft:

jeder hat das recht, seine meinung in wort, schrift und bild FREIzu äussern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen quellen ungehindert zuunterrichten.

das ist, was ich dazu noch sagen wollte.


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