Die geplatzte Regierungskoalition und vorgezogene Bundestagswahl 2025

Da die Ampel-Koalition Geschichte ist und die weitere Diskussion das ursprüngliche Threadthema verwässert, haben wir uns in der Verwaltung besprochen und entschlossen, einen neuen Thread zum Thema zu erstellen.

Zur Chronologie:
Am 06.11.2024 hat Bundeskanzler Olaf Scholz seinen (nun ehemaligen) Bundesfinanzminister Christian Lindner von seiner Funktion enthoben. Die FDP hat daraufhin die Regierungskoalition verlassen.
Seither führt Scholz eine Minderheitsregierung aus SPD und Bündnis 90/die Grünen. Aktuell plant er, im Januar die Vertrauensfrage zu stellen und noch einige Gesetzesinitiativen dem aktuellen Bundestag vorzulegen. Dies würde Neuwahlen im März 2025 bedeuten.
Die Opposition fordert eine unverzügliche Vertrauensfrage, was voraussichtlich zu Neuwahlen im Januar oder Februar führen würde.

Die Wahl muss gut vorbereitet werden, das sagt auch die Bundeswahlleiterin Ruth Brand und empfiehlt den März als frühesten Wahltermin.

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Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnte in einem Brief an den Kanzler jüngst vor zu großer Eile. Aus organisatorischen Gründen sei eine Neuwahl im Januar oder Februar riskant. Termine und Fristen, die in die Weihnachtszeit oder in den Zeitraum zwischen den Jahren fallen würden, könnten zu Problemen führen, etwa auf Gemeideebene. Sie mahnte, es könne dazu kommen, dass Wahlvorschläge nicht zugelassen würden. Die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl sei essenziell für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie.
...

Quelle: https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/termin-bundestagswahl-100.html

Ilian schrieb:Die Opposition fordert eine unverzügliche Vertrauensfrage, was voraussichtlich zu Neuwahlen im Januar oder Februar führen würde.

Warum fordern die das eigentlich? So ganz verständlich ist es mir nicht. Um was geht es hier denn? Um das Wohl des Landes, da könnte die Opposition doch auch einfach abwarten und die Zeit bis dahin faire Politik betreiben. Welches Signal sendet man denn den Bürgern, der Außenpolitik?

Sogar die Bundeswahlleiterin warnt bezüglich des Schweinsgalopp.

In einem Brief appelliert Ruth Brand an die Spitzen des Staates, nach dem Bruch der Ampelkoalition nichts zu überstürzen. Sie sieht die Gefahr, dass „das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnte“.

Es sei erforderlich, den Zeitraum von 60 Tagen ab der Parlamentsauflösung auszuschöpfen

Die Bundeswahlleiterin schreibt jetzt, „für die beteiligten Stellen, wie Wahlorgane, Länder und Gemeinden“ stelle eine vorgezogene Neuwahl des Bundestags eine große organisatorische Herausforderung dar. „Da die ordnungsgemäße Vorbereitung und Durchführung der Wahl essenziell für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Demokratie ist“, sei „es erforderlich, den Zeitraum der 60 Tage ab Auflösung des Deutschen Bundestages voll ausschöpfen zu können, um alle erforderlichen Maßnahmen rechtssicher und fristgemäß treffen zu können“.

Insgesamt sehe sie in diesem Fall „eine hohe Gefahr, dass der Grundpfeiler der Demokratie und das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnte“. Sie bitte deshalb, die von ihr aufgezeigten Risiken „bei einer Bestimmung des Wahltermins zu berücksichtigen“.

Quelle: https://www.sueddeutsche.de/politik/neuwahlen-vertrauensfrage-scholz-bundeswahlleiterin-lux.KupDS8shQuUr8x3cGSP7Pf

5 relevante Punkte sind in dem Artikel aufgeführt. Diese sollten auch im Interesse der Opposition liegen.

Kurz, drei Punkte.

1. Wahlen dürfen in einer Demokratie keine Verhandlungsmasse sein.

2. Es gibt keinen Papiermangel.

"Es gibt keinen Papiermangel"
Florian Neuhann
von Florian Neuhann
09.11.2024 | 16:45
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Die Bundeswahlleiterin hatte davor gewarnt, Neuwahlen zu bald anzusetzen. Unter anderem sei das Papier knapp. Dem widerspricht nun die Papierindustrie - das sei schlicht falsch.

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/neuwahlen-wahlleiter-papiermangel-100.html

3. 1982 stellte Kohl die Vertrauensfrage am 17. Dezember. Vor Weihnachten.

JosephConrad schrieb:Die Wahl muss gut vorbereitet werden

Erwarte ich.

JosephConrad schrieb:das sagt auch die Bundeswahlleiterin Ruth Brand und empfiehlt den März als frühesten Wahltermin.

Was die sagt, ist egal. Die Fristen sind im Gesetz geregelt, deswegen braucht es keine Meinungen oder Empfehlungen.
Wie wäre es mal wenn in diesem Staat die Politiker und Behörden Gesetze einhalten? Zuviel verlangt?

Interested schrieb:Warum fordern die das eigentlich? So ganz verständlich ist es mir nicht.

Die aktuelle Regierung ist nicht beschlussfähig.

Fellatix schrieb:2. Es gibt keinen Papiermangel.

Aber anscheinend Befehle aus dem Innenministerium. Lachnummer. Jetzt haben wir den Widerspruch (es gibt Papier) zum Widerspruch (es gibt kein Papier) zum Widerspruch (Wahlen sind kein Problem).

Fellatix schrieb:3. 1982 stellte Kohl die Vertrauensfrage am 17. Dezember. Vor Weihnachten.

Und wann war die Wahl?
Spoiler6.März 1983

Die Industrie kann nach eigener Aussage ausreichend Papier liefern, das wirkliche Problem scheint eine völlig unfähige und überforderte Bundeswahlleiterin zu sein.

JosephConrad schrieb:Die Wahl muss gut vorbereitet werden, das sagt auch die Bundeswahlleiterin Ruth Brand und empfiehlt den März als frühesten Wahltermin.

Ihre Geschichte vom Papiermangel war ein Flopp.

Industrie widerspricht Wahlleiterin:
"Es gibt keinen Papiermangel"

Quelle: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/neuwahlen-wahlleiter-papiermangel-100.html

Ich glaub ich kauf noch schnell Klopapier, nächste Woche ist das garantiert ausverkauft wegen Papiermangel.


Warum wegen 3 Feiertagen keine Wahl zeitig stattfinden kann erschließt sich mir auch nicht.
Warum wohl misstrauen immer mehr Bürger dem Staat?

Das sieht alles eher nach lange geplanten Wahlen nach der Hamburg Wahl aus, was die SPD das ausgebrütet hat.
Habeck konnte schnellstens schon Wahlwerbespots bei "Freunden" in der Küche drehen.

Der 6. März wäre m.E. auch für diese Wahl ein guter Termin.

Abahatschi schrieb:Was die sagt, ist egal. Die Fristen sind im Gesetz geregelt, deswegen braucht es keine Meinungen oder Empfehlungen.
Wie wäre es mal wenn in diesem Staat die Politiker und Behörden Gesetze einhalten? Zuviel verlangt?

Warum hat man einen so aufgeblähten Behördenapparat, wenn man nicht die einfachsten Gesetze einhalten kann?
Nicht nur die Ampel war Chaos, Deutschland ist komplett aus den Fugen geraten. Und wenn Behördenleiterinnen derartiges in die Welt setzen, dann muss sich wirklich niemand wundern, wenn der Frust gegenüber dem Staat so wächst.

Macron verkündet aus dem Nichts Neuwahlen, 21 Tage später sind die ordnungsgemäß durchgeführt.
In Deutschland war zu erwarten, dass die Ampel nicht mehr bis September 2025 durchhalten wird.

@JosephConrad
Von der Stellung der Vertrauensfrage bis zur Wahl kann es bis zu 12 Wochen dauern, wenn ich es richtig verstanden habe. Damit läge der Termin innerhalb des zeitlichen Rahmens.

Ich sehe keine sinnvollen Gründe, den Regierungstorso künstlich am Leben zu halten.
Die Vertrauensfrage sollte umgehend gestellt werden. So könnte Scholz noch halbwegs aufrecht abtreten.

Heide_witzka schrieb:Ich sehe keine sinnvollen Gründe, den Regierungstorso künstlich am Leben zu halten.

Vielleicht hofft Scholz auf Trump, der die Ukrainefrage irgendwie klärt?
Dann wird er im Wahlkampf allen erklären, nur er allein hat besonnen gehandelt und Atombomben auf Berlin verhindert.

Vielleicht hat sich die SPD Spitze vor der US Wahl auf beide Kandidaten eine Strategie erarbeitet.

Heide_witzka schrieb:Von der Stellung der Vertrauensfrage bis zur Wahl kann es bis zu 12 Wochen dauern,

Nope. Nach der Vertrauensfrage hat der Bundespräsident 21 Tage Zeit, das Parlament aufzulösen, und dann müssen innerhalb 60 Tagen Neuwahlen stattfinden.

Heide_witzka schrieb:Ich sehe keine sinnvollen Gründe, den Regierungstorso künstlich am Leben zu halten.
Die Vertrauensfrage sollte umgehend gestellt werden. So könnte Scholz noch halbwegs aufrecht abtreten.

Warum? Wahltaktisch wäre es schlau, wenn er bis nach der Hamburg-Wahl wartet: dann können sich die Hamburger auf Hamburger Themen konzentrieren. Dort ist die SPD in Umfragen vorn. Wäre klug bis dahin zu warten. MMn. würden das die anderen Parteien in so einer Konstellation sicher auch so machen.

Röhrich schrieb:Warum hat man einen so aufgeblähten Behördenapparat, wenn man nicht die einfachsten Gesetze einhalten kann?
Nicht nur die Ampel war Chaos, Deutschland ist komplett aus den Fugen geraten. Und wenn Behördenleiterinnen derartiges in die Welt setzen, dann muss sich wirklich niemand wundern, wenn der Frust gegenüber dem Staat so wächst.

Habt ihr Vertrauen in diese Bundeswahlleiterin? Sie könnte mit einer "unabsichtlich" verfuschten Wahl (Formfehler etc.) für noch längere Terminverschiebungen bis nach Hamburg sorgen, die wird danach eh entlassen.

JosephConrad schrieb:Warum? Wahltaktisch wäre es schlau, wenn er bis nach der Hamburg-Wahl wartet: dann können sich die Hamburger auf Hamburger Themen konzentrieren. Dort ist die SPD in Umfragen vorn. Wäre klug bis dahin zu warten. MMn. würden das die anderen Parteien in so einer Konstellation sicher auch so machen.

Das wäre dann, stellt sich die Opposition quer, aber Taktiererei zu Lasten des Bundes.
Anderseits ist das natürlich eine Sache des Betrachtungswinkels. Rechtlich müsste Scholz gar keine Vertrauensfrage stellen und könnte das auch bis September 2025 aussitzen. Macht er konstruktive Vorschläge, die trotzdem abgelehnt würden, könnte er das dann auch der Union in die Schuhe schieben.
Das wird ne interessante Zeit.
Mal sehen, worauf man sich einigt. Vielleicht noch Haushalt und Bürgerentlastung und Vertrauensfrage Anfang Dezember, so als Kompromiss? Dass jetzt alle taktieren, ist ja klar.

Frau Brand erscheint mir sehr kompetent und ihre Argumete auch stichhaltig. Sie ist auch

Bundeswahlleiterin Brand listet fünf Risiken auf:

eine vermehrte Nichtzulassung von Wahlvorschlägen, beispielsweise wegen fehlerhaft eingereichter Wahlvorschläge

nicht etablierte Parteien, die Unterstützungsunterschriften sammeln müssten, stünden unter Zeitdruck

Gemeindebehörden könnten zu sehr belastet werden

eine Überlastung der Wahlämter könnte zulasten einer ordnungsgemäßen Briefwahlvorbereitung gehen

Und: »Zudem ist zu befürchten, dass nicht nur in einzelnen Wahlbezirken, sondern in größerem Ausmaß, durch fehlende Wahlunterlagen oder unzureichend geschulte Wahlvorstände eine ordnungsgemäße Durchführung der Wahl gegebenenfalls nicht hinreichend gewährleistet werden kann.«

Dadurch sehe sie »eine hohe Gefahr, dass der Grundpfeiler der Demokratie und das Vertrauen in die Integrität der Wahl verletzt werden könnten«, schreibt die Bundeswahlleiterin.

Quelle: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/ampel-aus-bundeswahlleiterin-warnt-vor-unabwaegbaren-risiken-bei-neuwahl-im-januar-a-7840f2b8-1de6-4bd0-b320-fbce39d505c2

Ilian schrieb:Dass jetzt alle taktieren, ist ja klar.

So ist es.

stereotyp schrieb:Nope. Nach der Vertrauensfrage hat der Bundespräsident 21 Tage Zeit, das Parlament aufzulösen, und dann müssen innerhalb 60 Tagen Neuwahlen stattfinden.

Vertrauensfrage
- nach 48 Stunden darf darüber entschieden werden, 2 Tage im Sinn
- 21 Tage Zeit für die Auflösung, sind wir bei insgesamt 23 Tagen
- 60 Tage Zeit für die Neuwahl, sind wir bei insgesamt 83 Tagen
Das wären etwa 12 Wochen. Kann sein, dass ich es falsch verstanden habe. Ab wann laufen denn die 60 Tage?

JosephConrad schrieb:nicht etablierte Parteien, die Unterstützungsunterschriften sammeln müssten, stünden unter Zeitdruck

Bis wann müssen die Wahlzettel gedruckt sein?
Bis wann müssen alle Parteien (ich meine hier die "Sonstigen", sollten ja auch ihr Chance bekommen) ihr Wahlprogramm stehen haben?

Abahatschi schrieb:Habt ihr Vertrauen in diese Bundeswahlleiterin? Sie könnte mit einer "unabsichtlich" verfuschten Wahl (Formfehler etc.) für noch längere Terminverschiebungen bis nach Hamburg sorgen, die wird danach eh entlassen.

In der freien Wirtschaft hätte sie seit gestern viel Freizeit, sie hat ihren Job offenbar nicht entsprechend gemacht.
Egal wie das nun gedreht werden soll, alle bislang getätigten Aussagen zeugen nicht von Kompetenz, die man erwartet bei einer derartigen Stelle.
Deutschland hält doch nicht zum ersten Mal Wahlen ab, der Ablauf und die Vorkehrungen sind alle bekannt.

Vielleicht sollten wir uns das ukrainische Wahlsystem ausleihen, das ist voll Digital.