MarinaG. schrieb:Eigentum ist also ein Rechtsgut, das sich dem Klimaschutz unterzuordnen hat?
Der rechtfertigende Notstand sieht tatsächlich eine Rechtsgüterabwegung vor. Einzelne Rechtsgüter, wenn sie durch eine gegenwärtige Gefahr bedroht sind, können als schützenswerter als andere Rechtsgüter angesehen werden. Darum erlaubt der rechtfertigende Notstand dann auch einen Eingriff in Rechtsgüter, um andere Rechtsgüter zu schützen, wenn eine gegenwärtige Gefahr nicht anders abwendbar ist. Dabei müssen die Mittel angemessen sein.
bgeoweh schrieb:Das ist genau der Punkt an dem die Auslegung aus Flensburg vermutlich rechtsfehlerhaft wird. Den eigentlich gilt das Prinzip der Einheit der Rechtsordnung, d.h. was eine Instanz genehmigt oder legitimiert, in dem Fall eben die Baubehörde oder die Naturschutzbehörde, kann nicht an anderer Stelle eine notständliche Gefahr auslösen, gegen die man sich mit außergerichtlicher Gewalt wehren darf. So wie ja z.B. auch die Vollstreckung eines ordentlich erlassenen Haftbefehls etwas Anderes ist als eine willkürliche Freiheitsberaubung durch Privatleute kann eigentlich eine Baumfällung die im Rahmen eines Antragsprozesses geprüft und für zulässig befunden wurde durch die subjektive Einschätzung eines Aktivisten zur abzuwehrenden Gefahr werden.
Jo, ergibt Sinn. Der Aktivist hätte sich in dem Fall also nur juristisch zur Wehr setzen dürfen. Verstehe ich das richtig?
Genauso wie sich ein Beschuldigter im Falle eines für ihn ordentlich erlassenen Haftbefehls nicht auf Notwehr berufen kann. Gleiches gilt für Unbeteiligte, die den Beschuldigten befreien wollen würden. Diese könnten sich nicht auf Nothilfe berufen.
Wobei es da für mich schon noch Unterschiede gibt.
Um sich auf Notwehr berufen zu können, müsste der Angriff oder anders eine Tat gegen die Freiheit bspw. selbst rechtswidrig sein. Das wäre im Falle eines zum Zeitpunkt der Vollstreckung auf Grundlage eines ordentlichen Haftbefehls natürlich nicht gegeben. Notwehr/Nothilfe würde damit schon mal ausscheiden. Der Betroffene dürfte sich nur mit Hilfe seines Anwalts juristisch gegen die Vollstreckung zur Wehr setzen.
Der rechtfertigenden Notstand spricht nur von einer gegenwärtigen Gefahr. Natürlich wäre erst mal genau zu prüfen, wie Gefahr rechtlich überhaupt genau definiert ist und wie konkret die Gefahr und wie gegenwärtig sie ein Rechtsgut dann je nach Einzelfall verletzen würde oder weiter verletzen würde, sollte die Gefahr nicht abgewendet werden.
Und hier frage ich mich gerade als Laie auf den Fall aus Flensburg bezogen, ob eine Gefahr auch dann vorliegen kann, bereits nur kurz bevor stehend würde ja schon reichen, die auf Grundlage einer legitimen behördlichen Genehmigung getroffen wurde?
Oder anders gefragt:
Kann eine rechtlich anerkannte Gefahr auch durch eine legitime behördliche Genehmigung und die darauf folgende Aktion ausgelöst werden?
Und falls ja und sollten dann andere Mittel wie sich rechtlich bzw. mit juristischen Mitteln gegen eine Genehmigung für eine bestimmte Aktion zur Wehr zu setzen scheitern, in wie weit dann ein Bürger auch eigenmächtig tätig werden könnte, um eine Aktion, von der Gefahr ausgehen würde, zu verhindern, um halt die Gefahr von in dem Moment schützenswerteren Rechtsgütern abzuwenden?