parabol schrieb:Wenn man die Daten von deinem Link nimmt, sind die Selbstmordraten in D und Madagascar etwa gleich.
Die Gesellschaften sind also gleich glücklich. Man muss noch einrechnen, das die Madagassen viel ärmer sind und
nicht die soz. Absicherung haben und ganz schlimme Gefängnisse und trotzdem sind sie gleich glücklich.
In den Gefängnissen sind überwiegend nur junge Leute, also die Aussicht auf ein schlimmes Gefängnis scheint die Leute nicht besonders zu stressen.
Ausserdem ist deine "altersbereinigte" Selbstmordstatistik völlig spekulativ.
Es ist mir auch schleierhaft wie die auf diese Ergebnisse kommen, ich komme auf andere Ergebnisse.
Die Selbstmordrate in D ist 13,6 und in Madagaskar 3,9 (2016).
In D begehen etwa zwei Drittel vor dem 66. Lebensjahr Selbstmord (durchschittliche Lebenserwartung ist in Madagaskar 66 Jahre).
Also in D begehen vor dem 66. Lebensjahr mehr Selbstmord als in Madagaskar insgesamt.
Dass Selbstmordraten etwa gleich sind, heißt nicht auch, dass gesellschaften gleich glücklich sind. Es heißt lediglich, dass sich gleich viele Menschen zum Selbstmord gedrängt fühlen.
Die altersbereinigte statistik ist nicht spekulativ, sie ist viel aussagekräftiger als die unbearbeitete selbstmordrate aus gründen, die ich dir erklärt habe. Die unbereinigte Selbstmordrate ist in sogut wie allen ländern afrika niedriger als ein Europa, weil die alle eine wesentlich niedrigere Lebenserwartung haben. Das verschiebt sich dann, wenn man die altersstruktur anpasst. Das ist die wesentlich belastbarere Zahl.
Zudem verlierst du ja hier gerade dein Argument: Wenn du mir jetzt erzählst, die Aussicht auf gefängnis stress in Madagascar niemanden, dann ist die Abschreckungswirkung wohl nicht so hoch.
Richtig ist: Es gibt viele verschiedene Faktoren, die man nicht einfach isoliert betrachten kann. Die Totschlag/Mordrate und die Selbstmordrate sind zwei davon, andere sind natürlich aber auch schwere körperverletzungen, häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt, aber auch staatliche Gewalt und Gewalt auf Demonstrationen (staatlich oder individuell).
Bei Deutschland und Japan (bzw. zwei Industrienationen ähnlicher Größe) kann man sowas ganz gut vergleichen. Wenn da der eine Staat eine riesige Selbstmordrate hat und der andere nicht, dann heißt das schon was bezüglich Gewalt in der Gesellschaft. Dafür gibt es irgendwelche Gründe. Genauso, wenn der eine Staat eine hohe rate an sexueller belästigung aufweise und der andere weniger, oder an häuslicher gewalt.
Madagascar hat aber so viele Parameter, die schlechter sind als in Deutschland (oder in Japan), dass selbst wenn die Selbstmordrate da niedrig wäre, man kaum davon reden könnte, dass die gewalt dort niedriger ist. Dort kann man nachts nicht sicher rausgehen, dort gibt es große probleme mit häuslicher gewalt, dort gibt es viel straßenraub, dort gibt es willkürliche gewalt der polizei in einem viel höheren Ausmaß als hier.
Dort davon zu reden, dass die Abschreckungswirkung der Gefängnisse die Gesellschaft befriedet, ist großer Quatsch. Weil die Gesellschaft viel gewalttätiger ist als unsere.
In Japan ist das schon ein bisschen anders, da macht es aber eben sinn, auf die parameter zu gucken, die nicht in die offizielle statistik mit einfließen.
Tripane schrieb:Auch das deckt sich nicht mit meinen Erfahrungen. Ergebnisoffenheit schreckt vor allem Ideologen ab. Für die andern aber dürfte der Reiz grade im Suchen/Finden von Problemlösungen liegen. Das Problem aber muß aber eben auch diskutierbar portioniert sein.
Ergebnisoffen schreckt jeden ab, weil keiner genau weiß, was er dazu sagen soll. Guck dich mal auf allmy um im politikbereich, welche threads oben sind.
Nur solche, wo sich zwei blöcke bilden können, wo sman sich ann anschreien kann.
So funktionieren die Parteieinthreads, so funktioniert der political correctness thread.
Und im BGE thread spricht mana uch nicht ergebnisoffen darüber, wie man denn sinnvoll ein BGE einsetzen kann, da beharken sich seit jahren leute mit immer den gleichen argumenten, entweder, dass die pro BGE vertreter in eine dekadente Gesellschaft wollen oder dass die Gegner ewig gestrig sind.
Darum mach ich das anders: Ich mache threads auf, wo alle die gegenposition zu mir einnehmen, wo ich aber wenigstens kontrollieren kann, dass meine Message und keine ewigen Strohmänner diskutiert werden.
Tripane schrieb:Diese Zielsetzung ist ja nun gerade nicht neu. Sie ist eins der am intensivsten diskutierten Anliegen in so ziemlich allen freiheitlich-demokratischen Staaten.
Leider ist es nicht so. Nominell spricht man viel von Resozialisierung. Aber die Debatte ist ähnlich ritualisiert wie in amerika nach waffengewalt. "Wir dürfen das nicht wieder zulassen!"
Wenn hier irgendeine schlimme Vergewaltigung passiert, ein mord, Kindesmissbrauch usw., dann wird das nur zum neuen Streit zwischen 'wir brauche härtere strafen' und 'Bürgerrechte schützen uns alle'.
Wir sprechen eben nicht ergebnisoffen über die frage 'wie senken wir die gewalt in unserer gesellschaft', undzwar sowohl auf die offizielle als auch die unsichtbare gewalt gemünzt, sondern nur ganz Handlungsunfähig über "wir müssen mehr gegen Kindesmissbrauch machen", und dafür machen wir dann irgendwelche Aktionspläne, die dann ein Tropfen auf den heißen Stein sind.
Wir müssen jetzt, auch ohne Skandale, darüber sprechen, wie wir im ganz allgemeinen Dampf vom gesellschaftlichen Kessel nehmen und das allgemeine Gewaltpotential senken können. Und dazu ist die Frage nützlich 'wie schaffe ich gefängnisse ab'.
Denn sie impliziert viele der richtigen punkte:
-Ich muss eine gewaltlose möglichkeit finden, um Gewalt zu senken, weil die Sanktionierung nicht das Gewaltpotential senkt, sondern Gewalt eher ins Unsichtbare treibt.
-Ich muss stattdessen eine Gesellschaft schaffen, in der ich immer weniger harte Sanktionen benötige, aber es mir trotzdem gelingt, meine Gesellschaft zu schützen.
Wenn ich mir dieses Ziel setze, dann verliere ich den Kern der Gewaltminimierung nicht aus den Augen.