@rhapsody3004 Ich habe noch mal einen sieben Jahre alten Beitrag von mir exhumiert:
Ja, ich konnte zu meiner Zeit auch noch die Schule ohne vernünftigen Abschluss verlassen und entgegen den Einschätzungen meiner Lehrer ist trotzdem "etwas aus mir geworden", wenn ich mir Position und Gehaltsabrechnung zu Zeiten meines "Karriereklimax" so anschaue.
Aber leider ist dies lange her. Damals konnte man sich aus einem Dutzend vom Arbeitsamt angebotenen Lehrstellen noch eine aussuchen und viele der damaligen Chefs hatten aufgrund ihrer eigenen Biografie mit Krieg und Kriegsfolgen selber keine vernünftige Ausbildung, sondern waren häufig irgendwelche Seiteneinsteiger. Da wurde weniger auf die Zeugnisse geguckt, als mehr darauf, ob man bereit war, zuzupacken.
Das ist lange her, länger als die meisten Allmys leben. Schnee von gestern. Langweilige Erzählungen alter Männer.
Im Jahre 2005 sah ich eine Sendung im Fernsehen, in der der Vorsitzende der Hamburger Friseurinnung betonte, dass sie für die Ausbildung zum/r FriseurIn das Abi als Voraussetzung verlangen, weil nach seinen Aussagen alle anderen BewerberInnen untauglich seien, mangelnde Allgemeinbildung hätten und kaum des Lesens und Schreibens mächtig wären. (Sinngemäß)
Nun weiss ich aus Geprächen mit anderen "Leitenden" aus den unterschiedlichsten Branchen, dass kaum noch ein Betrieb ausbilden mag, was einerseits daran liegt, dass Ausbildung in Zeiten erhöhter Wertschöpfung ein lästiges Hindernis ist. Ich habe selbst mal Leute ausgebildet, und weiss, wie wenig man da selbst schafft, wenn man dauernd etwas erklären muss.
Aber andererseits wird auch immer wieder die mangelne Qualifikation und Leistungsbereitschaft der Auszubildenden bzw. schon der BewerberInnen beklagt.
Ein Bewerbungsschreiben, gerichtet an ein Unternehmen in der Medienbranche, auf einen Ausbildungsplatz als Verlagskaufmann/-frau, das pro Zeile zwei Rechtschreibfehler enthält und auch in sich ziemlich zusammen gestottert wirkt, ist natürlich allemal ein Grund, den Bewerber bzw. die Bewerberin gleich vor der Tür stehen zu lassen.
Die Agentur meiner Frau bietet hierzulande zwei Ausbildungsplätze an: Webdesign/Werbekaufmann/-frau. Wenn sie mir von Bewerbungsschreiben und Vorstellungsgesprächen erzählt, kommt mich manchmal leichtes Gruseln an. Wenn Menschen, die sich für einen Beruf entscheiden, in dem es darum geht, etwas zu vermarkten und zu "bewerben", nicht einmal in der Lage sind, dies mit sich selbst zu tun, im Vorstellungsgepräch ausser dumpfen Lautäusserungen nichts von sich geben etc., dann wundert mich nichts.
Zum Vergleich: In ihrer Filiale in Dublin bietet meine Frau 6 Traineeplätze (bei gleicher Mitarbeiterzahl wie in HH) und die BewerberInnen sind nach ihren Aussagen deutlich qualifizierter und leistungsbereiter. Da es sich um ein international agierendes Unternehmen handelt, verlangt sie dort neben Englisch noch eine zweite fliessende Fremdsprache. Das bringen die dort locker. Hier können viele BewerberInnen noch nicht einmal deutsch, und das auch ohne"Migrationshintergrund".
Die Schuld ist sicher nicht ausschliesslich bei den Jugendlichen zu suchen, aber nur immer auf die anonymen anderen zu deuten: Die Schule, Gesellschaft, Eltern, Zeiten, Wetter etc. hilft auch nicht weiter.
PS: Wenn Friseusen jetzt Abi brauchen, muss man als Manta-Fahren dann Dipl.-Ing. sein?