neugierchen schrieb:Das ist doch eigentlich schon der Konsens, ob wir es nun Leitkultur, Grundlagen einer Zivilisation, oder Plumperquatsch nennen kann doch dahingestellt bleiben.
Natürlich sind wir als Deutsche Weltbüger, Kosmopoliten, aber dennoch haben wir in unserem Land Errungenschaften die anderswo auf der Welt noch nicht Fuß gefasst haben. Diese sind Konsens der meisten hier Lebenden und ich weigere mich einfach diese für ein paar ewig gestrige aus anderen Ländern, die sich ja zumindest Deutschland freiwillig als Wohnort ausgesucht haben zu opfern.
Wer hier lebt hat sich halt an unsere Gepflogenheiten zu halten.
Und das ist eben die falsche Grundeinstellung, die die meisten haben. Das ist Befehlskultur: Sie haben sich unterzuordnen. Ich dachte, wir wären eine aufgeklärte, auf die Menschenrechte achtende, besonders Artikel 1 GG achtende Kultur, d.h. jedem auf Augenhöhe begegnen. Solange sie gegen keine Gesetze verstoßen, heißt das sie willkommen zu heißen und ihnen zu erklären, wie hier die Dinge organisiert sind und wie man hier am besten zurecht kommt. Also auch sich Zeit nehmen, denn das ist hier für sie alles völlig neu und anders. Ich vermisse einfach die Zeit, Geduld und das Wohlwollen. Bei dir und bei vielen anderen liest sich das einfach wie ne nationale Hausordnung, die man in die Hand gedrückt kriegt und nun auswendig zu lernen hat, während die Leute ganz andere Probleme haben: Unterkunft, Sprache lernen, sich zurecht zu finden, eine Ansprechperson für ihre Probleme zu bekommen. All das fehlt, sie müssen sich, obwohl sie noch gar nicht die Sprache können, um alles selbst kümmern. Die meisten hier haben aber auch Probleme bzw. versuchen es gar nicht, sich in die Lage so eines Neuankömmlings hinein zu versetzen und sich fragen, wie man selbst in so einer Situation handeln würde. Mir fehlt einfach das menschliche bemühen und Verstehen von unserer Seite. Und nein, wir sind keine Weltbürger und Kosmopoliten, die meisten sind Spießer.
neugierchen schrieb:Natürlich ist es in einer Demokratie so das man sich persönlich unterordnen muss.
Das zeigt mir, dass du das Prinzip Demokratie nicht verstanden hast. John Lennon sang: No one below us, above us only sky. keiner hat sich irgendwem unterzuordnen! Demokratie ist keine militärische Hierarchie mit Rangordnung. Hier sind alle gleich in Rechten und im Lebenswert. Also nicht unterordnen, sondern zuordnen.
aero schrieb:Die eine seite daran ist nun, das manche dieser nicht nur asylsuchenden meinen, dies hätte auch mit der vergangenheit der deutschen zu tun, das ihnen da von manchen auch eine ja, selbstlose, augenscheinlilich ausnutzbare menschlichkeit entgegenkommt.
Das ist nun aber eine böse und fiese Unterstellung, anzudeuten, dass die meisten deshalb Deutschland als Ziel wählten, weil sie wissen, dass die wegen ihrer Holocaust-Vergangenheit befangen sind und sich einiges gefallen und ihre "Humanität" ausbeuiten lassen. Man muss schon ganz schön fies drauf sein, um zu so einem Gedankenkonstrukt zu kommen. Der Flüchtling wäre dann nicht der Hilfe Suchende, sondern der in der Gestalt des Hilfe Suchenden linke Ausbeuter. (link jetzt im Sinne von verschlagen, falsch.) Mit so einem Menschenbild möchte ich nicht leben, weil es den anderen a priori in Schuld setzt.
Gwyddion schrieb:Ich lebe hier und das Thema ist ein regional begrenztes und kein internationales.
Dann hast du auch als Deutscher die Konsequenzen der Vergangenheit mitzutragen, auch wenn das zu deiner Geburt alles längst schon Geschichte war. Und darauf zu achten, dass sich sowas nicht auch nur in Ansätzen wiederholt.
wichtelprinz schrieb:ich war immer beim Thema, dass es eine Leitkultur gar nicht gibt und sie immer nur "von Fremden" eingefordert werden kann mit Drohung auf Sanktionen. Und genau das halte ich für keine gute Saat für ein vernünftiges Zusammenleben zwischen Menschen. Es ist Gift für das was Du fragil nennst, den inneren Frieden.
Je mehr und je klarer du das sagst, umso stärker wird aber der Widerstand gegen deine Einstellung, das sollte dir klar sein. Besonders die "kosmopolitischen" Spießer finden das sicherlich nicht sehr gut.
neugierchen schrieb:Unsere "Leitkultur" ist doch auch einem Wandel unterworfen ..... wie man es nennt ist vollkommen egal. Aber eben nicht durch Diktat von Minderheiten die neu dazukommen sondern durch Mehrheitsentscheidungen der hier lebenden.
"Leitkultur" ist immer Diktat der Mehrheit, sonst würde sie sich das "Leit" ersparen. West-östlicher Divan heißt, dass in einem Kulturmix Einstellungen, Lebensanschauungen, Lebensweisen usw. neu verhandelt und erprobt werden, um die Gegensätze zu entschärfen. Das einzige Unveränderbare und nicht Diskutable sind die Grundrechte und die geltenden Gesetze. Alles andere ist nicht Diktat (Maizieres Leitkultur), sondern Verhandlungssache. Genau aus diesem Grund habe ich auch den Titel so genannt als zwei Alternativen (wovon ich natürlich die Letzteres, also das Gespräch, das Aushandeln) bevorzuge, weil eben das Grundvoraussetzung einer offenen Geselllschaft ist.