@Heide_witzka Danke für das Einstellen des Urteils des OVwG. Es erhellt tatsächlich einige Punkte. Allerdings muss man sich bei der Beurteilung immer vor Augen führen, welche Aufgabe diese Richter hatten: sie sollten keineswegs einen mysteriösen Todesfall aufklären (das ist Sache einer Staatsanwaltschaft) noch eine Strafverfolgung eines Täters betreiben (ebenfalls), sondern lediglich darüber entscheiden, ob die Bundeswehr nach dem Soldatenversorgungsgesetz zu einer Zahlung an die Hinterbliebenen verpflichtet ist. Das ist also ein sehr eingeschränkter Blickwinkel des Gerichts, alles andere zu beurteilen wäre
ultra vires gewesen und daher unangebracht.
Diese Frage hat das Gericht verneint und hat bei der Begründung allerdings schon einen recht guten Einblick in die Sachlage dieses Falls gegeben.
Nicht beschäftigt hat sich das Gericht nun ausgerechnet mit den Elementen, die hier gerne zu einer VT gemacht werden: angeblichen Fehlangaben betreffs der Kleidung der Toten, zum Thema des "trockenen Ertrinkens" (hier gab es nur eine kurze Bemerkung) und zum angeblichen Mobbing gegen die Tote. Aus Sicht der user hier vielleicht enttäuschend, aber das war nicht Aufgabe des Gerichts.
Das Gericht hat allerdings einige Fragen juristisch beurteilt und beantwortet. Auch hier mag es sein, dass der Leser aus
moralischer Sicht widerspricht, aber das Gericht ist an das existierende Gesetz gebunden. Ein Beispiel ist die Frage der Anordnung des Anlegens einer Schwimmweste. Die Dienstvorschriften sahen das nicht vor, als kann man die fehlende Anordnung in diesem Verfahren der Bundeswehr nicht vorwerfen. In einem anders geführten Verfahren könnte ein anderes Ergebnis erreicht werden, aber nicht in diesem.
Als Jurist und erfahrener Freizeitsegler (See) empfinde ich die Schlussfolgerungen des Gerichts unter obiger Fragestellung durchgehend nachvollziehbar und schlüssig.
In einem, wenn auch entscheidenden, Punkt musste das Gericht die Glaubwürdigkeit zweier Zeugen beurteilen, es entschied sich für den einen und gegen die andere. Das zu kritisieren steht uns nicht zu, da wir die Zeugen nicht anhören können und so keinen eigenen Eindruck von ihrer Glaubwürdigkeit gewinnen können.
Letztlich stellt das Gericht fest, dass der genaue Ablauf des Unfalls, von dem das Gericht ausgeht, nicht mehr feststellbar ist. Das ist schade, aber nachvollziehbar.
Es stellt fest, dass es keinerlei Zeugenaussagen oder Indizien gab, die ein Fremdverschulden hinsichtlich eines Tötungsdeliktes auch nur nahelegen. Das hat sogar der Anwalt der Eltern der Toten zugegeben.
Es bleibt der eine grosse Aspekt: hat das gesamte System der Bundeswehr in diesem Fall versagt? Die Tauglichkeitskriterien, die Tauglichkeitsüberprüfungen, die Möglichkeit von Vorgesetzten und Schiffsmedizinern, hier noch einzugreifen?
Ich denke, man kann diesen Vorwurf durchaus machen - nur, das ist weniger eine juristische, sondern mehr eine moralische und politische Frage.
Unklar geblieben ist, wie weit Jenny selbst tragischerweise vielleicht dazu beigetragen hat, dass die Sicherheitsvorkehrungen in ihrem Fall nicht greifen konnten: zum Beispiel, indem sie ihren eigenen Zustand kurz vor oder während des Dienstes nicht gemeldet hat. Motive dazu sind erkennbar geworden.
Mein Fazit ist nun, nach der Lektüre all der Beiträge und Quellen hier: Jennys Tod ist traurig und tragisch. Er ist das Ende einer verhängnisvollen Entwicklung, die bereits bei ihrem Eintritt in die Bundeswehr begonnen hat. Er beleuchtet Schwachstellen im System, die zumindest von der Bundeswehr angegangen werden sollten. Aber ich kann derzeit keine individuelle Schuld eines Beteiligten feststellen, weder hinsichtlich eines Tötungsdeliktes, noch hinsichtlich einer billigenden Inkaufnahme eines Unfalls aus unlauteren Motiven.
Man kann nur hoffen, dass in Zukunft alle Beteiligten in ähnlicher Situation, sei es Kadett, Arzt, Kapitän, Admiral oder Verteidigungsminister, aus diesem Fall lernen und die notwendigen Schlüsse ziehen. Und dass Jennys Eltern Trost finden.