Infidel schrieb:Ich habe aber auch von Fällen gehört wo die Frau der Gewalttäter ist und der Mann aber entweder sich an niemanden wandte vor Scham, oder er wurde sogar ausgelacht.
Das stimmt, auch das ist ein Problem. Es ist leider wahr, dass Männer ausgelacht und für Schwächlinge gehalten werden, wenn sie Gewaltopfer von Frauen werden oder auch Vergewaltigungsopfer. Es wird ja nach wie vor geleugnet, dass es überhaupt möglich ist, Männer zu vergewaltigen. Das finde ich ganz furchtbar!
Hatmaker schrieb:Mit Präventivmaßnahmen meine ich zb einen Ansatz in der Kinderpädagogik, also Kindergarten oder Schule.
Aber da haperts eben an Personal, weil man offenbar zu wenig bezahlt, obowhl es eine sehr anstrengede und auch verantwortungsvolle Arbeit ist. Man müsste da eventuell spielerisch einen positiven Zugang für Männer schaffen.
Ich denke, da fehlt es auch an entsprechender Ausbildung. Ich habe nicht den Eindruck gehabt bis jetzt, dass in Kindergärten oder Schulen bzw. der Ausbildung dazu viel Wert gelegt wird auf die Vermittlung von Werten, die nicht patriarchalisch sind. Also richtig tiefgehend, nicht nur an der Oberfläche kratzend mit Plattitüden wie "alle Menschen sind gleich viel wert", "auch Frauen sollen arbeiten und ihr eigenes Einkommen haben" etc. pp.
Wir leben nunmal in einer patriarchalischen Welt, auch hier in Europa noch, auch wenn es hier weniger stark ausgeprägt ist als in anderen Ländern. Die Sache ist die, dass es einfach nichts anderes gibt. Matriarchate sind selten und die Frage ist, ob die dann besser sind - es bestimmt ja wieder ein Geschlecht allein und das andere darf nichts entscheiden. Das ist genauso unfair, auch wenn Matriarchate möglicherweise gewaltärmer als Patriarchate sind.
Diese Ausgewogenheit, die Balance - die fehlt mir. Ich wüsste aber keine Gesellschaft, in der es diese jetzt gerade gibt.
Hatmaker schrieb:Oder: In meiner Zeit hab es etwa das Kasperltheater im Tv und man weiss ja wie sehr der Fernsehen manipulieren kann, auch im positiven Sinn. Damals gab es den Kasperl der zb einen Dieb verfolgt hat o.Ä. Also auch damals wurden moralisch wichtige Lektionen vermittelt aber halt nicht mit dem Thema Gewalt bzw wie ein Mann mit einer Frau umzugehen hat, (natürlich auch umgekehrt) und dass man gut sein soll zueienander, dass Weibchen und Männchen zusammenarbeiten sollen. Du weisst wie ich meine.
Interessant, gerade den Kasperl habe ich eher als gewalttätig in Erinnerung, da haben die Puppen einander verprügelt.
Hatmaker schrieb:Schon im Kindergarten fängt es schon an: Ein Mädchen rennt dem Buben hinterher, will mit ihm Spielen und Bubi läuft davon schreit, er will nicht mit ihr spielen, weil Mädchen ekelig sind. Sowas habe ich zb schon seeehr oft gesehen; im Kindergarten meiner Schwester zb war es exakt so mit den meisten Buben, es gab nur ausnahmsweise einen Buben der eine (platon.) Freundin hatte.
Eklig, echt? Das hab ich noch nicht gehört, nur dass Mädchen blöd (nicht im Sinne von unintelligent, sondern eher, dass man mit ihnen nichts gemeinsam hat) sind. Aber das sagen die Mädchen von den Buben in einem gewissen Alter auch. Ich finde das durchaus interessant, wie Kinder spielen. Ich habe nach wie vor den Eindruck, dass Buben und Mädchen da unterschiedlich sozialisiert werden, denn Buben spielen nach wie vor lieber mit Baggern und Autos und Mädchen mit Puppen und Stofftieren. Bubenspiele sind auch konkurrenzträchtiger als die von Mädchen, die sich eher aufs Soziale beziehen (Ponyhof, Tierheim, Mutter-Vater-Kind...). Gibt es sicher auch anders, das ist nur etwas, das ich beobachtet habe, ich weiß aber nicht, wie repräsentativ das ist.
Hatmaker schrieb:Das Ding ist: Wir müssen usneren Männern eine bessere Identifikation mit ihrer Männlichkeit erlernen, Stichwort: Macho.
Auch ein achtsamer Mann ist männlich, auch einer der seine Frau liebt und nicht anderen hinterherschaut ist männlich usw
Aber dafür brauchen wir vor allem die Männer dazu die diese Rollenbilder vorleben.
Aber wie machen wir das? Und wo nehmen wir die Männer für diese Rollenbilder her? Ich kenne wenige Männer, die sich da ganz sicher sind in ihrer Männerrolle und die damit zufrieden sind und in sich ruhen. Viele Männer fühlen sich durch ihre Rolle eher unter Druck gesetzt, weil Männer eben nach wie vor auch stark, erfolgreich, dynamisch, selbstsicher, durchsetzungsstark sein und viel Geld verdienen sollen. Der Fokus liegt nicht auf Achtsamkeit, Fürsorglichkeit, das ist eher Frauendomäne. Die Fürsorglichkeit der Männerrolle äußert sich eher in der Beschützerrolle, die aber erstens viele Männer überfordert, weil sie gar nicht mutig und selbstbewusst sind und zweitens auch ungut kippen kann, wenn ein Mann dann schon aggressiv wird, nur weil ein anderer Mann seine Partnerin ansieht.
Wir müssen uns auch die Frage stellen, wie zeitgemäß diese Rollenbilder überhaupt noch sind, deren Einfluss wir immer noch ganz unbewusst unterliegen. Gibt es eine Diskrepanz, wie Männer den idealen Mann sehen und wie der für Frauen aussieht? Vielleicht wünschen sich Frauen ja ganz was anderes von ihren Männern als das, was Männer für wichtig halten? Umgekehrt natürlich genauso für die Frauenrolle: wie finden Männer denn überhaupt, was Frauen für ideal halten? Und lässt sich da irgendein Konsens erzielen? Denn wenn sich die Mehrheit der Männer eine fügsame, stille, liebevolle, fürsorgliche, sehr feminine Frau wünschen, wollen denn die Frauen überhaupt so sein? Oder wenn sich Frauen einen empathischen, liebevollen, achtsamen, fürsorglichen Mann wünschen, finden die Männer das überhaupt noch vereinbar mit ihrem Männlichkeitsbild?
Infidel schrieb:Gerade wenn Religion ins Spiel kommt wirds für manche Männer kritisch wenn sie gezwungen sind sich mit ihrer Identität und Weltbild was sie haben auseinanderzusetzen.
Religion finde ich immer problematisch, vor allem abrahamitische Religionen. Diese sind archaisch und extrem patriarchalisch. Ich weiß eigentlich gar nicht, wieso Frauen zum Teil diese Religionen auch so toll finden und trotzdem einer solchen angehören wollen. Dass Männer das toll finden könnten, kann ich mir schon vorstellen. Ich höre von gläubigen Christinnen immer, dass das nicht die Essenz des Christentums bzw. ihrer Sichtweise ihres Glaubens ist. Sie konzentrieren sich auf Jesus und die Botschaft der Hoffnung und lassen alles andere unter den Tisch fallen. Damit habe ich so meine Probleme, weil das für mich ein Rosinenpicken ist bzw. ein Negieren der ganzen Gewalt im Christentum. Ich kann mir doch nicht nur einen Aspekt, der mir gut gefällt, herauspicken und alles andere ignorieren! Das finde ich heuchlerisch und fehlgeleitet.