@capspauldin Tatsächlich glaube ich auch, dass jeder das Recht hat, selbst zu entscheiden, was ihn kränkt oder eben nicht.
Das darf natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass Begriffe für viele Menschen kränkend sein können und daher kann man dann ja Begriffe wählen, die niemanden oder wenigstens so gut wie niemanden kränken.
Das schließt natürlich nicht aus, dass sich das auch wandeln kann. In den 50er Jahren wäre es in den USA sehr unhöflich gewesen einen Schwarzen 'Black' zu nennen. Da hätte der echt sauer drauf reagiert mit großer Wahrscheinlichkeit. Unter anderem im Rahmen der black power Bewegung haben Schwarze dann diesen Begriff gewählt und so ist er aus seiner abwertenden Bezeichnung zu einer positiven Selbstbezeichnung geworden.
Ähnlich war es mit dem begriff schwul. Der war wohl in den 60er Jahren im Wesentlichen abwertend gemeint, bis er von der Schwulenbewegung bewusst gewählt wurde. Daher darf man ihn heute wieder verwenden, auch wenn man selbst nicht schwul ist.
Ich kann es nicht belegen, aber in den 60er Jahren wäre 'warmer Bruder' wohl noch die emapthischere Bezeichung gewesen, von der ich heute eher abraten würde.
In beiden Fällen war es aber eine Verwendung des Begriffs aus der Gruppe heraus, die damit gemeint ist. Das ist natürlich legitim.
Andere Bevölkerungsgruppen gehen ganz anders mit ihren Alleinstellungsmerkmalen um. Menschen aus lateinamerika werden oft als Latinos oder Latinas bezeichnet und bezeichnen sich oft voller stolz selbst so, wie zB meine Frau, die es nie negativ aufnimmt, so adressiert zu werden. Die geschichte des begriffs ist aber eher kolonialistisch geprägt. Obwohl es zunächst keine selbstgewählte Bezeichnung war, wird sie von dem Meisten mit Stolz verwendet. Das liegt sicher auch daran, dass Lateinamerika hier eher positiv besetzt ist. Und aus meiner Erfahrung heraus ist das auch völlig richtig so.
Die Erfahrungen, die Menschen machen, prägen oft dann auch das Selbstbild und die Selbstbezeichnung.
Wenn meine Frau auf die häufige Frage nach ihrer Herkunft sagt 'Peru', bekommt sie fast immer die gleiche Antwort: Super, da wollte ich immer schon mal hin. Manchmal wird hinterhergschoben: Stimmt es, dass da Meerschweinchen gegessen werden? Aber sie erlebt immer nur freundliche Reaktionen und interessierte Nachfragen. So würde sie nie auf den Gedanken kommen, es wäre negativ, als Latina angesehen zu werden.