Der Wirkstoff Chloroquin bzw. dessen "Verwandte" wurde bereits Wochen vorher verwendet (übrigens sogar schon zur SARS-Pandemie 2002/03 als Behandlungsmethode untersucht, die von einem ähnlichen Virus verursacht wurde wie nun COVID-19), bevor Trump den Namen überhaupt das erste Mal in den Mund nahm und zwar von Ärzten und Wissenschaftlern rund um den Globus, die dann die vereinzelten (vermeintliche) Erfolge entsprechend in den Fachkreisen (natürlich auch bis in die USA!) verbreiteten, bevor irgendwann Trump persönlich Wind davon bekam.
Sollte der Wirkstoff tatsächlich das "Wundermittel" sein, als welches Trump es anpreist - und daran darf man übrigens erheblich zweifeln, dazu weiter unten - dann gebührt der Respekt also diesen Ärzten und Wissenschaftlern, die in brisanter Lage und unter höchstem Zeitdruck geforscht und abgewogen haben. Einem gebührt der Respekt hingegen gar nicht, nämlich Trump. Der schmückt sich vielmehr mit fremden Lorbeeren, in dem er auf Twitter und bei Fox News den Spitzenmediziner und Weltretter mimt - natürlich primär aus politischen Gründen. Man möge mir nur einen einzigen Staatschef der Welt nennen, der sich in der Krise dermaßen selbstlobend darstellte wie Trump. Ähnlich abwegig wäre es übrigens, wenn bei erfolgreicher Herstellung des Impfstoffes durch CureVac Dietmar Hopp nun als Heilsbringer der Weltgeschichte hofiert würde.
Die Anpreisung des Medikamentes durch Trump hat(te), nebenbei angemerkt, auch erhebliche Schattenseiten. Es sind bereits einige Menschen an einer Vergiftung verstorben und etliche Patienten, die z.B. wegen Lupus auf Chloroquin angewiesen sind, haben erhebliche Schwierigkeiten, dieses zu bekommen, weil andere Menschen Druck auf ihre Ärzte ausgeübt haben, sich das Medikament verschrieben ließen und nun horten. Toll.
So, jetzt zum Medikament selbst:
Die Studien, die bisher durchgeführt wurden, sind als Beleg wenig tauglich. Die französische Studie beispielsweise basiert lediglich auf 20 leicht erkrankte Patienten in der Datenbank, auch chinestische Studien kommen auf keine bemerkenswerte Anzahl an Teilnehmern. Zum Teil fließen da auch noch in vitro-Beobachtungen (also solche, die nicht am lebenden Menschen durchgeführt wurde) ein. Nachlesbar ist das beispielsweise hier:
https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/111186/Hydroxy-Chloroquin-beschleunigt-Eliminierung-von-SARS-CoV-2-in-laufender-Studiehttps://www.aerzteblatt.de/nachrichten/111641/COVID-19-Weitere-kleinere-Studie-findet-Hinweise-auf-Wirkung-von-Hydroxy-ChloroquinDie durchaus zu beobachtenden Erfolge sind also nicht überzubewerten. Nicht überbewerten heißt an dieser Stelle nicht, dass das Mittel gar nicht wirke, sondern vielmehr, dass es nicht das Wundermedikament sei, als das Trump es darstellt, zumal es auch wohl sehr schwere Nebenwirkungen nach sich ziehen kann. Ansonsten hätten wir wohl in Frankreich und vor allem in Italien, wo es ebenfalls an Patienten angewandt wurde, wohl weniger Tote gezählt.