Russland das Buhland... aber warum?
26.04.2022 um 23:08
Russland scheint sich aufzubäumen. Die Frage ist, ob das ein letztes Aufbäumen ist oder eine ernsthafte Kraftanstrengung.
Man scheint die attacken in der Ukraine zu intensivieren, in Transnistrien einen Einmarsch vorzubereiten und hat Polen und Bulgarien den Gashahn zugedreht.
Aber wenn wir es nüchtern analysieren: Sie haben Deutschland nicht den Gashahn zugedreht. Italien auch nicht. Auch den Finnen nicht.
Da dem so ist, kann man Bulgarien und Polen wohl recht leicht mit Gas beliefern. Bis Moldau müsste man erstmal vorankommen oder die Truppen aus Transnistrien aktivieren, um Moldau zu überfallen. Aber eigentlich hat man von dort doch gerade erst Truppen abgezogen, macht eine zweite Front wirklich Sinn?
Es ist ja bei Putin immer nicht ganz klar, wie rational er agiert und welche Informationen er hat.
Für meine Begriffe sieht das ganze nach einer Drohtaktik aus. Die Waffenlieferungen wirken und Putin will verhindern, dass der Westen noch mehr Waffen liefert, indem er damit droht, auch Moldau zu überfallen und eine weitere Flüchtlingswelle auslöst, und indem er Polen und Bulgarien ohne die Gaslieferungen schädigt, sodass andere Staaten sich überlegen, ob sie auch mehr Unterstützung in die Ukraine schicken wollen.
Für meine Begriffe ist es bei Russland fast immer so, dass eskaliert wird, wenn es NICHT so läuft, wie Russland es will. Als Russland weitgehend bekam, was es wollte, hat es sich relativ ruhig verhalten (bzw. als es dachte, dass es das bekommt). Man hat die Krim annektiert, als die Ukraine sich klar gegen Russland entschied.
Dann dachte man, man könne den Frieden gewinnen, hat ihn verloren und nach russischer Logik folgerichtig die Ukraine angegriffen.
Das wollte man mit einer spezialoperation tun, weil man dachte, wenn man danach still ist, wird der westen die gemachten verhältnisse schon akzeptieren. Dank ukrainischer gegenwehr hat das nicht geklappt und so hat Russland weiter eskaliert.
Erst, indem sie städte zerbombt und kriegsverbrechen begangen haben. Jetzt mit den Gaslieferungen und in Transnistrieren.
Die 1 mio Euro Frage ist natürlich, wie weit Russland das treiben wird. Werden sie sich wirklich dazu hinreißen lassen, beispielsweise einen Nato Staat anzugreifen? Ich glaube das nicht. Die Eskalationen sprechen doch eher für eine gewisse Hilflosigkeit, weil die Drohungen nicht großartig wirken.
Wäre Russland davon überzeugt, dass es einfach allen das Gas abdrehen kann, oder sogar noch weitere Staaten angreifen kann, dann hätte Russland das bereits getan, weil Russland wie es scheint kaum Skrupel davor hat, soetwas zu tun.
Warscheinlicher ist, dass es Minimalziele gibt, auch schwer für Russland zu ertragende Minimalziele. Das mag sein, dass man die Krim behält und die Ostgebiete unabhängig bleiben. Das mag sein, dass die Ukraine sich zu bestimmten Zugeständnissen bekennt.
Letztendlich denke ich, dass wir die Chance als Westen senken, wenn wir immer wieder klar machen, dass es rote Linien gibt und wir die Ukraine unterstützen. Würde die Nato wirken, als sei sie unentschlossen, würde Russland eher glauben, mit einer Eskalation durchzukommen, auch mit einer heftigen.
Wenn klar ist, dass die Amerikaner, Engländer, Deutschen, Franzosen und auch der Rest der EU (und der Nato) weitgehend zusammen steht und nicht einknicken wird, ist eine Eskalation gefährlicher und damit unattraktiver.
Wenn jetzt z.b. beschlossen werden würde, wegen der eskalation in Moldau zu beschließen, weniger Waffen zu liefern, würde das denke ich eher warscheinlicher machen, dass Moldau irgendwann angegriffen wird. Ganz einfach, weil Putin dann ahnt, dass man auch dann eher auf Appeasement setzen wird, in der Hoffnung, dass Putin es in Moldau nicht zu bunt treibt.
Wir müssen den Konflikt nicht selbst eskalieren, aber wir müssen zu dem stehen, was wir kommunizieren: Solidarität mit der Ukraine, undzwar wirtschaftlich, militärisch und politisch.