mchomer schrieb:Ich war mir ziemlich sicher, dass Putin eine militärische Eskalation vermeiden würde.
Ganz einfach weil ich annahm, dass die Folgen für die russische Wirtschaft gravierend wären und sich das russische Militär in der Ukraine eine blutige Nase holen würde.
Aber der heutige Tag auf Russia Today lässt mich doch arg daran zweifeln.
Was mich daran wirklich sprachlos macht, ist diese schlichte stümperhafte Vorgehensweise.
Das wirkt wie aus einem schlechten Roman abgekupfert...
Ich verstehe aber auch Putin nicht, warum er offenbar bereit ist, dieses Wagnis einzugehen.
Wir haben hier mehrere Komponenten. Einerseits will Putin wohl die Sowjetzeiten auferstehen lassen: eine mächtige Nation, vor der die ganze Welt Angst und Respekt hat! Und nicht wie heute, wo Russland nur eine Regionalmacht mit vielen Atomwaffen ist.
Eine weitere Komponente ist sein Machterhalt: er darf keine Schwäche zeigen, sonst ist er weg vom Fenster. Aber gleichzeitig muss er so beliebt im Volk sein, dass es sich nicht gegen ihn wendet, sonst kommt er irgendwann zu dem Punkt, wo er für weiteren Machterhalt auf das Volk schießen lassen muss - und das ist unberechenbar! Wenn sich dann die Polizei und das Militär auf die Seite des Volkes stellt…
Und die Zustimmung zu Putin im russischen Volk ist die letzte Zeit gesunken - Inflation, kaum Wirtschaftswachstum und die Pandemie zehren gewaltig.
Wenn Autokraten im eigenen Land unter Druck geraten, wird gerne ein äußerer Feind gesucht. Damit schweißt man die Bevölkerung zusammen und lenkt von hausgemachten Problemen ab. So auch beim russischen Präsidenten. Wladimir Putin kann die verheerende Pandemie nicht lindern, die Inflation lässt die leidgeprüfte Bevölkerung weiter verarmen, und die Wirtschaft kommt nicht voran. Die Zustimmung zum Präsidenten sinkt rapide – ein Krieg zur Rückeroberung ehemaliger sowjetischer Gebiete könnte seine Popularität wieder steigern.
Quelle:
https://amp2.wiwo.de/politik/ausland/russland-der-westen-muss-putins-schwachstelle-angreifen/27853898.htmlDie Hoffnung war wohl, dass die Welt wie 2008 (wollte man sogar Russland belohnen für den Georgienkrieg, anders kann man sich
diesen Deal nicht erklären?) reagiert oder es zumindest wie 2014 bei einem „Du-Du!“ und eher symbolischen Sanktionen belässt.
Nun, leider hat sich die Welt weiter gedreht. Und deswegen ist die bisherige Taktik nicht aufgegangen. Aber jetzt kann Putin nicht wie letztes Jahr (erst Aufmarsch, dann Abzug weil Übung) zurück ohne sein Gesicht zu verlieren. Und das würde bedeuten, dass er Schwäche zeigt. Und Schwäche ist seinem Machterhalt eher abträglich, außer er findet einen Sündenbock.
Zusätzlich bleibt nicht mehr viel Zeit bis zur
Rasputiza.
Und jeden Tag, den die Ukraine mit weitere modernen Waffen ausgestattet wird erhöht die Gefahr von vielen Opfern in der Armee. Kommt auch nicht gut an bei der Beliebtheit.