Anarchie
24.02.2005 um 23:35@hi all
Der Begriff Anarchie leitet sich aus dem Griechischen (αναρχία "Führerlosigkeit") ab und bedeutet eigentlich Abwesenheit von Herrschaft durch einzelne ("Führer").
Oft wird Anarchie verwechselt bzw. (meist von ihren Gegnern) bewußt verfälschend gleichgesetzt mit Anomie (=Gesetzlosigkeit) bzw. Chaos.
Herrschaft, wie wir sie kennen, ist keine zeitlose Institution. Neben und vor allem vor dem welthistorischen Beginn der Herrschaft hat es logischerweise und tatsächlich Anarchie gegeben. Noch bei manchen rezenten Naturvölkern kann von Herrschaft einzelner keine Rede sein. Die Mbuti etwa lebten ohne Macht von Führern, mithin in einer Anarchie. Die Abwesenheit von Gesetzgebern und Gesetzen kennzeichnet das Leben der Mbuti auch als 'gesetzlos'. Aber ohne Ordnung war ihr Leben deshalb mitnichten.
Neben den sozusagen natürlichen Formen der Anarchie außerhalb der Zeiten und Territorien der Einzelherrschaft gibt es die bewusst gewählten Formen der Anarchie innerhalb etablierter Herrschaftsräume; siehe Anarchismus.
Kritik am Anarchismus
Da der Anarchismus keine Staatsform darstellt, er im Gegenteil staatliche Herrschaft ablehnt, fällt der Entwurf und die Umsetzung von Gegenmodellen zu gängigen Staatsstrukturen schwer. Die meisten Gegenmodelle abseits des Anarchismus hinterfragen kaum oder gar nicht den Staat als solches und können daher viel mehr auf einem bestehenden Verständnis aufbauen. Aufgrund der Kritik staatlicher (Herrschafts-)Strukturen an sich kann es auch kein Beispiel eines "anarchistischen Staates" geben.
Für viele Kritiker des Anarchismus stellt sich die Frage, wie Gewaltenteilung, die Gewährleistung der Menschenrechte und der Justiz, der Infrastruktur zur Versorgung der Menschen, der Bildung und anderem im Anarchismus realisiert werden sollten, zumal dann, wenn die Umsetzung des Anarchismus sich auf größere Gesellschaften auswirken soll.
Dennoch gab es historisch mehrere Versuche, anarchistische Strukturen, zumindest in Ansätzen, auch in größeren Gesellschaften umzusetzen, beispielsweise bei der Pariser Kommune 1871, in der Ukraine zwischen 1917 und 1922 durch die Machnotschina, zeitweilig in der Münchner Räterepublik 1919 oder während des spanischen Bürgerkriegs zwischen 1936 und 1939 in Katalonien und dessen Hauptstadt Barcelona durch die CNT. Alle diese Umsetzungsversuche anarchistischer Gesellschaftsorganisation scheiterten in der Regel nicht aus sich selbst heraus, aber teilweise doch relativ schnell durch gewaltsame Niederschlagung von außen. Relativ lange konnten sich das anarchistische Modell der Machnotschina unter den Bedingungen des Russischen Bürgerkriegs sowie der Anarchosyndikalismus in Katalonien unter den Bedingungen des Spanischen Bürgerkriegs halten. Kritiker betrachten diese längerfristigeren Ausnahmen als Nischenmodelle, da die Gegner des Anarchismus zunächst vorrangig andere Feinde hatten, gegen die auch Anarchisten zeitweilig Verbündete waren. In Russland waren diese Feinde die konterrevolutionären "Weißen Armeen", in Spanien waren dies die faschistischen Truppen Francos.
Auch wird den Anarchisten vorgeworfen, dass in den genannten Beispielen die selektive Konzentrierung der "Macht" in bevorzugten, wenn auch bis dahin eher machtlosen Gruppen (Arbeiterräte, Soldatenräte, Gewerkschaften, Partisanenbewegungen) wiederum eine Herstellung einseitiger Herschaftsstrukturen unter Ausschluss weiterer Bevölkerungsschichten darstellte. Weiterhin wird in diesem Sinne behauptet, dass es noch nie, weder aktuell noch historisch eine Gesellschaft ohne Herrschaftsstrukturen gab bzw. gibt. Grundsätzlich unterscheiden sich aber anarchistische Vorstellungen von beispielsweise marxistisch-leninistischen Vorstellungen dadurch, dass sie niemanden ausschliessen wollen (wie bei der Diktatur des Proletariats) und jegliche Machtkonzentration einzelner Gruppen ablehnen (Rätemodell). Räte sollten in allen Bevölkerungsschichten entstehen. Historisch allerdings wandten sie sich gegen diejenigen, die real (nach Ansicht der Anarchisten illegitim) konzentrierte Macht innehatten, und sich durch Anarchisten daher bedroht sahen.
Obgleich Ideen des Anarchismus Impulse für das Herausbilden von Demokratien und Formen des Arbeitskampfes gegeben haben, besitzt der Anarchismus in der Gegenwart kaum Unterstützung in der Mehrheit der Bevölkerung. Zudem wird er oftmals mit einem Zustand des "Chaos" assoziiert. Vorgeworfen wird dem Anarchismus auch ein Teil seiner Geschichte, bei dem viele gewaltsame Anschläge verübt wurden.
Heutzutage stehen auch den Anarchisten nahestehende Gruppierungen wie die sogenannten Autonomen seitens der Gesellschaft in der Kritik wegen ihres teilweise gegnerischen Verhältnisses zum bürgerlichen Recht und dem Gewaltmonopol des Staates.
Diskussionen um den Anarchismus drehen sich auch häufig um die Frage, ob es eine Natur-gegebene (früher Gott-gegebene) Ordnung der Gesellschaft im Sinne einer Hierarchie gibt, die bereits im Wesen des Menschen angelegt sei. Dieser Konflikt spiegelt sich auch in der Wissenschaft, die sich darüber nicht einig ist (vgl. auch Biologismus), aber darauf verweist, dass die Mehrzahl der bisherigen Gesellschaftsmodelle hierarchisch aufgebaut waren.
Wikipedia: Anarchismus
Der Begriff Anarchie leitet sich aus dem Griechischen (αναρχία "Führerlosigkeit") ab und bedeutet eigentlich Abwesenheit von Herrschaft durch einzelne ("Führer").
Oft wird Anarchie verwechselt bzw. (meist von ihren Gegnern) bewußt verfälschend gleichgesetzt mit Anomie (=Gesetzlosigkeit) bzw. Chaos.
Herrschaft, wie wir sie kennen, ist keine zeitlose Institution. Neben und vor allem vor dem welthistorischen Beginn der Herrschaft hat es logischerweise und tatsächlich Anarchie gegeben. Noch bei manchen rezenten Naturvölkern kann von Herrschaft einzelner keine Rede sein. Die Mbuti etwa lebten ohne Macht von Führern, mithin in einer Anarchie. Die Abwesenheit von Gesetzgebern und Gesetzen kennzeichnet das Leben der Mbuti auch als 'gesetzlos'. Aber ohne Ordnung war ihr Leben deshalb mitnichten.
Neben den sozusagen natürlichen Formen der Anarchie außerhalb der Zeiten und Territorien der Einzelherrschaft gibt es die bewusst gewählten Formen der Anarchie innerhalb etablierter Herrschaftsräume; siehe Anarchismus.
Kritik am Anarchismus
Da der Anarchismus keine Staatsform darstellt, er im Gegenteil staatliche Herrschaft ablehnt, fällt der Entwurf und die Umsetzung von Gegenmodellen zu gängigen Staatsstrukturen schwer. Die meisten Gegenmodelle abseits des Anarchismus hinterfragen kaum oder gar nicht den Staat als solches und können daher viel mehr auf einem bestehenden Verständnis aufbauen. Aufgrund der Kritik staatlicher (Herrschafts-)Strukturen an sich kann es auch kein Beispiel eines "anarchistischen Staates" geben.
Für viele Kritiker des Anarchismus stellt sich die Frage, wie Gewaltenteilung, die Gewährleistung der Menschenrechte und der Justiz, der Infrastruktur zur Versorgung der Menschen, der Bildung und anderem im Anarchismus realisiert werden sollten, zumal dann, wenn die Umsetzung des Anarchismus sich auf größere Gesellschaften auswirken soll.
Dennoch gab es historisch mehrere Versuche, anarchistische Strukturen, zumindest in Ansätzen, auch in größeren Gesellschaften umzusetzen, beispielsweise bei der Pariser Kommune 1871, in der Ukraine zwischen 1917 und 1922 durch die Machnotschina, zeitweilig in der Münchner Räterepublik 1919 oder während des spanischen Bürgerkriegs zwischen 1936 und 1939 in Katalonien und dessen Hauptstadt Barcelona durch die CNT. Alle diese Umsetzungsversuche anarchistischer Gesellschaftsorganisation scheiterten in der Regel nicht aus sich selbst heraus, aber teilweise doch relativ schnell durch gewaltsame Niederschlagung von außen. Relativ lange konnten sich das anarchistische Modell der Machnotschina unter den Bedingungen des Russischen Bürgerkriegs sowie der Anarchosyndikalismus in Katalonien unter den Bedingungen des Spanischen Bürgerkriegs halten. Kritiker betrachten diese längerfristigeren Ausnahmen als Nischenmodelle, da die Gegner des Anarchismus zunächst vorrangig andere Feinde hatten, gegen die auch Anarchisten zeitweilig Verbündete waren. In Russland waren diese Feinde die konterrevolutionären "Weißen Armeen", in Spanien waren dies die faschistischen Truppen Francos.
Auch wird den Anarchisten vorgeworfen, dass in den genannten Beispielen die selektive Konzentrierung der "Macht" in bevorzugten, wenn auch bis dahin eher machtlosen Gruppen (Arbeiterräte, Soldatenräte, Gewerkschaften, Partisanenbewegungen) wiederum eine Herstellung einseitiger Herschaftsstrukturen unter Ausschluss weiterer Bevölkerungsschichten darstellte. Weiterhin wird in diesem Sinne behauptet, dass es noch nie, weder aktuell noch historisch eine Gesellschaft ohne Herrschaftsstrukturen gab bzw. gibt. Grundsätzlich unterscheiden sich aber anarchistische Vorstellungen von beispielsweise marxistisch-leninistischen Vorstellungen dadurch, dass sie niemanden ausschliessen wollen (wie bei der Diktatur des Proletariats) und jegliche Machtkonzentration einzelner Gruppen ablehnen (Rätemodell). Räte sollten in allen Bevölkerungsschichten entstehen. Historisch allerdings wandten sie sich gegen diejenigen, die real (nach Ansicht der Anarchisten illegitim) konzentrierte Macht innehatten, und sich durch Anarchisten daher bedroht sahen.
Obgleich Ideen des Anarchismus Impulse für das Herausbilden von Demokratien und Formen des Arbeitskampfes gegeben haben, besitzt der Anarchismus in der Gegenwart kaum Unterstützung in der Mehrheit der Bevölkerung. Zudem wird er oftmals mit einem Zustand des "Chaos" assoziiert. Vorgeworfen wird dem Anarchismus auch ein Teil seiner Geschichte, bei dem viele gewaltsame Anschläge verübt wurden.
Heutzutage stehen auch den Anarchisten nahestehende Gruppierungen wie die sogenannten Autonomen seitens der Gesellschaft in der Kritik wegen ihres teilweise gegnerischen Verhältnisses zum bürgerlichen Recht und dem Gewaltmonopol des Staates.
Diskussionen um den Anarchismus drehen sich auch häufig um die Frage, ob es eine Natur-gegebene (früher Gott-gegebene) Ordnung der Gesellschaft im Sinne einer Hierarchie gibt, die bereits im Wesen des Menschen angelegt sei. Dieser Konflikt spiegelt sich auch in der Wissenschaft, die sich darüber nicht einig ist (vgl. auch Biologismus), aber darauf verweist, dass die Mehrzahl der bisherigen Gesellschaftsmodelle hierarchisch aufgebaut waren.
Wikipedia: Anarchismus