shionoro schrieb:Ein Politiker muss ja bis zu einem gewissen Grad sagen, dass die anderen das Land in den Ruin treiben werden, weil das sein Beruf ist.
Das geht jetzt zwar mehr in Richtung "Sprachphilosophie", aber am Wahltag erlaube ich mir das mal:
Nö, ich denke das liegt daran, dass alle Parteien ein schräges "Narrativ" des Begriffes "Mitte" bedienen.
Die wollen alle ne "Mitte", die dann nur eine Seite hat, Mitte links oder Mitte rechts.
"Mitte" ist heutzutage nix mehr, das als "Grenze" zwischen Rechts und Links funktioniert, sondern ein "Tarnkampfbegriff",
der verschleiert, dass man sich von jeder Position aus Radikalisieren kann, egal ob Rechts, Links - oder Mitte.
Wesentlich ist dafür nicht "die Ausrichtung", sondern der Grad der Ehrlichkeit,
also ob man "dem Volk dienen" oder sich bereichern will.
Irgendwie ist völlig in Vergessenheit geraten, dass es ganz natürlich ist, bei Allem sowohl ne konservative, bewahrende als auch eine fortschrittliche, aber mit mehr Ungewissheiten verbundene Seite zu haben; einnehmen zu können.
Und dass es "der Sache" auch immer sehr zuträglich ist, wenn diese beiden Seiten betrachtet werden können - einfach, weil es sie ja gibt. Es ist "die Realität", deren Vielfalt man damit an die eigenen Bedürfnisse anpassen könnte - wenn man es denn täte.
Aber statt dessen ist das "Bewahren der eigenen Pfründe" auf eine Weise in den Vordergrund gerückt, von der die "Kaiser" der früheren Zeiten nur träumen konnten.
Es hat den Leuten irgendwie das Hirn zugeklebt, sich jahrelang erzählen zu lassen, wenn man sich für eine Seite entscheiden könne, wäre alles gut. So als könne man bestimmen, ob man von "Gott oder Teufel" regiert wird.
Das einzige, was passiert, wenn man so mit der Realität umgeht, ist, dass man "seine Mitte" verliert und damit den eigenen "Maßstab".
(Das ist wie in dem Spruch "Die Erwachsenen wollen alle unser Bestes. Kriegen sie aber nicht!")
Nur haben wir´s ihnen freiwillig gegeben, unser "Bestes", weil das Narrativ lautet "Wir denken besser für euch mit".
Das sind aber keine "Götter", die sich da zur Wahl stellen, so wie Kaiser früher nicht wirklich "von Gottes Gnaden" kamen.
Das sind Menschen, die ihre eigenen Triebe genau so wenig im Griff haben wie wir anderen Kindsköppe.
Die genauso wie wir oft zu feige sind, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, der eigentlich immer ganz klar sagt, dass jedes Ding zwei Seiten hat. Und "Mitte" nur ne sehr abstrakte Metapher dafür ist, das Optimum dieser beiden Seiten finden zu können - durch einen Dialog, einen
ehrlichen.
So lange das nur unter "Moral" läuft und nicht als "Teil des gesunden Menschenverstandes" gilt, diese Abstraktion von "eigener Mitte",
rettet uns auch kein noch so schönes Narrativ.