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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

559 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Evolution, Wissen, Denken ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

22.10.2020 um 12:14
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:Die Mathematik is eine Näherungslösung.
Also haben wir sie erfunden und nicht entdeckt.
Kurz, knackig und vor Allem vernünftig erklärt. So gefällt mir das.

Meintest Du obige Erklärung, @Noumenon?
Wenn ja, warum hast Du so viel Zeit und Posts vergeudet, um darum herum statt Tachles zu reden?


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

22.10.2020 um 12:59
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Meintest Du obige Erklärung, @Noumenon?
Welche Erklärung? Und was genau soll ich wo gemeint haben? :ask:
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:Die Mathematik is eine Näherungslösung.
Also haben wir sie erfunden und nicht entdeckt.
Kurz, knackig und vor Allem vernünftig erklärt. So gefällt mir das.
Tatsächlich war das Statement von Giga so unfassbar substanzlos, lächerlich und naiv, dass man fast schon ein Sixpack vor lauter Lachen bekommen könnte. :lolcry:
(wenn es andererseits nur nicht so unfassbar peinlich und traurig wäre...)

Mathematik ist der Inbegriff von Exaktheit! Und das ist auch der Grund, warum viele Wissenschaften nach einem hohen Grad an "Mathematisierung" streben, um dann als sog. 'exakte Wissenschaft' durchgehen zu können!

Die exakten Wissenschaften oder auch harten Wissenschaften umfassen umgangssprachlich diejenigen Wissenschaften, welche in der Lage sind, genaue quantitative oder mathematisch oder formal-logisch präzise Aussagen zu treffen und über eigene, strenge Methoden für die Überprüfung von Hypothesen und vor allem reproduzierbare Versuche mit quantifizierbaren Messungen verfügen. Von den Formalwissenschaften werden Logik, Mathematik und Teile der Informatik und Ingenieurwissenschaften sowie von den Naturwissenschaften Physik, Astronomie, Chemie und Teile der Biologie und der Geowissenschaften als exakte Wissenschaften in diesem Sinne betrachtet. Das Ziel von exakten Wissenschaften ist in der Regel eine mathematisch fundierte Theorie, was sie aber nicht zu einem Teilgebiet der Mathematik macht; sie müssen, um sich von Unexaktheiten natürlicher Sprachen zu befreien, „in einer Kunstsprache reden wollen – und können“.
Wikipedia: Exakte Wissenschaft

Und von dem Schluss (Näherungslösung => Erfindung) wollen wir - bspw. mit Blick auf die Physik, deren Methoden, dem grundsätzlich und prinzipiell unvermeidbaren Phänomen des sog. Messfehlers oder etwa auch mit Blick auf die Heisenberg'sche Unschärferelation - lieber gar nicht erst anfangen...


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

22.10.2020 um 13:25
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Tatsächlich war das Statement von Giga so unfassbar substanzlos, lächerlich und naiv
Klar. Kaum weiß einer etwas, dass Du nur zu wissen vorgibst, schon musst Du es diffamieren.
Natürlich kannst Du nicht erklären, warum dem so wäre, aber Hauptsache mal wieder Kacka hier gelassen.


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22.10.2020 um 14:08
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Hast du da 'n Beispiel....?
Kategorien bei Kant:
Kategorien sind nach Kant apriorisch und unmittelbar gegeben. Sie sind Werkzeuge des Urteilens und Werkzeuge des Denkens. Als solche dienen sie nur der Anwendung und haben keine Existenz. Sie bestehen somit nur im menschlichen Verstand. Sie sind nicht an Erfahrung gebunden
Als Beispiel:
Demnach sind z. B. der Urteilsfunktion „Quantität“ die Kategorien bzw. Urteile „Einheit“, „Vielheit“ und „Allheit“ untergeordnet, und der Urteilsfunktion „Relation“ die Urteile der „Ursache“ und der „Wirkung“.
Zitate von Wikipedia, Kategorien. Das geht über die psychologischen Denkgesetze von Frege hinaus, es sind die Grundlagen menschlicher Erfahrung überhaupt. Und (eventuell) die Grundlagen der Mathematik, da bin ich mir nicht so sicher.
Wobei auch der Kategorien Begriff bei Kant nicht unproblematisch ist, aber ich hoffe du verstehst was ich sagen will.


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

22.10.2020 um 15:19
@Noumenon
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Ja, soweit waren wir hier schon einmal - mit der Feststellung, dass bspw. "Anzahl", "Menge" oder "Abstand" nicht abstrakter ist als etwa "Atom", "Planet" oder "Klimawandel"...
Mir gehts nicht darum, dass unsere Sprache abstrahiert, sondern darum, dass die Mathematik die Abstraktion eines Regelsets ist, dass wir noch nicht vollständig kennen.

Wie Eingangs gesagt, die Tatsache, dass die Mathematik problemlos mit der Unendlichkeit funktioniert zeigt, dass sie keine 1:1 Abbildung der Realität ist.
Das bedeutet nicht, dass die Mathematik falsch ist, sondern eben nur eine Näherungslösung, die wir nutzen um die grundlegenden logischen Zusammenhänge auf denen unser Universum basiert, zu beschreiben.

Vergleiche es mit der Entwicklung von Newton über Einstein bis zur Quantenphysik: Näherungslösungen. Nicht falsch, aber auch nicht allgemeingültig.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Mathematik ist der Inbegriff von Exaktheit! Und das ist auch der Grund, warum viele Wissenschaften nach einem hohen Grad an "Mathematisierung" streben, um dann als sog. 'exakte Wissenschaft' durchgehen zu können!
Menschliches Verlangen nach unserem subjektiven Konzept von Exaktheit, genauso wie der Hang zur Suche nach "Schönheit" und "Eleganz" in naturwissenschaftlicher Theorie halte ich für nichts weiter als einen Bias, der uns bei vielen Problemen seit Jahrzehnten aufhält.

Das Streben nach mathematischer Exaktheit ausserhalb der Naturwissenschaften halte ich für einen groben Fehler der letztendlich zu fehlgeleiteter affirmativer Forschung führt - sieht man sehr gut an den Wirtschaftswissenschaften.

Exaktheit ist ein Luxus, den man sich durch Abstraktion und selektive Auswahl der beobachteten Phänomene erkauft. Das ist richtig und wichtig in den Naturwissenschaften, aber in der Regel ein Holzweg in den restlichen Wissenschaften.



PopularMechanics hatte erst kürzlich einen Artikel darüber:
Why Some People Think 2+2=5
...and why they're right.
Our numbers, our quantitative measures, are abstractions of real underlying things in the universe and it's important to keep track of this when we use numbers to model the real world
https://www.popularmechanics.com/science/math/a33547137/why-some-people-think-2-plus-2-equals-5/

Das ist nicht der Kulturmarxismus der Einzug in die Wissenschaft hält, sondern kritische Einordnung des sozialen Systems "Wissenschaft" und seinen Methoden und Funktionsmechanismen.


Das heißt nicht, dass die Mathematik "falsch" ist. Es bedeutet nur, dass die Mathematik kein adequates Abbild der Logik unseres Universums ist und wir deswegen ganz genau hinschauen müssen, ob die Zahlen, die wir haben auch wirklich das Aussagen was wir denken, dass sie Aussagen.


In der Realität haben wir minimale Größe, keinen infiniten Regress, keine Unendlichkeit, Maximale "Geschwindigkeit" der Kausalität, räumliche Dimensionen, verknüpft mit einer zeitlichen Dimension - beide bedingen sich Gegenseitig und formen eine Raumgeometrie die Eckpfeiler der wirkenden Logik festlegen, die sich in Naturgesetzen herauskristallisieren.

In der Mathematik haben wir diese Umstände nicht angelegt, wir versuchen sie nachzustellen, suchen nach Eleganz, Schönheit, Symmetrie, suchen nach Allem ausser Willkür und wundern uns, dass wir seit Jahrzehnten nicht weiter kommen.
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Und von dem Schluss (Näherungslösung => Erfindung)
Jetzt bist du bei semantischem Erbsenzählen angelangt...

Die Eingangsfrage war:
Zitat von LufuLufu schrieb am 18.03.2019:Haben wir als Menschheit einfach nur die unleserlichen Codes der Natur und des Seins entschlüsselt oder haben wir sie komplett neu erfunden um sie für uns zu verstehen?
Wir haben die "Codes der Natur" nicht entschlüsselt, sondern eine rudimentäre Logik entwickelt, die sich idealerweise den "Codes der Natur" annähert.

Ich kann nichts für den binären Titel hier, aber ausgehend von der zitierten Fragestellung muss man die Mathematik definitiv als Erfindung, nicht als Entdeckung, einordnen.


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

22.10.2020 um 20:04
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Und damit bleibt die Frage immer noch offen: Haben wir die Untersuchungsmethode Mathematik erfunden oder wäre sie das, "was ist" und wir hätten sie entdeckt?
Eigentlich alles zusammen. Grundrechenarten sind schon vorhandene Logig die es auch ohne Mathemathik gibt. Man könnte ja auch ohne Zahlen sagen Reiskorn + Reiskorn = ReiskornReiskorn. Daraus jetzt 1+1=2 zu machen würde ich als eine erweiterte Sprache verstehen. Der Satz des Pythagoras hingegen ist ein enddecktes Verhältnis was nicht der erweiterten Sprach Logig folgt denn er funktioniert ja nur unter einer bestimmten Voraussetzung.


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22.10.2020 um 20:54
@1.21Gigawatt
Erst einmal danke für die ausführliche Antwort! Das ist ja doch schon ein bisschen mehr als nur'n Einzeller und suggeriert ja dann auch ein gewisses Interesse für die Thematik bzw. Problematik.

Und zu dieser Problematik zunächst:
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:Die Eingangsfrage war...
...von einem Laien gestellt, der offenbar die Problematik nicht verstanden und/oder sie mindestens missverständlich zum Ausdruck gebracht hat. Denn es geht nicht darum, ob die Mathematik erfunden oder entdeckt ist, sondern darum, ob die Gegenstände der Mathematik erfunden oder entdeckt sind. Und es kann halt einfach nicht sein, dass bereits dieser simple und feine, aber eben fundamentale und alles entscheidende Unterschied - zwischen einer Disziplin und ihrem Gegenstand - hier einfach und partout ignoriert wird, wie in der Vergangenheit mehrfach geschehen. Auch bei Wikipedia wird diesem Unterschied zum Teil zwar zunächst Rechnung getragen, dann aber irgendwie auch wieder nicht:

"Mathematische Gegenstände (Zahlen, geometrische Figuren, Strukturen) und Gesetze sind keine Konzepte, die im Kopf des Mathematikers entstehen, sondern es wird ihnen eine vom menschlichen Denken unabhängige Existenz zugesprochen, wie Friedrich Engels im Anti-Dühring betont. Mathematik wird folglich nicht erfunden, sondern entdeckt."
Wikipedia: Philosophie der Mathematik#Realismus, Platonismus, Materialismus

(und mit "Gegenstand" ist hier natürlich das sog. Erkenntnisobjekt gemeint)

Spätestens beim Beispiel Physik dürfte dieser fundamentale Unterschied einleuchten: Die Disziplin selbst (Physik) ist erfunden, ihr Gegenstand (die Natur bzw. Realität) offenbar nicht. Analog für Chemie, Biologie, Geologie, Astronomie usf.
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:Wie Eingangs gesagt, die Tatsache, dass die Mathematik problemlos mit der Unendlichkeit funktioniert zeigt, dass sie keine 1:1 Abbildung der Realität ist.
Das bedeutet nicht, dass die Mathematik falsch ist, sondern eben nur eine Näherungslösung, die wir nutzen um die grundlegenden logischen Zusammenhänge auf denen unser Universum basiert, zu beschreiben.

Vergleiche es mit der Entwicklung von Newton über Einstein bis zur Quantenphysik: Näherungslösungen. Nicht falsch, aber auch nicht allgemeingültig.
Genau deshalb habe ich obige Ausführungen vorgezogen. Du bringst ja sogar selbst Beispiele aus der Physik für "Näherungslösungen". Entsprechend müsstest du ganz analog schlussfolgern: Physik ist eine bloße Erfindung!

Und ja, das ist sie tatsächlich. Nur... was genau soll daraus jetzt folgen? Urknall = Käse? :ask:

Eine derartige Argumentation und Analyse der Problematik verkennt nicht nur den entscheidenden Unterschied zwischen einer Disziplin und ihrem Gegenstand, sondern lässt generell jegliches Verständnis für die eigentliche Problematik missen, wie es sich übrigens auch hier wieder zeigt (aus deinem Link):
Our numbers, our quantitative measures, are abstractions of real underlying things in the universe and it's important to keep track of this when we use numbers to model the real world
Quizfrage: Zum Verständnis der Natur arbeiten sämtliche Naturwissenschaften mit sog. Modellen. Und sämtliche Modelle der Realität sind wiederum...?
Spoiler
Richtig, nichts weiter als Abstraktionen...!

Nächste Quizfrage: Was glaubst du, warum ich hier mittlerweile nun schon ad nauseam auf das Semiotische Dreieck verweise/verlinke? :ask:
Richtig, weil das, was die Dame da in der von dir zitierten Passage sagt, letztendlich für alle unsere Konzepte gilt:

"Concepts are defined as abstract ideas or general notions that occur in the mind, in speech, or in thought."
Wikipedia: Concept

And...

"...it's important to keep track of this when we use numbers concepts to model the real world."

Aber was anderes als Konzepte haben wir nun einmal nicht, um über die Realität zu sprechen oder zu denken!
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:In der Realität haben wir minimale Größe...
Ja, und...? Da beißt die Maus doch keinen Faden ab! Auch für diese Größe(n) gelten die unabhängig vom menschlichen Denken gültigen Gesetzmäßigkeiten eben jener Größen bzw. der Mathematik (als "Lehre von den Größen")...! Stichwort "geordneter Körper" etwa...
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:...keine Unendlichkeit...
Weshalb "unendlich" bspw. auch nicht als reelle Größe bzw. Zahl gehandelt wird und sowieso eine Sonderrolle in der Mathematik spielt.
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:...räumliche Dimensionen, verknüpft mit einer zeitlichen Dimension...
Auch hier beißt die Maus keinen Faden ab, im Gegenteil...
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:In der Mathematik haben wir diese Umstände nicht angelegt...
Warum sollte sie auch...? :ask:


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

22.10.2020 um 22:44
Zitat von paxitopaxito schrieb:Als Beispiel:
Demnach sind z. B. der Urteilsfunktion „Quantität“ die Kategorien bzw. Urteile „Einheit“, „Vielheit“ und „Allheit“ untergeordnet, und der Urteilsfunktion „Relation“ die Urteile der „Ursache“ und der „Wirkung“.
Ja, reicht mir, thx.

Ich muss da irgendwie auch immer an den Mengenbegriff Cantor's denken...

"Unter einer 'Menge' verstehen wir jede Zusammenfassung M von bestimmten wohlunterschiedenen Objekten m unserer Anschauung oder unseres Denkens (welche die 'Elemente' von M genannt werden) zu einem Ganzen."

Und darauf baut ja denn letztendlich auch die ganze Mengenlehre, Logik und gesamte Mathematik auf.

Interessant finde ich hier noch, dass er explizit von "Objekten unserer Anschauung oder unseres Denkens spricht", aber nicht bspw. von real existierenden Objekten, wobei ich gerade G. Cantor's philosophischen Ansichten auch nicht im Detail kenne...

Also ob ich bspw. von einem einzelnen Sandkorn, einer Vielzahl von Sandkörnern, einer Menge von Sandkörnern oder einem Sandhaufen spreche... wo ist da der Unterschied...? :ask:
Zitat von 1.21Gigawatt1.21Gigawatt schrieb:...Unendlichkeit...
Zumindest in der Mathematik herrscht hier bis dato auch immer noch eine gewisse Uneinigkeit...

"Es gibt somit in der Philosophie der Mathematik neben der Ablehnung aller Unendlichkeitsbegriffe (Ultrafinitismus) die ausschließliche Akzeptanz des potentiell Unendlichen (Finitismus), darüber hinausgehend die Akzeptanz des aktual Unendlichen nur für operativ abgeschlossene Mengen wie die der natürlichen Zahlen (Konstruktivismus), sowie die Akzeptanz des aktual Unendlichen nur für das Kontinuum (Intuitionismus), während der Platonismus das aktual Unendliche durchgehend akzeptiert."
Wikipedia: Potentielle und aktuale Unendlichkeit#Verschiedene Auffassungen in der heutigen Mathematik und Philosophie der Mathematik


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22.10.2020 um 22:48
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Und darauf baut ja denn letztendlich auch die ganze Mengenlehre, Logik und gesamte Mathematik auf.
Dann machen die Begriffe entdeckt / erfunden aber irgendwie kaum Sinn im Bezug zur Mathematik. Weder hat man es sich ausgedacht, noch lag es irgendwo rum und wurde zufällig entdeckt. Es ist die notwendige Voraussetzung um überhaupt erfinden und entdecken zu können ;)


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

23.10.2020 um 00:20
Zitat von paxitopaxito schrieb:Dann machen die Begriffe entdeckt / erfunden aber irgendwie kaum Sinn im Bezug zur Mathematik.
Grundgütiger...! o.o

Siehe:
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Denn es geht nicht darum, ob die Mathematik erfunden oder entdeckt ist, sondern darum, ob die Gegenstände der Mathematik erfunden oder entdeckt sind.
Und zu den Gegenständen der Mathematik gehören bspw. Größen, Mengen, Formen, Relationen, Abstände und dgl., wobei bspw. Formen - wie etwa die Kugelgestalt der Erde - nicht einfach erfunden werden, sondern unabhängig vom menschlichen Denken gegeben sind. Und in diesem Sinne erfand bspw. Platon auch nicht die sog. (fünf) Platonischen Körper, sondern entdeckte sie. So wie wir bspw. auch Primzahlen mit bestimmten Eigenschaften entdecken (und nicht erfinden)...

Schönes Beispiel auch: Minimalflächen. Haben besonders schöne Eigenschaften, werden gerne von Seifenblasen oder Membranen gebildet, sind - als Kategorie - nicht erfunden, sondern entdeckt.

Ach, ja... und den Romanesco-Broccoli als besonders schönes Beispiel für fraktale Geometrie nicht zu vergessen...

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23.10.2020 um 17:00
@Noumenon
Wäre denn die Unterscheidung in Einer/Viele/Alle ein Gegenstand der Mathematik? Oder der Begriff der Menge?


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23.10.2020 um 21:24
@paxito
Nee, gehört wohl eher hier rein, denke ich:
Wikipedia: Philosophie der Mathematik


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23.10.2020 um 21:27
@Noumenon
Da fühle ich mich doch gleich zu Hause und Überraschung, ich bin wohl ein Formalist. Erinnert ein bisschen an die "Welcher Jahreszeit Typ bin ich" Tests in der Brigitte.
Danke für deine geduldigen und hilfreichen Erklärungen!


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

23.10.2020 um 22:03
Zitat von paxitopaxito schrieb:Erinnert ein bisschen an die "Welcher Jahreszeit Typ bin ich" Tests in der Brigitte.
:lolcry:


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23.10.2020 um 22:55
Zitat von paxitopaxito schrieb:Da fühle ich mich doch gleich zu Hause und Überraschung, ich bin wohl ein Formalist.
Ich nehme übrigens an, du spielst auf die sog. Grundlagenkrise der Mathematik mit ihren drei Hauptströmungen Logizismus, Formalismus & Intuitionismus an...? :ask:

Hm... vermutlich kamst du darauf, weil es ja auch in oben geposteten Link einen Abschnitt dazu gibt...
Wikipedia: Philosophie der Mathematik#Formalismus, Deduktivismus

Ich persönlich tendiere da - unter einem gewissen Vorbehalt, versteht sich - wohl eher zum Strukturalismus...
Wikipedia: Philosophie der Mathematik#Strukturalismus
...den es so oder so ähnlich auch als allgemeinere ontologische Position gibt...
Wikipedia: Strukturenrealismus


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

23.10.2020 um 23:05
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Ich persönlich tendiere da - unter einem gewissen Vorbehalt, versteht sich...
Oder anders ausgedrückt: Im Zweifelsfall habe ich meinen eigenen Standpunkt. :P:


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23.10.2020 um 23:09
@Noumenon
Auch wenn wir gerade weit vom eigentlichen Thema entfernt wildern, ja auf die drei Hauptströmungen spiele ich an. Da ich mich in der Philosophie immer zu Hause gefühlt habe, war das ein bisschen wie in einem Magazin stöbern, welche Beschreibung auf Anhieb sympathischer ist, in die Tiefe geht der Artikel ja nicht (muss er an der Stelle auch nicht).

Strukturalismus wäre meine zweite Wahl. Und damit haben wir tatsächlich ein Niveau erreicht, wo ich einwerfen kann, ich bin übrigens Steinbock und eher der Wintertyp. ;)
Ernsthafter:
Von der philosophischen Position her tendiere ich schon lange zur Sprachanalyse durch Wittgenstein geprägt und ein wenig zur Systemtheorie von Luhmann. Da verwundert es auch nicht, das ich die Mathematik erstmal für eine Sprache halte, weil man mit Wittgenstein anfängt so ziemlich alles für (eine) Sprache zu halten.
Siehe auch: analytische Philosophie


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

24.10.2020 um 00:01
Zitat von paxitopaxito schrieb:Da verwundert es auch nicht, das ich die Mathematik erstmal für eine Sprache halte, weil man mit Wittgenstein anfängt so ziemlich alles für (eine) Sprache zu halten.
Nunja, dass Mathematik definitiv mehr als nur Sprache ist, auch wenn sie sich klassischen Elementen einer Sprache bedienen mag (=> Mathematische Notation), dürfte allerspätestens dann klar werden, wenn man sich ein paar Vorlesungen in Mathematik sowie Vorlesungen in Englisch, Spanisch, Französisch (oder wahlweise anderen typischen Sprachen) reingezogen hat... :D

Oder kannst ja auch gerne mal versuchen, deinen Beitrag...

a) in sämtliche Sprachen der Welt - gerne via Google-Translator - zu übersetzen
b) in "Mathematisch" zu übersetzen :D

Have fun. :)


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

24.10.2020 um 10:35
Zitat von NoumenonNoumenon schrieb:Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?
Hmpf... Ich denke mal sowohl als auch, oder?
Mathematik ist oft eine logische Herangehensweise. Ein Weg den man gedanklich geht, um etwas zu erfassen. Oft durch Instrumente welche abstrakte gedankliche Definitionen sind. Welche aber durch Gesetzmäßigkeit im Abgleich mit der Natur stehen.
Da es auch keine wirkliche absolute allgemeingültige Definition für Mathematik gibt, dürfte es schwer sein, alles darunter nun als erfunden oder entdeckt zu brandmarken.
Im Ursprung, was sich wahrscheinlich schwierig beweisen lassen würde, kann ich mir gut vorstellen, dass die erste gedankliche Beweisführung einer Sache durch Logik, die Anfänge der Mathematik waren. Somit ein bewusst konstruierter gedanklicher Weg und daher etwas erfundenes.


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Haben wir die Mathematik (etc.) "erfunden" oder "entdeckt"?

24.10.2020 um 17:38
Zitat von FlitzschnitzelFlitzschnitzel schrieb:Mathematik ist oft eine logische Herangehensweise.
Oft? Wo sind denn da deines Erachtens die - unlogischen - Ausnahmen in der Mathematik zu finden?
Zitat von FlitzschnitzelFlitzschnitzel schrieb:Da es auch keine wirkliche absolute allgemeingültige Definition für Mathematik gibt, dürfte es schwer sein, alles darunter nun als erfunden oder entdeckt zu brandmarken.
Der von der Konjunktion "da" auf den Weg gebrachte Nebensatz ergibt hier als Schlussfolgerung keinen anbindenden Sinn.
Unterteilt man den Satz in logische Häppchen, lautete er, gestutzt, wie folgt:
Prämisse: Es gibt keine allgemeingültige Definition von Mathematik.
Konklusion: Alles darunter kann kaum als erfunden klassifiziert werden.

?

Darunter?


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