@skagerak Darwin hat sich mit Einwänden gegen seine Theorie auseinandergesetzt - meines Wissens spielte dabei die Hirnentwicklung jedoch noch keine Rolle.
Aber sei es wie es sei - deutlich wird, dass man Evolution nicht auf die einfache vulgärdarwinistische Floskel vom Überlebenskampf herunterbrechen kann, die dann auf "Fressen oder Gefressenwerden" verkürzt wird. Dann gelangt man sehr schnell in die tautologische "Erklärung" vom Überleben des Überlebenden, die genau genommen nichts erklärt, sondern lediglich konstatiert.
In die Selektion fließen in der Regel eine Vielzahl von Zufallsvariablen ein, die dann in der Summe einen ganz konkreten Selektionsdruck erzeugen, der sich dann im Verlauf der Zeit unterschiedlich stark hinsichtlich Intensität und Angriffspunkt auf den Phänotyp der Individuen einer Population auswirkt.
Beispielsweise hätte es mit der Entstehung von Homo erectus in Bezug auf Hirnwachstum auch genug sein können, denn er kam offenbar bestens mit seiner Umwelt zurecht, wie Fossilfunde auch außerhalb Afrikas belegen. Trotzdem entstanden nach ihm noch Homo neanderthalensis und Homo sapiens mit noch größeren Gehirnen.
Welche Selektionsdrücke dazu den Ausschlag gaben, ist schwer nachvollziehbar, weil man die konkreten Bedingungen nicht rekonstruieren kann, unter denen die Vorfahren von H. neanderthalensis und H. sapiens lebten, bevor sie aus Afrika auswanderten. Homo erectus hätte für sich überdauern können, ohne das neue Menschenarten entstanden wären. Warum sie dennoch entstanden sind, geht auf Umstände zurück, die wir derzeit noch nicht kennen.
All das ist aber kein Argument gegen die Evolution und gegen die Evolutionstheorie, wie manche meinen, glauben zu müssen, sondern zeigt nur, dass die Theorie aufgrund begrenzten Datenmaterials (fehlendes Wissen um konkrete Umweltbedingungen) nur begrenzt erklärungsmächtig ist - was jedoch wiederum ohne weiteres nachvollziehbar ist. Dass die beiden neuen Menschenarten über Evolution entstanden sind, lässt sich anhand von Fossilfunden belegen.
Also kann man begründet schlussfolgern, dass es offenbar ganz konkrete Selektionsdrücke gegeben hat, die zur Entstehung dieser Menschenarten geführt haben, auch wenn wir sie derzeit noch nicht vollständig rekonstruieren können (und vielleicht sogar niemals vollständig kennen werden). Analog ist die Situation in Bezug auf die Entstehung des Lebens - auch da fehlen immer noch konkrete Daten zu den Entstehungsbedingungen, was aber kein Argument dagegen ist, dass das Leben auf natürlichem Weg entstanden ist.
Manche Leute missdeuten das Vorhandensein von Erklärungslücken als Beweis für die Hinfälligkeit des gesamten Modells, welches die Basis für den großen Rest an Erklärungen darstellt, die es bisher geliefert hat. In der Regel sind das aber Leute, die sich nicht die Mühe machen, das Modell zu verstehen, sondern lieber jegliche Mühe scheuen, um überhaupt etwas zu verstehen.