Nicht vergessen ... heute ist Michael Jackson Thementag bei Arte ... Beginn um 13:55 Uhr ...
22. Juni 2012 14:33 Uhr
Unsterblicher Michael Jackson
Arte widmet Michael Jackson einen Thementag – Hannes Rossacher drehte außergewöhnlichen Film
Osnabrück. Am 25. Juni 2009 schockierte eine Nachricht die Welt: Michael Jackson war gestorben. Der „King of Pop“, der Superstar, der bleichhäutige Freak, der angebliche Pädophile – er wurde nur 50 Jahre alt. Arte gedenkt des Musikers am Sonntag mit einem Thementag.„Ich appelliere daran, Emotionen für diesen Menschen zu haben“, sagt Filmemacher Hannes Rossacher im Gespräch mit unserer Zeitung. Er entwirft in „Michael Jackson – Eine Karriere zwischen Schwarz und Weiß“ (19.20 Uhr) ein popkulturell fundiertes Porträt von psychologischer Tiefe.
Der Österreicher wurde berühmt durch etliche Pop-Dokus und die Videoclips, die er mit Kompagnon Rudi Dolezal (als DoRo) produzierte. Den Beitrag zum Thementag, den er mit Simon Witter drehte, sieht er als „Moment des Innehaltens“. Der Film ist ungewöhnlich ruhig und nachdenklich für eine Pop-Doku: Es gibt keine Bewegtbilder des Künstlers, keine Musikerinterviews, keine Konzertszenen, keine Originalsongs. „Billie Jean“ & Co. werden nur in Instrumentalfassungen eingespielt und „plätschern fast als Light-Jazz-Versionen dahin. Das ist eine Form des Verweilens und Loslassens, die dem Inhalt guttut“, findet Rossacher.
Nicht zuletzt der Drehort verleiht dem Film Wehmut. In einem Abrisshaus arrangierte Rossacher Fotos von Michael Jackson, Erinnerungsstücke und seine Plattencover für die Kamera. Und die Interviews, die er führte, laufen auf Bildschirmen, die dort aufgestellt sind. Gedreht wurde in einem ehemaligen Krankenhaus und Erholungsheim in Beelitz, in der Nähe von Berlin. „Vor 15 Jahren habe ich dort ein Rammstein-Video gedreht“, sagt der Filmemacher.
Rossachers Interviewpartner sind Popmusik-Kenner, die sich intensiv mit der Karriere Jacksons auseinandergesetzt haben. Menschen aus dem direkten Umfeld des Musikers oder gar Familienmitglieder hat er nicht befragt, weil „die alle ihr eigenes Süppchen kochen und alles aus einem Blickwinkel erzählen, der mit ihren eigenen Interessen verknüpft ist“.
Der englische Musikkritiker Barney Hoskyns, ExPlattenlabel-Chef Jochen Leuschner und andere kommen zu Wort – sowie im begleitenden Internet-Auftritt (www.arte.tv) auch Jacksons Konzertveranstalter Marcel Avram. Sie zeichnen das Bild eines Stars, der verschiedene Metamorphosen durchlebt hat. Er reifte von Kinder- zum erwachsenen Superstar, er schuf – ganz nach Marketing-Gesichtspunkten – die Marke „King of Pop“, und er inszenierte sich als Kunstwerk. Ein Kunstwerk, das er selbst formte und stilistisch und chirurgisch weiter und weiter verändern ließ. „Es ist wie bei ,Faust‘“, sagt Rossacher. „Die Geister, die er rief, wurde er nicht mehr los“ – mit dem bekannten tragischen Ausgang.
„Wenn jemand so ein einmaliges Schicksal hat, ist das ja nicht nur ein Bad im Erfolg. Man wird zur Projektion von Millionen und Abermillionen von Menschen. Dem muss man gewachsen sein, sonst kann man daran elendiglich zugrunde gehen“, sagt Rossacher. „Michael Jackson war der erfolgreichste Künstler der Welt mit Millionen verkaufter Platten. So etwas lässt einen dann abheben: ,Ich bin nicht mehr von dieser Welt, ich kann das alles.‘ Das ist wie Ikarus, der zu nah an die Sonne fliegt.“
Die Operationen, der offensichtliche Größenwahn, die wiederholten Pädophilie-Vorwürfe: „Jacksons künstlerisches Leben war ja mindestens zehn Jahre völlig verstellt durch die Yellow-Press-Geschichten“, so Rossacher. Doch in seinem Film würdigt er auch den genialen Musiker und Entertainer und beleuchtet dessen Bedeutung etwa für das Genre des Videoclips. Jackson und seine Plattenfirma waren es, die durchsetzten, dass MTV überhaupt Videos schwarzer Künstler zeigte.
Die Faszination, die vom Musiker Michael Jackson ausging, kann Rossacher auch persönlich gut verstehen. Er erlebte ihn 1984 auf der letzten Tournee der Jackson Five. Der Zugabenblock, den Michael mit seinen Solohits bestreiten durfte, hat Rossacher nachhaltig beeindruckt: „Eine unglaubliche Spannung lag in der Luft. Da schlägt der Puls dann synchron mit dem Zeitgeist.“
Und wie wird sich die Welt an Michael Jackson erinnern – als begnadeten Musiker, als Freak, der sich selbst verunstaltet hat, oder als angeblichen Pädophilen? „Mittelfristig wird sich das Musikalische durchsetzen, das ist nicht auslöschbar“, so Rossacher. „Ich glaube schon, dass der Künstler bleiben wird. Er wird sicher auch in die Geschichte eingehen, als einer, der seine Kinder-Karriere ins Erwachsenenalter hinüberrettet. Und ansonsten steht er natürlich in der Galerie derjenigen, die zu früh verblüht sind.“
http://www.noz.de/deutschland-und-welt/kultur/fernsehen/64945097/arte-widmet-michael-jackson-einen-thementag--hannes-rossacher-drehte-auergewoehnlichen-film (Archiv-Version vom 28.06.2012)