Jacksons Leibwächter schildert Todesnacht
29. September 2011, 22:55 Uhr
Im Prozess gegen den Jackson-Leibarzt macht die Anklage Druck. Staatsanwalt David Walgren lässt den Bodyguard des Sängers dessen Todesnacht schildern - und bringt damit Conrad Murray in Bedrängnis. Von Frank Siering, Los Angeles"Es ist hart für mich, verdammt hart": Alberto Alvarez (l.) bei der Vernehmung durch Staatsanwalt David Walgren© Al Seib/ReutersTag drei im Prozess gegen Dr. Conrad Murray. Diesmal im Zeugenstand: Alberto Alvarez, der persönliche Bodyguard von Michael Jackson. Alvarez wird zunächst von Staatsanwalt David Walgren vernommen. In dramatischer Art und Weise rekapituliert er die letzten Minuten im Leben des King of Pop. "Ich kam ins Schlafzimmer und war geschockt", erzählt Alvarez. Was er vorfand, war der Alptraum eines jeden Leibwächters. Sein Klient lag auf dem Bett, leblos. Die Augen und den Mund leicht geöffnet. Die Arme schlaff zur Seite hängend.
"Ich sah, wie Dr. Conrad Murray mit einer Hand das Herz von Mr. Jackson massierte", beschreibt Alvarez die Situation. Murray habe ihm zugerufen: "Wir müssen einen Krankenwagen rufen, wir müssen ihn in ein Hospital bringen."
Als Staatsanwalt Walgren Alvarez auffordert, die weiteren dramatischen Minuten in der Nacht zum 25.Juni 2009 zu schildern, gerät der Bodyguard, der heute kaum noch Jobs findet und finanziell am Ende ist, kurz ins Stocken. "Es ist hart für mich, verdammt hart", nuschelt er.
"Sie dürfen ihren Dad so nicht sehen"Alvarez berichtet, er habe Murray geholfen, den leblosen Jackson vom Bett auf den Boden zu hieven. Hier habe der Arzt mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung angefangen. "Es ist das erste Mal, das ich so etwas mache. Aber ich muss es machen, er ist mein Freund", habe Murray zum Bodyguard gesagt, der gleichzeitig mit der Herzmassage fortfährt.
Als zwei der drei Jackson-Kinder, Paris und Prince, in der Tür zum Schlafzimmer aufgetaucht seien, habe er die beiden vom Ort des Geschehens weggeführt, nachdem Murray gesagt habe: "Sie dürfen ihren Dad so nicht sehen", berichtet Alvarez weiter. Kurz nachdem er ins Zimmer zurückgekehrt sei, habe er er einen durchsichtigen Schlauch bemerkt, der am Penis von Michael Jackson befestigt gewesen sei, ein Blasen-Katheter.
Als die Staatsanwaltschaft den Bodyguard, dem nach eigenen Aussagen diverse Medien in den Wochen nach den tragischen Ereignissen im Juni 2009 bis zu 500.000 Dollar für ein Interview angeboten hatten, fragt, ob er noch etwas Ungewöhnliches bemerkt habe in dem Zimmer, bringt Alvarez mit seiner Aussage Dr. Murray in arge Bedrängnis: "Als ich zurückkam, sah ich, wie Mr. Murray eine Handvoll von Ampullen nahm und mich bat, sie in eine Plastiktüte zu packen. Diese Tüte musste ich dann in eine blaue Tüte packen."
"Ich wollte, dass er es schafft"Wollte Murray damit Spuren verwischen? Immerhin wird bei der Obduktion von Jackson später festgestellt, dass der Popstar an den Folgen einer Überdosis des Narkosemittels Propofol starb. Und die Staatsanwaltschaft ist fest davon überzeugt, dass es Murray war, der dem Sänger dieses Narkosemittel regelmäßig verabreicht hatte. Handelte es sich bei den verpackten Ampullen um Propofol?
Jacksons Bodyguard tat nach eigener Aussage, was ihm der Leibarzt auftrug. "Ich dachte, wir würden die Sachen fürs Krankenhaus packen", so Alvarez. Erst nachdem die Ampullen beseitigt gewesen seien, habe Murray ihn aufgefordert, den Notruf zu wählen. Wenig später habe ein am Boden zerstörter Murray gesagt: "Ich wollte, dass er es schafft, Ich wollte, dass er es schafft." Murray habe ihm für seine Mithilfe gedankt und gesagt: "Wir haben unser Bestes gegeben."
Zum ersten Mal, da sind sich auch diverse juristische Experten einig, die diesen Prozess aufmerksam verfolgen, hat die Staatsanwaltschaft einen kleinen Vorsprung herausgespielt. Auch der bekannte Strafverteidiger Tom Mesereau, er vertrat Michael Jackson erfolgreich in dem Kindesmissbrauchsprozess von 2005, glaubt, dass "Dr. Murray gegen jegliche ethische Obligation eines Arztes verstoßen hat. Um es ganz deutlich zu sagen: Ich bin auf der Seite der Staatsanwaltschaft."
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