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Kaspar Hauser

418 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Kaspar Hauser ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Kaspar Hauser

21.12.2018 um 17:14
Man weiß zumindest, wer er nicht war.


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Kaspar Hauser

21.12.2018 um 17:15
Wikipedia: Kaspar Hauser


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Kaspar Hauser

22.12.2018 um 17:03
@ Siegfrieden
Bücher, die ich gelesen habe
Johannes Mayer/Peter Tradowsky, Kaspar Hauser. Das Kind von Europa
Johannes Mayer, Philip Henry Lord Stanhope, Der Gegenspieler Kaspar Hausers
Dies sind dicke Wälzer schon älteren Datums vor Gentest aber viele Indizien

Neuer 2008, nach neuestem Gen-Test
Kurt Kramer, Kaspar Hauser, Ein kurzer Traum und kein Ende
Ausführlich und spannend


Viele Indizien, muss man lesen, kann ich nicht aufführen


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Kaspar Hauser

22.12.2018 um 22:34
Nun, ganz kurz gefasst glaubt der von dir erwähnte Kramer, dass statt einer mehrjährigen Haft Hausers eine Hypnose stattgefunden hat, die in ihm diesen Irrglauben hervorgerufen hat... Siehst du das auch so?

Würdest du mir zustimmen, dass diejenigen Kenntnisse über einen Menschen am wertvollsten sind, die von jemandem stammen, der ihn kennt oder kannte? Ich empfehle die kurzen Zusammenfassungen von Lehrer Meyer, der streng und vielleicht sogar herzlos wirken mag, aber als Pädagoge die letzten zwei Lebensjahre intensivste und beste Möglichkeiten hatte, seinen Schützling vorurteilsfrei zu beobachten und zu bewerten wie kein anderer:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/kaspar-hauser-augenzeugenberichte-und-selbstzeugnisse-1448/9

Deine Meinung zum Wikipedia-Artikel?


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Kaspar Hauser

23.12.2018 um 10:31
@Siegfrieden
Klar stimme ich Dir voll zu. Ich habe das Buch erst halb gelesen. Soweit bei der Hypnose bin ich noch nicht. Mit Hypnose habe ich nichts am Hut. Waren halt so viele Indizien. Auch in dem Stanhope-Buch. Danke für den Link. Werde ich mal durchlesen. Der Fall ist in jeder Richtung denkbar und interessant.


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Kaspar Hauser

28.12.2018 um 10:27
Kasper Hauser ist schon ein spannender Fall, zuerst während der Ausbildung von ihm gehört (Hospitalismus)
und heute gedacht an meinem (Kinder)freien Tag befasse ich mich eingehend mit ihm, habe diese Seiten alle gelesen und werde mich jetzt allen links widmen *freu*
Ansbach ist nicht allzu weit weg von Crailsheim, d.h. ein Besuch im Museum ist definitiv auch drin


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Kaspar Hauser

28.12.2018 um 10:31
Eure Beiträge finde ich wirklich gut
@erarehumanum
@Siegfrieden
@monstra
@salzgrotte
@Gurnemanz
@off-peak
Danke dafür!


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Kaspar Hauser

28.12.2018 um 16:56
@MyTy
Danke schön. Da gibt's im Internet auch die Kaspar-Hauser-Forschung. Die ist mehr auf dem isoterischen Weg unterwegs. Gibt's ein Interview und einen Kaspar Hauser Vortrag. Das Isoterische ist nicht so mein Ding. Kann ich nicht nachvollziehen. Aber es berührt schon irgendwie.


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Kaspar Hauser

31.12.2018 um 11:00
Tja, was Lehrer Meyer seinem mutmaßlich betrügerischen Zögling mal mitgab ("Sie halten das Mitleid Ihres Jahrhunderts zum Besten!"), gilt wohl auch heute noch. Aber ja, ich stimme zu, die Geschichte fesselt immer noch.


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Kaspar Hauser

14.01.2020 um 14:40
Ein kräftiges "Hallo" an alle, die hier vielleicht immer noch an dem Fall "Kaspar Hauser" interessiert sind ✋

Ich bin neu hier, aber der Kaspar Hauser hat mich schon seit meiner (nun schon lange zurückliegenden) Kindheit brennend interessiert.

Ich hörte zum ersten Mal von Kaspar durch das Reinhard-Mey-Lied, welches mich als Kind sehr beeindruckt hat.

Dann mussten wir im Deutschunterricht das Schauspiel "Kaspar" vom jetzt frisch gebackenen Nobelpreisträger Peter Handke lesen und im Theater sehen. Dazu werde ich später noch mehr sagen, denn Handke, dem es ja gar nicht um die historische Wahrheit ging, sondern um seine Ansicht, dass junge Menschen durch das Eintrichtern bzw. Einsagen von sog. Bildungsinhalten ge-beziehungsweise verformt werden können, mag durchaus recht dicht dran an den wirklichen Geschehnissen gewesen sein.

Nachdem so das Interesse in mir geweckt war, habe ich mir mehrfach den absolut wunderbaren und auch heute noch sehenswerten Film von Werner Herzog, "Jeder Für Sich Und Gott Gegen Alle" angeschaut. Man sollte diesen unendlich schönen Film als ein filmisches Meisterwerk Herzogs ansehen und daraus keinerlei Schlüsse ziehen, was mit Kaspar wirklich geschah. Herzogs Filme "Aguirre, Der Zorn Gottes" und "Fitzcaraldo" sind ja auch keine exakte Darstellungen der historischen Personen und Ereignisse. Da es aber damals in den 1970er Jahren sehr viel schwieriger war als heute, sich eine Übersicht über die Fakten und diversen Meinungen zu verschaffen (heutzutage ist wohl das größere Problem, aus hunderten von Infos die relevanten herauszufiltern😉), hat der Film von Werner Herzog meine Einstellung zu Kaspar Hauser lange Zeit geprägt. Sehr viel später kam dann der auch sehr schöne Film von Peter Sehr mit Andre Eisermann als Kaspar dazu. Zu dem Zeitpunkt ist es mir bis dahin nicht in den Sinn gekommen, dass Kaspar einfach ein Hochstapler gewesen sein könnte, denn ich habe es als erwiesen angesehen, dass er letztendlich ermordet wurde, und dafür musste es ja einen triftigen Grund geben!

Allerdings kam mir das Szenario, dass Kaspar als Baby ausgetauscht wurde und dass er ein Erbprinz aus dem Hause Baden sei, schon immer völlig abstrus vor, denn selbst wenn bei der hohen Sterblichkeit von männlichen Nachkommen im Hause Baden nicht immer alles mit rechten Dingen zugegangen sein sollte, erschließt sich mir die Motivation hinter so einem komplizierten und langjährigen Komplott nicht. Und dieses Babytausch-Szenario wurde ja schon im 19. Jahrhundert ziemlich schlüssig widerlegt, da zumindest Oma Amalie ihren Enkel nach eigenen Angaben sehr gut kannte und etwas hätte merken müssen.

Außerdem wurde mir spätestens während meines Studiums und meiner Ausbildung zur forensischen Psychologin klar, dass auch die Geschichte der fast lebenslangen Einkerkerung und der damit einhergehenden Sinnesdeprivation unmöglich stimmen konnte. Ich will hier darauf gar nicht näher eingehen, denn in diesem Punkt sind wir uns, glaube ich, weitgehend einig. Diese Geschichte ist einfach unmöglich und ich wundere mich ehrlich gesagt sehr, dass sie damals von vielen geglaubt wurde. Und wenn Kaspar in diesem Punkt ganz klar Unwahrheiten von sich gab, ist seine Glaubwürdigkeit schon von Anfang an lädiert.

Dann kamen 1996 und 2002 die beiden sich scheinbar widersprechenden Genanalysen. Die erste Genanalyse von 1996 ist vermutlich irrelevant, da es sich bei dem getesteten Blut höchstwahrscheinlich nicht um Kaspars Blut handelt. Denn es hat sich wohl leider herausgestellt, dass der Blutfleck von übereifrigen Mitarbeitern des Museums immer mal wieder "aufgefrischt" wurde, damit das Ausstellungsstück schön authentisch gruselig rüber kam😉
Was die zweite Genanalyse, in der andere Proben untersucht wurden, angeht, sollte man im Auge behalten, dass die Ergebnisse nie veröffentlicht wurden und daher ein sog. "Peer Review" nie stattfand. Das ist sehr schade, aber es gibt immerhin einige interessante Aussagen von beteiligten Wissenschaftlern in einem sehr aufschlussreichen Artikel im Spiegel, der hier auch wiederholt erwähnt wurde, denn die ZDF-Doku ist leider wirklich mehr eine Märchenstunde. Ich möchte hier auf einen Aspekt der Genanalyse hinweisen, der - so glaube ich - oft missverstanden wird. Es wird immer wieder gesagt, dass das Genmaterial der Haarlocke in allen Positionen bis auf einer mit den in mütterlicher Linie vererbten Genen des Hauses Baden übereinstimmt. Für den Laien klingt das sehr bedeutungsvoll, obwohl es das in Wirklichkeit gar nicht ist. Denn nur eine hundertprozentige Übereinstimmung wäre ein tauglicher Beweis, dass Hauser tatsächlich ein Spross des Hauses Baden war! Denn es gibt in der Gegend in Deutschland sehr viele Menschen, die genau den gleichen Übereinstimmungsprozentsatz aufweisen und nicht mit dem Haus Haus Baden blutsverwandt sind. Die Testergebnisse von 2002 sind also eigentlich gar nichts Besonderes, und eigentlich sollte die Nichtübereinstimmung auf einer Position ausreichend sein, um Kaspars Zugehörigkeit zum Haus Baden auszuschließen! Dass der Leiter der Untersuchungen soweit aber nicht gehen möchte, hat folgenden Grund: er kann nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen, dass die Nichtübereinstimmung auf einer Position nicht durch eine spontane Mutation zustandegekommen ist, die irgendwann seit der Geburt Kaspar Hausers und der Geburt der Frau, die das Testmaterial zur Verfügung gestellt hat, stattgefunden hat. Da dies nicht mit hundertprozentiger Sicherheit ausgeschlossen werden kann, will der Leiter der Untersuchungen sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und kategorisch behaupten, es sei unmöglich, dass Kaspar mit dem Haus Baden blutsverwandt ist - obwohl die Nichtzugehörigkeit wahrscheinlicher als das Vorkommen einer spontanen Mutation ist. Das heißt mit anderen Worten, dass es für die Anhänger der Erbprinz-Theorie noch ein Schlupfloch gibt☺ Ich persönlich würde aber nicht von einer Patt-Situation sprechen. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass eine spontane Mutation für die Nichtübereinstimmung auf einer Position verantwortlich ist, ist kleiner als dass Kaspar einfach nicht mit dem Haus Baden verwandt ist.
Es ist schade dass seitdem keine weiteren Untersuchungen des vorhandenen Materials stattgefunden haben, denn die Technik hat sich seitdem rasant entwickelt, und man könnte eventuell eingrenzen, aus welcher Gegend Kaspar höchstwahrscheinlich stammt. Außerdem wäre es möglich, die Erbprinz-Theorie ein für allemal zu klären, wenn man die Überreste in der Gruft zur Abklärung heranziehen würde. Es ist sehr schade, dass die vorherrschende Ethik da offenbar ein Hemmshuh ist. Ich kann ja verstehen, dass die Totenruhe nicht wegen jeder willkürlich aufgestellten Behauptung gestört werden sollte. Aber die Geschichte Kaspar Hausers ist doch mittlerweile deutsches Kulturgut. Es ist natürlich auch möglich, dass viele Hauserianer vieles gar nicht wirklich wissen wollen, denn eine entgültige Klärung würde ja viele Jahre Forschung den Bach runtergehen lassen 😉

Ich habe nach gründlicher Betrachtung aller vorhandenen Informationen für mich ausgeschlossen, dass Kaspar ein Angehöriger des Hauses Baden ist und als Baby ausgetauscht wurde. Ich habe ebenfalls ausgeschlossen, dass er von Kind an in einem dunklen Verließ eingesperrt war und nur mit Brot und Wasser ernährt wurde, und dass er alle Fähigkeiten, die er ja offenbar doch schon hatte, als er in Nürnberg auftauchte, erst in einem Crash-Kurs von seinem Peiniger beigebracht bekam. Und während es für die Zugehörigkeit zum Haus Baden noch ein winziges Schlupfloch in Form einer möglichen spontanen Gen-Mutation gibt, kann man das Szenario einer langjährigen Einzelhaft in einem dunklen Kerker mit hundertprozentiger Sicherheit ausschließen.

Leider lässt sich damit die Frage, wer Kaspar Hauser denn nun wirklich war, nicht mal annähernd beantworten. Ich denke aber, dass seine ganz offensichtlich schon vorhandenen Fähigkeiten als er auftauchte, und seine zunächst rasanten Fortschritte mit der er angeblich Neues lernte, ein Hinweis sind, dass er keineswegs total ungebildet war. Denn es ist nach heutigem Erkenntnisstand einfach nicht möglich, Dinge wie Lesen und Schreiben - oder sogar Latein - in dieser Geschwindigkeit zu lernen, wenn nicht schon Basisfertigkeiten vorhanden sind. Und das sagt uns ja eigentlich schon eine Menge über Kaspar Hauser! Entweder ist er in die Schule gegangen (was er offenbar anfänglich ja sogar selber behauptet hat) oder jemand hat sich die Mühe gemacht, ihm eine Basis-Erziehung angedeihen zu lassen. Wenn das so war, könnte ich mir gut vorstellen, dass er ein uneheliches Kind aus einer Beziehung war, die aus irgendeinem Grund nicht öffentlich bekannt werden durfte, und dass Kaspar extrem isoliert aber nicht völlig ohne menschliche Kontakte aufwuchs. Aber mindestens einer seiner Eltern könnte gebildet gewesen sein. Es ist zwar sehr spekulativ, aber ich finde die immer wieder auftauchende Idee, dass sein Vater ein Geistlicher war, durchaus nicht unplausibel, denn es würde erklären, warum Kaspar einerseits isoliert aufgewachsen sein könnte, aber dennoch einen gewissen Bildungsgrad hatte. Obwohl das natürlich nicht mit den mitgeführten Briefen übereinstimmt, die besagen, dass sein Vater ein "Reiter" war, also vermutlich irgendeiner Kavallerie angehörte. Es stellt sich ohnehin die Frage, was man Kaspar glauben kann und was nicht. Und während etliche Behauptungen Kaspars ganz klar nicht stimmen können, ist es doch so, dass viele Lügner und Phantasten ihre erfundenen Geschichten auf einem Körnchen Wahrheit aufbauen, denn es ist ist sehr schwierig, etwas völlig Neues aus dem Nichts heraus zu erfinden.

Im Fall Kaspars glaube ich auch, dass er wohl nicht von Anfang an die Idee hatte, sich mit einer wilden Räuberpistole gezielt materielle Vorteile zu schaffen. Es spricht viel dafür, dass ihm zunächst viel in den Mund gelegt wurde und er irgendwann den ihm zugespielten Ball aufnahm um zu gefallen und vielleicht so etwas wie menschliche Nähe und Zuneigung zu erfahren. Ich sehe Kaspar nicht so sehr als gerissenen Betrüger sondern als einen tragischen Fall, der so sehr nach Zuneigung und Anerkennung lechzte, dass er sogar bereit war, sich selber zu verletzen - was dann beim dritten Mal tragischerweise tödlich endete. Speziell diese Fälle von Selbstverletzung, die ja in den ersten beiden Fällen ziemlich eindeutig sind, weisen für mich darauf hin, dass Kaspar nicht so sehr ein gerissener Betrüger sondern ein psychisch auffälliger Jugendlicher war, der sehr viel Phantasie hatte, und der das Mittel der Selbstverletzung benutzte um bestimmte emotionale Ziele zu erreichen. Heute ist uns dieses Konzept viel vertrauter als damals. Das erklärt, warum viele seiner Erzieher sich von ihm, nach anfänglicher Begeisterung, abwandten und ihn als gerissenen Lügner einstuften. Heute würde man das ganz anders beurteilen. Es ist durchaus möglich, dass Feuerbach mit seiner Idee des Verbrechens an einer Menschenseele gar nicht so unrecht hatte, dass die Verletzungen von Kaspars Seele aber ganz andere waren als von Feuerbach angenommen.
Kaspars tatsächliche Herkunft wird man wohl nicht mehr ermitteln können. Ich glaube aber nicht, dass er ein Teil eines langjährigen politischen Komplotts war, oder dass jemand ihn seit seiner Kleinkindzeit zu irgendwelchen wissenschaftlichen Experimenten missbrauchte und dann aussetzte, um festzustellen, wie er sich in die menschliche Gesellschaft einfügen würde. Letzteres habe ich lange Zeit für möglich gehalten. Aber das Studium von Quellen, die Aufschluss darüber geben, was Kaspar tatsächlich alles schon konnte und wusste, als er auftauchte, sowie sein guter körperlicher Zustand, haben mich dazu gebracht, diese Idee entgültig zu verwerfen. Vermutlich war er einfach das Resultat einer illegitimen Beziehung, die geheim gehalten werden musste. Das war damals ja keine Seltenheit und hat die Psyche vieler junger Menschen sehr geschädigt.

Das war ein seeeehr langer und ausführlicher Erstlingsbeitrag mit vielen Spekulationen, und ich weiß nicht mal, ob irgendjemand hier noch mitliest und mitdenkt 😁😁😁. Aber ich habe mich tatsächlich schon sehr lange mit dem Thema beschäftigt und wollte meine Gedanken einfach mal ordnen.

Noch eins: ich bin keineswegs immer ein Fan von Wikipedia. Besonders, wenn man sich in einem Thema gut auskennt, entdeckt man oft viele Fehler oder fehlende wichtige Informationen. Aber der Artikel über Kaspar Hauser ist meiner Meinung nach sehr gründlich und empfehlenswert, da er seht viele Quellen und Informationen zusammengestellt hat, die zum Weiterverfolgen einladen. Und vielleicht ist es ja möglich, hinter den gängigen Klischees des vertauschten Erbprinzen einerseits und dem gerissenen Betrüger andererseits den jungen Menschen Kaspar Hauser zu sehen, dessen kurzes Leben tragischerweise sehr jung endete - vielleicht, weil schon zu Lebzeiten ihn keiner wirklich verstanden hat...

Und jetzt werde ich mir nochmal die beiden wunderbaren Filme von Werner Herzog und Peter Sehr anschauen. Denn sie erzählen wunderbar romantische Geschichte - und dass sie vermutlich nicht wahr sind, macht die Geschichten nicht weniger schön!


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Kaspar Hauser

14.01.2020 um 21:38
@littlefoot59
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Diese Geschichte ist einfach unmöglich und ich wundere mich ehrlich gesagt sehr, dass sie damals von vielen geglaubt wurde.
Zum Einen hatte man "damals", wie Du schon sagst, nicht die Möglichkeiten, Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen wie heute. Man besaß auch noch nicht das nötige psychologisches Wissen, etc.

Zum Anderen aber gibt es selbst heute, wo das alles leichter zu überprüfen und zu versehen wäre, immer noch jede Menge Leute, die romantisch-mystisch verklärtem Unsinn lieber glauben als Fakten und Realität.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Und wenn Kaspar in diesem Punkt ganz klar Unwahrheiten von sich gab, ist seine Glaubwürdigkeit schon von Anfang an lädiert.
Natürlich. Was sonst? Einzig und allein, dass er es selbst geglaubt haben könnte, weil man es ihm lang genug eingeredet hätte. Allerdings hätte er doch wissen müssen, dass er nicht im Verlies gehalten worden war. Wiederrum andrerseits, kann man Menschen aber auch Erlebnisse einreden, die sie nachweislich nie hatten.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Denn nur eine hundertprozentige Übereinstimmung wäre ein tauglicher Beweis,
&
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:und eigentlich sollte die Nichtübereinstimmung auf einer Position ausreichend sein, um Kaspars Zugehörigkeit zum Haus Baden auszuschließen!
So ist es.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Vermutlich war er einfach das Resultat einer illegitimen Beziehung, die geheim gehalten werden musste.
Das oder er wurde einfach in die Welt geschickt, weil man ihn zu Hause nicht mehr durchfüttern konnte. Oder seine psychischen Störungen waren der Grund, warum man ihn nicht mehr länger um sich haben wollte.
Vielleicht ist er auch "nur" von zu Hause aus gebüxt.

Vor Allem der gute Ernährungszustand sowie die doch vorhandene Grundbidung und Kommunikationsfähigkeiten verweisen ja nicht gerade auf Verwahrlosung, weder auf körperliche, noch auf intellektuelle, und daher vermutlich auch nicht auf soziale. Psychische mag ein anderes Problem gewesen sein.

Ansonsten Kompliment für Deinen tollen Beitrag.


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Kaspar Hauser

15.01.2020 um 12:10
Hallo off-peek,
Herzlichen Dank für Deine ausführliche Antwort auf meinen langen Sermon☺
Viel mehr lässt sich wohl leider nicht mehr über den Fall Kaspar Hauser sagen. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass seine Herkunft und seine Motive noch entschlüsselt werden. Man könnte lediglich die Erbprinz-Theorie mit naturwissenschaftlichen Methoden entgültig verifizieren bzw. falsifizieren. Für mich persönlich ist das allerdings nicht so wichtig, denn ich halte dieses Szenario ohnehin für abwegig.
Ich freue mich, dass Du meiner Beurteilung des Gentests von 2002 grundsätzlich zustimmst, denn die Ergebnisse (wenn sie denn überhaupt zuverlässig sind) werden oft missverstanden. Ich musste mich auch erst mit der Materie vertraut machen.
Ich stimme auch mit Dir überein, dass Kaspars körperlicher und intellektueller Zustand zum Zeitpunkt als er in Nürnberg auftauchte, in keinster Weise auf eine längere Periode einer physischen Verwahrlosung hindeuten. Und Tatsache, dass er offensichtlich gegen Pocken geimpft wurde, belegt eigentlich, dass er nicht von Geburt an versteckt und isoliert wurde, denn es wurden ja Impfregister geführt, da zumindest in Bayern, wo Kaspar vermutlich aufgewachsen ist, die generelle Impfpflicht eingeführt war.
Was mich auf die Möglichkeit einer längeren sozialen Isolation schliessen lässt, ist die Tatsache, dass sich nie jemand gemeldet hat, der sich an ihn erinnerte und in irgendeiner Form Kontakt mit ihm hatte bevor er in Nürnberg auftauchte. Wenn man bedenkt, dass man ja zunächst versuchte, seine Herkunft zu ermitteln und wie hoch das öffentliche Interesse an Kaspar zeitweilig war, ist das schon sehr erstaunlich - selbt wenn man berücksichtigt, dass damals Neuigkeiten nur durch öffentliche Bekanntmachungen, durch Zeitungen, persönliche Korrespondenzen und natürlich durch Klatsch und Tratsch verbreitet wurden. Und was Kaspar Hauser betrifft, hat es davon eine Menge gegeben.
Viele glauben, dass die Briefe, die Kaspar mit sich führte, wenigstens ansatzweise der Wahrheit entsprechen. Und der Brief, der angeblich von seinem Ziehvater geschrieben wurde, deutet ja auf eine soziale Isolation hin. Ich bezweifle allerdings dass Kaspar wirklich von einem armen Köhler mit zehn Kindern im Wald grossgezogen wurde. Erstens ist es extrem unwahrscheinlich, dass ein Köhler sich die Mühe machen würde, ihm Lesen und Schreiben beizubringen, ihn aber nicht zum Helfen und Arbeiten heranziehen und Kaspar keinen Schritt aus dem Haus lassen würde, wogegen auch Kaspars gesunde Hautfarbe spricht. Außerdem gehörten Köhler den sozial niedrigsten Schichten an und waren sehr häufig Analphabeten. Sie würden nicht ein zusätzliches Kind durchfüttern und erziehen, ohne von der zusätzlichen Arbeitskraft eines heranwachsenden Jugendlichen Gebrauch zu machen. Der wortwörtliche Inhalt des Begleitbriefes ist für mich daher nicht glaubwürdig. Die spannenste Frage - nämlich ob Kaspar die beiden Briefe selber geschrieben hat, oder ob andere Personen in die Sache verwickelt waren, die dann offenbar nie mehr in Erscheinung getreten sind, kann leider nicht mehr beantwortet werden, da die Originale nicht mehr existieren und die Faksimiles für eine Schriftanalyse zu unzuverlässig sind.
Ich habe eine Weile mit jugendlichen Strafgefangenen, die in etwa in Kaspar Hausers Alter waren, zusammengearbeitet. Und ich finde, dass der Fall Kaspar Hauser, selbst wenn man sich von der romantischen Erbprinz-Theorie und der im 19. Jahrhundert so populären Wolfskind-Idee verabschiedet, immer noch jede Menge hochinteressante Aspekte hat.


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Kaspar Hauser

15.01.2020 um 14:35
@littlefoot59
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Was mich auf die Möglichkeit einer längeren sozialen Isolation schliessen lässt, ist die Tatsache, dass sich nie jemand gemeldet hat, der sich an ihn erinnerte und in irgendeiner Form Kontakt mit ihm hatte bevor er in Nürnberg auftauchte
Vielleicht war man froh, ihn los zu sein.

Oder er und seine Mutter, falls er unehelich war, lebten einfach dermaßen isoliert, dass sich keiner um sie kümmerte. Die Mutter könnte verstorben sein.

Man könnte ihn auch bewusst vor den Toren Nürnbergs ausgesetzt haben, nach dem Motto "Ich kann Dich nicht mehr erhalten, sieh zu, dass Du hier Dein Glück machen kannst".
Vielleicht war die Mutter krank oder hatte die Chance, doch noch zu heiraten, allerdings unter der Bedingung, dass das Kind nicht mit von der Partie war (Ich denke da gerade an das traurige Schicksal des sogenannten Elefantenmenschen, der durchaus gebildet, anständig sozialisiert und trotz widrigen Schicksals ein herzensguter Mensch war, dessen Stiefmutter auch darauf bestand, dass das Kind weggegeben wurde. Dieser unerhörten Forderung stimmte der leibliche Vater doch tatsächlich zu).

In dem Fall hätten alle Beteiligten Grund genug gehabt, zu schweigen.


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Kaspar Hauser

15.01.2020 um 14:57
Korrektur:
Der Wortlaut des Brieftextes, der bei Kaspar gefunden wurde, lässt nicht darauf schließen, dass Kaspars angeblicher Ziehvater ein Köhler in einem tiefen Wald war, wie ich in meinem letzten Kommentar behauptet habe. Der (angebliche) Verfasser bezeichnet sich als "armer Tagelöhner". Das ist natürlich sehr vage und kann vieles bedeuten. Aber mein Grundeinwand gegen die Authentizität der Geschichte und des Briefschreibers bleibt bestehen: es ist äußerst unwahrscheinlich, dass ein armer Tagelöhner mit zehn Kindern, Kaspar auf eigene Kosten durchfüttert, grosszieht und ihm sogar einiges Basiswissen wie Schreiben und Lesen beibringt und ihn aber völlig isoliert, und ihn nicht zum Helfen und Arbeiten anleitet. Das ist zu einer Zeit, in der die Kindheit sehr kurz war und vor allem die Kinder in sozial schlechter gestellten Familien schon sehr frühzeitig (oft noch deutlich vor dem 10. Lebensjahr) mit anpacken und zum Broterwerb beizutragen hatten, völlig unplausibel. Auch der Sinn und Zweck einer sozialen Isolierung erschließt sich nicht, denn ein Motiv für eine so drastische und sicher auch mit einem gewissen Aufwand verbundene Massnahme wird nicht genannt. Ein Findelkind, dessen Eltern unbekannt sind, grosszuziehen, ist schließlich kein Verbrechen, was man verbergen muss, sondern eine gute Tat. Der Vorgang wäre nur dann plausibel, wenn der Ziehvater detaillierte Anweisungen und Geld für das isolierte Aufziehen des Jungen von irgendjemandem bekommen hätte. Das würde dann aber der Behauptung widersprechen, dass Kaspar ein Findelkind war und dass es keinerlei Hinweise auf die Eltern oder andere Kontaktpersonen gab.
Alles in allem ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich Kaspars Leben bevor er in Nürnberg aufgegriffen wurde, so abgespielt hat, wie es in dem Brief knapp geschildert wird.


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Kaspar Hauser

15.01.2020 um 15:12
off-peak, ja, alles, was Du genannt hast, ist durchaus möglich. Wenn jemand Kaspar loswerden wollte und Kaspar seinerseits auch nicht daran interessiert war, in seine bisherigen Verhältnisse zurück zu kehren, würde sich natürlich keiner der Beteiligten melden. Ich glaube aber trotzdem, dass es in diesen Fällen eine gewisse soziale Isolation gegeben haben muss, denn es hat sich ja auch nie jemand gemeldet, der Kaspar gekannt oder wenigstens seinen Namen irgendwann mal gehört hat. Hatte er keine Freunde oder Bekannte, ist er nie zur Schule gegangen, haben Nachbarn ihn nie gesehen? Wenn Kaspar ein völlig normales Leben geführt hätte, bevor er gefunden wurde, ist es doch sehr unwahrscheinlich, dass sich absolut niemand an ihn oder seinen Namen erinnerte - sofern Kaspar Hauser überhaupt sein richtiger Name war, was wir natürlich auch nicht wissen.


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Kaspar Hauser

15.01.2020 um 18:22
Wie gesagt, es spricht Vieles dafür, dass die Geschichte mit der Isolation nicht stimmen dürft, eigentlich nicht stimmen kann.

Bleibt die Frage, warum erfindet man sie dann?

Selbst, falls er ein Findelkind war, die sich verständlicherweise nicht meldeten, warum vermissen ihn dann die Zieheltern nicht? Bzw, warum schreiben sie so einen Text (falls sie es überhaupt waren und nicht Hauser selbst).


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Kaspar Hauser

15.01.2020 um 22:34
Ich halte es für gut möglich, dass Kaspar die beiden Briefe, die er bei sich hatte, sogar selbst geschrieben hat. Denn der Hinweis, dass Kaspar von seinem Ziehvater gelernt hat zu schreiben, und dass er genauso wie sein Ziehvater schreiben würde, könnte ein Versuch sein, eventuelle Ähnlichkeiten der Schrift Kaspars mit der Schrift des Briefes von vornherein zu erklären, falls jemand später mal auf die Idee käme, Vergleiche anzustellen.
Weiterhin ist auffällig, dass der Brief des "Ziehvaters" auffällig häufig betont, dass es völlig zwecklos sei, zu versuchen, Kaspars Herkunft zu ergründen, da er absolut überhaupt nichts wisse, was irgendwie weiterhelfen könne. Das wird mehrmals betont. Die Botschaft ist klar und eindeutig: "Ihr könnt euch auf den Kopf stellen, aber ihr werdet nicht in der Lage sein, Kaspars Herkunft zu ermitteln. Ihr könnt ihn nirgendwohin zurückschicken. Von jetzt an ist er Euer Problem!" Und mit dem Hinweis des Briefes, dass Kaspar kaum aus dem Haus gelassen worden sei, ist das Leitmotiv der Isolation ja schon von Anfang an auf dem Tisch. Es wurde also sicher nicht komplett in Kaspar "hineingefragt".
Ich könnte mir vorstellen, dass Kaspar es gerade in der ersten Zeit am einfachsten fand, alle Fragen abzuwehren, indem er sich einfach komplett dumm stellte und so tat, als verstünde er überhaupt nicht, was mit ihm eigentlich passierte. Auf diese Weise konnte er sich nicht in Widersprüche verwickeln und man konnte ihm auch keinerlei böse Absichten unterstellen, da er für völlig naiv und unerfahren gehalten wurde. Er mag dann hier und da Bemerkungen und Spekulationen über seine mögliche Vorgeschichte aufgeschnappt haben, die ihn dann auf die Idee brachten, das "Nicht-aus-dem-Haus-Lassen", das in dem Brief ja schon erwähnt wird, in die Geschichte seiner fast lebenslangen kompletten Isolation in einem Kerker bei Wasser und Brot fortzuspinnen, die er dann nochmal in der Niederschrift seiner "Lebensgeschichte" ausschmückte.
Was ich bemerkenswert und für einen Jugendlichen seines mutmaßlichen Alters* extrem ungewöhnlich finde, ist das Durchhaltevermögen Kaspars und wie weit er bereit war zu gehen und auch Nachteile in Kauf zu nehmen. Denn zunächst hatte Kaspar ja überhaupt keine Vorteile, und es war zunächst nicht abzusehen, dass sich Kaspars Situation später so sehr verbessern würde. Das kann unmöglich vorher so geplant gewesen sein. Er wurde eingesperrt und bestaunt, und er soll sich ja zunächst tatsächlich hauptsächlich von Brot und Wasser ernährt und andere Speisen abgelehnt haben. Die meisten Jugendlichen hätten ihre Rolle doch aufgegeben sowie sie zu unangenehm wurde. Daraus kann man eigentlich nur schliessen, dass Kaspar wild entschlossen war, seine Rolle durchzuhalten um nicht wieder dahin zurück geschickt zu werden, wo er hergekommen war. Und wenn ihn denn tatsächlich jemand ausgesetzt oder bewusst weggeschickt hat, dann beruhte der Entschluss, sich entgültig voneinander zu trennen, offenbar auf Gegenseitigkeit.

*Ist es eigentlich ganz sicher, dass Kaspar Hauser erst 16 Jahre alt war, als er in Nürnberg auftauchte? Dieses Alter ist ja durch nichts belegt und geht nur aus dem im Brief angegebenen Geburtstag hervor. Die Ärzte haben zwar festgestellt, dass sein körperlicher Entwicklungsstand mit dem angegebenen Geburtsdatum kompatibel sei. Aber das lässt immer noch einen gewissen Spielraum nach oben und nach unten zu.


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Kaspar Hauser

17.01.2020 um 11:27
Zitat von monstramonstra schrieb am 11.01.2018:Die Wahrscheinlichkeit, dass Hauser eine verkrachte Existenz war, die irgendwo in den Wirren der Napoleonischen Zeit ihren Ausgang nahm und scheinbar urplötzlich auftauchte, sich Selbstverletzungen mit tödlichem Ausgang beigefügt hat, ist vermutlich deutlich größer, als dass er ein Prinz war, der schließlich beiseite geräumt worden ist. Romantische Fantasien und große Krimi- und Mystery-Begeisterung ziehen uns magisch zur 2. Variante. Es wäre einfach zu schön, wenn es so gewesen wäre...

.........

Was unbestritten ist - und gegen einen gewöhnlichen Betrüger spricht - ist scheinbar das Charisma, mit dem Hauser zum "Rätsel seiner Zeit" wurde. Kein einfacher Hochzeitsschwindler, kein Dr. Guttenberg, kein Felix Krull, sondern eine Person, die viele Persönlichkeiten intensiv beschäftigt hat. Daher wage ich schon die Einschätzung, dass Hausers Lebensweg vor seinem Auftauchen in Nürnberg außergewöhnlich gewesen sein muss und sich gewaltig von dem unterschieden hat, was andere Kinder erleben konnten.

Seinen Schilderungen über seine Kindheit und Jugend maße ich deshalb durchaus einen wahren Kern zu.
Ich stimme dem, was monstra hier schon vor einiger Zeit gesagt hat, zu. Auch wenn sehr viel dafür spricht, dass Kaspar ein Hochstapler war, ist sein Verhalten für einen Jugendlichen doch sehr, sehr ungewöhnlich. Seine Motivation und Durchhaltevermögen an seiner Rolle festzuhalten, war ungewöhnlich hoch und ging zum Schluss so weit, dass er bereit war, sich selbst sehr stark zu verletzen, was ihm letztendlich das Leben kostete. Daher halte ich es für unwahrscheinlich, dass Kaspar einfach nur irgendwo ausbüxte, weil er auf seine Situation "keinen Bock mehr hatte". Die Tatsache, dass sich später, als Kaspar bekannt wie ein bunter Hund war, nie jemand gemeldet hat, der mit Kaspar in irgendeiner Form vor seinem Auftauchen in Nürnberg in Berührung gekommen ist oder wenigstens seinen Namen schon mal gehört hatte, spricht dafür dass sich Kaspars Kindheit vermutlich von der durchschnittlichen Kindheit der damaligen Zeit unterschied. Und da in den meisten erfundenen Geschichten ein Körnchen Wahrheit steckt, halte ich es für möglich, dass Kaspar für längere Zeit in einer Lage war, die ihm nur wenige soziale Kontakte ermöglichte. Daraus wurde dann die Fabel von der langjährigen Gefangenschaft bei Wasser und Brot und ohne jeden menschlichen Kontakt gesponnen.


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Kaspar Hauser

17.01.2020 um 13:35
Willkommen @littlefoot59
Auch ich bin durch das von dir erwähnte Lied auf das Thema gekommen. Klein ist sie, die Welt.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Allerdings kam mir das Szenario, dass Kaspar als Baby ausgetauscht wurde und dass er ein Erbprinz aus dem Hause Baden sei, schon immer völlig abstrus vor, denn selbst wenn bei der hohen Sterblichkeit von männlichen Nachkommen im Hause Baden nicht immer alles mit rechten Dingen zugegangen sein sollte, erschließt sich mir die Motivation hinter so einem komplizierten und langjährigen Komplott nicht.
Volle Zustimmung!
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Leider lässt sich damit die Frage, wer Kaspar Hauser denn nun wirklich war, nicht mal annähernd beantworten. Ich denke aber, dass seine ganz offensichtlich schon vorhandenen Fähigkeiten als er auftauchte, und seine zunächst rasanten Fortschritte mit der er angeblich Neues lernte, ein Hinweis sind, dass er keineswegs total ungebildet war
Das ist möglich, aber er stieß ja irgendwann an seine Grenzen, als er für ihn neue Schulthemen lernen musste. Lehrer Meyer hat ein mittelmäßiges Zeugnis ausgestellt, ich schau mal nach dem Link.
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Und vielleicht ist es ja möglich, hinter den gängigen Klischees des vertauschten Erbprinzen einerseits und dem gerissenen Betrüger andererseits den jungen Menschen Kaspar Hauser zu sehen, dessen kurzes Leben tragischerweise sehr jung endete - vielleicht, weil schon zu Lebzeiten ihn keiner wirklich verstanden hat...
Sehr interessant, da kann man drüber nachdenken.

Du erwähnst die beiden Verfilmungen, die ich auch beeindruckend fand. Regisseur Herzog ("Jeder für...") hat sich allerdings über den historischen KH skeptisch geäußert. Weißt du eigentlich, ob der Baron Wedel aus dem Film als treibende Kraft eine fiktive oder historische Figur ist? Google schweigt sich aus.


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Kaspar Hauser

17.01.2020 um 13:37
Zitat von littlefoot59littlefoot59 schrieb:Viel mehr lässt sich wohl leider nicht mehr über den Fall Kaspar Hauser sagen. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass seine Herkunft und seine Motive noch entschlüsselt werden.
Die Motive hast du selbst angedeutet, er wollte geliebt werden, im Gespräch bleiben und vielleicht auch Ruhm und daraus resultierenden Reichtum durch seinen Gönner Stanhope. Seine Herkunft könnte bezogen auf den vielleicht gar nicht so gefälschten Auftauch-Brief zurückzuführen sein, demzufolge ihn seine Mutter als Kind weggegeben hat und der Adoptiv-Vater, eine Strafe fürchtend (warum auch immer), könnte ihn nach Nürnberg zur Reiterei geschickt haben.

Die Briefe scheinen mir mehr Wahrheit zu enthalten als allgemein angenommen wird. Der Verfasser ist anonym und hat wenig Grund zu lügen. Auch ein isoliertes Aufwachsen ist möglich, da er schon etwas zurückgeblieben gewirkt hat.

Ich bin hier überflüssig, die Skeptiker überwiegen hier langsam… :-)


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