1947 schrieb:Was ist eigentlich ein Poltergeist, oder was wird diesem Phänomen zugeschrieben?
Also „Poltergeist“ ist ein altes deutsches Wort, das zum ersten Mal im 16. Jahrhundert nachgewiesen ist und zwar in den „Tischreden“ von Martin Luther. An anderer Stelle spricht Luther von den „Polter- und Rumpelgeistern“. Er meint damit Geister, die Geräusche wie eben „Rumpeln“, „Poltern“ und Klopfen erzeugen, aber auch schon mal Geschirr und Hausgerät zerbrechen. Oder besser gesagt: Luther sagt zwar „Poltergeist“, aber für ihn sind das keine Totengeister, da es Totengeister – aus theologischen Gründen – nicht geben könne (kurz gesagt: Luther lehnt das katholische Konzept des „Fegefeuers“ ab: Die Seelen Verstorbener sind entweder im Himmel oder in der Hölle – und aus beiden kommen sie nicht mehr raus). Für Luther ist der „Geist“, der sich mit Poltern, Rumpeln und Geschirrzerschlagen (manche Sprachforscher meinen, der „Polterabend“ vor einer Hochzeit bedeutete ursprünglich „Poltergeist-Abend“) manifestiert, niemand anders als der Teufel selbst.
Andere Deutungen für „Poltergeister“ waren aber – wie oben schon angedeutet – Totengeister, Kobolde, Hexerei.
1848 hat Catherine Crowe in ihrem Buch „The Night Side of Nature“ das Wort „poltergeist“ als Lehnwort in die englische Sprache eingeführt (im Kapitel „The Poltergeist of the Germans“). Im Deutschen sagt man dafür heute auch „Spuk“. Aus dem Englischen ist das Wort "Poltergeist" dann sozusagen in den deutschen Sprachraum „zurückgewandert“. Es bezeichnet ein „Syndrom“ von häufig zusammen auftauchenden Phänomenen.
Zu den häufigsten physischen Phänomenen, für die die Perzipienten keine bekannte physische Ursache entdecken können, gehören:
Klopfgeräusche, Poltern, Rumpeln bis hin zu lauten Schlägen und Donnern, manchmal kann man mit diesen Geräuschen „kommunizieren“.
Die Bewegung von meist kleineren Objekten (Steine, Geschirr, ), manchmal aber auch größeren Objekten (Möbel z.B.), ohne dass die Ursache dieser Bewegung ersichtlich wäre; häufig bewegen sich die Objekte auf ungewöhnliche Weise, indem sie zum Beispiel auffallend schnell oder sehr langsam durch die Luft „fliegen“, manchmal auch um die Ecke usw.;
Objekte die aus verschlossenen Behältern oder Räumen verschwinden und anderswo wieder auftauchen.
Unerklärliche „Fehlfunktionen“ elektrischer Geräte;
in seltenen Fällen auch „körperlose Stimmen“;
manchmal treten auch „Erscheinungen“ auf;
manchmal treten unerklärliche Pfützen auf oder es „regnet“ im Zimmer, oder es brechen an verschiedenen Stellen „spontan“ Feuer aus.
Nicht in allen Fällen (sogar in den seltensten Fällen) tauchen alle diese und andere Phänomene zusammen auf. Zum „Kernbestand“, damit man überhaupt von einem „Poltergeist-Phänomen“ sprechen kann, gehören allerdings die unerklärlichen Geräusche und Objektbewegungen.
Der amerikanische Psychologe und Parapsychologe William Roll (1926-2012) nannte folgende Charakteristika für das Poltergeist-Syndrom:
(1) Die Phänomene haben ihren Fokus in einer Person
(2) Sie haben einen gewissen räumlichen Fokus.
(3) Die Bewegung von Objekten hat manchmal ein bestimmtes Ziel oder eine ungewöhnliche Flugbahn.
(4) Manchmal gehen die Objekte durch Wände oder andere physische Barrieren, ohne die Oberfläche zu beschädigen.
(5) Eine große Zahl von Fällen ist mit paranormalen Stimmen oder Visionen verbunden oder auch mit Klopfgeräuschen und anderen Mitteln intelligenter Kommunikation.
(6) Exorzismen und Rituale haben keine bleibende Wirkung.
(7) Im allgemeinen hören die Vorfälle auf, wenn die zentrale Person, das Medium oder andere Familienmitglieder das Gelände verlassen.
Ernesto Bozzano (1862-1942), ein italienischer Parapsychologe, nannte als die prinzipiellen Charakteristika von Poltergeister-Spuk (Dei fenomeni d'infestazione, Rom, 1919):
(1) Sie können sich sowohl tags als auch nachts manifestieren.
(2) Sie treten fast immer in direkter Verbindung mit der Anwesenheit eines „Sensitiven“ [entspricht ungefähr Rolls „Fokusperson“] auf.
(3) Sie zeigen eine große Einförmigkeit zu allen Zeiten und an allen Orten.
(4) Sie sind durch ihre kurze Dauer charakterisiert.
(5) Sie manifestieren sich gelegentlich in einer „okkulten Persönlichkeit“, die fähig ist, sich mit den Anwesenden in Verbindung zu setzen und ihre Frage durch Kopfgeräusche zu beantworten.
(6) Man muss auch Ausnahmefälle hinzuzählen, in denen die mysteriöse Persönlichkeit laut spricht oder wie eine lebende Person spricht.