primetimecrime schrieb:Beispiel: Ich habe eine gute Freundin mit Borderline Persönlichkeitsstörung, wiederkehrenden depressiven Episoden und schwerer, komplexer PTBS. Besagte Freundin macht in jeder Therapie kleine Fortschritte und kämpft sich quasi seit ihrer Jugend zurück ins Leben. Sie hat mit ihrem Erkrankungsbild ohnehin schon Probleme damit ambulante Psychotherapeuten zu finden, die überhaupt mit ihr arbeiten wollen.
So einen ähnlich schwierigen Fall habe ich im engeren Freundeskreis ebenfalls; es gibt schon Therapeuten, die sich darauf spezialisieren und sich auch den Härtefällen annehmen, allerdings muss man dafür in der Tat länger suchen. Gerade posttraumatische Belastungsstörungen sind kompliziert zu behandeln, die Ursachenfindung oft mehrdimensional.
Und selbst wenn die Kompetenz des Therapeuten an sich passt kann es durchaus vorkommen, dass es auf zwischenmenschlicher Ebene nicht funktioniert - ebenfalls ein Faktor, den man nicht übersehen sollte und der sehr wichtig ist!
primetimecrime schrieb:Würden Therapeuten persönlich haften, wenn die Fortschritte nicht ausreichen, würde niemand einen Fall wie sie behandeln.
Ja, bzw. wären Therapien konzeptuell an sich vergebens. Als ich mich noch in psychologischer Behandlung befand, hat mir mein Psychologe auch von einem Patienten erzählt, dem er nicht helfen konnte; der Patient nahm sich leider das Leben ... bei hunderten und tausenden von Patienten kann so etwas bedauerlicherweise bereits aus rein statistischen Gründen auftreten. Jeder Psychologe, würde dieser dafür haften, wäre seinen Job wohl früher los als es uns allen lieb ist.
Letztendlich kann ein Therapeut "nur" eine Stütze anbieten und das nötige Werkzeug bereitstellen, mit dem man in der Lage ist, selber an sich zu arbeiten - vermutlich sogar für den Rest des eigenen Lebens. Wenn da allerdings die Eigeninitiative oder gar die Einsicht fehlt, dann bringt auch das leider nichts. Für derartige Härtefälle sind dann stationäre Einrichtungen und Kliniken gedacht.
Was ich aber allgemein als positive Entwicklung feststelle, ist, dass das Stigmata bezüglich psychologischer Erkrankungen die letzten 10 - 15 Jahre reduziert wurde. Mittlerweile scheint die Akzeptanz was die Existenz psychologischer Krankheiten betrifft - gerade bei der jüngeren Generation - sehr hoch zu sein. Gerade das erachte ich als immens wichtig; mit einem "Reiß' dich zusammen!" oder "Geh' mal aufs Feld arbeiten!" ist es eben NICHT getan.