Kältezeit schrieb:Also, per se kann man nicht sagen, dass jemand, der arbeiten geht und sich nicht vom Staat, in irgendwelcher Weise, ausbezahlen lässt, mehr Geld zur Verfügung hätte.
Ich glaube, die ganze Vergleicherei ist nicht (immer) zielführend. Meist sind es ganz kleine Stellschrauben, die den großen Unterschied machen ... Mal ein Beispiel:
Bei mir war es so, dass meine Eltern (obwohl nicht arm), einfach nicht spendabel waren, d.h. ich habe mir ab 13 selbst ein Taschengeld verdient (und dooferweise am Anfang auch komplett ausgegeben, weil ich auch mal coole Turnschuhe oder Markenjeans wollte). Irgendwann habe ich eisern gespart, mit 16 ne Ausbildung begonnen und mich ab dem Zeitpunkt einfach selbst finanziert (mit Führerschein und so).
Weil die Ausbildung echt nicht so meins war, habe ich danach das Abi nachgemacht und dann studiert - alles selbst finanziert und ohne Möglichkeit, irgendwie vernünftige Rücklagen zu bilden, von einem absoluten Notgroschen abgesehen (Überschüsse habe ich immer wieder re-investiert, z.B. in einen Auslandsaufenthalt, allerdings musste ich, um einen Überschuss zu erzielen, weit unter das normale Existenzminimum gehen).
Dann bin ich im Studium (gegen Ende) schwanger geworden (jo, doof). Da ich keine Unterstützung hatte von Elternseite, hat mein jetzt Mann seinen Job erheblich reduziert, dass ich das Studium fertig bekomme - langfristig und aus heutiger Sicht eine sehr gute Investition, damals sehr happig (gab auch kaum Elterngeld, da andere Regelung). Wieder waren wir weit unter dem Existenzminimum (und nicht zuzahlungsberechtigt, da ich in der Ausbildung war).
Ich habe viele Dinge selbst bezahlt (und jetzt wieder für meine Kinder), die oft die Eltern finanzieren (Führerschein,....). Mein Mann hatte auch keinen Führerschein, also werden wir bei drei Kindern insgesamt fünf Führerscheine selbst finanziert haben.
Mein Bruder war in der gleichen Situation, zog auch mit 16 aus und hat gleich Abi gemacht und in der Zeit bei Oma gewohnt (mietfrei, klar, und fürs Essen hat sie auch nichts genommen) und hatte einen ziemlich schlauen Nebenjob. Den Führerschein hat ihm irgendein Verwandter finanziert.
Der konnte schon im Studium ordentlich sparen, da seine heutige Frau in einer Zweizimmerwohnung wohnte, die einem Verwandten von ihr gehörte, der sie aber nicht nutzte, weil er durch die Welt tingelte. Da lebte er mit drin. Also mietfrei. In den Ferien ging es wieder zu unserer Oma.
Mit seiner heutigen Frau hat er sich fünf Jahre lang in eine 1-Zimmerwohnung auf dem Dorf gequetscht nach Studienende und so eisern gespart (beide Vollzeit gearbeitet + Nebenjob) ... Zudem hatte seine Frau von ihrer Omma ein Grundstück und eine Anschubsfinanzierung bekommen ... Dann ein schlaues Häuschen auf das Grundstück gesetzt, erst mal noch vermietet, bis das erste Kind kam - da war das Ding schnell abbezahlt.
oder
Wir hatten erst großes Glück, dass ein Verwandter uns ein (sehr altes) Haus zur Nutzung überlassen hat, was aufgrund mehrerer doofer Umstände fast nicht zu verkaufen war, für ihn aber großen emotionalen Wert hatte. Er wollte sehr wenig Miete, um uns dauerhaft dort zu halten. Dann änderte sich die Situation des Verwandten und die Situation der Umstände und auf einmal hatte das Ding einen riesigen Marktwert und er hat verkauft und uns wegen Eigenbedarf gekündigt. Wir hatten aber auch schon mit ihm verhandelt (schon davor). Hätte er fünf Jahre früher verkauft, wären wir heute fast schuldenfrei.
So mussten wir weit über Marktwert schnell was kaufen, einfach, weil wir durch drei Kinder und zwei Arbeitsplätze und zwei Tanten, nach denen wir schauen, ziemlich ortsgebunden sind und die Auswahl war mau. Ich bin immer noch nicht sicher, ob wir (1) extremes Pech hatten (hätten wir den Ausgang 10 Jahre zuvor geahnt, dann hätten wir vor dem Boom entspannt etwas kaufen können, bei uns auf dem Dorf standen noch 2010 echt viele Häuser leer und waren billig zu haben oder (2) ziemliches Glück, weil wir einfach eine lange Zeit fast kostenfrei ein Haus nutzen konnten und so endlich mal ein paar Rücklagen bilden (die der übertriebene Marktpreis dann wieder aufgefressen hat.
Vermutlich wäre es aufs Gleiche rausgekommen. Ob wir vor 10 Jahren billiger ohne Rücklage oder nun überteuert mit Rücklage gekauft haben.