sacredheart schrieb: In der Elternarbeit habe ich auch nicht selten mit Elternteilen zu tun, die laut herumjammern, sie könnten jetzt nicht die Klassenfahrt bezahlen, sich am Geschenk für die Lehrerin beteiligen etc...
Die gibt es überall. Das sind die gleichen, die auch niemals bei Weihnachtsfest Brötchen backen können oder beim Würstchenbraten auf dem Sommerfest. Die gibt es einfach.
Wir hatten im Kindergarten auch immer eine Mama, die vielleicht 400m Luftlinie vom Kindergarten wegwohnte, die Familie hatte deshalb zwei Autos und sie immer jammerte, dass sie finanziell völlig fertig wären - ich (hatte damals als Studentin noch gar kein Auto) habe mich mal erdreistet zu fragen, ob sie schon mal darüber nachgedacht hätte, das Auto aufzugeben und zu laufen oder zu radeln. Böse ...
sacredheart schrieb:Da frage ich mich oft: Wollen die mich verarschen oder verarschen die sich nur selbst?
Ich glaube, dass halt jeder einen Lebensstandard definiert und den dann mehr oder weniger unreflektiert dann übernimmt und nicht mehr in Frage stellt. Da nehme ich mich selbst gar nicht aus. Wir sind vor einigen Jahren in eine finanzielle Schieflage geraten und haben dann erst mal massiv den Rotstift angesetzt. Wir haben das unseren Freunden gegenüber auch klar kommuniziert und dann einfach wieder kostenfreie Dinge (Spaziergänge, Brettspiele) unternommen. Am Anfang war es schon doof, z.B. nicht mehr ins Schwimmbad zu gehen (kostet bei uns fast 30€ Eintritt), aber man gewöhnt sich da auch wieder daran. Gerade ziehen wir das Hardcoresparen wieder durch und es geht echt ... man muss es halt wollen. Ein paar Sachen vermisse ich aber schon ...
sacredheart schrieb:Ich hatte mich mal erdreistet, auf einem Elternabend der Mutti (ja ja, mit Porsche Cayenne), die rumquengelte, 70€ mehr für die Klassenfahrt könne sie nicht zahlen, deutlich auf die Relation zwischen 70€ und 3 Schachteln Marlboro am Tag hinzuweisen und auf den Zusammenhang, den das mit guter Klassenfahrt oder weniger guter Klassenfahrt haben könnte. Ich glaube, ich habe mich noch nie im Leben so schnell zum Aussätzigen innerhalb einer Gemeinschaft gemacht, hatte durchaus damit gerechnet, aber irgendwann war das Fass halt übergelaufen.
Oh weh. Wobei es mich auch stören würde, wenn mir Leute da reinreden. Bei Bildungsausgaben ist es generell schwierig (ich arbeite ja an einer Schule). Da gibt es auch Kinder, die jeden Tag was beim (völlig überteuerten) Schulbäcker kaufen, aber keine 5€ für einen Theaterbesuch übrig haben.
Frau.N.Zimmer schrieb:Oder ein Weihnachtsgeschenk für das eigene Kind fällt schwer.
Da bin ich mir immer nicht so sicher, ob da nicht viele einfach auf die Tränendrüse drücken, da gerade um die Weihnachtszeit herum das Geld für solche Sachen echt locker sitzt und sie einfach hoffe, um die Ausgabe herumzukommen. Fast in jedem Kaff gibt es ja so "Geschenkebäume" oder so ... bei uns in der Gegend (ländlich) wurden dieses Jahr fast 300 Geschenke "gesponsert". Ich kann mir ehrlich nicht vorstellen, dass es hier so viele Leute gibt, wo es derart klamm ist. Da springen schon viele auf den Zug auf.
sacredheart schrieb:Das sehe ich auch so. Erstaunlich nur, dass viele Menschen glauben, die Anderen müssten ihre Probleme lösen oder ihre fehlenden Problemlösungssrategien ausbaden.
Man ist es hier eben gewohnt, dass immer jemand da ist und hilft, wenn es eng wird. Es ist halt auch einfach, andere Leute dafür verantwortlich zu machen.
off-peak schrieb:Also so ganz versteh ich das jetzt noch nicht. Wenn sie nicht will, dann fährt hat ihr Kind nicht mit.
Das ist nicht so einfach, da ja so Klassenfahrten in der Klasse vorbereitet werden und sich auch die Gemeinschaft verändert. Wir hatten vor drei Jahren (gerade in der Finanzkrise) die Albtraumsituation, dass alle drei Kinder auf eine Klassen- oder Studienfahrt gingen - da sind sie wirklich schon Wochen vorher aufgeregt ...
stefan33 schrieb:Und Eltern mit wenig Geld haben da Probleme.
Da müssten die Lehrer von Anfang an anders rangehen, z.B. feste, niedrige(!) Obergrenzen.
Ich bin ja Lehrerin ... es ist ganz erstaunlich, welch Druck mitunter aus der Elternschaft kommt, eine "ordentliche" Klassenfahrt zu machen. Bei unseren Gymnasien in der Nähe übertrumpft man sich mit Events - und das zieht bei den Schulanmeldungen (ein Gymnasium fliegt z.B. in der Oberstufe in die USA, ein anderes nach China ....).
Ich habe mal vorgeschlagen, man könnte doch statt fünf Tagen Auslandsfahrt vier Tage nach Berlin fahren. Das war das erste Mal, dass ich auf dem Elternabend einen Shitstorm erlebt habe - wie ich den Kindern den Spaß nicht gönnen würde, ob ich nie jung war, ob ich auch so eingeschlafenen Unterricht mache ...