"Der Weg des Kriegers"
08.01.2005 um 06:43
habt ihr schon das hagakure zitiert?
Obwohl man davon ausgehen sollte, daß ein Samurai sich des Weges des Samurai bewußt ist, scheint es so zu sein, daß wir alle nachlässig sind. Denn auf die Frage: "Was ist die wahre Bedeutung des Weges des Samurai?" können nur sehr wenige ohne zu zögern antworten. Das kommt daher, weil es einem nicht klar genug ist. Daraus ist ersichtlich, wann einer sich des Weges nicht bewußt ist.
Nachlässigkeit ist eine schlechte Sache.
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Der Weg des Samurai liegt im Tod begründet. Wenn es darauf ankommt, dann gibt es nur die schnelle Wahl des Todes. Das ist nicht besonders schwierig. Sei entschlossen und rücke vor. Zu sagen, wenn man stürbe und würde nicht sein Ziel erreichen, dann sei das nur der Tod eines Hundes, ist nur das frivole Denken der Besserwisser. Wenn die Wahl zwischen Leben und Tod unausweichlich ist, ist es nicht nötig, sein Ziel zu erreichen.
Wir alle wollen leben. Und meistens richten wir uns danach, was uns gefällt. Aber sein Ziel nicht zu erreichen und einfach weiterzuleben, ist Feigheit. Da gibt es eine schmale Trennlinie. Zu sterben, ohne sein Ziel zu erreichen, ist der Tod eines Hundes und extrem. Aber darin liegt keine Schande. Das ist die Substanz des Weges des Samurai. Wer sein Herz jeden Morgen und Abend danach ausrichtet, so zu leben, als sei sein Körper bereits tot, der erlangt Freiheit auf dem Weg. Sein ganzes Leben wird ohne Makel sein, und er wird seine Berufung erfüllen.
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Es ist schlecht, wenn aus einer Sache zwei werden. Auf dem Weg des Samurai sollte man nach nichts anderem Ausschau halten. Das gilt für alles, was sich Weg nennt. Daher ist es unbeständig, wenn man etwas vom Weg des Konfuzius oder vom Weg des Buddha hört, und dann sagt, das sei auch der Weg des Samurai. Bei richtigem Verständnis kann einer von allen Wegen hören und dennoch mehr und mehr in Übereinstimmung mit seinem Weg sein.
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Nach dem Urteil der Älteren kann die Hartnäckigkeit eines Samurai gar nicht stark genug sein. Eine Sache, die mit Mäßigung ausgeführt wird, kann sich nachher als unzureichend erweisen. Ich habe gehört, daß einer, der denkt, er sei zu weit gegangen, nicht falsch gehandelt haben wird. Diese Art Regel sollte nicht vergessen werden.
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Hat man sich entschieden, eine Person zu töten, dann sollte man die kürzeste Richtung dazu einschlagen, selbst wenn es sehr schwer sein könnte, Erfolg zu haben. Das ist besser, als einen umständlicheren Weg zu wählen. Man mag entmutigt werden, oder man mag die Gelegenheit verpassen, und nach und nach wird der Erfolg verhindert. Der Weg des Samurai ist ein Weg der Unmittelbarkeit, und es ist am besten, geradewegs nach vorne zu stürmen.
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Der Mönch Tannen pflegte zu sagen: "Die Leute gelangen zu keinem Verständnis, weil Mönche nur die Lehre des 'Kein Geist' lehren. Was 'Kein Geist' genannt wird, ist ein Geist, der rein und ohne Verkomplizierung ist." Das ist interessant.
Fürst Sanenori sagte: "In der Mitte eines einzigen Atemzugs, wo keine Verfälschung erhalten bleiben kann, liegt der Weg." Falls das stimmt, ist der Weg eins. Aber es gibt keinen, der diese Klarheit sofort versteht. Klarheit ist etwas, das nicht erlangt werden kann, ohne Bemühung auf Bemühung zu türmen.
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Als man beratschlagte, ob ein gewisser Mann befördert werden sollte, gab es einen Punkt, wo die Teilnehmer des Rates nahe daran waren, die Beförderung abzulehnen, und zwar aus dem Grund, daß der Mann zuvor in einer Schlägerei unter Betrunkenen verwickelt gewesen war. Jedoch sagte einer: "Wenn wir jeden Mann, der schon einmal einen Fehler begangen hat, ablehnen würden, blieben uns kaum noch nützliche Männer übrig. Ein Mann, der einmal einen Fehler begangen hat, wird um einiges vernünftiger und nützlicher sein, weil er bereut. Ich habe den Eindruck, er sollte befördert werden.
Ein anderer fragte: "Kannst Du für ihn garantieren?"
Der Mann antwortete: "Selbstverständlich kann ich das."
Die anderen fragten: "Aus welchem Grund kannst Du für ihn garantieren?"
Und er entgegnete: "Ich kann aus dem Grund für ihn garantieren, weil er ein Mann ist, der geirrt hat. Ein Mann, der noch niemals geirrt hat, ist gefährlich." Nachdem dies gesagt worden war, wurde der Mann befördert.
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Während wir zusammen eine Straße entlanggingen, sagte Tsunetomo: "Ist der Mensch nicht wie eine gut gespielte Puppe? Er ist ein Stück bester Handwerkskunst, denn er kann laufen, springen, hüpfen und sogar sprechen, ohne daß Fäden an ihm angebracht wären. Werden wir nicht Gäste beim nächsten Bon-Fest (alljährliches Fest zur Ehrung der Seelen der Verstorbenen) sein? Diese Welt ist in der Tat ein eitles Schauspiel! Die Leute vergessen das immer."
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Nach den Worten der Ahnen sollte man seine Entscheidung innerhalb von sieben Atemzügen treffen. Fürst Takanobu sagte: "Wenn die Überlegung zu lange dauert, wird sie verdorben." Fürst Naoshige sagte: "Wenn die Dinge zu lax gehandhabt werden, stellen sich sieben von zehn als schlecht heraus. Ein Krieger ist jemand, der schnell handelt."
Wenn dein Geist hier und dorthin wandert, wird die Unterscheidung nicht zu einem Ergebnis gebracht. Mit einem gebündelten, frischen und unverzögerten Geist wird man seine Entscheidung innerhalb von sieben Atemzügen treffen. Dabei geht es darum, fest entschlossen zu sein und unaufhaltsam zur anderen Seite durchzubrechen.
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Was die Tapferkeit im Kampf anbetrifft, so liegt mehr Verdienst darin, für seinen Herrn zu sterben, als den Feind niederzuschlagen.
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Wer in ernsthaften Angelegenheiten, die ihn direkt betreffen, nicht selbst für die Dinge sorgt, indem er die eigene Einschätzung zur Grundlage macht und kopfüber voranstürmt, der gelangt zu keiner Lösung. Beratschlagst du wichtige Dingen mit anderen Leuten, so kann es vorkommen, daß sie deine Angelegenheiten zu leicht nehmen oder nicht von den konkret vorliegenden Umständen ausgehen. In solchen Fällen muß man seinem eigenen Urteil folgen.
In jedem Fall ist es hinreichend, mit völliger Ergebenheit zu handeln und sich dafür zu entscheiden, sein eigenes Leben zu opfern. Denkt man in solchen Fällen noch darüber nach, wie man alles richtig machen kann, so tritt Verwirrung ein und man begeht Schnitzer.
Oft wird der eigene Untergang durch einen Verbündeten heraufbeschworen, der versucht, einem beizustehen, oder man wird durch die Hilfsbereitschaft seines Freundes getötet.
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Eine Person, die nur wenig weiß, wird versuchen, den Eindruck von Klugheit zu erwecken. Das ist eine Sache der Unerfahrenheit. Wenn jemand etwas gut kennt, wird man es ihm nicht anmerken. Solch eine Person ist vornehm.
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Ein gewisser Schwertkämpfer sagte in seinen späteren Jahren folgendes:
Im Leben eines Menschen gibt es verschiedene Stufen der Schulung. Auf der niedrigsten Stufe studiert ein Mensch, ohne daß etwas dabei herauskommt, und sein Eindruck ist, daß sowohl er als auch andere unbegabt sind. An diesem Punkt ist er wertlos. Auf der mittleren Stufe ist er immer noch nutzlos, aber er ist seiner Unzulänglichkeiten gewahr und vermag auch die Unzulänglichkeiten anderer zu sehen. Auf einer höheren Stufe ist er stolz auf seine eigenen Fähigkeiten, genießt das Lob anderer und beklagt die fehlenden Fähigkeiten seiner Genossen. Dieser Mann hat Wert. Auf der höchsten Stufe sieht ein Mann so aus, als wüßte er gar nichts.
Dies sind die Stufen im allgemeinen. Aber es gibt einen Grad, der alles überschreitet, und das ist der hervorragendste von allen. Dieser Mensch ist sich der Endlosigkeit des Versuchs gewahr, einen bestimmten Weg zu beschreiten, und er denkt niemals von sich, er sei am Ende angelangt. Es weiß aufrichtig um seine eigenen Unzulänglichkeiten und denkt niemals in seinem Leben, daß er erfolgreich sei. Er hegt keine Gedanken des Stolzes, sondern folgt dem Weg in Selbsterniedrigung und Demut. Es heißt, daß Meister Yagyu einmal bemerkte: "Ich weiß nicht, wie ich andere besiegen kann, aber wie ich mich selbst besiegen kann."
Strebe dein Leben lang, voranzugehen, indem du tüchtiger wirst als gestern, tüchtiger auch als heute. Dies hört nie auf.
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Unter den Sinnsprüchen auf Fürst Naoshiges Mauer stand dieser: "Angelegenheiten von großer Bedeutung sollten leicht behandelt werden." Meister Ittei kommentierte: "Angelegenheiten von kleiner Bedeutung sollten mit großem Ernst behandelt werden."
Unter den eigenen Angelegenheiten sollte es nicht mehr als zwei oder drei Gegenstände geben, von denen man sagen könnte, sie hätten große Bedeutung. Setzt man sich mit ihnen während gewöhnlicher Zeiten auseinander, können sie geklärt werden. Es geht dabei einzig darum, über diese Dinge vorher nachzudenken und sie dann mit leichtem Herzen umzusetzen, sobald die Zeit gekommen ist. Sich mit einem Ereignis zu konfrontieren und es leicht zu handhaben, das fällt schwer, wenn man nicht von vornherein entschlossen genug ist, und es wird immer eine Ungewißheit geben, ob der entscheidende Punkt getroffen wird. Wenn jedoch vorher die Grundlage dazu gelegt worden ist, kann man von dem Ausspruch "Angelegenheiten von großer Bedeutung sollten leicht behandelt werden" als eigenem Ausgangspunkt des Handelns ausgehen.
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Selbst eine gute Sache sollte nicht zu weit getrieben werden. Sogar bei solchen Dingen wie dem Buddhismus, buddhistischen Vorträgen oder moralischen Belehrungen richtet es Schaden an, wenn zu viel geredet wird.
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Ungerechtigkeit zu verachten und sich auf die Seite von Rechtschaffenheit zu stellen ist schwierig. Jedoch führt es zu Irrtümern, wenn man meint, rechtschaffen zu sein wäre das Beste, was man tun könnte, und man müßte das Äußerste unternehmen, um rechtschaffen zu sein. Der Weg befindet sich auf einer höheren Stufe als Rechtschaffenheit. Dies ist sehr schwer zu entdecken, aber es ist die höchste Weisheit. Sieht man es von diesem Standpunkt, dann sind Dinge wie Rechtschaffenheit ziemlich hohl. Wenn man das nicht von alleine begreift, wird man es nie verstehen.
Es gibt aber eine Methode, um diesen Weg zu erreichen, selbst wenn man ihn nicht aus sich selbst heraus finden kann. Er besteht darin, andere um Rat zu fragen. Sogar eine Person, die nicht diesen Weg erreicht hat, sieht andere von der Seite. Das ist wie mit dem Ausspruch, den es beim Go-Spiel gibt: "Wer von außen zusieht, hat acht Augen." Auch der Ausspruch "Einsicht auf Einsicht sehen wir unsere eigenen Fehler" bedeutet, daß der höchste Weg in der Konsultation anderer liegt. Alten Geschichten zu lauschen und Bücher zu lesen, das ist dazu da, um die eigenen Urteile abzustreifen und sich an das Verständnis der Ahnen anzuschließen.
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Auch von einem Regenschauer läßt sich etwas lernen. Wer von einem plötzlichen Regenguß erwischt wird, versucht trocken zu bleiben und läuft schnell durch die Straße. Aber selbst wer versucht, sich unter Häuservorsprüngen zu halten, wird dennoch naß. Wenn man von Anfang an entschlossen ist, wird man nicht aus der Ruhe gebracht, obwohl man genau so naß wird. Dieses Verständnis gilt für alle Dinge.
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Berechnende Leute sind verachtenswert. Der Grund liegt darin, daß Berechnung mit Gewinn und Verlust zu tun hat, und der mit Gewinn und Verlust beschäftigte Verstand hört niemals auf. Der Tod wird als Verlust betrachtet und das Leben als Gewinn. Daher kümmert sich eine solche Person nicht um den Tod, und wird nichtswürdig.
Des weiteren setzen Gelehrte und dergleichen Menschen Wortwitz und große Formulierungen dazu ein, um ihre Feigheit und ihre Gier zu verstecken. Von den Leuten wird das leicht falsch eingeschätzt.
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Es ist ein guter Blickwinkel, die Welt als Traum zu betrachten. Wenn man einen Alptraum hat, wacht man auf und sagt sich, daß es nur ein Traum war. Es heißt, daß die Welt, in der wir leben, kein bißchen anders ist.
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Menschen mit Intelligenz nutzen diese, um sich wahre und falsche Dinge zurechtzumachen, und sie werden versuchen, mit ihrem cleveren Vernüfteln durch alles durchzustoßen, wie es ihnen gerade beliebt. Dies ist Verletzung mittels Intelligenz.
Nichts, was du tust, hat eine Wirkung, wenn du dabei nicht Wahrheit einsetzt.
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In Angelegenheiten wie Gerichtsverfahren oder selbst nur in Streitgesprächen verliert man auf noble Art, wenn man schnell verliert. Das ist wie beim Sumo-Ringen. Wenn man bloß ans Gewinnen denkt, ist ein schäbiger Sieg schlimmer als eine Niederlage. Zumeist wird aber eine minderwertige Niederlage dabei herauskommen.
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Als Yamamoto Gorozaemon den Mönch Tetsugyu in Edo besuchte, um etwas über Buddhismus zu hören, sagte Tetsugyu: "Der Buddhismus befreit vom unterscheidenden Verstand. Es ist nicht mehr als das. Ich kann dir eine Erläuterung in der Sprache der Krieger geben. Das chinesische Schriftzeichen für 'Feigheit' entsteht, indem der Buchstabe für 'Bedeutung' zum Grundzeichen von 'Verstand' bzw. 'Geist' hinzugefügt wird. Nun ist 'Bedeutung' aber gerade 'Unterscheidung', und wenn ein Mann seinem wahren Geist Unterscheidung beifügt, wird er ein Feigling. Kann nun ein Mann auf dem Weg des Samurai noch tapfer sein, wenn Unterscheidung zu wirken beginnt? Ich vermute, du hast jetzt mitbekommen, wovon ich spreche."
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Im Koyogunkan sagte eine Person: "Wenn ich mich Angesicht zu Angesicht mit dem Feind sehe, dann fühle ich mich, als hätte ich gerade die Dunkelheit betreten. Aufgrund dessen werde ich schwer verletzt. Obwohl du mit vielen berühmten Männern gekämpft hast, bist du noch nie verwundet worden. Woher kommt das?"
Der andere Mann antwortete: "Wenn ich dem Feind gegenüberstehe, ist es selbstverständlich so, als ob ich in der Dunkelheit wäre. Aber wenn ich dann meinen Geist beruhige, dann wird er wie eine Nacht, die von einem bleichen Mond erhellt wird. Wenn ich an diesem Punkt meinen Angriff beginne, fühle ich mich, als ob ich nicht verwundet werden würde." Dies ist die Situation im Moment der Wahrheit.
Die Staaten blühen nur, wenn entweder Philosophen herrschen oder die Herrscher philosophieren.
Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit.
- Platon -