@DerFlorist Ich glaub, viele Eifrige schießen aus folgendem Grund über das Ziel hinaus:
Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.
Friedrich Nietzsche, Jenseits von Gut und Böse
Insbesondere Schwache, Autoritäts-Unerfahrene, die sich ihren unendlichen Neid nie richtig eingestanden, können im Triumph beinah gar nicht anders, als selbst zum Monster zu werden.
Zu qualvoll war ihr Opfer, zu bitter der Kampf - aber nicht qualvoll und bitter genug, um die Kette des Leids durchbrechen zu wollen und allen Rachegelüsten abzuschwören.
Dieser Spruch ist nicht nur auf die vorliegende Debatte beziehbar, sondern auf beinah alle Arten von Bosartigkeit, die unter Menschen auftritt. Auch und gerade in Kollektiven schaukelt sich auf solche Weise Verachtung gern hoch, bis sie nicht mehr zu halten ist. Aber niemand ist labiler als der, der sein Selbstwertgefühl auf der Herabwürdigung anderer aufbaut.
Das ist zur Zeit auch grad ein akutes gesellschaftliches Problem, denn wohin man blickt, wird herabgewürdigt und den Leuten eingeredet, sie seien nicht gut genug. Das Problem fängt aber bei den Leuten selbst an und wie sie Dinge allzu selbstverständlich und selbstgefällig beurteilen: dieses sei ja "NUR" dies und jenes - nicht der Rede wert. Abgehakt, längst durchgekaut. Erkannt, begriffen.
Und wir sind wahnsinnig schnell von den Dingen auf die Menschen übergegangen.
Dabei kann uns eigentlich stets egal sein, was die anderen Menschen an unser Art zu leben auszusetzen haben, wie sie darüber urteilen, auf welche Weise wir uns gern kleiden oder wie peinlich sie das wohlmöglich finden würden, wenn wir lieber über die Strassen tanzen als dahinzuschreiten.
All die Werte, all die Vorstellungskraft, all die schnelle Einschätzung und Erwartungshaltung - das wird uns maßgeblich von den Massenmedien und den Eltern mitgegeben, die es widerum auch aus den Medien haben. Wir müssen uns das Feld zurück erobern - unsere eigene, unverfälschte - inkompetente, kleine, peinliche - Meinung. Sie ist nicht erst was wert, wenn sie über die Massenmedien übertragen wurde. Man selber ist nicht erst was wert, wenn man im Fernsehen war. Aber die Leute denken oft so, weil vielen stetig eingeredet wird, sie würden nichts besonderes können, seien in so vieler Hinsicht schwach bzw. schwächer als die anderen.
So viele Eltern bringen es nicht fertig, ihren Kindern ein vernüftiges Selbstbewusstsein mitzugeben. Es wird heute immer noch weitgehend mit Selbstvertrauen verwechselt.
Und die vorliegende Debatte ist ein Musterbeispiel dafür: die Frauen waren schon immer die Stärkeren. Würde die Frau nur ein bisschen bewusster in der Beziehung sein, würde sie den Mann ganz schnell von seinem hohen Ross runterholen, denn kaum etwas erschüttert einen Mann so sehr, wie eine fuchsige Frau, die mit ihm schimpft. In diesem Punkt haben wahrscheinlich beinah alle Mütter ihre Söhne auf gewisse Weise traumatisiert.
Das Problem ist, dass die Menschen manchmal ziemlich unehrlich zu sich sind, Dinge oberflächlich richtig da stehen lassen, obwohl sie tiefgründig falsch sind. So wird oft Ursache und Wirkung beinah absichtlich miteinander verwechselt. Es kommt in unseren Wertungen beinah immer maßgeblich darauf an, wie wir eigentlich werten wollen. Trau keiner Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast.
;)