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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

163 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Strafrecht: Verhaltens ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 14:59
Mal ne Frage, bei der mich gewisse Ereignisse vielleicht zum Umdenken verleiten könnten: Wie haltet ihr es mit von der Gesellschaft sanktioniertem Verhalten. Sollte schon das Verhalten bestraft werden, oder nur das Resultat?
Bsp: A fährt vollkommen betrunken/bekifft von seinem 1 km entfernt wohnendem Freund per Auto nach Hause. Er lebt auf dem Dorf. Es ist 2 Uhr nachts. Gewohnheitsmäßig sind die Straßen absolut leer. Es passiert nichts. Aber: Er wird von einer Streife für sein schnelles/langsames Fahren aufgegriffen.
B hatte jahrelang Depressionen. Nun ging es ihm zwei Jahre lang gut, aber letzte Woche ist eine Familienangehörige gestorben/hat seine Freundin mit ihm Schluß gemacht. Er kommt darauf nicht klar. Er nimmt die Antidepressiva, die er noch übrig hat, wieder ein, aber ohne ärztlichen Rat. Dann springt ihm ein Kind vor's Auto...
Ok, vielleicht nicht die besten Beispiele, aber ich hoffe, die Idee ist rübergekommen.
Nämlich: Sollte man Verhalten strafen, auch wenn es nicht zum Schaden anderer Menschen kommt?


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:03
@jayjaypg

Die Beispiele sind echt übel gewählt. Ich bin Mitte 20 und habe nie den Führerschein gemacht, weil ich es nicht verantworten könnte in meinem Zustand Auto zu fahren. Ich denke halt einfach an andere und will nicht dafür verantwortlich sein jemand anderen getötet zu haben.


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:03
@jayjaypg
Resultate zu bestrafen wäre natürlich töricht. Dann gäbe es keine Notwehr, kein Notstand nichts.
In Deutschland und jeden vernünftigen Rechtsstaat wird Schuld bestraft und nichts anderes, kein Verhalten und kein Resultat und das ist auch gut so!


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:06
Ich versteh die Frage in Bezug auf die Beispiele nicht.

Das Beispiel mit dem Betrunkenen: Da wird doch das Verhalten sanktioniert, eben weil es zu Schaden für andere kommen kann... vielleicht kannst du das nochmal etwas deutlicher sagen, was du eigentlich willst.


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jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:08
@Hesher
:)
@Cesair
So einfach ist es im deutschen Strafrecht nun auch nicht. Es wird verwirklichter Tatbestand +Rechtswidrigkeit+Schuld bestraft.
Aber guter Einwand. Lassen wir Notwehr, Notststand, usw. aussen vor. Das spielt sich auf der Rechtswidrigkeitsebene ab. Ich meine die Tatbestandsebene. Eigentlich könnte man meine Frage auch umformulieren:
Was haltet ihr von Gefährdungsdelikten? Also solchen, bei denen man den Tatbestand verwirklicht, ohne jemanden zu schaden.


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:09
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Nämlich: Sollte man Verhalten strafen, auch wenn es nicht zum Schaden anderer Menschen kommt?
natürlich. Sonst wären alle Versuchsstrafbarkeiten hinfällig (versuchter Mord z.B.). Dann kann der täter solange probieren, bis es ihm gelingt.
Resultate zu bestrafen wäre natürlich töricht. Dann gäbe es keine Notwehr, kein Notstand nichts.
In Deutschland und jeden vernünftigen Rechtsstaat wird Schuld bestraft und nichts anderes, kein Verhalten und kein Resultat und das ist auch gut so!
Das ist nicht richtig. Schuld ist nur eine Voraussetzung für eine Bestrafung.


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:13
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Sollte man Verhalten strafen, auch wenn es nicht zum Schaden anderer Menschen kommt?
Ja. Denn wenn das Verhalten straffrei bleibt, wird es so lange wiederholt, bis ein anderer Mensch zu Schaden kommt.

Wenn Du so fragst, muesste ja auch versuchter Mord straffrei bleiben!


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jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:15
@kleinundgrün
Genau. Ich finde die Versuchsstrafbarkeit auch höchst fragwürdig. Und dann noch die Möglichkeit des Rücktritts...
So sehr mir das deutsche Zivilrecht (übrigens von den Römern übernommen) und das öffentliche Recht (es gibt keine besseren Grundrechte als die deutschen) auch imponieren, das Strafrecht finde ich verkorkst.
BsP (diesmal ganz treffend, finde ich): Mann lebt in Ehe, hat aber eine Affäre. Diese nörgelt rum, ...dadada. Er sagt irgemdwann: Wenn meine Frau nicht mehr wäre, dann könnte ich mir ein so schönes Leben mit Dir vorstellen, aber ich bin halt in familiären Zwängen gefangen....
Daraufhin geht die Affäre hin und tötet die Frau. Der Mann wirde (vom BGH) wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Nach deutschem Recht auch folgerichtig. Denn Anstiftung ist "das Hervorrufen des Tatentschlußes".
Nächste Frage: Anstiftung wird genauso bestraft wie die Tat als solche.


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:17
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Nächste Frage: Anstiftung wird genauso bestraft wie die Tat als solche.
Finde ich richtig so! Denn meistens ist es ja so, dass die Tat dann demjenigen, der anstiftet, mehr nutzt als dem, der sie begeht!


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jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:18
@Alarmi
Nicht zwangsläufig. Es genügt bedingter Vorsatz.


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jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:20
@Alarmi
Und findest Du es nicht ein wenig komisch, dass jemand, der sagen wir mal mit einem Luftgewehr in der irrigen Vorstellung, das sei tödlich, auf einen Menschen schießt, wie ein Mörder bestraft wird?


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:21
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Ich finde die Versuchsstrafbarkeit auch höchst fragwürdig
Warum? Wenn jemand meine schützenswerten Rechtsgüter (Leben, Gesundheit, Eigentum) konkret bedoht, sollte das doch sanktioniert werden. Was spricht aus deiner Sicht dagegen?
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Und dann noch die Möglichkeit des Rücktritts...
Das ist doch sinnvoll.
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Der Mann wirde (vom BGH) wegen Anstiftung zum Mord zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt.
Da muss man sich den Fall ansehen. Bloßes darüber reden ist keine Anstiftung.
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Anstiftung wird genauso bestraft wie die Tat als solche.
Das ist korrekt. Aber der Täter wird nach der eigenen Schuld beurteilt.


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:22
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Und findest Du es nicht ein wenig komisch, dass jemand, der sagen wir mal mit einem Luftgewehr in der irrigen Vorstellung, das sei tödlich, auf einen Menschen schießt, wie ein Mörder bestraft wird?
Das ist ein untauglicher Versuch und der wird in der Regel milder bestraft.
edit: aber es ist absolut gerechtfertigt, dass der Täter bestraft wird. Er ging davon aus, dass die Waffe mich töten würde. Soll man abwarten müssen, bis er sich eine geeignetere Waffe besorgt?


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:23
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Und findest Du es nicht ein wenig komisch, dass jemand, der sagen wir mal mit einem Luftgewehr in der irrigen Vorstellung, das sei tödlich, auf einen Menschen schießt, wie ein Mörder bestraft wird?
Nein, finde ich nicht! Wenn er mit Toetungsvorsatz schiesst, wollte er morden und gehoert fuer versuchten Mord bestraft. Aber ich denke mir, mit einem faehigen Rechtsanwalt wird es so gut wie unmoeglich sein, ihm in einem solchen Fall den Toetungsvorsatz nachzuweisen! Nur wenn er selbst so bloed ist und vor Gericht sagt, dass er das Gewehr fuer echt gehalten hat und toeten wollte wuerde da fuer versuchten Mord bestraft.


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:24
[Und findest Du es nicht ein wenig komisch, dass jemand, der sagen wir mal mit einem Luftgewehr in der irrigen Vorstellung, das sei tödlich, auf einen Menschen schießt, wie ein Mörder bestraft wird?
Gehts dir darum, dass bei der Umsetzung einer Tat immer davon ausgegangen wird, was die Person bezweckt und das dann strafrechtlich relevant ist?

Das find ich ausgesprochen sinnvoll.
Bei deinem Beispiel wäre es ja dann unter Umständen so, dass die Person irgendwann merkt, dass es nicht funktioniert und es dann später nochmal versucht (wenn sie nicht daran gehindert wird).


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jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:26
@kleinundgrün
Du scheinst ja auch juristisch vorgebildet zu sein.
Also: Erstens hat Versuchsstrafbarkeit nichts mit schützenswerten Rechtsgütern zu tun. Das ist die Frage nach den Gefährdungsdelikten.
Zweitens: Bei der Versuchsstrafbarkeit kann man schon einigen Schaden anrichten und dann strafbefreiend von der Tat zurücktreten. (Man hat dann zwar meist andere Tatbestände erfüllt, aber dennoch).
Drittens: Nach der h.M. reicht bloßes Reden durchaus für Anstiftung. Es gibt zwar Literaten, die sich dagegen wehren, aber die Gerichte handhaben so.
Viertens: Dass der Täter nach seiner Schuld bestraft wird ist eine Theorie unter vielen.


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jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:27
@kleinundgrün
Wenn es ein untauglicher Versuch wäre, würde er nicht bestraft. Kann man aber trefflich drüber streiten, ob das ein untauglicher Versuch wäre. Also: Guter Einwand.


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jayjaypg Diskussionsleiter
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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:28
@teardrop.
Nein. Es geht mit um erfolgsorientiertes Strafrecht vs. verhaltensorientiertes Strafrecht.


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:29
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Wenn es ein untauglicher Versuch wäre, würde er nicht bestraft
selbstverständlich wird der untaugliche Versuch bestraft. argumentum e contrario aus § 23 Abs. 3 StGB


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Strafrecht: Verhaltens- oder Ergebnisorientiert?

29.05.2012 um 15:31
Zitat von jayjaypgjayjaypg schrieb:Bei der Versuchsstrafbarkeit kann man schon einigen Schaden anrichten und dann strafbefreiend von der Tat zurücktreten. (Man hat dann zwar meist andere Tatbestände erfüllt, aber dennoch).
und nach den verwirklichten Tatbeständen wird man auch bestraft. Der Rücktritt nimmt nur das "Unrecht des Versuchs". Wenn einer in Mordabsicht auf dich schießt und Dich am Bein trifft. Dann aber aufhört und den Notarzt ruft, wird er genauso behandelt, wie einer, der absichtlich in Dein bein geschossen hat.


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