@wobel wobel schrieb:hast du das denn schon mal live erlebt? wohl eher nicht, wenn du das mädel nur heimlich treffen kannst. mit anderen worten: es könnte sein dass sie das auch nur erzählt...
und: wer bitte ist von seinen eltern noch nie getadelt worden? das gehört nun mal zur erziehung, das lässt sich nicht vermeiden. kinder bauen nun mal mist und man muss ihnen das auch sagen, sonst lernen sie's ja nicht es besser zu machen...
Nein, natürlich hab ich das nicht erlebt. Zweifeln könnte ich natürlich an ihrer Story.
Aber nicht an ihren Gefühlen. Wenn sie mir gegenüber weint.. wenn sie Angst davor hat, nach Hause zu gehen, dann ist das definitiv nicht normal. Ich finde "tadeln" an sich ist kein Problem. Man sollte Kindern immer die Grenzen aufzeigen. Aber keine der Sanktionen gegen sie werden rational begründet. Wenn sie wenigstens wüsste, wieso ihr Stiefvater sie anschreit. ...wieso ihre Mutter direkt aggressiv wird, wenn sie widerspricht. Es wird von den "Erziehenden" einfach nichts begründet oder legitimiert.
Stell dir eine Sitation vor:
Du liegst auf dem Bett deiner Stieftochter. Sie betritt in das Zimmer und Du beachtest sie nicht, da Du mit deiner Schwester skypst und dabei fern siehst. Als sie dich bittet, etwas ruhig zu sein, da sie sich krank für hält und sich um diese Uhrzeit nur ins Bett legen will, wirfst du ihr vor, sie sei egoistisch. Nie kann sie ihr Zimmer teilen, nichts tut sie für dich. Sie ist ein schlechter Mensch, sagst Du. Sie verlässt darauf weinend das Zimmer, was du gar nicht wahrnimmst, da deine Schwester wieder etwas gesagt hat. Ja und wenn sie dann mal wieder im Raum ist, fängst du an, über deine eigene Stieftochter herzuziehen... in ihrer Anwesenheit. Du vergreifst dich an ihrer Seele.
Was würdest du nun folgern? Ist deine Tochter einfach nur immer schon schwierig? Oder warst du mit der frühen Schwangerschaft schon von Anfang an überfordert? Warst Du selbst noch Kind, als du sie bekommen hast? Können da einige deiner Entwicklungsschritte liegen geblieben sein?
Natürlich ist dies nur das Porträt der Mutter; Du sollst dich natürlich nur in die Lage versetzen.
wobel schrieb:doch - bei dieser wortwahl schon. "sich geliebt fühlen" ist nun mal was im eigenen kopf. hättest du's anders formuliert hätte man's vielleicht diskutieren können, so ist es aber nur ihr persönliches gefühl.
die meisten teenies fühlen sich ungeliebt. und lieben sich auch selbst meist nicht. das ist ja eben das ding mit der pubertät, dass man mit seinen gefühlen nicht klar kommt und meist auch nicht mit seinem körper.
Gut. Dann geht es hier also nur um die Formulierung? Passt es, wenn ich sage: "Sie wird nicht geliebt."?
Sie liebt sich auch selbst nicht. Das ist natürlich bei vielen so. Natürlich liegt das bei vielen auch an der Pubertät. Wenn man jedoch sein ganzes Leben gesagt bekommt "Du bist nichts wert", dann glaubt man es irgendwann. Die Borderline-Tendenzen sind bei ihr nicht umsonst festgestellt worden. Es ist alles ein wenig krasser, als bei normalen Teenies, die komplette Familien mit sich kümmernden Eltern haben...
wobel schrieb:was hat sie denn für psychische störungen? das hast du ja bisher nicht weiter erläutert...
erzähl doch mal! und klammere dabei bitte die typischen pubertäts-erscheinungen aus.
Nun, wie gesagt. Die Borderline-Anzeichen, die festgestellt wurden. Ein Symptom wäre zum Beispiel der tiefe Schnitt auf ihrem Arm, oder ein Selbstmordversuch. Wie weit für dich Pubertätserscheinungen gehen, sei natürlich dir überlassen.
wobel schrieb:also eignetlich vermisse ich in deinem bericht so einiges an "relevanten infos".
z.b. was das genau für "schikanen" sind, denen sie ausgesetzt ist.
das mit dem fernseher würde ich jetzt nicht zwingend als "schikane" ansehen, zumal sich das ja nun wirklich ganz leicht ändern lässt, in dem die glotze einfach ins elternschlafzimmer kommt oder eben 'ne dritte angeschafft wird.
ich hab mir meine erste glotze übrigens selbst kaufen müssen und hab dafür 'ne ganze weile neben der schule her gejobbt.
Schikanen... hm.
Naja. Ich weiß nicht, ob du das Dir vorstellen kannst. Also einmal wäre da natürlich die schon so oft erwähnte emotionale Kälte. Entzug von Liebe ist wohlmöglich die größte, härteste und folgenreichste Sanktion, die ein Erziehender ausführen kann.
Dazu kommt halt die Kontrolle des Freundeskreis. Sie kommt zu Hause nicht raus... Die Eltern verbieten ihr mit gewissen Freunden den Kontakt, ohne Gründe zu nennen. Andere Personen werden geduldet...
Das Beispiel der Mutter zeigt das nicht-akzeptieren des persönlichen Raumes. Jeder benötigt mal Ruhe in seinem Zimmer... möchte mal allein sein. Die Mutter sitzt einfach in dem Zimmer, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Den Reciever zum Fernseher gabs mal zu Weihnachten, gehört also ihr...
wobel schrieb:und "verstoßen" wurde sie ja wohl nicht, sie lebt bei ihren eltern, hat dort sogar ein eigenes zimmer usw. (hat auch nicht jeder, schon garnicht in finanzschwächeren familien), bekommt jeden tag was zu essen, klamotten usw. - "verstoßen" ist was anderes...
Ja gut. Ich könnte auf allen Luxus scheißen. Ich als Mensch würde auch in einer Blechhütte wohnen wollen, solange meine Mutter mir wirklich das Gefühl gibt, geliebt zu werden. Ihre Gefühle kommen nicht aus der Lamenke, von wegen "Mama kauft mir die Gucci-Tasche nicht, sie hasst mich.". Viel mehr bekommt sie regelmäßig nichts als Hass.
wobel schrieb:also diese "relevante info" hast du uns bisher verschwiegen...
ist das den wirklich so?
und woher willst du das überhaupt wissen?
Sie hat mir gesagt, dass ihre Mutter ihr das ins Gesicht gesagt hat.
wobel schrieb:was die jugend-WG angeht:
hatte sie da 'n eigenes zimmer? 'ne eigene glotze? konnte sie ihren hund behalten?
wohl eher nicht. klar dass es dann doch zuhaus bei den eltern doch besser ist, mit dem ganzen luxus den sie dort hat.
und dass die anderen jugendlichen ihr dort vermutlich zugesetzt haben kann ich mir auch gut vorstellen - das sind ja meist eben doch deutlich härtere fälle als ihrer...
das weiß ich noch nicht. Ich denke, ihr geht es nicht um Spaß oder Luxus. Sie ist keine Prinzessin...
wobel schrieb:vielleicht fällst du ja selbst auf ihr schauspielerisches talent rein? schon mal ernsthaft drüber nachgedacht?
Ja, natürlich. Aber ich würde den Grund dahinter nicht erkennen. Sie hat mich zu Anfang gefragt, ob ich mir auch sicher sei, dass ich mit ihr zusammen sein will... da es aufgrund ihrer Situation und ihrer Psyche nicht einfach werden würde. ich verstehe nicht, wieso sie mir da was vormachen sollte. Sie will doch keine Aufmerksamkeit bekommen, vielmehr verschließt sich sich vor allem und hält solche Belange sowieso im Hintergrund.
wobel schrieb:wie gesagt: es könnte auch ganz anders sein.
aber ich hab jetzt als patentante bzw. stiefmutter 4 mädels durch die pubertät gebracht (ja ok, die vierte steckt noch volle lotte drin, leider) und es kommt mir halt wirklich soooooooooooooo verdammt bekannt vor!
und zwar INKLUSIVE dem freund bei dem sich ausgeheult wird über die bösen eltern/stiefeltern die einen angeblich misshandeln...
Sie hat den Bericht korrigiert und Dinge, die für ihre Eltern negativer klangen, als sie es waren, gerade gerückt. Sie wollte bei dem Bericht ehrlich und fair bleiben. Das zeugt für mich von Reife und vor allem von Ehrlichkeit.
Ich kann vollends verstehen, wenn es Dir bekannt vorkommt. Aber es kann ja, wie Du so schön gesagt hast, auch anders sein.
wobel schrieb:bei bekannten ging's sogar mal so weit dass 'ne 14jährige ihren stiefvater wegen vergewaltigung angezeigt hat, obwohl da garnichts war wie sie auch später zugab (sie meinte man habe sie nicht geliebt und sie wollte sich so aufmerksamkeit verschaffen). blöd nur dass sie damit die existenz des stiefvaters zerstört hat und die komplette familie letztendlich weit weg ziehen musste, weil die geschichte an ihnen kleben blieb (und natürlich jeder meinte dass da wohl doch was wahres dran sein müsste).
Wenn sie sowas sagen würde, dann würde sie zu Hause mehr als nur Ärger bevorstehen. Sie hätte viel zu viel Angst, um sowas zu machen. Sie hat ja schon Angst zum Jugendamt zu gehen, weil wenn ihre Eltern das erfahren, für sie, wie sie sagte "Ende ist". Ich weiß nicht, was sie genau damit meint und was ihre Eltern dann machen würden. Aber ich kann mir gut vorstellen, dass der Stiefvater ausrasten würde, da das Sorgerecht seiner (mit der Mutter meiner Freundin gezeugten) Tochter auch auf dem Kieker ständ.
wobel schrieb:ich finde du solltest dir das erstmal live anschauen, denn im moment kennst du eben auch nur ihre perspektive.
Das geht halt erst einmal nicht. Wenn die Eltern von mir erfahren, höre ich wohl nie wieder was von ihr... Oder zumindest lange Zeit nichts.
wobel schrieb:p.s.: weisste, man kann als elternteil schon auch mal ziemlich sauer werden, wenn das kind in der öffentlichkeit behauptet es würde zuhause nichts warmes zu essen bekommen.
jedenfalls dann, wenn man schon extra was getrenntes für das kind kocht, weil's grad in der vegetarischen phase ist, man aber dummerweis nicht wusste dass das kind neuerdings auch keine pilze mehr isst (die es in der woche zuvor noch geliebt hat) und deshalb fassungslos dasitzt wenn einen das kind beschimpft von wegen es gäbe nichts zu essen und das extra gekochte essen demonstrativ in den müll kippt (am besten auch noch so dass die hälfte davon auf dem küchenboden landet).
schön auch die aussage "ich bin viel zu fett, du willst mich nur mästen damit ich hässlich bin und keine jungs abkriege" - mit der gleichen folge, nämlich dass das essen verschmäht wird.
'ne halbe stunde später werden dann aber zwei tüten chips verdrückt - die machen vermutlich nicht so dick wie das pilzragout...
und nein, das erfinde ich jetzt nicht grad.
das hab ich zig mal erlebt.
und jetzt bin ich halt böse, böse, böse - weil ich keine extrawürste mehr für die prinzessin mache.
soll sie sich selbst was kochen, die zutaten bekommt sie selbstverständlich gestellt.
Hm. Sie kocht für sich selbst. Sie putzt die Wohnung. Sie bekommt kein Dankeschön.
Sie bekommt Ärger, wenn sie 2 statt einem Stück Kuchen essen will.
mann muss noch nicht mal vertauschen.
wobel schrieb:mein bruder und ich haben BEIDE schon mit 6 oder 7 die ersten einweisungen sowohl in den gebrauch von bohrmaschinen als auch ins kochen erhalten etc., mein bruder kann mit einer nähmaschine fast so gut umgehen wie ich und ich kann so gut wie alles an kleinkram was im haus so anfällt selbst richten. nur mal so als beispiel. das ganze geht natürlich tiefer, wir wurden quasi gleichgeschlechtlich erzogen und ich hab heute nicht nur 'ne gut ausgestattete küche sondern auch 'ne gutausgestattete - wenn auch kleine - werkstatt.
Cool, du hattest 2 Elternteile, die Dir alles beibringen konnten und wollten. Schätz dich glücklich. Mir fehlt zum beispiel der väterliche Einfluss. Ich musste mir das Bohren mit der Bohrmaschine selbst beibringen; genau wie das Rasieren. Meine Mama ist in sowas ja eh nicht hilfreich. Sie hat letztens nen Kondom von mir aufgerissen und liegen gelassen. Begrüdung: "ich wollt mir das mal angucken, ich kenn die Dinger ja nicht." Also - Mama ist keine Hilfe. Echt. Sei froh!
Es ist bei meiner Freundin nicht einfach so, dass sie sich anstellt und dass sie sich darüber aufregt, wenn sie mal nicht ins Kino kann, oder ihr das essen nicht schmeckt.
Es ist nicht normal, dass sie ihre Mitschülerinnen hört und traurig darüber ist, dass sie nicht solche Probleme hat.
Für sie geht es nicht darum, dass sie mal ein wenig Taschengeld mehr bekommt...
Viel mehr darum, irgendwie geachtet zu werden.
Von ihr habe ich erfahren, dass sie Angst vor zu Hause hat... Angst vor der Herabwürdigung. Auch wenn sie weiß, dass sie an einer Situation nicht schuld ist, wird sie traurig. Das kommt, weil Kinder sich immer schuldig fühlen. Streiten sich zwei Elternteile, fühlen sich die Kinder als Verursacher. Das ist ein klassischer Mechanismus. Der setzt hier sicherlich auch ein. Oder hat es zumindest mal getan.
Natürlich muss ich zugeben, dass ich von der Geschichte mehr erfasst bin, als andere. Meine Freundin bedeutet mir halt was und so gehe ich da auch mit Emotionalität ran. Ich bin definitiv nicht objektiv. Aber das will ich auch gar nicht sein. Meine Liebe ihr gegenüber baut auch auf Vertrauen. Und damit vertraue ich auch ihren Worten.