PaulVitti schrieb:.und weil ich deswegen nicht ganz sicher bin, ob und wie weit Du zum Nachlesen gekommen bist, möchte ich das Thema noch mal aufgreifen und zitiere mich, aus einem früheren Beitrag, mal selbst:
Was sollte ich nachlesen?
PaulVitti schrieb:Dazu dieser Artikel:
http://www.stern.de/panorama/sexualmoerder-anja-wille-verwaiste-mutter-540228.html
...der, aus meiner Sicht, eindeutig einen Teil der Bedürfnisse von Opfer darstellt.
Siehst Du? Genau da ist das Problem.
In einem Rechtsstaat geht es nicht ausschließlich um die Bedürfnisse der Opfer. Das klingt jetzt erstmal schlimm und manchem Leser stellt sich grad das Nackenhaar auf. Ändert aber nichts daran.
Es ist immer easy, wenn man so am Schreibtisch mit den Begriffen "Täter" und "Opfer" rumjonglieren kann. Am Besten noch, wenn der Täter unwiderrufen gestanden hat und es n tolles Gerichtsurteil gibt.
Im Polizeialltag ist das was anderes. Die Jungs wissen da eben nicht von Anfang an Bescheid. Und es ist nunmal deren Aufgabe be- und entlastende Tatsachen zu ermitteln. Ob das dem tatsächlichen Opfer nun irgendwelche Bedürfnisse stillt oder nicht.
Passiert was, wie im Fall Rupp, kommen alle aus ihren Löchern gekrochen und werfen der Polizei Schlamperei vor. Gleiches im Fall Peggy. Da sind die dann plötzlich die Täter. Die Bösen.
Im Fall Gäfgen soll dann alles klar gewesen sein? Nein, war es eben nicht. Man hatte einen gewissen Verdacht gegen Gäfgen, weil der eine gewisse Nähe zur Opferfamilie hatte. Das war aber noch nichts besonderes und galt für viele.
Und dann holt der halt die Tüte ab. Klar, ein starkes Indiz. Aber ist deswegen ausgeschlossen, dass der nicht vielleicht doch die Tüte nur gefunden hat? Sowas solls geben.
Möglicherweise ist er auch nur ein Laufbursche. Fakt ist, man überwacht zunächst weiter. Und erst als klar ist, dass Gäfgen die Ermittler nicht zu Jakob führen wird, wird er verhaftet.
Dass er da aber schon kräftig am Geld ausgeben war, lässt zwei grundsätzliche Vermutungen zu: entweder ist Jakob bereits tot oder Gäfgen hat die Tüte tatsächlich nur gefunden. Ein Mittäter, der den Jakob versorgt, während Gäfgen die Kohle verschleudert, wäre doch eher unüblich.
Da man aber weiß, dass Jakob Gäfgen kannte, konnte man zu dem Zeitpunkt sehr wohl 1 und 1 zusammenzählen und drauf kommen, dass Jakob, wenn Gäfgen der Täter ist, wohl nicht mehr am Leben sein kann.
Klar ist das für die Opferfamilien dann unbefriedigend, aber ich frage Dich, da ich weiß, dass Du auch den Peggy-Thread verfolgst, ganz offen - wäre es für Dich ok, wenn man Ulvi Kulac jetzt foltern würde, um die Leiche von Peggy zu finden?
Zuletzt will ich nochmal drauf hinweisen, dass ich JEDEN Polizisten immer in Schutz nehmen würde, dem bei der Vernehmung schlicht "der Kragen geplatzt" wäre. Das ist aber hier nicht der Fall. Wir reden von einem befohlenen, geplanten Eingriff in eines der höchsten Schutzgüter unseres Staates, der ausschließlich Realität wurde, weil die Familie des Opfers einen entsprechenden Status hatte. (Der Familie mach ich da übrigens ABSOLUT keinen Vorwurf. Jeder würde alle seine Kontakte nutzen, um sein Kind zu retten. Es ist halt Aufgabe des Staates, da regulierend einzugreifen. Genau das wurde aber vorliegend nicht getan.)