Das Besondere an diesem Foto ist nicht nur, dass der Fotograf für seine Portraitaufnahmen bekannt war, sondern dass er gleichzeitig der Ehemann der Frau und Vater der Kinder war. Sie sieht ihren Mann durch die Kamera an, rechts und links jeweils eines ihrer gemeinsamen Kinder im Arm, das Mädchen (von uns aus gesehen links) lebt, der Junge (rechts) zeigt bereits Anzeichen des Todes (halbgeschlossene, eingefallene Augen, offener Mund durch erschlaffte Muskulatur). Ich habe schon einige solcher Fotos gesehen, die Mütter mit Kindern nach Mehrlingsgeburten zeigen, bei denen nicht alle Kinder überlebt haben, aber dieses ist anders. Anna Sanders ist sehr präsent, sie wirkt erschöpft, auch emotional, trotzdem hat sie sich hübsch zurechtgemacht. Beide Kinder tragen dasselbe weiße "Kleidchen" und liegen in derselben Art und Weise dort, wie Spiegelbilder. Nur bei genauer Betrachtung und durch den Titel ahnt man, was man da eigentlich sieht. Leben und Tod, Anfang und Ende, Hoffnung und Verzweiflung, Zukunft und Vergangenheit, und natürlich "Freud und Leid", symbolisiert durch Zwillinge, zum Ausdruck gebracht im Gesicht der Mutter, durch das Werk des Vaters, durch dessen Augen wir seine Frau mit den Kindern betrachten. Das ist fast wie ein Gedicht in einem einzigen Foto. Auch interessant, dass hier die anderen Kinder des Paares nicht mit dabei waren und auch der Vater blieb hinter der Kamera. Das stellt, wie der Titel auch, aus meiner Sicht sehr eindrucksvoll dar, dass niemand nachempfinden kann, was es für eine Mutter bedeutet, wenn ein Zwilling stirbt. Es ist ihre Freude und ihr Leid, und sie bleibt damit alleine, auch wenn sie eine Familie und Freunde hat. Das Foto hat eine starke Aussagekraft, die andauert, weil diese Gefühle auch von uns "gelesen" werden können. Es ist gleichzeitig Zeitzeuge und aktuell, privat und allgemeingültig. Und ein gutes Beispiel für ein "
Memento mori", da es einem die eigene Sterblichkeit bewusst macht.
musikengel schrieb:hier etwas Interessantes zum Thema Spiegel verhängen.
Vielen Dank!