steht dir ja auch zu.Aber würdelos ist es nicht*
@neonbible Solche Dinge werden immer polarisieren.
Es gab in dieser Zeit:
Victorianische Traueretikette
Eine Einführung für Witwen und solche, die es werden wollen
Das viktorianische Zeitalter ist ja bekanntlich nach Queen Victoria benannt, die 1837 den Thron bestieg und 1901 starb. Ihr Ehemann Prince Albert starb bereits 1861 an Typhus und während dieser gesamten 40 Jahre befand Victoria sich in Trauer (die ersten drei Jahre davon kleidete sie sich und sogar ihren Hofstaat komplett schwarz). Die aus heutiger Sicht besonders strikten Regelungen und Traditionen, die von der gesamten Gesellschaft über- und sehr ernstgenommen wurden, spiegeln daher unter anderem auch den persönlichen Geschmack der Königin wider.
Hauptsächlich richtete sich die Traueretikette und –mode an Frauen; Witwen, die in dieser Zeit besondere Aufmerksamkeit bekamen und sich ein wenig isolieren durften. Während des ersten Trauerjahrs durfte die Witwe beispielsweise das Haus nicht ohne vollständig schwarze Tracht (inklusive Schleier) verlassen und ihre Aktivitäten beschränkten sich ursprünglich auch nur auf Kirchenarbeit.
Gleichzeitig war die Gestaltung der Trauermode allerdings auch eine Möglichkeit für die Frau, ihren Wohlstand und ihre Achtbarkeit unter Beweis zu stellen, sodass einige sogar so weit gingen, auch die Kleidung der Bediensteten schwarz zu färben. Aber auch Frauen der Mittel- und Unterschicht nahmen große Mühen auf sich, um während der Trauerzeit modisch zu wirken; Kleidung schwarz zu färben und später wieder auszubleichen war daher keine Seltenheit.
Jemand musste die Trauernden natürlich auch schnell mit den passenden Stoffen, Kleidern und Schmuckstücken versorgen können und zahlreiche Geschäfte sprangen auf diesen Wagen mit auf, das größte und bekannteste davon war Jay’s in der Regent’s Street. 1841 als eine Art Warenhaus für Trauernde eröffnet, bot es den Hinterbliebenen jedes erdenkliche Objekt, das sie zum Trauern benötigten. Für Schneider wurde die Trauerindustrie (und das war es wirklich; eine Industrie) tatsächlich sogar so wichtig weil gewinnbringend, dass sie Gerüchte darüber verbreiteten, es würde großes Unglück bringen, Trauerkleidung im Haus zu behalten und dann wiederzuverwenden, wenn man noch einen Angehörigen verlor.
Von Witwen wurde erwartet, dass sie über zwei Jahre lang trauerten (in Amerika waren diese Regeln etwas weniger strikt und nach dem Bürgerkrieg ohnehin kaum noch aufrechtzuerhalten), und während dieser Zeit durchliefen sie mehrere Stadien:
Full mourning (Volle Trauer)
Eine Zeitspanne von einem Jahr und einem Tag, durch schlichte schwarze Kleidung ohne Ornamente und insbesondere den schwarzen Kreppschleier gekennzeichnet. Falls die Frau kein oder nur geringes Einkommen und kleine Kinder zu versorgen hatte, war es ihr erlaubt, bereits nach dieser Periode wieder zu heiraten.
Second mourning (Zweite Trauer)
Eine Zeitspanne von neun Monaten. Nun waren auch kleinere Verzierungen, schmückende Stoffe und Schmuck erlaubt. Der Schleier wurde gelüftet und nach hinten über den Kopf getragen. Ältere Witwen verblieben oftmals den gesamten Rest ihres Lebens in Trauer.
Half mourning (Halbe Trauer)
Dauerte zwischen drei und sechs Monaten und war durch deutlich aufwändigere und kunstvoll verzierte Stoffe gekennzeichnet. Es wurde erwartet, dass die Frau in dieser Zeit wieder ganz allmählich begann, Farben zu tragen. Darüber hinaus war es nun auch wieder erlaubt, jede Form von Schmuck anzulegen.
Für den Witwer betrug die Trauerzeit für gewöhnlich zwei Jahre, allerdings durfte er selbst entscheiden, wann er die einzelnen Trauerstadien begann und beendete. Männer hatten es dahingehend recht einfach, dass sie nur ihre gewöhnlichen dunklen Anzüge, schwarze Handschuhe, Krawatten und Hutbänder tragen mussten. Selbstverständlich durften sie auch sofort zu ihrem normalen Tagesablauf zurückkehren und arbeiten.
Unverheiratete junge Männer blieben meist so lange in Trauer, wie es die Frauen des Haushalts taten, in dem sie lebten.
Von kleinen Kindern wurde für gewöhnlich nicht erwartet, dass sie Trauerkleidung trugen, auch wenn sich junge Mädchen gelegentlich in Weiß kleideten.
Die Regeln für Eltern, die um ihre Kinder trauerten, waren identisch mit denen für Kinder, die um ihre Eltern trauerten – ein Jahr, davon sechs Monate in Full, drei in Second und drei in Half mourning. Schwiegereltern übersprangen Full mourning und nach zwei Monaten in schwarz durften sie auf Fliederfarben umsteigen.
Trauerkleidung war nicht mehr als die äußere Darstellung der inneren Gefühle einer Person, aber die Regeln dafür, wer was trug und für wie lange, waren mindestens genauso kompliziert. Hilfreicherweise wurden sie allerdings in zahlreichen Magazinen und Haushaltshandbüchern erläutert, beispielsweise The Queen und Cassel’s, die bei den viktorianischen Hausfrauen sehr beliebt waren. Sie gaben ausgiebig Auskunft über die angebrachte Traueretikette für jeden erdenklichen Fall; auch wenn dein zweiter Cousin dritten Grades starb, konnte man sich genau informieren, wei man sich verhalten sollte.
Quelle u.a. morbbid outlook