Umstrittene Bezeichnungen diverser Ethnien - diskriminierend oder rassistisch?
28.01.2013 um 11:44
Ich möchte mich auch mal zu der derzeitigen Debatte, ob Kinderbücher oder überhaupt Schriften, die heute als unfein und beleidigend angesehene Wörter enthalten, umgeschrieben und zensiert werden sollen.
Ich spreche mich dagegen aus. Und zwar vor allem aus künstlerischen und Bildungsgründen.
Warum?
Meiner Ansicht nach lässt sich natürlich über Kunst streiten. Das ist klar.
Ich bin aber fest davon überzeugt, dass ein künstlerisches Werk nicht einfach deshalb zensiert werden sollte, weil man es in einer anderen Zeit und an einem anderen Ort unangebracht findet.
Der jeweilige Künstler, auch literarische Werke sind Kunstformen, hat sein Werk genau so gestaltet, wie er es sich ausgedacht hat, wie es sein sollte. Er hat es geschaffen. Mit jeder Facette.
Kunst kann und soll kritisiert werden.
Aber Kunst sollte nicht einfach zensiert werden.
Wenn einem Aspekte des Kunstobjektes nicht gefallen, dann kann man das kritisieren, man kann es ansprechen, man kann sich überlegen, wie man formuliert, warum einem dieser oder jener Aspekt des Kunstobjektes unangebracht erscheint.
Jedoch: Es ist falsch, das Kunstobjekt dann einfach zu verändern und zu zerstören. Dazu hat höchstens der Künstler selbst das Recht, denn es ist sein Werk. Alle anderen Menschen konsumieren nur das Werk und pflegen auf verschiedene Weise Umgang mit diesem Werk.
Der Versuch, historische, künstlerische Werke zu zensieren ist ein Versuch, die Vergangenheit umzudeuten und zu vertuschen. So, als ob es, in diesem Fall, den ,,Neger" und zugehörige, verschiedene Verwendungen, von bloßen Bezeichnungen bis abwertender Bezeichnung, gar nicht gegeben hätte.
Als ob es keinen Rassismus, keine Sklaverei usw. gegeben hätte.
Man wolle angeblich die ,,Kinder schützen" und dafür sorgen, dass sie nicht ,,falsche, schlimme Wörter lernen", man wolle sie ,,anständig erziehen".
Haben denn die Betreffenden ihre eigene Kindheit und Schulzeit vergessen? Kinder sind Experten darin, ,,schlimme Wörter" herauszufinden, neu zu kreiern und zu nutzen.
Sie werden mit hundertprozentiger Sicherheit auch den Neger, den Nigger und unzählige, andere Wörter herausfinden, die ihnen die Erwachsenen am liebsten austreiben würden.
Und sie werden diese Wörter auch benutzen.
Dadurch aber, dass man die Wörter einfach in vernünftiger Literatur zensiert, lässt man die Kinder sie ungefiltert selbst herausfinden.
Man gibt als Erwachsener, als Elternteil, als Lehrer, als Gesellschaft die Möglichkeit aus der Hand, dem Kind BEIZUBRINGEN, warum es bestimmte Wörter nicht verwenden sollte.
Man gibt die Möglichkeit aus der Hand, dass beim ersten Mal Vorlesen der ,,Abenteuer des Huckleberry Finn" das Kind fragt, was denn ein ,,Nigger Jim" sei und man ihm dann erklären kann, dass ,,Jim" einfach ein Name ist, während ,,Nigger" ein Wort ist, das man früher mal verwendete, um Schwarze zu bezeichnen.
Das Kind sollte es aber nicht mehr verwenden, denn es wurde den Schwarzen über die Zeit hinweg viel schlimmes getan und diese Bezeichnung beinhaltet diese Geschehnisse.
Natürlich habe ich das jetzt eher für Erwachsene geschrieben, wie man im Einzelnen dem Kind erklärt, warum es das Wort nicht verwenden solle, muss jeder Elternteil oder Erzieher oder Lehrer selbst wissen.
Wichtig ist, dass das Kind nicht einfach nur ein Verbot bekommt, sondern ihm erklärt wird, was es nicht tun soll und warum.
Das muss der Anspruch von Bildung sein.
Denn ich glaube, wenn man einfach nur sagt:,,Das darfst du nicht", dann kommt das geradezu einer Aufforderung für die meisten Kinder gleich, doch die verbotene Sache zu verwenden oder zu machen. Ohne jede Erklärung. Es weiss dann nur:,,Ha, das ist ein böses Wort, cool! Damit kann ich schocken!"
Bloße Verbote und Zensur sind feige und ineffektiv!
Und um nochmal auf künstlerische und historische Argumente zu kommen:
Man regt sich hier im Westen auf, wenn radikale, islamistisch motivierte Gruppen Kulturobjekte in den Ländern demolieren und zerstören, in denen sie agieren.
Das sei ,,Weltkulturerbe", das könne man doch nicht machen, nur weil es kurzfristig einigen religiösen Spinnern nicht passt, da müsse man einschreiten...
Jedoch - im Prinzip tun diese nichts anderes, als das, was hier in Deutschland mancher fordert.
Die Islamisten zensieren beziehungsweise zerstören historische Kunst- und Kulturobjekte, die ihnen nicht (mehr) passen.
Auch Bücher sind auf ihre Weise historische Kunst- und Kulturobjekte, die durch Zensur und Umschreiben ebenfalls beschädigt und zerstört werden.
Man sollte nicht versuchen, aus politischer Korrektheit seine Vergangenheit ändern zu wollen.
Sondern seine Gegenwart und Zukunft BESSER machen und sich dabei an die Vergangenheit erinnern, um zu wissen, warum man es heute anders machen möchte.
Das geht nicht, wenn wir versuchen, heute als negativ empfundene Inhalte von Büchern zu verändern, weil wir das Werk an sich behalten wollen.
Entweder die Werke von Mark Twain, Astrid Lindgren und allen anderen, so wie Mark Twain, Astrid Lindgren und die anderen Autoren ihre Werke geschrieben haben oder gar nicht.
Die veränderten und zensierten Werke sind nicht mehr die Werke der Autoren selbst.