Wurstsaten schrieb:Klar, aber Kinder können nicht die Ideologie, die dahintersteht erkennen und wenn z.B. das Märchen von der Gänsemagd erzählt wird, dann ist da ja auch erst einmal nichts schlimmes dabei, und dass die Version von Rudolf Treichler nur so vor saurem Moralin trieft weis ja keiner.
Jetzt fängt er auch noch mit Ideologie an....
:palm: Was du als Ideologie bezeichnest, ist lediglich ein von der Pädagogik und Didaktik der Regelschule abweichender Lehransatz, der in letzter Konsequenz natürlich auch das Denken eines Individuums mitgestaltet und entwickelt; vermutlich sogar das gesamte Leben prägen wird.
Sogar ich hatte mal einen Waldorfpädagogen als Dozenten. Die sind ... anders ...
:DEine wichtige Überzeugung dieser "Ideologie", wobei das Wort in dem Zusammenhang schon lächerlich daneben und undiskutierbar ist, beruht auf der Versifizierbarkeit durch Praxistauglichkeit.
Ähnlich wie Montessori steht die Ganzheitlichkeit des Lernens - der ganze Körper - im Blickpunkt.
Diese Überprüfung auf Praxistauglichkeit führt innerhalb des Unterrichts zu mehr körperlicher Aktivität - du würdest jetzt sagen, dass sie ihren Namen tanzen.
Wie sieht das in der Praxis aus?
Der Waldorfdozent, den ich an der Uni hatte, unterrichtete Didaktik im Bereich Linguistik.
Während des Unterrichts sollten die Studenten Modelle zur Unterrichtsgestaltung entwickeln oder anwenden.
Für gewöhnlich werden diese Modelle dann in der Theorie diskutiert und auf Machbarkeit und Umsetzbarkeit hin untersucht; dann kommt man entweder theoretisch zur Durchfühbarkeit oder Nichtdurchführbarkeit und das Thema ist vom Tisch.
Nun kommt der Waldorflehrer ....
:D Der Waldorflehrer greift eine Idee - einen Impuls der Schüler - auf und theoretisiert ihn zunächst nicht, sondern baut den "Versuch" wie im Chemieunterricht zunächst nach.
So auch in meinem Seminar. Hatte ein Student die Idee, dass immer 8 Schüler eine zusammensitzende Lehrgruppe bilden sollten, wurde der Saal so umgebaut, dass immer 8 Studenten zusammensaßen; hatte jemand die Idee, dass immer 3 zusammensitzen sollten, wovon ein Gruppenkopf die jeweilige Gruppe nach jedem Modul wechseln sollte, dann wurde der Saal entsprechend umgebaut.
Es gab in der Konsequenz keinen Tag, an dem ich ruhig an meinem Platz sitzen konnte...
:DWas wurde aber durch die Praxisversifizierung erreicht? Eine Idee wurde nicht einfach verbal abgeschmettert, weil sie scheiße war, sondern durch das Nachbauen des Versuchs konnte exakt gezeigt werden, wo es Probleme gibt.
Dabei stellte sich dann heraus, dass der Umbau eines Klassenzimmers zu Achtergruppen erst einmal mit 20 Minuten Arbeit verbunden ist; bei Kindern wären es mindestens 10-15 Minuten mehr.
Der Ideengeber sah also mit seinen eigenen Augen, dass ihn der Umbau des Klassenraums bei einer Doppelstunde von 90 Minuten mindestens 20 Minuten seiner Zeit kostet.
Und dieses Umsetzen von Impulsen in der Praxis, das in seinem Kern deutlich von der Menge der Umsetzungen an Regelschulen abweicht, zeigt eine abweichende Denkstruktur des Dozenten.
Der hat keine Werbung für Waldorf gemacht; nicht ein Wort hat er darüber verloren; für ihn war es bloß einfach selbstverständlich, dass man eine Idee nicht einfach in der Theorie abschmettert, sondern sie in der Praxis auf Machbarkeit hin untersucht.
Ist das die gefährliche Anthroposophie, die du meinst? ...
:D