Das Asperger-Syndrom
22.01.2023 um 05:18FibaAmrih schrieb:Aspis habe Probleme mit der Fokuskontrolle, driften schnell ab. Merken sich oft nur die Dinge, für die sie Interesse haben. Wenn Interesse da ist, sind sie Lexikas und können stundenlang monologisieren.Kann sein, muss nicht sein. ich bin Typ Hyperfokus und merke mir sehr viel. (Sicherlich etwas weniger gut bzgl. Dinge die mich nicht interessieren, aber das ist doch bei fast jedem der Fall. Sehr wohl kann ich mir auch weniger interessante Dinge gut merken wenn ich darin einen Sinn sehe - z.B. eine sehr gute Note auch in einem Schulfach erzielen das ich inhaltlich nicht interessant finde, einfach weil sich eine schlechte Note zwischen guten nicht so gut macht wenn man einen Beruf, einen Studiengang mit hohen Zugangshürden möchte.)
FibaAmrih schrieb:Aspergern fehlt die unbewusste Erkenntnis-Automatik des Gehirns für soziale Spielregeln. Sie neigen dazu, soziales zu intellektualisieren. Sie müssen über Regeln lernen, an die sich dann aber gerne auch strikt klammern. Ist wie mit der Muttersprache, man lernt sie unbewusst durchs Zuhören. Aspis müssen die „Regeln der Sprache der Menschen“ aber wie in der Schule erst „studieren“.Zustimmung.
Asperger sind meist sehr rational. Das emotionale fehlt ihnen weitgehend (Mr. Spok). Emotionen wie Angst, Wut odgl. können aber sehr ausgeprägt sein. Jedoch sind selten komplexe Emotionen vorhanden. Bei den meisten (normalen) Menschen (für mich die „Hu’s) sind Entscheidungsprozesse oft emotional gesteuert. Wir verstehen die irrationalen Verhaltensweisen dieser „Aliens“ daher oft nicht.Zustimmung zum ersten - beim letzteren: Komplexe Emotionen habe ich, würde ich sagen, durchaus. Emotional gesteuert: Hier stimme ich zu, v.a. was "Herdentrieb-Emotionen" angeht. Ich würde z.B. nichts kaufen weil es modern ist, es einen Status ausdrückt, "man es hat". Sehr wohl entscheide ich mich aber aus emotionalen Gründen bestimmte Dinge zu kaufen und andere nicht - so wurde ich z.B. Vegetarier und kaufe auch die wenigen noch genutzten tierischen Produkte nicht beliebig. Oder kaufe etwas das einen höheren Preis hat und somit eher als Spende anzusehen ist, anstatt "streng rational" nur auf den Geldbeutel zu achten nach dem Motto "okay, es gibt Eier für diesen Preis und für den vierfachen, da nehme ich doch die billigeren".
Auch als Kind waren mir Tiere sehr wichtig. Oft habe ich mich dahingehend emotional entschieden und oft gegen Gruppenprozesse. Z.B. Tieren geholfen obwohl das dazu führte von Gleichaltrigen als schwach dargestellt zu werden. Käfer aus der Pfütze holen oder dafür zu sorgen dass man Raupen nicht auf den Kompost wirft fand ich wichtiger.
FibaAmrih schrieb:Oft vermuten Menschen sogar böse Absichten hinter dem übertrieben hilfsbereiten Verhalten.Obwohl ich niemand bin der sich anderen aufdrängt ist mir das auch schon passiert. Oft wurden Absichten hineininterpretiert auf die ich nie gekommen wäre - weil ich derartiges gar nicht beabsichtigen würde.
FibaAmrih schrieb:Was für andere Ruhm, Erfolg und Macht sind, sind für Aspis Vertrauen, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit.Geht mir auch so. Mir bedeuten Ruhm, Erfolg und Macht nichts. Nun ja, Erfolg teilweise: Ich will das was ich mache verlässlich und gut machen. Auch lerne ich sehr gerne dazu. Ansonsten aber nichts. Ich bin kein "besserer Mensch" nur aufgrund eines Abschlusses. Meinen Beruf habe ich aus Interesse ergriffen, nicht aufgrund eines erhofften gesellschaftlichen Status. Es wäre mir fremd z.B. Abteilungsleiter, Filialleiter etc. zu werden "weil sich das gut macht". Wenn, dann aus Interesse an der Materie. (Darum habe ich z.B. promoviert. Der "Dr." steht nicht im Pass, nicht auf dem Klingelschild. Man schreibt ja auch nicht auf sein Klingelschild "Schreinermeister" außer es handelt sich um ein geschäftliches das dies notwendig macht um den Laden zu finden.)
Und ob man etwas machen, haben, tun sollte wenn man einen bestimmten Abschluss oder eine bestimmte Gehaltshöhe erreicht hat: Es interessiert mich nicht.
FibaAmrih schrieb:Asperger habe eine sehr reife Sprache (der kleine Professor), können schwer lügen oder Ironie verstehen, sind oft egozentrisch und haben ein –teils- überzogenes Gerechtigkeitsempfinden (aber oft primär auf sich selbst bezogen, d.h. fühlen sich ungerecht behandelt) und denken vorwiegend in Symbolen (in Bildern, Denken ist anschauungsgebunden).So war ich auch als Kind, aber auch ausdrücklich Gerechtigkeitsempfinden anderen gegenüber. Etwa dass man andere nicht auslacht, ärgert, mobbt. Oder nichts Minderwertiges spendet (war verärgert, als meine Mutter meinte, dass man die Packung Stifte die andauernd abbrechen auch in die Spendenkiste tun kann - ich erklärte ihr das bitte nicht zu tun weil sich das "arme Kind" keine neuen kaufen kann und dann diese Stifte benutzen muss). Oder dass man trotzdem hilft oder jemanden normal mitmenschlich behandelt auch wenn diese Person fies war.
Kann mich da an eine Szene erinnern: In der Grundschule hat mich ein Mitschüler, nenne ihn hier mal Peter, immer wieder geärgert; dürfte auch unter Mobbing gefallen sein, Peter wurde auch mehrmals von den Lehrern bestraft. Beim Wichteln (auch als Julklapp bezeichnet, die meisten dürften es kennen) wurde mir Peter zugelost - ich sollte ein Geschenk an Peter machen. (Ob das Zufall war? Möglicherweise wurde es absichtlich von den Lehrern so zugeteilt.) Peter bekam von mir zwar kein supertolles Geschenk, aber dennoch eine Tüte Gummisüßigkeiten (man sollt etwas für ein, zwei Mark kaufen oder etwas malen oder basteln). Als ich das später jemandem erzählte, kam die Frage, ob ich die manipuliert hätte, also etwas Ekliges untergemischt. Ich war erstaunt, auf die Idee wäre ich nie gekommen (und würde es auch nicht rückwirkend tun). Es wird gewichtelt, jeder kriegt ein kleines Geschenk, na, dann kriegt Peter auch eines. Ich hätte mich zwar mit Peter nicht angefreundet, aber habe ihn stets neutral zwischenmenschlich behandelt.
Egozentrisch: Hier habe ich den Eindruck gewonnen, dass eigenes Verhalten oft deshalb als egozentrisch wirkt weil es selten ist. Viele Handlungen, Abläufe sind nunmal auf Mehrheitsempfinden, Mehrheitsgeschmack ausgelegt. Mir ist im Kontakt mit anderen Aspies aufgefallen dass vieles mit dem ich heraussteche und das von anderen z.T. als nervig egozentrisch empfunden wurde (z.B.: nicht einfach anfassen auch nicht als Kind im Spiel; Kleidung soll ja nicht kratzen, drücken, komisch ziehen; bitte keine Schönheitsprozeduren an mir durchführen; ich möchte eine ruhige Umgebung mit Rückzugsmöglichkeit) von diesen anderen Aspies auf die gleiche Art und Weise bevorzugt wird. Als Kind unter NTs sticht man eben damit heraus als "egozentrisch" wenn man z.B. als einziger die Mütze nicht aufsetzen, die Fingerfarbe nicht anfassen... will. Als Erwachsener wirkt man mitunter "egozentrisch", wenn man als einziger aus 10 sagt dass einem ein Lokal zu laut sind und man evl. als Kompromiss sich beim nächsten Mal in einem leiseren trifft. Die anderen sind eigentlich auch egozentrisch (sie wollen das laute Lokal weil es ihnen gefällt und sind genervt wenn ein leiseres vorgeschlagen wird), nur fällt es weniger auf da die anderen die Vorliebe teilen.
Seit meinen jungen Erwachsenenjahren lebe ich mit meinem Partner zusammen - und das auch in winzigen Wohnungen, z.B. jahrelang ein Zimmer zu zweit, bei denen es oft hieß "da zieht garantiert einer aus". Ist nicht passiert. Warum? Weil beide ähnlich sind. Da nutzt man Kopfhörer für die Musik/Computerspiel-/Filmgeräusche die der andere nicht hören will. Da hat man ein pragmatisches Einkaufsverhalten. Und so weiter. Ich bin mir sicher dass es hingegen zwischen einer typisch neurotypischen Person und mir "gekracht" hätte weil man sich irgendwann genervt hätte.
Ironie erkenne ich - wenn sie nicht rein nonverbal ausgedrückt wird. Ich mag Wortwitz, ich liebe Sprachspiele, finde xkcd witzig. Als Kind liebte ich mein "Das Riesenbuch der 1000 Witze".
Wenn aber etwas das inhaltlich zutreffen kann sprachlich unauffällig ausgedrückt wird erkenne ich es tendenziell nicht.
Beispiel:
"Unser Hotelaufenthalt war total toll." (War er in Wirklichkeit nicht. Merke ich nicht.)
"Unser Hotelaufenthalt war totaaaaaaal *rollt kräftig die Augen* toll.") (Hotelaufenthalt war nicht toll. Merke ich.)
"Unser Hotelaufenthalt war total toll, vor allem die süßen Krabbeltierchen auf dem Buffet machen es zu einem wahren Abenteuer." (Hotelaufenthalt war nicht toll. Die Krabbeltierchen waren sicherlich Kakerlaken, Fliegen etc. und nicht in Marienkäferform ausgestaltete Desserts. Merke ich aufgrund des Inhalts garantiert auch ohne auf den nonverbalen Anteil achten zu müssen.)