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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

187 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Briefe in den Knast, Gefängnisliebe, Hybristophilie ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

16.04.2021 um 18:24
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Es geht nicht nur um die Tat - sondern um die Charaktereigenschaften die ihn dazu erstmal veranlassen. Fehlender Respekt, Hass, Wut, keine Achtung, fehlendes Gewissen, fehlende Beherrschung und und und- was auch immer davon dann stimmig ist.
Und genau solche negativen Charaktereigenschaften können für gewisse Frauen und Männer unheimlich anziehend wirken. Da schaffen sie es sogar Gewalttaten auszublenden oder die Taten selbst lassen den Täter gleich nochmals anziehender wirken.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

16.04.2021 um 18:44
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Ja, für mich und mein Verständnis, müsste man eine Tat wie Mord oder Vergewaltigung abschütteln um sich überhaupt auf einen Verbrecher dieser Art einzulassen. FÜR MEIN Verständnis wäre es nicht denkbar zu sagen "Och naja, mein Partner hat 3 Frauen vergewaltigt und danach grausam zerstückelt -.... ob ich ihm Croissants mit in den Knast bringen sollte?"
Ich denke wie gesagt nicht, dass man die Tat gedanklich einfach ausblenden muss. Ich finde man sollte das auch nicht tun. Denn diese Tat ist geschehen und gerade wenn man sich auf einen Mensch einlässt, sollte man sich damit auseinandersetzen.
Es geht eben gerade nicht darum die Tat zu verharmlosen und so wie du schreibst "Och naja" zu denken. Aber trotzdem muss auch ein Gefängnisinsasse sein Leben weiterleben und auch seine Freunde und Angehörigen. Und da muss man sich auch um banale Dinge wie das Essen kümmern.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:In meinem Kopf ist da einfach eine Grenze und die Tat würde ich persönlich immer in ihm sehen. Und auch das Wissen darum das er einfach Leben beendet hat, gewollt, und so wenig Achtung und Respekt vor anderem Leben hat. Es geht nicht nur um die Tat - sondern um die Charaktereigenschaften die ihn dazu erstmal veranlassen. Fehlender Respekt, Hass, Wut, keine Achtung, fehlendes Gewissen, fehlende Beherrschung und und und- was auch immer davon dann stimmig ist.
Ich denke das kann man nicht derart pauschalisieren. Man müsste den Einzelfall betrachten und sich ansehen was da genau vorgefallen ist. Nicht jeder Mörder ist ein sadistischer Psychopath, der Freude daran hat andere Menschen leiden zu sehen.
Mir geht es wie gesagt nicht darum ein Verbrechen zu entschuldigen. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Und wer einem anderen das Leben genommen hat, der sitzt zu Recht dafür im Gefängnis. Dennoch besteht ein Mensch und sein Leben mehr als aus nur einer Tat. Auch wenn es einer furchtbare Tat wie z.B. Mord ist, ist das nur ein Bruchteil des Lebens des Täters. Auch solch ein Mensch kann gute Charaktereigenschaften haben. Niemand ist nur gut, oder nur böse.
Zitat von StreuselchenStreuselchen schrieb:Ich, für mich, könnte das niemals trennen! Das gehört für mich ZU dem Menschen.
Wie gesagt, ich denke auch nicht das man das trennen muss. Natürlich gehört die Tat zu dem Mensch. Aber eben auch andere (vielleicht auch gute Taten) die er in seinem Leben begangen hat.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

16.04.2021 um 19:53
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Wie gesagt: Lies dir den ganzen Verlauf seit heute Vormittag (ab 11:16 Uhr geht's los) in der richtigen Reihenfolge hier durch und dir dürfte vieles klarer werden. Und was nur dich persönlich nervt, ist zum Glück auch nicht maßgeblich
Mein erster Beitrag hier war lediglich eine Antwort auf den EP und hatte nichts mit deinen vorangegangenen Beiträgen zu tun.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Und was du als Selbstgespräche bezeichnet, waren lediglich nur Ergänzungen zu vorherigen Beiträgen von mir. Manchmal muss man sich halt selbst zitieren. Ohne das wäre manches nämlich noch verwirrender.
Lass dir doch einfach mehr Zeit bei deinen Beiträgen, dann brauchst du nicht 5 Mal editieren, dich ständig selbst zu zitieren oder 4 Beiträge hintereinander zu schreiben oder bist du selbst grad auf der Flucht :ask:

Zurück zum Thema...

Hier wurden schon einige Gründe genannt, warum es Leute gibt, die gezielt den Kontakt zu Mördern, Gewaltverbrechern, Vergewaltigern suchen, aber für mich war aus "sexueller" Sicht nichts nachvollziehbares dabei.

Grund 1: Weil sie als Partner eines Psycho-Killers berühmt werden wollen. Kann man machen, wenn man unbedingt Aufmerksamkeit um jeden Preis braucht, aber sollte sich dann nicht wundern, als verrückt bezeichnet zu werden.

Grund 2: Aus Mitleid und weil sie trotz allem das positive im Mensch sehen. Mein Mitleid gilt eher den Opfern, als z.B. Massenmördern. Und eine schlechte Kindheit ist noch lange keine Rechtfertigung für solche Taten.

Grund 3: Ein ausgeprägtes Helfersyndrom und weil sie denken ausgerechnet sie wären in der Lage, den Straftäter auf den richtigen Weg zu führen. Hm, das klingt für mich nach Selbstüberschätzung und sollte in erster Linie Aufgabe von Psychiatern bleiben. Die Energie könnten sie aufbringen, um sich um die Opfer zu kümmern.

Grund 4: Sie fühlen sich angezogen, weil die Täter in ihren Augen eine gewisse Macht ausstrahlen. Tun sie in meinen Augen nicht. Für mich sind das eher schwache Charaktere, die sich und ihre Emotionen nicht unter Kontrolle hatten.

Da wird es sicherlich noch mehr Gründe für geben, aber verstehen kann ich keinen davon. Vielleicht bin ich was das betrifft auch zu empfindlich, aber ich könnte die Taten wie gesagt nicht ausblenden. Das sich Menschen ändern können, weiß ich selbst, aber das sich dieses Menschen ausgerechnet bei mir zusammen reißen könnten, glaube ich eher weniger und der Test wäre mir zu gefährlich. Damit meine ich jetzt auch keine Leute, die Steuern hinterzogen haben, sondern wie im EP beschrieben, Gewaltverbrecher.

Das geht bei mir sogar so weit, dass ich mir nicht mal vorstellen könnte eine Beziehung mit jemandem zu haben, der als Killer in Horrorfilmen bekannt wurde. Klingt bescheuert, aber ist so.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 08:11
Ein recht interessantes Thema, allerdings scheint mir, dass das Meiste bereits gesagt wurde. Ich kenne ja nun (beruflich) einige inhaftierte Schwerverbrecher und habe da auch schon erlebt, dass es solche Beziehungen gibt. Zum einen muss man freilich sagen, man sieht es dem Menschen in der Regel eben nicht an, welche Taten sie verübt haben. Beispiel:

Vor zwei Jahren hatte ich einen Mandanten, der wegen versuchtem Mord an einem Polizeibeamten verurteilt worden war: er hatte schlichtweg auf den Beamten geschossen, der hat aber Gott sei Dank überlebt. Nun hatte ich eine neue Assistentin und wir fuhren in die JVA und besuchten den Mandanten. Danach meinte sie zu mir: "Also, wenn ich dem draussen begegnet wäre... das hätte was werden können." Der Mandant war jung, recht gutaussehend (laut meiner Assistentin), sehr gebildet, wortgewandt, höflich, usw usw. Absolut nicht so, wie "man" sich einen Mörder vorstellt. Das muss man also immer im Kopf behalten: Verbrecher sehen nicht wie solche aus und können sich auch sehr oft so verhalten, wie eine Schwiegermutter das von ihrem potentiellen Schwiegersohn erträumt.

Nun ist es aber bei dem hier diskutierten Phänomen ja meistens so, dass die Beziehung eben nicht durch eine zufällige Begegnung "draussen" beginnt, sondern sich die Frau (ich kenne jetzt nur solche Fälle, wo der Mann inhaftiert ist) sich ganz bewusst an diesen wendet, der schon inhaftiert ist. Was bewegt diese?

Meine Erfahrung ist tatsächlich, dass es in der Regel ein ganz bestimmter Typ Frau ist, wobei es da mehrere gibt und Überschneidungen vorkommen:

1) Die Kämpferin für Gerechtigkeit. Sie ist überzeugt, der Arme ist Opfer eines Justizirrtums. Oder mindestens einer viel zu harten Strafe.

2) Die Samariterin. Sie weiss um die Tat, sie weiss um die Schuld, aber will Licht in die Dunkelheit des Lebens des Inhaftierten bringen und hoffentlich zu einer Läuterung beitragen. Sie will einfach Gutes tun.

3) Dann, oft in Zusammenhang mit 1 oder 2: Sie sucht eine Beziehung aber hat Angst in der normalen Welt vor einer solchen, z.B. davor, dass er untreu wird usw. Hat schon gescheiterte Beziehungen hinter sich. Hier ist alles viel geregelter: Kurz gesagt: er kann und wird nicht davonlaufen. Sie hat die Zügel in der Hand. Sie entscheidet wann und wie oft kommuniziert wird, wann und wie oft man sich sehen wird usw. Das gibt ihr Sicherheit, dafür nimmt sie die anderen Einschränkungen in Kauf. Ihr Leben braucht sich auch sonst nicht weiter ändern. Und schon gar nicht braucht sie ihren Alltag mit einem anderen teilen.

4) Attraktiver Bad Boy mit entsprechender Aufwertung ihrer Person in ihrem Umfeld. Das habe ich noch nicht so oft gesehen, aber gibt es wohl. Anstatt nur die Freundin von irgendeinem "loser" in der Nachbarschaft zu sein, ist sie nun die Freundin des "gefürchteten X." Alle anderen "bitches, passt auf!" Auch hier passt die Kombination zu 3): sie weiss, dass er wenigstens "unter Kontrolle" ist.

Meine Erfahrung ist, kurz gesagt, dass die Motivation hier zumeist in ihrer Persönlichkeit und Lebensgeschichte liegt und dass der Inhaftierte und dessen Persönlichkeit und Geschichte gar nicht so sonderlich ausschlaggebend sind. Und noch weniger die Tat, die seitens der Frau meist irgendwie "wegrationalisiert" wird. "Er ist in Wirklichkeit ein lieber Kerl," "er hat sich geändert," "das Opfer war mit/selbst schuld" usw.

Muss man das nun alles verstehen? Nein. Aber Tatsache ist, das gibt es und gar nicht so selten. In den Gefängnissen, in denen ich so ein und ausgehe kommt es zu zig Hochzeiten im Jahr.

Eine andere interessante Untersuchung wäre wohl zu schauen, wie lange solche Beziehungen halten und vor allem wie lange, nachdem der Inhaftierte freigelassen wurde. Ich hab da keine Ahnung aber tippe, dass es nicht lang sein wird.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 11:06
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Verbrecher sehen nicht wie solche aus und können sich auch sehr oft so verhalten,
Ein weitere Grund dafür, ist oft dass sie unter Umständen bis zum Tatzeitpunkt eigentlich keine Verbrecher waren. Aber dann geht irgendetwas schief, und jetzt macht sich eben eine weniger gute Sozialisation oder ein latent vorhandenes psychisches Problem bemerkbar und Menschenwerden zu Tätern.
Wenn Motiv, Waffen und starke Emotionen aufeinander treffen, dann kommt es eben zu Taten, die auszuführen, auch Affekt-Mörder zB nie vorher geplant oder je von sich angenommen hätten.

Abgesehen davon gilt ja, das sogenannte eiskalte Mörder sich auch eiskalt verstellen können. Sie sind fast immer Soziopathen, dh, sie wissen wie man sich benehmen muss, um Mitmenschen zu umgarnen.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Die Kämpferin für Gerechtigkeit. Sie ist überzeugt, der Arme ist Opfer eines Justizirrtums. Oder mindestens einer viel zu harten Strafe.
Könnte diese Motiv nicht Selbstbetrug sein? Oder wie erklärst Du Dir, dass solche Kämpferinnen ihren vermeintlichen Gerechtigkeitssinn nie auch für alle Inhaftierte bzw nicht auch für weibliche Inhaftierte einsetzen?
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Die Samariterin. Sie weiss um die Tat, sie weiss um die Schuld, aber will Licht in die Dunkelheit des Lebens des Inhaftierten bringen und hoffentlich zu einer Läuterung beitragen. Sie will einfach Gutes tun.
Für die dieselbe Überlegung gilt.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Meine Erfahrung ist, kurz gesagt, dass die Motivation hier zumeist in ihrer Persönlichkeit und Lebensgeschichte liegt und dass der Inhaftierte und dessen Persönlichkeit und Geschichte gar nicht so sonderlich ausschlaggebend sind.
Das ist eine gute Überlegung.

Weißt Du zufällig, ob diese Frauenmehr als nur einen bestimmten Täter anschreiben?


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17.04.2021 um 11:10
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Attraktiver Bad Boy mit entsprechender Aufwertung ihrer Person in ihrem Umfeld. Das habe ich noch nicht so oft gesehen, aber gibt es wohl. Anstatt nur die Freundin von irgendeinem "loser" in der Nachbarschaft zu sein, ist sie nun die Freundin des "gefürchteten X." Alle anderen "bitches, passt auf!" Auch hier passt die Kombination zu 3): sie weiss, dass er wenigstens "unter Kontrolle" ist.
Oder auch nur die Freundin von einem Langweiler, ohne dass derjenige objektiv gesehen wirklich ein Loser wäre.
Hier vermute ich dann als Motiv seitens der Frau allerdings nur den gewissen Kick nur für sich selbst spüren zu wollen, ohne erst mal irgendwie vor Nachbarn beeindrucken zu wollen.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Vor zwei Jahren hatte ich einen Mandanten, der wegen versuchtem Mord an einem Polizeibeamten verurteilt worden war: er hatte schlichtweg auf den Beamten geschossen, der hat aber Gott sei Dank überlebt. Nun hatte ich eine neue Assistentin und wir fuhren in die JVA und besuchten den Mandanten. Danach meinte sie zu mir: "Also, wenn ich dem draussen begegnet wäre... das hätte was werden können." Der Mandant war jung, recht gutaussehend (laut meiner Assistentin), sehr gebildet, wortgewandt, höflich, usw usw. Absolut nicht so, wie "man" sich einen Mörder vorstellt. Das muss man also immer im Kopf behalten: Verbrecher sehen nicht wie solche aus und können sich auch sehr oft so verhalten, wie eine Schwiegermutter das von ihrem potentiellen Schwiegersohn erträumt.
Natürlich sehen sie nicht wie solche aus. Aber die lieben Vorurteile halt, die durch verschiedene Faktoren zustandekommen. Und manche hoffen vielleicht auch einfach nur, selbst dann, wenn alles dagegen spricht, dass das sexy Model oder der sympathisch ausschauende Teddybärtyp (oder der liebe Schwiegersohn) bitte kein eiskalter Killer oder überhaupt kriminell sein möge, weil sonst ein Weltbild zusammenbrechen würde. Was nicht sein kann, darf nicht sein.


So unterschiedlich die Vergehen und Verbrechen in der Welt, so unterschiedlich die Umstände und Motive und Tathergänge, so unterschiedlich auch die Menschen, die Tatbegeher hinter jeder Tat und das bereits in Alter und Aussehen.

Und man darf auch niemals vergessen, dass eigentlich jeder zu einem potentiellen Totschläger aber auch Mörder im juristischen Sinne unter so vielen verschiedenen Umständen, die eintreten könnten, werden kann. Ich würde für niemanden die Hand ins Feuer legen.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 11:49
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Rick_Blaine
Ernst gemeinte Frage:

Beinhaltet das Jurastudium eigentlich auch Teile der Psychologie oder sagen wir mal Teile des Profilings oder muss man einfach von vornherein schon eine gute Menschenkenntnis haben oder sie sich auf Zusatzwegen aneigenen, um später im aktiven Dienst, im Beruf Menschen besser durchschauen zu können?

Ich meine, eine gute Menschenkenntnis brauchen ja schließlich nicht nur Polizeibeamte, Profiler oder Psychologen, sondern auch Anwälte, Staatsanwälte und Richter.

Ist so etwas überhaupt Bestandteil des Grund- oder Hauptstudiums oder wird das "wenn überhaupt" erst im Referendariat oder sogar erst in speziellen Zusatzausbildungen zum Fachanwalt XYZ... oder in der Richterausbildung gelehrt, was dann natürlich nicht jeder lernen würde? Oder muss man sich das komplett unabhängig aneignen, wenn man das möchte bzw. persönlich für wichtig erachtet?


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 11:50
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Könnte diese Motiv nicht Selbstbetrug sein? Oder wie erklärst Du Dir, dass solche Kämpferinnen ihren vermeintlichen Gerechtigkeitssinn nie auch für alle Inhaftierte bzw nicht auch für weibliche Inhaftierte einsetzen?
Schau dir die Zahlen der Inhaftierten an dann wirst du sehen warum die viel häufiger Männer als Frauen anschreiben.


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17.04.2021 um 12:02
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Könnte diese Motiv nicht Selbstbetrug sein? Oder wie erklärst Du Dir, dass solche Kämpferinnen ihren vermeintlichen Gerechtigkeitssinn nie auch für alle Inhaftierte bzw nicht auch für weibliche Inhaftierte einsetzen?
Na ja, man wird da wohl antworten, dass man ja nicht die ganze Welt retten kann, aber sicherlich prinzipiell für alle unschuldig Inhaftierten, zum Tode verurteilten usw. einsteht usw. Es kommt dann eben ein Trigger dazu, warum man sich für einen der Vielen besonders einsetzt und das dann auch auf die persönliche Ebene geht, z.B. weil man einen Medienbericht über eben diesen einen gesehen hat oder eben bei diesem einen etwas anderes besonders passt, das gleiche Alter, der gleiche Hintergrund usw usw.
Zitat von off-peakoff-peak schrieb:Weißt Du zufällig, ob diese Frauenmehr als nur einen bestimmten Täter anschreiben?
Das ist mir jetzt nicht bekannt, aber wie eben gesagt: zur generellen Bereitschaft kommt wohl noch ein spezifischer Trigger dazu.
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:Beinhaltet das Jurastudium eigentlich auch Teile der Psychologie oder sagen wir mal Teile des Profilings oder muss man einfach von vornherein schon eine gute Menschenkenntnis haben oder sie sich auf Zusatzwegen aneigenen, um später im aktiven Dienst, im Beruf Menschen besser durchschauen zu können?

Ich meine, eine gute Menschenkenntnis brauchen ja schließlich nicht nur Polizeibeamte, Profiler oder Psychologen, sondern auch Anwälte, Staatsanwälte und Richter.

Ist so etwas überhaupt Bestandteil des Grund- oder Hauptstudiums oder wird das "wenn überhaupt" erst im Referendariat oder sogar erst in speziellen Zusatzausbildungen zum Fachanwalt XYZ... oder in der Richterausbildung gelehrt, was dann natürlich nicht jeder lernen würde? Oder muss man sich das komplett unabhängig aneignen, wenn man das möchte bzw. persönlich für wichtig erachtet?
Das kommt auf die Studienordnung und das Studienangebot an. Mir ist nicht bekannt, dass es verpflichtend ist, aber ich habe z.B. Lehrveranstaltungen in Psychologie besucht und auch eine Prüfung da gemacht, andere belegen Kurse in Kriminologie, welche ebenfalls thematisch in die Richtung gehen usw. Wieder andere beschränken sich ganz auf die juristischen Kerngebiete, oder wollen eben gar nicht in Richtung Strafrecht gehen und belegen eher wirtschaftswissenschaftliche Dinge usw.
Ich selbst biete das in meiner Kanzlei Jurastudenten ganz bewusst an, Praktika zu machen, um einmal die "echte Welt und echte Mandanten" kennenzulernen. Besuche in der JVA sind dann immer ein spannender Höhepunkt für die Praktikanten, die oft wirklich keine Vorstellung vom Leben "drinnen" hatten.

Persönlich stimme ich zu, eine gute Menschenkenntnis und ein guter "Menschenverstand" sollte jeder Jurist besitzen.

Aber das ist jetzt schon ein wenig OT, denn hier geht es ja um Menschen, die sich in Inhaftierte "verlieben." Und zum Verlieben braucht man ja zum Glück kein Psychologiestudium :)


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:15
Zitat von Hailey25Hailey25 schrieb:Grund 2: Aus Mitleid und weil sie trotz allem das positive im Mensch sehen.
Grund 3: Ein ausgeprägtes Helfersyndrom und weil sie denken ausgerechnet sie wären in der Lage, den Straftäter auf den richtigen Weg zu führen.
Das sind m.E. die hauptsächlichen Triebfedern, Kontakt zu Schwerverrbrechern zu suchen.
Und wieder kommt mir der Fall Unterweger in den Sinn, für den sich unzählige Menschen und auch Promis ins Zeug gelegt haben.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:26
Übrigens will ich noch mal was aus der anderen Perspektive anmerken: bisher steht das Thema ja ein wenig negativ da, weil eine solche bewusste Beziehung "ins Gefängnis hinein" einem, der draussen lebt doch etwas merkwürdig vorkommt, das sicherlich mit Recht.

Aber aus der Innenperspektive ist das nicht zu unterschätzen: Für einen Inhaftierten sind Beziehungen nach Aussen das Allerwichtigste. Die eine Stunde Besuch im Monat, der eine Brief pro Woche, sie sind so unermesslich wertvoll, wie man sich es als "Aussen-Mensch" kaum vorstellen kann. Um es mal deutlich zu machen: wenn ein erwarteter Brief nicht ankommt, dann sieht man durchaus mal auch die härtesten Jungs weinen. Es ist nicht übertrieben wenn Inhaftierte sagen, dass Kontakte nach Aussen für sie "lebenswichtig" sind.

Daher kann es, wenn auf beiden Seiten die Dinge stimmen, hier durchaus zu einer sehr engen und tiefen Beziehung kommen, die sehr positive Auswirkungen hat. Um so tragischer ist es dann, wenn einer von beiden oder beide auf grund ihrer eigenen Persönlichkeit und Erfahrungen gar nicht mit Beziehungen umgehen können, vielleicht weil sie es nie gelernt haben, und dann die Beziehung kaputt geht. Das Ganze ist also durchaus ein heikles Thema im Strafvollzug.

Und noch eines: in der Regel haben die Beziehungen, die Inhaftierte haben, ja bereits vor der Inhaftierung bestanden. Und ich muss sagen, es beeindruckt mich immer wieder, wenn ich - in der Regel Frauen - sehe, die wirklich grosse Mühen auf sich nehmen, um diese zu erhalten. Die stundenlange Fahrten immer und immer wieder auf sich nehmen, nur um dann mal eine oder zwei Stunden ihren Partner besuchen zu können, die sich Geld vom Mund absparen, um dem Partner zu ermöglichen, im Gefängnis ein paar Basisdinge zu weit überhöhten Preisen kaufen zu können usw usw. Ich bewundere diese Frauen immer.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:35
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Das kommt auf die Studienordnung und das Studienangebot an. Mir ist nicht bekannt, dass es verpflichtend ist, aber ich habe z.B. Lehrveranstaltungen in Psychologie besucht und auch eine Prüfung da gemacht, andere belegen Kurse in Kriminologie, welche ebenfalls thematisch in die Richtung gehen usw. Wieder andere beschränken sich ganz auf die juristischen Kerngebiete, oder wollen eben gar nicht in Richtung Strafrecht gehen und belegen eher wirtschaftswissenschaftliche Dinge usw.
Ich selbst biete das in meiner Kanzlei Jurastudenten ganz bewusst an, Praktika zu machen, um einmal die "echte Welt und echte Mandanten" kennenzulernen. Besuche in der JVA sind dann immer ein spannender Höhepunkt für die Praktikanten, die oft wirklich keine Vorstellung vom Leben "drinnen" hatten.

Persönlich stimme ich zu, eine gute Menschenkenntnis und ein guter "Menschenverstand" sollte jeder Jurist besitzen.

Aber das ist jetzt schon ein wenig OT, denn hier geht es ja um Menschen, die sich in Inhaftierte "verlieben." Und zum Verlieben braucht man ja zum Glück kein Psychologiestudium :)
Danke dir. So ähnlich habe ich mir das schon fast gedacht. Bewundernswert, ist doch schon das eigentliche Jura Studium fordernd genug.
Verkehrt ist es natürlich nicht und für unterschiedliche Rechtsgebiete von Vorteil. Nicht nur für Strafrechtler, bestimmt auch in vielen Bereichen des Zivilrechts.

So zurück zum Thema wieder mehr; Kennst du Anwältinnen, die sich ernsthaft in ihre Mandanten verliebt haben? Oder sogar Staatsanwältinnen, die sich in Angeklagte verliebt haben oder sie einfach nur Bewunderung empfunden haben?


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:37
Zitat von rhapsody3004rhapsody3004 schrieb:So zurück zum Thema wieder mehr; Kennst du Anwältinnen, die sich ernsthaft in ihre Mandanten verliebt haben? Oder sogar Staatsanwältinnen, die sich in Angeklagte verliebt haben oder sie einfach nur Bewunderung empfunden haben?
Ich kenne keine, aber ich weiss, dass es solche Fälle gab, die sogar so krass waren, dass die Anwältin am Ende versucht hat, den Inhaftierten zu befreien und daher selbst ins Gefängnis gekommen ist. Das sind sicherlich extrem krasse Einzelfälle, aber es gibt sie.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:39
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Aber aus der Innenperspektive ist das nicht zu unterschätzen: Für einen Inhaftierten sind Beziehungen nach Aussen das Allerwichtigste. Die eine Stunde Besuch im Monat, der eine Brief pro Woche, sie sind so unermesslich wertvoll, wie man sich es als "Aussen-Mensch" kaum vorstellen kann. Um es mal deutlich zu machen: wenn ein erwarteter Brief nicht ankommt, dann sieht man durchaus mal auch die härtesten Jungs weinen. Es ist nicht übertrieben wenn Inhaftierte sagen, dass Kontakte nach Aussen für sie "lebenswichtig" sind.
Ja das stimmt was du da so schreibst. Man wird ja auch nicht umsonst als Inhaftierter angehalten Kontakt nach außen zu halten. Insbesondere wenn man schon länger einsitzt kann das ein gewaltiger halt sein. So etwas bedeutet aber auch, dass man sehr oft auf solche briefkontakte angewiesen ist. Oft genug ist die eigene Frau gegangen, die Eltern sind verstorben, Kinder groß geworden und Freunde haben sich abgewandt. Kaum ein Kontakt hält wenn man jahrelang im Knast sitzt.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:41
Zitat von Ray.Ray. schrieb:Ja das stimmt was du da so schreibst. Man wird ja auch nicht umsonst als Inhaftierter angehalten Kontakt nach außen zu halten. Insbesondere wenn man schon länger einsitzt kann das ein gewaltiger halt sein. So etwas bedeutet aber auch, dass man sehr oft auf solche briefkontakte angewiesen ist. Oft genug ist die eigene Frau gegangen, die Eltern sind verstorben, Kinder groß geworden und Freunde haben sich abgewandt. Kaum ein Kontakt hält wenn man jahrelang im Knast sitzt.
Genau. Gerade bei Langzeitinhaftierten setzt doch meist eine starke Vereinsamung ein, die oft zu psychologischen Problemen führt.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:44
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich kenne keine, aber ich weiss, dass es solche Fälle gab, die sogar so krass waren, dass die Anwältin am Ende versucht hat, den Inhaftierten zu befreien und daher selbst ins Gefängnis gekommen ist. Das sind sicherlich extrem krasse Einzelfälle, aber es gibt sie.
Tja, letztendlich kann man sich Gefühle wirklich nicht immer aussuchen. Vor ihnen ist man niemals gefeit. Denn auch wenn man bei Juristen hin und wieder das emotionale Menschsein anzweifelt (mache ich nicht) und sie nur als kalte, rationale, gefühlslose Menschen sieht (was sie allerdings auch sein müssen), so sind Juristen auch nur Menschen. Menschen, mit Gefühlen und normalen Bedürfnissen.


Um jemanden sogar befreien zu wollen, dafür muss man allerdings schon aus ganz besonderem Holz und fühlend sein oder sie wurden in dieser Richtung manipuliert. Oder zu oft Prison Break geguckt (nicht ernst gemeint)


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:49
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Genau. Gerade bei Langzeitinhaftierten setzt doch meist eine starke Vereinsamung ein, die oft zu psychologischen Problemen führt.
Das kann ein Fluch und ein Segen sein. Insbesondere die Jahre im geschlossenen vollzug ist es schwer. Die liebsten leiden extrem, da kann ein kontaktabbruch tatsächlich ein Segen sein. Ein Briefkontakt ist da oft entspannter. Allerdings wenn es auf die Entlassung zugeht wird es schwer. Da braucht es gute und reale Menschen an der Seite.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 12:55
@Ray.

So ist es.

Und, um wieder eine Kurve zum Thema zu schlagen, diese extrem hohe Wertigkeit des Kontakts für den Inhaftierten kann wieder für die von aussen "ins Gefängnis hinein liebende" Frau interessant sein: manchmal führt der ja limitierte und technisch beschränkte Kontakt dann dazu, dass er intensiver erlebt wird. Mir haben Frauen da z.B. erzählt, dass die Briefe, die sie von ihrem inhaftierten Mann/Freund bekommen, inhaltlich sehr viel tiefer gehen, als manche Beziehung draussen ist. Oder mit anderen Worten, wenn der Inhaftierte emotional und intellektuell in der Lage dazu ist, ist seine Kommunikation mit der Aussenwelt oft tiefsinniger, intensiver und auch offener als sie es draussen, bei all den Ablenkungen wäre. Eine Frau sagte mir mal, sie habe "draussen" noch keinen Mann getroffen, der so über seine eigenen Gefühle reden und schreiben konnte, wie eben ihr inhaftierter Freund. Und das fand sie sehr attraktiv.


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Hybristophilie - wenn man "ins Gefängnis" liebt

17.04.2021 um 13:05
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Und, um wieder eine Kurve zum Thema zu schlagen, diese extrem hohe Wertigkeit des Kontakts für den Inhaftierten kann wieder für die von aussen "ins Gefängnis hinein liebende" Frau interessant sein: manchmal führt der ja limitierte und technisch beschränkte Kontakt dann dazu, dass er intensiver erlebt wird. Mir haben Frauen da z.B. erzählt, dass die Briefe, die sie von ihrem inhaftierten Mann/Freund bekommen, inhaltlich sehr viel tiefer gehen, als manche Beziehung draussen ist. Oder mit anderen Worten, wenn der Inhaftierte emotional und intellektuell in der Lage dazu ist, ist seine Kommunikation mit der Aussenwelt oft tiefsinniger, intensiver und auch offener als sie es draussen, bei all den Ablenkungen wäre. Eine Frau sagte mir mal, sie habe "draussen" noch keinen Mann getroffen, der so über seine eigenen Gefühle reden und schreiben konnte, wie eben ihr inhaftierter Freund. Und das fand sie sehr attraktiv.
Glaube ich gerne. Also kann ich mir sehr gut vorstellen.

Allgemein; Es ist ohnehin ein Klischee und Vorurteil, dass Frauen "nur" auf Machos oder Bad Boys (egal ob draußen oder drinnen), die entweder gar nicht fühlen können oder Gefühle nicht zeigen wollen, abfahren. Für viele Frauen ist auch der gefühlsbetonte Mann und zu seinen Gefühlen auch zu stehen und sie auch offen und ehrlich zu zeigen attraktiv. Bzw. diese gefühlsbetonte, emotionale Art macht den Mann dann attraktiv und ist nicht weniger männlich als der Macho-Typ, dem man gerne wahre Männlichkeit nachsagt (was für ein Quatsch)


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