EDGARallanPOE schrieb:Was spräche denn dagegen in Ballungszentren und größeren Städten, an Wochenenden Disco- und Kneipenveranstaltungen für "Immune", ohne lästiges Abstandsgebot steigen zu lassen ?
Der Knackpunkt dürfte hier sein, dass ein positiver Antikörpertest nicht besagt, dass die Person immun ist. Der Antikörpertest reagiert auch auf einen kürzlich durchgemachten Schnupfen, bei dem der Auslöser auch ein Coronavirus ist.
Meines Wissens kann man aktuell nicht sagen, dass jemand, bei dem Antikörper nachgewiesen wurden, gegen SARS-CoV-2 immun ist. Er hat dann im Zweifel eine Immunität gegen ein anderes (harmloses) Coronavirus.
bgeoweh schrieb:Eine Disco ist aber nochmal vom Lebensmitteleinzelhandel oder auch vom ÖPNV zu unterscheiden, den Letztere kennen gesetzlich einen Kontrahierungszwang, was die Disco nicht tut. Ganz so einfach ist das Alles nicht.
Im Grunde ist es eine Frage der Gleichbehandlung. Und eben, ob das hier Anwendung fände.
Auch eine Disco dürfte zum Beispiel niemanden abweisen, weil die Hautfarbe nicht passt.
Wohl aber, wenn die Kleidung nicht passt, wenn die Person alkoholisiert ist etc. Im Rahmen einer sachlichen Gefährdungsbeurteilung könnte eine Disko dem Grunde nach schon Personen aufgrund des unterschiedlichen Risikos anders bewerten. Sofern eine solche Risikobewertung sozialadäquat ist.
marlonc schrieb:Die Zahlen „erfasste Covid-Fälle“ und „tatsächlich Infizierte“ sind aber zwei feste Werte.
Wie belastbar sind diese Werte in Deinen Augen und warum?
marlonc schrieb:In Heinsberg kam dann sehr früh der vollständige Lockdown, wodurch die Ausbreitung dort vermutlich extrem verlangsamt wurde, während es im Rest Deutschlands erstmal weiterging.
Du musst aber auch die Systematik eines plötzlichen und weitgehenden Ausbruchs in Deine Überlegungen einbeziehen. Bei einem singulären Ereignis als primäre Infektionsquelle reduziert der Lockdown nur die Wahrschienlichkeit, dass Sekundärinfektionen statt finden. Aber es gibt erst mal eine gewaltige Zahl an Infizierten. Davon eben auch viele symtomarm.
Das bedeutet dann u.a., dass man als Gesunder sich in Heinsberg mit weit höherer Wahrscheinlichkeit infiziert. Denn die Wahrscheinlichkeit eines Zusammentreffens von einer infektiösen und einer infizierbaren Person steigt.
Ein Lockdown verhindert nicht sämtliche Infektionen - er reduziert das Zusammentreffen von infektiösen und infizierbaren Personen.
marlonc schrieb:Meiner Meinung nach wäre der richtige Weg, zu sagen, der Faktor, der zur Dunkelziffer führt, ist 22, also muss es mittlerweile ca. 3,5 Millionen immune Menschen in Deutschland geben.
Das ergäbe dann bei 6.866 Toten eine Sterbequote von 0,19% also sehr nah an einer völlig normalen Grippe.
Das mag Deine Meinung sein.
Aber z.B. Verläufe in Nachbarländern weisen starkt darauf hin, dass dem nicht so ist.
Das Problem ist nun, dass man darauf keine Handlungsempfehlung aufbauen kann. Wenn Du mit Deiner These daneben liegst, ist die Folge faktisch unumkehrbar. Sobald man merken würde, dass es doch nicht so ist, ist es dank des exponentiellen Wachstums der Infektionen zu spät, noch irgend was Sinnvolles zu machen.
Momentan herrscht eine Haltung der Vorsicht. Man riskiert ein gewisses Maß an wirtschaftlichem Schaden (der in Deutschland verglichen mit den allermeisten anderen Ländern relativ gesehen gering ist), dafür hat man den Verlauf der Pandemie einigermaßen unter Kontrolle.
Das Gegenteil würde bedeuten, dass man mit Glück wirtschaftliche Schäden vermeidet und mit Pech zusehen muss, wie sinnlos sehr viele sterben. Eine solche Entscheidung kann man als Gesellschaft treffen - aber die allermeisten Länder gehen einen anderen Weg.