Averses schrieb:Aber einen AufhebungsVertrag aus betrieblichen Gründen zu unterschreiben ist trotzdem mit einer Sperre verbunden ? Auch wenn ich angebe das ich dazu gedrängt wurde und sonst die fristlose bekommen hätte ?
um dieses Thema mal abstrakter zu behandeln und damit nicht nur diese, sondern auch mögliche nächste Fragen zu beantworten:
Es gilt der Grundsatz, dass eine Sperre erteilt wird, wenn der Arbeitslose seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst herbeigeführt hat!
Selbst herbeiführen tut jemand seine Arbeitslosigkeit, wenn
(a) er ein Arbeitsverhältnis nicht antritt
(b) er selbst kündigt
(c) er einen Aufhebungsvertrag vereinbart
(d) er durch sein Verhalten den AG zur Kündigung zwingt
Nicht selbst herbeiführen tut jemand seine Arbeitslosigkeit, wenn
(e) der Arbeitgeber regulär kündigt
(f) ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht verlängert wird
Soweit erstmal auf ganz abstrakter Ebene, zu jedem Fall gibt es nun natürlich Spezialfälle, die man nun betrachten muss. Allerdings will ich hier nur die Fälle betrachten, die auch theoretisch für Dich relevant sein könnten.
Da Du in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bist, fallen die Fälle (a) und (f) schon mal als irrelevant aus. Da Du ja sicher keine Eigenkündigung vornehmen wirst, fällt auch (b) weg.
Daraus folgt, dass Du sicher um eine Sperre nur herum kommst, wenn nach Fall (e) Dir Dein Arbeitgeber selbst fristgerecht kündigt. Dieser Fall ist wiederholt vor Gerichten gelandet, wo zudem festgestellt wurde, dass die Akzeptanz einer fristgerechten AG Kündigung auch dann keine Sperre auslöst, wenn der AN Chancen gehabt hätte, der Kündigung erfolgreich zu wiedersprechen (also zB. wenn der AG bei betriebsbedingten Kündigungen eine Sozialauswahl versäumt hat).
Der Fall (c) hingegen, ein Aufhebungsvetrag, führt grundsätzlich erstmal zu einer Sperre. Allerdings ist auch dieser Fall vor Gericht behandelt worden und das Bundessozialgericht hat dazu entschieden, dass eine Sperre dann nicht rechtmäßig ist, wenn der AG dem AN sowieso kündigen wollte und das vereinbarte Ende des Arbeitsverhältnisses nicht vor dem liegt, wo eine arbeitgeberseitige Kündigung frühestens wirksam geworden wäre.
Kürzer: ein Aufhebungsvertrag, der eine sofortige Aufhebung des Arbeitsverhältnis ("fristlos") beinhaltet, führt in jedem Fall, egal wie begründet, zu einer Sperre!
Für beide Fälle, (c) und (e) ist nun relevant die Frage, zu welchem Zeitpunkt Dir Dein AG frühestens fristgerecht kündigen könnte: sofern Dein Arbeitsvertrag keine abweichenden Vereinbarungen beinhaltet, gilt hierzu BGB §622. Da Dein Arbeitsverhältnis mehr als 1 Jahr, aber weniger als 5 Jahre bestand, gilt
(2) Für eine Kündigung durch den Arbeitgeber beträgt die Kündigungsfrist, wenn das Arbeitsverhältnis in dem Betrieb oder Unternehmen
1. zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats,
Da der Monat Februar nun schon begonnen hat, ohne dass der Arbeitgeber eine ordentliche Kündigung formal ausgesprochen hat, kann er jetzt daher frühestens zum 31. März kündigen!
Daraus folgt: damit keine Sperre beim ALG auftritt, muss entweder der AG Dir frühestens zum 31.3 ordentlich kündigen (Fall e) oder Du vereinbarst mit dem AG einen Aufhebungsvertrag mit Ende des Arbeitsverhältnisses frühestens zum 31. März (Fall c).
Jetzt noch zu behandeln wäre die Drohung Deines AG mit einer ausserordentlichen fristlosen Kündigung:
Diese würde in der Tat auch eine Sperre gemäß (d) bewirken, aber nur, wenn sie wirksam ist. Dazu muss geprüft werden, ob Gründe vorliegen, die dem AG eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der regulären Kündigungsfrist unzumutbar machen.
Der Gesetzgeber kennt dort drei Gruppen von Gründen
(I) betriebsbedingte Gründe, hier liegen die Voraussetzungen für fristlose Kündigung allerdings extrem hoch, der Arbeitsplatz muss ohne Vorwarnung weggefallen sein und der AG kann auch durch Umorganisation den AN nicht auf einen anderen Arbeitsplatz unterbringen; mir fiele nur das Beispiel ein, dass ein selbstständiges Einzelhandelsgeschäft einem Feuer vollständig zum Opfer fällt, dann könnte der Chef wohl die Mitarbeiter fristlos betriebsbedingt kündigen
(II) personenbedingte Gründe: hier muss einerseits der AG nachweisen, dass dadurch eine konkrete Störung des Arbeitsverhältnisses entsteht und dass auch eine Umorganisation dem nicht abhelfen kann. Beispiel wäre, dass ein Arbeitnehmer eine Haftstrafe absitzen muss (Störung des Arbeitsverhältnisses, er kann in der Zeit ja nicht im Betrieb arbeiten) und diese länger andauert als der Urlaubsanspruch des AN beträgt (der AG müsste hier umorganisieren, wenn es möglich wäre, den Urlaub so umzulegen, dass der AN die Haft im Urlaub absitzen kann). Ein anderes Beispiel wäre der Taxifahrer, der wegen Trunkenheit seinen Führerschein verliert, wenn er nicht mehr fahren darf und es in einem Taxibetrieb ja normalerweise keine Tätigkeiten gibt, die nicht mit autofahren zu tun haben, dann ist das Arbeitsverhätnis konkret gestört und kann nicht durch Umorganisation geheilt werden.
(III) Verhaltensbedingte Gründe erfordern ein vertragswidriges Verhalten des Gekündigten. Der AN muss dabei objektiv, rechtswidrig und schuldhaft seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt haben!
Offenbar versucht der AG hier im konkreten Fall eine ausserordentliche Kündigung mit (III) zu begründen. Ob dies schlussendlich zulässig ist und damit eine fristlose Kündigung möglich ist, kann hier keiner beurteilen, das müsste jemand prüfen, der sich mit Arbeitsrecht und mit der ganz konkreten Situation dort auskennt.
Der Gesetzgeber hat für eine solche Kündigung allerdings sehr hohe Hürden aufgebaut, die der AG allesamt überwinden muss:
- allem voran muss natürlich ein ensprechender Grund vorliegen, der zu einer solchen Kündigung berechtigt. Beispiele für solche Gründe sind insbesondere Straftaten am Arbeitsplatz, sowohl Vorsatztaten wie zB. Diebstahl, Betrug, Unterschlagung, Hassbotschaften gegen Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden, Vandalismus und grobe Fahrlässigkeit, wie zB. das Gefährden des Lebens von Kollegen durch fortgesetztes Ignorieren von Sicherheitsvorschriften, das Bedienen von Maschinen unter Alkohol- oder Drogeneinfluss. Gründe können aber auch strafbares Verhalten ausserhalb des Arbeitsplatzes sein, wenn dadurch der Betriebsfrieden nachhaltig gestört wird, zB. Kollege A vergewaltigt am Wochenende Kollegin B, dann ist es B nicht zumutbar, dass Kollege A weiter in dem Betrieb anwesend ist. Und auch nicht strafbares Verhalten kann Grund sein, zB. Arbeitsverweigerung.
- Das Vorliegen eines solchen Grundes reicht allein meist jedoch noch nicht: nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung im Allgemeinen eine Abmahnung notwendig. Liegt z.B. eine fristlose Kündigung wegen häufigem Zuspätkommen vor, so ist eine vorherige Abmahnung erforderlich. Handelt es sich jedoch um eine Störung im Vertrauensbereich, so kann in Ausnahmefällen davon abgesehen werden, da das zerstörte Vertrauen durch die Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann (z.B. Diebstahl von Firmeneigentum, grobe Beleidigung des Vorgesetzten usw.).
- Darüber hinaus muss sich infolge einer umfassenden Interessenabwägung ergeben, dass das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers im Verhältnis zu dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Berücksichtigt werden dabei die bisherige Dauer des Arbeitsverhältnisses, vor allem aber das Gewicht und die Auswirkungen der Pflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie der Grad des Verschuldens. Maßgeblich ist auch, ob die weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist.
- Sofern ein Betriebsrat im Unternehmen existiert ist dieser gem. § 102 BetrVG vor jeder Kündigung anzuhören. Hierbei hat der Arbeitgeber den Betriebsratsvorsitzenden schriftlich oder mündlich von der vorgesehenen Kündigung zu unterrichten. Außerdem sind die Gründe der Kündigung sowie die Personalien des betroffenen Arbeitgebers mitzuteilen. Wird der Betriebsrat nicht vollständig über die geplante Kündigung informiert ist eine bereits erteilte Kündigung unwirksam