Den folgenden Absatz bitte nur lesen wenn man ein bischen unschöne Infos ab kann.
cassiopeia1977 schrieb:ich hab mal fürchterliche videos gesehen über das einschläfern von tieren in amerikanischen tierheimen mit t61 ohne narkose. das macht mir heut noch schlaflose nächte.
Ja, das passiert, wenn man Herz oder Hohlvene NICHT trifft und T61 einfach mal so in den Brustraum spritzt.
Stark vereinfacht ist das ne Säure, deswegen ist es auch nicht sinnvoll damit Tiere einzuschläfern, wenn man beabsichtigt sie anschließend noch zu obduzieren.
Als wir im Studium Hunde und Katzen zum Studium der Brusthöhle im Anatomiesaal hatten mussten die auf deren Tischen Tiere lagen die mit T61 eingeschläfert wurden zu anderen Gruppen gehen, wenn es ums Herz ging. Davon ist bei diesen Tieren nicht soviel übrig.
Direkt in Herz oder Hohlvene eingebracht geht das sehr schnell, trifft man nicht und verteilt das Zeug einfach im Brustraum.. kannst Dir selbst vorstellen was dann passiert.
Deshalb geht auch kein Tierarzt der bei Trost ist dieses Risiko am Nichtnarkotisierten Tier ein, wenn er dafür keinen echt guten Grund hat.
cassiopeia1977 schrieb:Die für nicht bewusstlose Tiere bestehenden Gegenanzeigen der intrapulmonalen und intrakardialen Gabe wurden in europäischen Ländern (etwa D, A, CH, I) auf Initiative des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) um die intravenöse Gabe erweitert, so dass T 61 generell nur noch bei bewusstlosen (narkotisierten) Tieren angewendet werden darf.
Das ist aus mehr oder weniger guten Gründen nen Gummiparagraph.
Hat ggf auch seinen Grund, dass da in erster Linie von Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit und nicht von Tierschutz die Rede ist.
Tatsächlich darf ein Tierarzt (und das auch gut so) an einem Tier dass offenkundig in Agonie leidet so ziemlich alles tun, wenn er es begründen kann.
Wie gesagt, wenn ein Tier nur noch vor Schmerzen schreit, verzweifelt nach Atem ringt weil die Lunge voll Blut oder Wasser ist, dann ist es schon gut, dass ein Tierarzt die Option hat dem Tier die Dauer einer Narkoseeinleitung oder dem Legen eines Venenzugangs zu ersparen.
Da ist es einfach irgendwie Abwägungssache und ich persönlich wäre in einem so heftigen Fall mit einer direkten Gabe von T61 ohne vorherige Narkose einverstanden, WENN der Tierarzt bei der Applikation geübt und sicher ist.
Hat der Tierarzt aber nicht irgendwelche anderen unersätzlichen Fähigkeiten (was leider schnell der Fall ist wenn man einen Tierarzt möchte der ein Huhn nicht nur als Patient ernst nimmt sondern auch Ahnung hat), dann würde ich bei sowas den Tierarzt wechseln und einen Kollegen bevorzugen, der es schafft die strengen und auch nicht unnervigen Abläufe die mit dem Einsatz von Natriumpentobarbitel aufgrund des BTM Gesetzes verbunden sind in seine Praxisabläufe zu integrieren.
Das fängt z.B. auch da an, wo ein Tierarzt im Notfall mit der vorgepackt rumstehenden Notfalltasche ausrückt.
T61 darf in dieser Tasche gelagert werden, BTM nicht, die haben im Tresor zu liegen, müssen vom Tierarzt dann jeweils rausgenommen werden und geraten sie in anderer Leute Hände hat der Tierarzt das zu verantworten.
Aber: dieses ganze "Im Notfall schnell mit einer Spritze in Herz oder Hohlvene einschläfern" ist eben sehr viel weniger brisant wenn man statt T61 Natriumpentobarbital in der Spritze hat.
Trifft man dann nicht richtig, merkt man das nur daran, dass das Tier nachem entleeren der Spritze nicht tot sondern nur müde ist. Ist der Fall dann so brisant, dass man nicht warten möchte bis Narkose und Tod eintritt kann man da am dann bereits recht stark narkosieirten Tier einen zweiten Versuch unternehmen, passiert das nicht täglich und dokumentiert man das auch genauso gibt es Erfahrungsgemäß auch keinen Ärger (bei solchen Medikamenten wird eben ganz genau nachvollzogen welche Dosis man für welchen Zweck benutzt hat und das muss auch ganz genau protokoliert werden und wenn da ein Muster erkennbar ist das darauf hindeuten kann das man sich was abzweigt kann das unschön werden).
cassiopeia1977 schrieb: huhn im bedarfsfall eher zum tierarzt schleppen zum einschläfern oder doch notschlachten?
Wenn man dazu ruhig genug ist und weiß wie definitiv notschlachten.
Zum Tierarzt bei sowas dann sonst nur wenn man sich nicht zutraut einzuschätzen ob der Tierarzt nicht doch noch helfen kann.
Aber grundsätzlich empfehle ich auch Kuschelhuhnhaltern sich das Schlachten von jemandem der weiß was er tut zeigen zu lassen.
Den "klassische Fall" ist ja, dass Habicht oder Fuchs nen Huhn nicht richtig erwischt und dann so schwer verletzt zurücklässt, dass außer Leid und Schmerz nichts mehr da ist.
Da ist es einfach auch für das Huhn einfach mal Gold wert, wenn man die Kenntnis und die Fähigkeit hat das zu beenden.
Laucott schrieb:So kompliziert denke ich nicht.
Das zitierte:
cassiopeia1977 schrieb:
euer tier ist krank und nicht rettbar.
aus dem EP und meine Antwort darauf bezieht sich nicht auf eine unklare Diagnose sondern rein auf die Tatsache
das daß Tier todkrank, ohne Aussicht auf Heilung,
Du hast natürlich recht, der Fall den ich im Kopf hatte ist recht speziell.
Meine eine Hündin hat chronische Kaumuskelmyositis.
Kurz:
Dass Immunsystem greif die Muskeln die den Unterkiefer bewegen an, lässt die Muskelzellen untergehen, die so vernichteten Muskelzellen kommen nicht wieder, sie werden durch Narbengewebe ersetzt.
Im chronischen Stadium ist diese Krankheit nicht mehr schmerzhaft aber auch nach allem was alle mir bekannten Fallberichte und Fachbücher auf deutsch, englisch und französisch hergeben nicht mehr heilbar, die Prognose gilt also als
infaust, das ist das elegantere Wort für "Hoffnungslos". Es kommt einfach der Tag an dem der sonst völlig gesunde Hund "nur" sein Maul nicht mehr öffnen kann.
Im November 2015 hatte sich ihre Maulöffnung soweit verschlechtert, dass sie ihre Schnute nur noch weniger als einen cm öffnen konnte.
Trinken reichte ich ihr in so einer Hundetrinkflasche, weil sie aus dem Napf nicht mehr trinken konnte ohne die Nase einzutauchen, ihr Futter bekam sie auf dem Boden, drückte es dann einfach durch die Frontzähne um es dann abzulecken und zu schlucken, Zungen- und Schlundmuskeln sind nicht betroffen und wie gesagt, dieses Stadium ist nicht mehr schmerzhaft.
Obwohl ich Halter kenne, die ihren Hund dann noch einige Monate über eine Nasenschlundsonde ernährt haben entschieden mein Mann und ich soweit nicht zu gehen.
Ich hab dann so eine Kühlweste für Hunde bestellt (Hecheln war ja unmöglich geworden) und mein Mann und ich beschlossen den Winter mit unserer Wuselmaus zu genießen, denn der war frei von Problemen. Es war nicht warum, über das Feuchtfutter nahm sie genug Flüssigkeit auf, sodass das bisschen "zutrinken" mit der Flasche kein Problem war und man im Ausnahmefall ja auch durchaus mal eine Infusion hätte legen können.
Der Plan den wir ohne das Wissen dieses Hundes, der ja nicht mal wusste das sie überhaupt ein Problem hat schmiedeten war, ihr am ersten warmen Tag des folgenden Jahres 2016 die Kühlweste anzuziehen, mir ihr und dem von ihr sehr geliebtem Labbi unserer Tierärztin einen schönen Spaziergang zu machen und sie dann daheim einzuschläfern bevor sie merken würde, dass sie den nach solch einem Spaziergang üblichen Durst nicht mehr hätte löschen können.
Das schien in Stein gemeisselt, bis ich aus den völlig falschen Gründen das Richtige tat:
Sie wurde als taub geborener Welpe offenkundig nur in der Wurfbox "aufbewahrt" und kam mit einem erheblichen Deprivationsschaden zu uns.
Auch wenn sie erstaunliche Fortschritte machte und sich innerhalb eines Jahres zu einem fast völlig normalem Hund entwickelte, gab und gibt es trotzdem ab und an Tage an denen sie psychisch einfach nur ein Nervenbündel ist, das kläffend im Kreis rennt, nur um am nächsten Tag wieder normal zu sein.
Damit sie sich (und den Dorffrieden) bei sowas nicht zu sehr stresst und grad auch weil ein derartiges Ausmaß an Nervosität für einen Hund der mehr nicht hecheln kann nicht so doll ist gab ich ihr die Diazepamdosis die wir für sie als "richtig" ermittelt hatten (die Dosis mit der sie zwar ruhiger ist und weniger gestresst aber immer noch mit großer Freude im Garten nach Wühlmäusen buddelt).
Diazepam wirkt nicht nur angstlösend und sedierend, sondern auch muskelentspannend und appetitanregend.
Deswegen bereitete ich ihr eine kleine Extraportion Futter vor auf die sie aber nicht warten wollte.
Sie nahm ein Schweineohr aus dem Schrank ging damit aufs Sofa und verbrachte Stunden damit es so zwischen ihren Pfoten und verschiedenen Positionen im Maul hin und her zuschieben, dass sie daran schlabbern und ein bisschen knibbeln konnte.
Als sie dann abends im Bett "gähnte" (Der Reflex bleibt erhalten auch wenn die Motorik nicht mehr möglich ist) sagte mein Mann "Hab ich nen Knall oder sind das fast 3mm mehr als sonst?".
Mir war das auch so vorgekommen, aber ich dachte es sei Wunschdenken gewesen.
Da wir nichts zu verlieren hatten haben wir uns entschieden uns völlig zum Brot zu machen.
Mit Schieblehren bewaffnet klapperten wir (vor allem mein Mann) sämtliche umliegenden Tierfutterläden ab (ich will gar nicht wissen wie bescheuert das gewirkt haben muss) und vermaß die angebotenen Schweineohren um dann die mitzunehmen die mindestens einen besonders schmalen Rand hatten.
Ich sprach mit der Tierärztin und vereinbarte eine tägliche Gabe von Diazepam (Relaxierung der verbliebenen Muskeln und Anregung des Appetits) und Schweineohren.
Tjo und dann geschah etwas das weder ich noch ihre Tierärzte erklären können:
Über Wochen und Monate hinweg eroberte sie sich mm um mm ihre Fähigkeit das Maul zu öffnen zurück.
Sie erreichte eine Maulöffnung von 9cm.
Wenn sie herzhaft gähnt, dann sieht man, dass es bei einem Hund ihrer Größe mehr sein müsste (sie ist so nen gut kniehoher Podenco Andaluz).
Aber die Maulöffnung reicht zum völlig normalem Fressen, Trinken, Hecheln, Buddeln (widerspenstige Wurzeln werden mit den Zähnen entfernt) leider auch zum Kläffen (das ist mit geschlossenem Maul sehr viel leiser aber man kann nicht alles haben
:)).
Der erste warme Tag 2015 kam.. und sie verbrachte ihn wie sie wollte:
Mit der Betreuung ihrer Tiefbauprojekte im Garten.
Und als der Tag ging lag sie bei uns im Bett am Fußende und nagte an einem Stück Rinderkopfhaut.
Wenn sie wüsste...
Ihre Tierärztin konnte die Freudentränen als wir sie mit hatten als die Katze hin musste und sie ganz normal Leckerchen aus der Hand nahm nicht zurückhalten und brauchte erstmal ein paar Kuschelminuten mit ihr.
Sie wird lebenslang Cortison bekommen, kommt aber mit einer sehr niedrigen Dosis aus und verträgt das gut und sie wird auch ihr Leben lang ständig Kauleckerchen zur Verfügung haben müssen um die Muskeln bei Laune zu halten worunter sie natürlich SEHR leidet
:)Damit das sie komisch aussieht kann sie leben (die vernichteten Kaumuskeln kommen nicht zurück, dort wo die am Kopf sitzen hat sie sichtbare Kuhlen, man spricht da von "Fuchsschädeligkeit").
Aber so froh ich auch jedes Mal wenn ich darüber nachdenke, dass sie eigentlich schon nicht mehr hier sein sollte auch bin, desto nachdenklicher werd ich manchmal.
Hätte sich ihre Maulöffnung nicht im November so krass verschlechtert sondern im Juli oder sonst einem Sommermonat..
Ich bin mir 100% sicher, dass ich sie eingeschläfert hätte. Weder mir noch jedem konsultierten Tierarzt ist da irgend eine Alternative eingefallen, die sich ihr gegenüber fair und richtig angefühlt hätte.
Ich hätte nicht die Option gehabt den Winter über zu "warten" und wir hätten die erfahren, dass dieses Wunder (so sehr mich das auch nervt, eine logische Erklärung finde ich nicht und die behandelnden Tierärzte auch nicht) möglich ist das wir ja eh nur durch einen nicht unerheblichen Zufall erleben konnten.
Allein das Schweineohr im Schrank lag nur da, weil es uns eine Freundin die das nicht wusste mit in ein Paket gelegt hatte und ich es einer Kundin mitbringen wollte, denn für unseren Chihuahua ist ein Schweineohr nu doch etwas groß.
Und hätte sie ohne das Diazepam was sie aus völlig anderen Gründen gekriegt hat überhaupt dieses Schweineohr genommen?
Was wäre wenn es nicht zugänglich sondern in einer Schublade gewesen wäre?
Das macht mich einfach nachdenklich, denn ich möchte so gerne glauben, dass wir einen Weg auch anderweitig gefunden hätten, aber es dauerte ja Wochen bis zu dieser Zufallsentdeckung und dann nochmal Wochen ehe sie wieder eine Maulöffnung hatte die zum hecheln und trinken reichte.
Und so gern ich auch glauben möchte, dass ich einen Weg gefunden hätte..
Ich sehe mich bei einem Hund mit keinem cm Maulöffnung, der medizinischen Unmöglichkeit einer Heilung oder auch nur nennenswerten Verbesserung und einem derart springhupfigen und bewegungsfreudigem Hund bei 30°C im Schatten trotz kühlem Lehmhaus eigentlich nicht mal 3 Tage zögern ehe ich diese unumkehrbare Entscheidung getroffen hätte..
Wegschieben kann ich diese Gedanken eigentlich immer nur damit, dass ich weiß, dass es statistisch fast unmöglich ist das ich in meinem Leben nochmal in eine vergleichbare Situation komme.
Aber nie weil ich zu einem Fazit käme, das dieses leidige "was wäre gewesen wenn" beantworten könnte..