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Was ist gerecht?

387 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Philosophie, Glück, Gerechtigkeit ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Was ist gerecht?

17.08.2017 um 22:56
Das Prinzip der Anerkennung findet man in der Philosophie ja auch bei Hegel und (aktuell) bei Honneth. Ich nehm jetzt mal Honneth, da dass auch ganz gut als Kritik an Rawls funktioniert:
Axel Honneth kritisiert ähnlich wie die Vertreter des Kommunitarismus, dass die liberalen Gerechtigkeitstheorien als Prämisse von einer Vorstellung ausgehen, nach der die Beteiligten ihre Lebenspläne auf der Grundlage isolierter individueller Freiheitsvorstellungen realisieren wollen. Unter Bezugnahme auf Hegel entwickelt er dagegen ein Bild sozialer Gerechtigkeit, das dadurch bestimmt ist, dass die Beteiligten in Rechnung stellen, dass sie ihre Freiheit nur im Zusammenspiel mit Anderen und deren Freiheitsspielräumen verwirklichen können. Daraus ergibt sich für Honneth, dass Gerechtigkeit nicht anhand zu verbürgender Güter, sondern durch die Ausgestaltung gegenseitiger Verpflichtungen zu bestimmen ist.

Honneth führt aus, dass das Bild vom Schleier des Nichtwissens, das Rawls zur Darstellung der Forderung nach Unparteilichkeit verwendet, „das Faktum der menschlichen Intersubjektivität verschwinden lässt:“ Würden die Beteiligten im Urzustand „eine elementare Kenntnis von ihrer Bedürftigkeit nach Anerkennung besitzen, […] dann würden sie sich vermutlich auf Gerechtigkeitsprinzipien einigen, die im Unterschied zum Rawlschen Vorschlag dieser sozialen Bedürftigkeit Rechnung tragen würde.“

„Die Ausstattung der Individuen mit ‚subjektiven Rechten‘ ist nicht das Ergebnis einer fairen Distribution, sondern ergibt sich aus dem Umstand, dass sich die Gesellschaftsmitglieder als freie und gleiche anerkennen.“[76] Intersubjektive Beziehungen werden so zu notwendigen Bedingungen individueller Autonomie. Fehlende Anerkennung führt zum Gefühl der Ungerechtigkeit. Dies wird nach Honneth durch empirische Ergebnisse der soziologischen und historischen Forschung ebenso wie durch die Entwicklungspsychologie bestätigt.
Wikipedia: Gerechtigkeitstheorien#Axel Honneth

Ich nehm hier mal Wiki, weil es dort generell gut ausgearbeitete Artikel zu geisteswissenschafltichen Themen gibt (und es zu spät ist um selber was zu formulieren).


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17.08.2017 um 22:58
Hier ist eine Metastudie dazu:

Is social attachment an addictive disorder? Role of the latest findings in the opioid system
The endogenous opiate system (EOS) has been linked to social attachment in classical animal experiments, to addictive disorders (AD) and, more recently, to specific traits of personality through research in genetic polymorphisms and neuroimaging techniques.

Results
Polymorphisms in the mu-opioid receptor gene lead to different attachment behaviors in primates. The EOS in humans has been related to pain and placebo effect and recently, to social rejection and acceptance. Thus, some authors talk about “social pain”. Interestingly, the EOS has a role in harm avoidance and in the reward system. These traits of personality (harm avoidance and reward dependence) predispose to AD, and likely, pathological models of social bonding may drive to a need of palliating excessive discomfort originated by an altered opioid function through addictive behaviors. The origin of AD must be focused on the individual vulnerability rather than in the addictive substance/behavior.

The latest findings in the EOS yield concrete evidences that support the classical hypothesis of an opioid nexus between social attachment and AD, and shift the spotlight from the addictive object to the vulnerable subject. This theoretical framework may ease a clinical approach based upon respect and no stigmatization.
http://www.europsy-journal.com/article/S0924-9338(16)01373-0/pdf

Der provokante Titel lautet: Ist soziale Bindung eine Suchtkrankheit?

Das Opiatsystem des Menschen ist verknüpft mit Schmerz und Placebo Effekt sowie sozialer Ablehnung und Akzeptanz. Deswegen sprechen einige Autoren von "Sozialen Schmerzen". Das Opiatsystem spielt eine Rolle bei Schmerzvermeidung und beim Belohnungssystem - was anfällig macht für Suchtkrankheiten.
Der Focus der Suchtkrankheit muss mehr  auf persönliche Verletzlichkeit als auf Suchtsubstanzen/Suchtverhalten gerichtet werden.


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17.08.2017 um 23:07
Zitat von paranomalparanomal schrieb:Fehlende Anerkennung führt zum Gefühl der Ungerechtigkeit.
Danke!
Du hast den Kreis wieder geschlossen, bzw. die Verknüpfung hergestellt zwischen Gerechtigkeitsgefühl und Anerkennung.

Anerkennung ist ja auch eine Form des Respekts.
Wenn wir uns gegenseitig Respekt zeigen, wird unser Belohnungssystem ständig angefeuert.
Und wir leisten mehr und mehr freiwillig und für ein höheres Ziel und erhalten körpereigene Opiate als Belohnung: Wir fühlen uns gut.


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17.08.2017 um 23:09
Zitat von RaoRao schrieb:... auch Ideologien wie Faschismus und Kommunismus sind nichts anderes als Ersatz-Religionen, bei denen ein "unfehlbarer" Führer, Stalin, Parteivorsitzender oder sonst ein Obermotz als "lebender Gott" fungiert (Extremversion zur Zeit Nordkorea), seine jeweilige Partei die "Gemeinschaft der wahren Gläubigen" darstellt, es irgendeine "heilige Schrift" (Kommunistisches Manifest, "Mein Kampf", Maobibel etc.) gibt, die minutiös auswendig gelernt werden und ständig zitierbereit gehalten werden muß, und natürlich gibt es "Ketzer", "Ungläubige" bis hin zu "Untermenschen", die wahlweise bekehrt oder aber vernichtet werden müssen. Alles schon bekannt, nix neues unter der Sonne.
Um von diesem napoleonischen Ideologiebegriff wegzukommen und der politischen Philosophie kein Unrecht zu tun, sollte man zutreffender sagen, dass autoritäre Sozialcharaktere und deren Systeme gerne religiöse oder quasi-religiöse Glaubsenssysteme nutzen. Das kann man auch ganz gut nachvollziehen wenn man die Entwicklungsgeschichte der hydraulischen Gesellschaft und dem daraus resultierenden orientalischen Despotismus (Gottkaisertum) beobachtet, der über die Mongolenherrschaft nach Russland kam und sich dort im Zarentum niederschlug. Der Leninismus führte diese Tradition dann fort ohne sich dieser Entwicklung bewusst zu sein.

Aber das nur als kleiner Exkurs.


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18.08.2017 um 09:50
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Anerkennung ist ja auch eine Form des Respekts.Wenn wir uns gegenseitig Respekt zeigen, wird unser Belohnungssystem ständig angefeuert.Und wir leisten mehr und mehr freiwillig und für ein höheres Ziel und erhalten körpereigene Opiate als Belohnung: Wir fühlen uns gut.
Und jetzt müßte die pauschale Frage kommen: warum ist das so?

Die Antwort ist einfach. Weil der Mensch von Natur und Abstammung her ein Gruppenwesen ist. Ein einzelner Urmensch, der durch den Urwald hüpfte, hatte langfristig wenig Überlebenschancen, denn immer wenn er gerade ein Nickerchen halten wollte, konnte ein Raubtier daherkommen und ihn verputzen, und wenn der Urmensch ein Weibchen mit Kleinkind war und nicht mal die Hände freihatte, um sich etwa für die Nacht auf einem Baum in Sicherheit zu bringen oder vernünftig nach Nahrung zu suchen war es verratzt.
In der Gruppe wo immer Wächter vorhanden sind, immer Experten für Nahrungssuche, Feuermachen und alle anderen überlebensnotwendigen Fertigkeiten, wo die Weibchen gegenseitig auf den Nachwuchs achten und so weiter, steigen die Überlebenschancen für jeden einzelnen ganz enorm. Und nicht nur beim Menschen, genau das gleiche gilt auch für alle anderen sozialen Arten, egal ob Mäuse oder Erdmännchen oder die verwilderten Stadttauben in den Städten, in der Gruppe, Horde, Familienverband, im Schwarm ist man sicherer als alleine, denn wenn da ein Feind kommt, sieht er sich vielen Verteidigern gegenüber oder wird durch die reine Menge vielleicht so verwirrt, daß er sich ein leichteres Opfer sucht.
Ergo hat die Natur es so eingerichtet, daß soziale Kontakte ein "gutes Gefühl" - Sicherheit - vermitteln. Und das gute Gefühl wird noch besser, wenn man in der Hackordnung der jeweiligen Gruppe nicht gerade der verachtete Bodensatz ist, auf dem alle anderen herumtrampeln, sondern etwas weiter oben als einer der "Respekt" (... siehe Zitat...) genießt. Nicht zuletzt weil - wieder die Biologie - bei den "hochrangigen" Gruppenmitgliedern die Chance auf erfolgreiche Fortpflanzung höher liegt als bei denen die "ganz unten" sind.

Das sind also ganz simple tierische Instinkte die sich hier im menschlichen Sozialverhalten zeigen.


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18.08.2017 um 10:18
Zitat von RaoRao schrieb:Das sind also ganz simple tierische Instinkte die sich hier im menschlichen Sozialverhalten zeigen.
Genau, schön beschrieben und in dem Satz ist alles zusammengefasst.
Zitat von RaoRao schrieb:Weil der Mensch von Natur und Abstammung her ein Gruppenwesen ist.
Und deswegen liegt dem Menschen Kooperation und nicht Egoismus als Handlungsstrategie zugrunde.

Hier passt der Schlussabsatz aus dem Geo-Artikel mit Joachim Bauer (Prinzip Menschlichkeit) gut:
Warum scheitern wir trotz unseres Bedürfnisses immer wieder mit zwischenmenschlichen Beziehungen?

Bauer: Die Evolution hat uns auf halber Strecke abgesetzt. Einerseits hat sie uns mit dem Verlangen nach gelingenden Beziehungen geschaffen. Auf der anderen Seite hat sie uns jedoch nicht mit einem Automatismus ausgestattet, der uns gute Beziehungen garantiert. Hier tut sich also eine Lücke auf. Diese Lücke hat aber etwas Reizvolles, denn sie zwingt die Menschheit, sich auf einen Suchprozess zu begeben, um die Lücke zu schließen und eine menschlichere Gesellschaft zu schaffen. Dieser Suchprozess ist das, was wir Kultur nennen.
http://www.geo.de/natur/oekologie/8542-rtkl-interview-das-prinzip-kooperation

Jetzt kann ich auch auf Deinen Satz von den Vorseiten eingehen:
Zitat von RaoRao schrieb:So ein Umerziehungstraining müßte dann aber in der gesamten Bevölkerung vom Neugeborenen bis zum ältesten Greis stattfinden, und das ist eine Illusion. Und selbst dann würde man nicht alle "erwischen", weil es einfach Menschen gibt, die für derartiges resistent sind.
Ich würde es nicht auf einen Suchprozess ankommen lassen. Wie Du bereits in einem anderen Post anklingen lassen hast, wird "Reife" oft erst mit zunehmendem Alter erreicht (was nicht heißt, dass junge Menschen nicht auch "reif" sein können, aber auf Grund der Erziehung/Umweltbedingungen nicht so häufig). Auch der Prozentsatz an von alleine "reif" werdenden Menschen erscheint mir, angesichts der 5% die Kohlberg für Stufe 6 angibt, viel zu gering.

Um die menschliche Gesellschaft als Gesamtes (oder zumindest einen Großteil und nicht 5%) weiterzuentwickeln, bedarf es Schulungen. Nicht nur die Jungen sondern auch die Alten müssten geschult werden.
Als Grundvoraussetzung damit dieser Gedanke durchgeht, müssten Kandidaten für hohe politische Ämter Tests in "Social Skills" und eventuell Tests nach Kohlberg oder ähnlichem durchführen.
So jemand wie Donald Trump dürfte gar nicht auf der Liste der zu wählenden Personen stehen.


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18.08.2017 um 11:33
... selbst maximale Erziehung würde nicht hängenbleiben, wenn die Umgebungsbedingungen nicht passen, weil es einfach zu viele (reale oder empfundene) Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft gibt, die den ganzen schönen theoretischen Behauptungen zuwiderlaufen. Das bedingt sich gegenseitig, Erziehung und konkrete Verbesserung gesellschaftlicher Verhältnisse. Wer wissen will wo es da hakt, braucht sich nur mal auf Webseiten wie https://www.hilferuf.de/forum durch die ganzen Threads lesen, wo es im Deutschland von heute gesellschaftlich und im sozialen Miteinander überall hakt, an welchen Problemen die Menschen heutzutage so leiden (Beruf, Familie, Gewalterlebnisse, Krankheiten, schulische und finanzielle Probleme und so weiter), ist in der Website alles ausgebreitet.


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18.08.2017 um 13:37
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Nenne mir eine seriöse Studie. Aber bitte nach 1945.
Eine einzelne Studie hat doch arg begrenzte Aussagekraft. Aber wenn du schon die Existenz einer einzigen solchen Studie anzweifelst, macht das nicht den Eindruck als ob du mir dem Thema besonders vertraut wärst. Ich will mich da aber jetzt auch nicht festlegen, was da nun zutreffend ist.
Aber nochmal zum Thema Intelligenz allgemein:
Das Problem ist meiner Meinung nach das die Bedeutung verklärt und heruntergespielt wird, obwohl die Sache offensichtlich ist und in der Zukunft noch "ungerechter" wird. Die Jobs von weniger intelligenten Menschen lassen sich viel leichter durch künstliche Intelligenz und Maschinen erledigen.


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18.08.2017 um 13:59
Das hängt vom Job an. Vielfältige Fusselarbeiten wo kein Handgriff dem anderen gleicht wird auch in Zukunft keine Maschine erledigen können, und Künstliche Intelligenz ist zumindest in den ersten Jahren schweineteuer, da kommen menschliche Arbeiter dann doch wieder billiger. Außerdem läßt sich gerade im Handwerk "Intelligenz" oft durch handfeste Ausbildung kompensieren, zum Fegen in einer Schreinerei braucht man kein Intelligenzbolzen zu sein.


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Rao ehemaliges Mitglied

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18.08.2017 um 14:21
Die Intelligenzunterschiede innerhalb einer Ethnie dürften höher liegen als im Durchschnitts-Vergleich zweier Ethnien miteinander. Weil es überall auf der Welt Genies und Dummköpfe gibt, und wenn bestimmte Ethnien weniger Professoren und Nobelpreisträger hervorbringen als andere, dann liegt das an den unterschiedlichen Bildungsständen und zweifellos auch an den Vorgaben, die bei Professoren und Nobelpreisträgern angelegt werden. Nicht jede Kultur begünstigt Bildung, nicht jede Umgebung begünstigt Bildung, und in vielen Berufsbereichen gibt es keine Professoren- oder sonstige Ehrentitel, egal wie gut jemand darin ist.


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18.08.2017 um 23:24
Zitat von RaoRao schrieb:Das hängt vom Job an. Vielfältige Fusselarbeiten wo kein Handgriff dem anderen gleicht wird auch in Zukunft keine Maschine erledigen können, und Künstliche Intelligenz ist zumindest in den ersten Jahren schweineteuer, da kommen menschliche Arbeiter dann doch wieder billiger. Außerdem läßt sich gerade im Handwerk "Intelligenz" oft durch handfeste Ausbildung kompensieren, zum Fegen in einer Schreinerei braucht man kein Intelligenzbolzen zu sein.
Ist ohnehin egal.
Zum einen bleibt die Frage, wie sich die Gesellschaft denn nun gerne entwickeln will und zum anderen...
Nächste Schlagzeile wäre: Jeder zweite Wissenschaftler lebt auf der Straße.
Das Problem wäre, mehr Produktivität als Arbeit da ist.
Da würde sich auch nichts dran ändern, wenn wir zu 50% nur Genies hätten (wie auch immer das geht), eher im Gegenteil, es wäre noch weniger zu tun als jetzt.
Denn das ist doch einer der größten Triebfedern des ganzen, es soll mit geringerem Aufwand mehr zur Verfügung stehen als vorher.
Das ist der Sinn.
Darauf arbeitet die Gesellschaft aller spätestens seit der Industrialisierung zielstrebig hin...
Der geringere Aufwand muss natürlich irgendwo weg bleiben...
Wenn das dazu führt, dass keine Arbeit mehr da ist gibts da ein bewährtes Mittel: Steuern.


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19.08.2017 um 14:05
Zitat von RaoRao schrieb:an welchen Problemen die Menschen heutzutage so leiden (Beruf, Familie, Gewalterlebnisse, Krankheiten, schulische und finanzielle Probleme und so weiter)
Genau DAS ist es ja: die Probleme an denen der Mensch leidet sind zu 90% die anderen Menschen.
Wir haben eben nicht gelernt miteinander umzugehen.

Unter Schulungen verstehe ich eben Situationen zu üben die schwierig sind. Mein Einzelcoaching, das ich vor kurzem bekommen habe, hat mir sehr viel weiter geholfen.
Wenn wir selber freundlicher werden und unsere Fehler einsehen entziehen wir den Konflikten den Boden.
Wir müssen verstehen lernen wie unser Gehirn tickt. Warum wir bei Kognitiven Dissonanzen ZB Ersatzlösungen suchen nur um nicht an unserem Selbst zweifeln zu müssen. Zu Beginn steht die Einsicht, dass wir nicht perfekt und zum größten Teil Instinkt getrieben sind (getriggert durch Endorphine).

Dieser Teil bezieht sich gar nicht auf häusliche Gewalt sondern auf die gegenseitige Kommunikation.


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19.08.2017 um 14:05
Ich zitiere nochmal meinen alten Beitrag:
Zitat von RaoRao schrieb:https://www.hilferuf.de/forum (Archiv-Version vom 28.07.2017)
Ich brauche das nicht zu lesen. Ich habe gerade einen Hilfeanruf bekommen. Häusliche Gewalt. Ich kenne die Abgründe.
Die Ursache liegt meist bei den handelnden Personen. Sie können nicht reden miteinander und wenn sie reden, sagen sie die Dinge nicht so, dass sie der andere akzeptieren kann.

Ergänzung:
Ich gebe zu, dass dies missinterpretiert werden kann. Als ich das schrieb, saß ich im Zug und tippte am Tablet. Da das mühsam ist, habe ich mich möglichst kurz gefasst. Zu kurz wie es scheint.

In diesem Zitat geht es wieder um die gegenseitige Kommunikation. Ich hatte eine konkrete Situation vor Augen, nachdem ich kurz zuvor einen Hilferuf eines Opfers häuslicher Gewalt erhalten habe.

Das Opfer hat mir die Situation geschildert und mich gebeten im Falle eines Gerichtsverfahrens als Zeuge auszusagen, dass der Täter bereits früher gewalttätig war. - Und zwar mir gegenüber. Ich habe eine Bestätigung des Krankenhauses für die Verletzung von damals, das ist zwanzig Jahre her.
Würde ich das Opfer als mitverantwortlich sehen, hätte ich also im Zitat von oben MICH SELBST auch gemeint.

„Sie können nicht reden miteinander und wenn sie reden, sagen sie die Dinge nicht so, dass sie der andere akzeptieren kann.“

Auf das Beispiel bezogen meine ich damit den Täter und ich mich vor 20 Jahren.
Der Täter hat statt sein Problem verbal zu lösen, eine Gewalthandlung bevorzugt.
Instinktiv ohne nachzudenken. Hier wurde im Affekt gehandelt.
Sein Gewaltausbruch ist nicht durch das Verhalten des Opfers zu entschuldigen und war als Reaktion nicht angemessen.
Bezüglich Kommunikation gilt: Ich als Opfer habe den Täter mit meinen Worten auch oft verletzt. Es war nicht meine Absicht, ich habe es nicht besser gelernt und wusste nicht was es bewirkt. Viele kleinere Streitigkeiten wären durch eine gleichwürdige Diskussion gar nicht erst entstanden. Ich wünschte ich hätte damals über die Möglichkeiten verfügt mich so auszudrücken wie heute und die Probleme beim Namen zu nennen.

Vielleicht hätte eine bessere Kommunikationsform im Vorfeld den Gewaltausbruch damals verhindert. ICH als Opfer von damals bin trotzdem nicht schuld daran. Ich hätte es möglicherweise auch mit den besten Kommunikationsformen nicht verhindern können weil hier viele Faktoren (auch von außen) aufeinandertreffen die das Opfer alleine nicht beeinflussen kann.
Und weiters: Selbst wenn das Opfer einen Fehler in der Kommunikation macht und den Täter provoziert: Der Gewaltausbruch ist dadurch nicht gerechtfertigt. Er ist unverhältnismäßig.

Ich bin der Meinung, dass das Verhalten der Täter (das Gleiche gilt für Täterinnen) seine Grundlagen überwiegend in der Sozialisierung in der Kindheit hat. Die Sprachlosigkeit und das Unvermögen Konflikte verbal zu lösen, drückt sich in körperlicher Gewalt aus.
So wie ich dem Opfer nicht die Schuld gebe für die Gewalttat, so sehe ich nur eine „Teilschuld“ beim Täter. Der Täter hat nicht gelernt zu transzendieren. – Sich die Einflüsse der Umwelt bewusst zu machen. Der Täter weiß nicht, dass er von seinen Instinkten geleitet wird. DAS muss ich jedem Menschen lernen.
DAS ist es worauf ich bei der Diskussion hinaus will.

Hier noch mal der Schlussabsatz aus dem Geo-Artikel mit Joachim Bauer (Prinzip Menschlichkeit):
Warum scheitern wir trotz unseres Bedürfnisses immer wieder mit zwischenmenschlichen Beziehungen?

Bauer: Die Evolution hat uns auf halber Strecke abgesetzt. Einerseits hat sie uns mit dem Verlangen nach gelingenden Beziehungen geschaffen. Auf der anderen Seite hat sie uns jedoch nicht mit einem Automatismus ausgestattet, der uns gute Beziehungen garantiert. Hier tut sich also eine Lücke auf. Diese Lücke hat aber etwas Reizvolles, denn sie zwingt die Menschheit, sich auf einen Suchprozess zu begeben, um die Lücke zu schließen und eine menschlichere Gesellschaft zu schaffen. Dieser Suchprozess ist das, was wir Kultur nennen.
http://www.geo.de/natur/oekologie/8542-rtkl-interview-das-prinzip-kooperation

Und meine Ergänzung ist wie oben:
Nicht die Kultur schließt die Lücke in der Evolution sondern eine Erziehung zu gegenseitigem Respekt, Achtung, Wertschätzung und Aufmerksamkeit.
Wir brauchen ein SOFTWARE Update.


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20.08.2017 um 12:38
Zitat von deduxdedux schrieb am 17.04.2017:Erst das Brot, dann die Moral
-Bertold Brecht
Wirklich? Ich finde nicht, dass Brecht Recht hat.
Für mich ist der Mensch nicht egoistisch geboren und auch in tiefster Not vergessen die meisten nicht, dass es andere gibt, denen es noch schlechter geht.

Ich habe einen Youtuber gefunden der soziale Experimente durchführt und filmt.
Einige davon rührten mich zu tiefst. Insbesondere dieses:

Youtube: Homeless Man Does Breathtaking Act Social Experiment
Homeless Man Does Breathtaking Act Social Experiment
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20.08.2017 um 14:22
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Wirklich? Ich finde nicht, dass Brecht Recht hat.
Für mich ist der Mensch nicht egoistisch geboren und auch in tiefster Not vergessen die meisten nicht, dass es andere gibt, denen es noch schlechter geht.

Ich habe einen Youtuber gefunden der soziale Experimente durchführt und filmt.
Einige davon rührten mich zu tiefst. Insbesondere dieses:
Meiner Erfahrung nach sind mMenschen in Not oft hilfbereiter als die anderen.
Wie gesagt, meine Erfahrung.
Vielleicht stellt sich beim Menschen mit der Zeit eine bequemliche Dekadenz ein.

Nur mal ein Beispiel: Ich rufe beim Bauern an weil mein Auto stecken geblieben ist.
Trotz Schuldenberg, will er kein Geld annehmen, das ist einfach selbstverständlich, dass er vorbei kommt und hilft.


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20.08.2017 um 17:00
Zitat von YoooYooo schrieb:Vielleicht stellt sich beim Menschen mit der Zeit eine bequemliche Dekadenz ein.
Das kann man auch wieder nicht verallgemeinern.
Nimm zum Beispiel Bill Gates und seine Stiftung.
Jedes Menschenleben ist gleichwertig. Daher haben wir uns es zur Aufgabe gemacht, die Lebensbedingungen für Menschen auf der ganzen Welt verbessern. Sei es die Schulausbildung von Kindern in Chicago oder die Gesundheit einer jungen Mutter in Nigeria —wir sind der Katalysator für Hoffnung in der gesamten Welt.
https://www.gatesfoundation.org/de/Who-We-Are (Archiv-Version vom 03.08.2017)


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21.08.2017 um 16:14
Zitat von RaoRao schrieb am 18.08.2017:Künstliche Intelligenz ist zumindest in den ersten Jahren schweineteuer
Die ersten Jahre sind im Prinzip jetzt. Rechenleistung ist allein in den letzten 10 Jahren ungefähr um den Faktor 800 billiger geworden.

Nochmal zum Thema IQ zwei Videos von Psychology Professor Dr. Jordan B. Peterson:

Youtube: Jordan Peterson - IQ and The Job Market
Jordan Peterson - IQ and The Job Market
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Youtube: Jordan Peterson - Controversial Facts about IQ
Jordan Peterson - Controversial Facts about IQ
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23.08.2017 um 00:37
@dagr
Danke für die beiden Videos.
Prof Peterson wird in der Presse sehr kontrovers gesehen. Im deutschsprachigen Raum gibt es noch kaum etwas über ihn. The National Review bezeichnet ihn gar als "Vaterfigur der Alt-Right Bewegung".

Im ersten Video leugnet er mehr oder weniger, dass der IQ steigerbar ist. Dem widersprechen aber zahlreiche Studien.

https://www.neuronation.de/science/intelligenz-ist-trainierbar-studien-nachgewiesen

Gegen Ende des zweiten Videos dürfte er sogar die Existenz verschiedener IQs (Emotionaler IQ, Musikalischer...) anzweifeln.
Leider hört das Video dann auf deswegen bin ich nicht ganz sicher ob er das tatsächlich tut.
Jedenfalls bringt er die "Big 5 der Persönlichkeit" ins Spiel, also die fünf Faktoren nach denen die Persönlichkeit gemessen wird.
Er meint kurz gefasst: Das ist Persönlichkeit und kein IQ. Meiner Meinung nach messen aber gerade die Big 5 sehr wohl wie "emotional" ein Mensch entwickelt ist. ZB: Hat jemand niedrigen "Neurotizimus" hat er ja niedrige emotionale Labilität und Verletzlichkeit - man könnte dies als hohe emotionale Intelligenz sehen. - Die im Übrigen auch lernbar ist!

Ich habe mir noch ein Video von ihm angesehen das mit deutschen Untertiteln versehen war. Sehr bezeichnend wird es gerade von Esoterikseiten und Verschwörungstheoretikern gerne geteilt. "Die Denkfehler der Gleichheit": Unter anderem behauptet er, dass die modernen Frauen unglücklicher wären als früher. Sie wären ohne Job und mit Familie glücklicher. Er meint auch, dass Änderungen viel zu schnell vor sich gehen, so dass Menschen gar Zeit haben sich anzupassen. (Da geht er nicht näher darauf ein: Wahlrecht der Frauen?
Rechte für Homosexuelle? Vermutlich hätte für die Abschaffung der Sklaverei auch Anpassungszeit gebraucht, damit die armen Farmer nicht in Gewissenskonflikt kommen)
Ich glaube ich möchte nichts mehr von ihm sehen. Meiner Einschätzung nach hat er einen niedrigen moralischen und emotionalen IQ bei gleichzeitig hohem konventionellen IQ.
Ich finde diesen Menschen sehr unsympathisch. Mir hat sich der Bauch regelrecht zusammengezogen vor so viel geballtem mit Überheblichkeit wiedergegebenem "male white supremacy" Müll.


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23.08.2017 um 00:47
Zitat von dagrdagr schrieb am 18.08.2017:Eine einzelne Studie hat doch arg begrenzte Aussagekraft.
Bei einer wissenschaftlichen Studie reicht eine einzige wenn sie valide ist und die Peer Group Review bestanden hat.
Was glaubst Du wie die Pharmazie arbeitet?
Zitat von dagrdagr schrieb am 18.08.2017:Aber wenn du schon die Existenz einer einzigen solchen Studie anzweifelst
Du widersprichst Dir selbst.

Meinst einerseits, dass man mehrere Studien benötigt um Aussagekraft zu bekommen und wirfst mir vor, dass ich keine Ahnung habe wenn ich bezweifle, dass es nicht einmal eine gibt. Kannst aber leider selbst keine einzige Studie als Beispiel bringen.


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23.08.2017 um 13:11
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Prof Peterson wird in der Presse sehr kontrovers gesehen. Im deutschsprachigen Raum gibt es noch kaum etwas über ihn. The National Review bezeichnet ihn gar als "Vaterfigur der Alt-Right Bewegung".
Natürlich wird er kontrovers gesehen. Das bringen bestimmte Aussagen mit sich.
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Im ersten Video leugnet er mehr oder weniger, dass der IQ steigerbar ist. Dem widersprechen aber zahlreiche Studien.
Er leugnet? Was bezeichnet er denn als unwahr?
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Gegen Ende des zweiten Videos dürfte er sogar die Existenz verschiedener IQs (Emotionaler IQ, Musikalischer...) anzweifeln.
Leider hört das Video dann auf deswegen bin ich nicht ganz sicher ob er das tatsächlich tut.
Jedenfalls bringt er die "Big 5 der Persönlichkeit" ins Spiel, also die fünf Faktoren nach denen die Persönlichkeit gemessen wird.
Er meint kurz gefasst: Das ist Persönlichkeit und kein IQ. Meiner Meinung nach messen aber gerade die Big 5 sehr wohl wie "emotional" ein Mensch entwickelt ist. ZB: Hat jemand niedrigen "Neurotizimus" hat er ja niedrige emotionale Labilität und Verletzlichkeit - man könnte dies als hohe emotionale Intelligenz sehen. - Die im Übrigen auch lernbar ist!
Schreib doch mal kurz dazu wie er das macht. Ist vielleicht doch etwas fundierter als bloß persönliche Meinung.
Ich lade dich dazu ein, auch nochmal zu allen Einschätzungen oder Fakten, Quellen mit peer review nachzureichen.
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Ich habe mir noch ein Video von ihm angesehen das mit deutschen Untertiteln versehen war. Sehr bezeichnend wird es gerade von Esoterikseiten und Verschwörungstheoretikern gerne geteilt.
Eine Menge Menschen werden von Wirrköpfen zitiert, die damit ihre Agenda vorantreiben wollen.
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:"Die Denkfehler der Gleichheit": Unter anderem behauptet er, dass die modernen Frauen unglücklicher wären als früher. Sie wären ohne Job und mit Familie glücklicher.
Das ist zum einen Offtopic (zumindest zu unserer Diskussion), zum anderen ohne Quelle, außerdem ist unklar ob das einfach nur seinen Meinung ist, oder ob das auf irgendwelche Erhebungen etc. bezogen ist.
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb: (Da geht er nicht näher darauf ein: Wahlrecht der Frauen?
Rechte für Homosexuelle? Vermutlich hätte für die Abschaffung der Sklaverei auch Anpassungszeit gebraucht, damit die armen Farmer nicht in Gewissenskonflikt kommen)
Meiner Meinung nach lächerlich was hier unterstellt wird.
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Bei einer wissenschaftlichen Studie reicht eine einzige wenn sie valide ist und die Peer Group Review bestanden hat.
Ist keine ganz neue Erkenntnis, dass viele Studien falsch liegen. Warum das so ist wird hier ganz gut erklärt.

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Zudem hast du anfangs nur eine „seriöse Studie“ gefordert, nicht peer reviewed…
Ganz interessantes Beispiel zu kontroversen Veröffentlichung war übrigen auch eine Studie die Belegen soll, dass das maximal erreichbare Alter für Menschen bei, ich glaube, ca. 120 Jahren liegen sollte. Wurde, meine ich, sogar in Nature veröffentlicht.
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Was glaubst Du wie die Pharmazie arbeitet?
Die beantworten jede relevante Frage hinreichend mit einer einzelnen Studie?
Zitat von DieLillyDieLilly schrieb:Du widersprichst Dir selbst.

Meinst einerseits, dass man mehrere Studien benötigt um Aussagekraft zu bekommen und wirfst mir vor, dass ich keine Ahnung habe wenn ich bezweifle, dass es nicht einmal eine gibt. Kannst aber leider selbst keine einzige Studie als Beispiel bringen.
Nein, zumindest hier nicht. Meine erste Aussage hat eigentlich deine Position gestärkt. Wenn dir ein Anhänger der alt right Bewegung irgendeine Studie vorlegt, musst du das noch lange nicht glauben. Kann dutzende Studien geben, die das Gegenteil nahelegen.

Es ist ein offensichtlich kontroverses Thema zu dem es auch von Wissenschaftlicher Seite verschiedene Meinungen und Veröffentlichungen gibt. Du hast meiner Einschätzung nach gegenüber einem anderen Nutzer impliziert, es gäbe keinerlei wissenschaftliche Grundlage, auf die er seine Meinung stützen könnte. Daraus habe ich geschlossen, dass du das Thema nicht von allen Seiten betrachtet hast.
Da hier wohl auch einiges gelöscht wurde, schreib doch bitte nochmal was diese geforderte Studie aussagen soll.


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