simson schrieb:Meine Güte, findest du es gut, dass in anderen Länder Menschen im Dreck leben müssen? Ich denke sicher nicht, oder?
Nein.
Aber gerade in dieser Beziehung bin ich mir sehr viel bewusster was der Planet Erde überhaupt leisten kann.
Die "faire verteilung" fordert ja auch die Freunde des BG / BGE immer nur innerhalb des reichen Westens.
Würden wir aber alles was es auf der Erde gibt auch alle Menschen verteilen, dann landen alle Menschen deutlich unterhalb eines Hartz IV Niveaus. Für alle Menschen gleichen Wohnraum schaffen, würde weit weit schlechtere Wohnungen bedeuten als wir in Deutschland haben.
Dein eigenes Klo oder unrationiert fliesendes Wasser / Strom kann man dann vergessen.
Bedeutet das nun, dass die Erde nur unmenschliches Leben zulässt?
Nein. Auch Neandertaler hatten ein menschliches Leben - im Rahmen ihres technischen Fortschritts, ihrer Produktion, der noch vorhandenen Ressorcen usw.
Es
könnte sein, dass die Menschheit in diesem Jahrhundert wichtige Durchbrüche bei KI, Medizin, Recycling und Energie macht und alle Menschen im Jahr 2100 >150 Jahre alt werden bei einem Lebensstandard der deutlich über dem liegt was heute hier ein Chefarzt hat.
Es
könnte aber auch sein, dass Ressorcen und Energiemangel den Lebensstandard der Menschen wieder auf ein Niveau des 18. Jhr. senken.
In jedem Fall wäre das Ergebnis eben nicht "unmenschlich" - es würde eben nur die derzeitigen Möglichkeiten, die Realität aufzeigen.
Und genau daher ist die Forderung nach mehr Transferleistungen eben gerade nicht die Forderung nach "fair" oder "das Mindestes an Menschlichkeit" sondern die schwache Begründung "ich wurde im Westen geboren und erwarte an dessen Lebensstandard teilzuhaben, egal ob ich auch was leiste".
ich sage es nochmal ganz klar:
eine 14 Jährige Näherin in Bangladesh, die ohne Schule, ohne KV hungrig unsere Textilien näht, hat meine Transferleistungen tausend mal mehr verdient als gesunder deutscher Mittdreißiger, der "leider keinen Job findet".
DAS ist in meinen Augen moralisch, sozial und fair.
Und um auch das klarzustellen.
Ohne Sozialstaat hätte ich große Probleme gehabt. Fragwürdige Eltern, ne Weile im Frauenhaus gelebt, über Jahre kein Einkommen zuhause. Bei mir 7 Schulwechsel zwischen Grundschule und 8. Klasse.
Ohne Sozialstaat hätte ich schon als Kind unter elterlicher Prügel betteln müssen.
Aber der Sozialstaat hat mich aufgefangen. Er gab mir Nahrung, Kleidung, Wohnung, Bildung.
Und nach der Schule gab er mit Bafög und die Chance mich noch weiter zu spezialisieren.
Ja da gabts trotzdem Monate in denen Schuhe geflickt werden musste, weil Ersatz nicht drin war.
Ja man hat dreimal überlegen müssen ob man das Geld ausgeben kann.
Ich habe viele Jahre Leistungen zurückgezahlt. Ich zahle weiterhin erheblich in die Sozialversicherungsysteme ein - kein Problem ich kann mir das leisten. Und ich habe kein Erbe zu erwarten.
Mein jüngere Bruder hatte geringeren Schulerfolg und durch Bruch in der Familie noch weniger Aufsicht und Ausbildung.
Hat einige Jahre in verschiedenen Anlernjobs verbracht. Dann festgestellt, dass man damit nicht so leben kann wie er sich das vorstellt, und hat neben dem Beruf wieder die Schulbank gedrückt. Hat ein bisschen länger gedauert, aber inwischen hat er im Jahr mehr als ich.
Der Sozialstaat ist da und hält die Türen offen. Die Treppen hochlaufen musst du allein.
In gerade mal einer Generation sind mein Bruder und ich von der Gruppe mit keinem Einkommen zu deutlich überdurchschnittlich gekommen. Und nein, wir sind keine Heuschrecken. Keine Versicherungsleute die Oma abzocken oder Banker die Casino spielen.
Bauwesen und IT - viel Arbeit, viel Stress, hoches spezifisches Wissen, Flexibilität aber eben auch angemessenen Einkommen.
Da erzählt uns keiner was vom Pferd. Wir waren ganz unten. Wir wissen genau wie steinig der Weg noch oben ist.
Und DAS ist der Weg selbst für die meisten aus gutem Elternhause! Ohne Leistung ist da schnell die Luft raus.
Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit mit hohen Sozialabgaben den Sozialstaat zu erhalten und finanzieren.
Wir kennen seinen Wert.
Aber natürlich immer nur Hilfe zur Selbsthilfe und natürlich erwartet die Volkskasse, das sich eine Schulbildung, ein Bafög, ein Studienkredit später mal auszahlt. Sonst wäre es rausgeschmissenes Geld.
Keine Volkgemeinschaft kann einen Sinn darin sehen, von allen Arbeitern Geld einzusammeln und damit nichtarbeit zu legalisiern.
Ohne Arbeit und Leistung gibt es keine Waren.