BerlinerLuft schrieb:Weil man sowas halt auf mehreren Ebenen separieren kann.
Nicht nur kann, man muss das in dieser Frage sogar. Moral spielt dabei allerdings überhaupt keine Rolle, denn diese ist nun einmal weitestgehend auch persönlichen Wertigkeiten unterworfen, auch wenn es sehr wohl moralische Vorstellungen gibt, die größere Gruppen von Menschen kulturbedingt durchaus teilen können. Was aber immer noch nicht bedeutet, dass nun ausgerechnet die Deutschen eine ganz besonders hehre Moral miteinander teilen
;)Zu den Ebenen: Da gibt es im Mindesten zwei. Eine ist die rechtliche, d. h. Deutscher ist der, der die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Aber was bedeutet das? Die deutsche Staatsbürgerschaft ist die Staatsangehörigkeit des Staates Bundesrepublik Deutschland. "Deutsch" ist hier das Adjektiv zu diesem Staat. Die deutsche Regierung ist die Regierung dieses Staates, ein deutsches Unternehmen hat seinen Haupt- und/oder Stammsitz auf dem Territorium dieses Staates, ist auf diesem gegründet worden, auch wenn es international tätig ist und Niederlassungen etwa in Mexiko, Südafrika und China mit entsprechenden Mitarbeitern hat, die keine deutschen Staatsangehörigen sind. Die Rechtsheimat gewissermaßen liegt jedoch in Deutschland.
Dann ist "deutsch" aber auch noch das Adjektiv zu einer ethnokulturellen Struktur, die der Deutschen. Die sind nicht zwangsläufig deutsche Staatsangehörige. So sind z. B. Österreicher und Deutschschweizer ethnokulturell gesehen ebenfalls Deutsche, auch wenn sie mit dem Staat Bundesrepublik Deutschland eher weniger etwas zu tun haben dürften, sie sind zumeist Staatsbürger ihrer Staaten. Da sie aber sprachlich und kulturhistorisch diese Verbindung haben, sind sie ebenfalls als Deutsche im ethnologischen Sinne zu betrachten. Das kann man nicht ausschließlich an der Staatsbürgerschaft festmachen. Das gilt natürlich auch für ethnisch deutsche Minderheiten in anderen Ländern, etwa den Rumäniendeutschen.
Umgekehrt gibt es eben deutsche Staatsangehörige, die ethnisch gesehen keine Deutschen sind, das sind ethnische Minderheiten in Deutschland, z. B. Sorben, Dänen, Sinti etc., wie auch Migranten, deren Wurzeln außerhalb der Bundesrepublik Deutschland liegen, die aber dennoch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Durch den Erwerb der Staatsangehörigkeit wird man allerdings nicht automatisch zum ethnischen Deutschen, das "deutsch" bezieht sich hier lediglich auf den Landesnamen Deutschland, ist also nicht ethnokulturell zu werten.
Und wenn man das dann nur an der Staatbürgerschaft festmacht, weil das vlt einfacher ist, wird man der Sache eben keineswegs gerecht. Auch und gerade dann nicht, wenn man das vermeintliche Argument der Verhinderung von Ausgrenzung bringt. Denn andererseits grenzt man ja Leute aus, die sich in ethnokultureller Hinsicht ebenfalls als Deutsche betrachten, schon weil ihre Muttersprache seit jeher Deutsch ist, z. B. Österreicher.
Denn "Österreich" ist halt keineswegs ein ethnischer Begriff, sondern lediglich eine Staatsbezeichnung; die Geschichte, warum das ein eigener Staat ist, dürfte ja bekannt sein. Die sind ja schon deshalb von Bismarck bei der Reichsgründung ausgegrenzt und herausgedrängt worden, weil jenem eben ein protestantisch geprägtes Großpreußen vorschwebte, dass dann aus propagandistischen Gründen "Deutsches Reich" genannt wurde und schwuppdiwupp war Deutschland halt Staatsname, ohne dass dieses Gebilde je die Gesamtheit des deutschen Sprach- und Kulturraums abgedeckt hätte. Deshalb verlangt die Komplexität dieser Frage eben, dass man das separat auf den verschiedenen Ebenen betrachtet und nicht der Einfachheit halber nur die eine Ebene gelten lässt.