Einsamkeit

Ich habe hier auch seit einer Weile, also nach Corona, angefangen mit verschiedenen Aktivitäten.
Yoga, Musikunterricht, und immer wieder Kleinigkeiten wie ein Konzert oder ähnliches.

Da entwickeln sich nicht unbedingt große Freundschaften, aber es ist Gesellschaft. Und Aktivitäten die Spaß machen.

Gerade nach 30 Jahren in einer anderen Stadt, wo ich auch durch die Kinder ein großes Netzwerk hatte, muss man sich das wieder langsam aufbauen.

Einsamkeit in dem Sinne kenne ich nicht, da mich Arbeit und Passionen völlig ausfüllen.

Dazwischen gucke ich spontan nach Allmystery, zur Zerstreuung; das reicht dann wieder ein Weilchen.

Von meiner Nachbarschaft werde ich eher kontaktscheu empfunden, da ich mich nicht mit jedem duze, nur weil er nebenan wohnt.
Dabei ist es nicht so, dass ich mich grundsätzlich dem Du verweigern würde, aber es ergibt sich für mich keine Situation, die das erforderte.

Yotokonyx schrieb:Das kannst du auch alleine machen, auch wenn es ziemlich blöd ist, grade dann wenn man andere sieht die mit Freunden oder Partner kommen und das gemeinsam machen.
Doch anderseits, wenn man nichts tut und nur zu Hause bleibt wird die Situation auch nicht besser.

Ja das stimmt, bei mir spielt noch der Faktor, Dortleben eine Rolle und kein Führerschein. Das nächste Kino ist fast 20km entfernt und die Dorfkneipe hier im Ort hat für immer geschlossen.

kittyka schrieb:Kannst du dich nicht irgendwo anschließen? Zum Beispiel einer Wandergruppe oder Freizeitsport?

Ich bin ja in einem Karnevalsverein tätig und das seit 32 Jahren ( ich bin erst 31 Jahre, wenn du weißt was ich meine) = meine ganze Familie inkl. Tanten / Onkels / Cousinen / Neffen usw... sind auch dort, auch meine damaligen Klassenkameraden die mich immer gemobbt haben, dennoch auch da kein Anschluss. Ich hab vieles versucht, aber es klappt einfach nicht.

Im Fussballfanclub bin ich auch, dadurch ich bis vor kurzem noch jedes WE gearbeitet habe, hab ich etwas den Anschluss verpasst, aber man trifft sich auch da regelmäsig aber der ist ausserhalb des Dorfes und ich brauche immer jemand der mich da hinfahren würde, was auch schwierig ist, wegen der Distanz.

Hier im Dorf hat sich jetzt ein Strickverein sich gegründet, ich war ein zwei mal dabei, aber da hab ich etwas den Altersspiegel gesprengt und ich glaube nicht das die Damen die dort anwesend waren, mit mir ins Kino gehen würden oder in eine Bar. :D

Raspelbeere schrieb:Ich kann dir auch raten diese Aktivitäten dennoch alleine durchzuführen. Je nachdem worüber du Menschen vermutest besser kennenzulernen könnte sich darüber ein Kontakt ergeben, oder auch über Vereine, Kurse, Brettspieletreffs (mag ich auch), Sport (nicht mein Ding, aber viele sehen das anders, somit der Tipp hier), was auch immer.
Bin selbst jemand der Bekannte und Freunde am besten über Gelegenheiten kennenlernt bei denen man aufgrund eines gemeinsamen Interesses an zunächst einmal offiziell organisierten Treffen teilnimmt. So kann man Leute langsam kennenlernen ohne dass es gleich für eine private Einladung reichen muss.

Siehe Beitrag oben, es ist alles schwierig, gerade auch wenn man ein Handicap hat und auf dem Dorf lebt, wo jeder jede Geschichte kennt und man immer die "kleine arme Nadine" bleibt. Selbst meine Mum wird heute oft noch angesprochen " Was macht denn deine kleine Nadine" ...

Selbst mein Bruder wurde oft ausgegrenzt weil er meine Schwester ist....

Dini1909 schrieb:Selbst mein Bruder wurde oft ausgegrenzt weil er meine Schwester ist....

das verstehe ich jetzt nicht.

Tussinelda schrieb:das verstehe ich jetzt nicht.

Weil mein Bruder, zwar komplett gesund ist, aber hier im Dorf eben der ist mit der "behinderten" Schwester. Manchmal verfluche ich das Dorfleben.

@Dini1909
ach so, Du meinst Dein Bruder wird ausgegrenzt, weil er Dein Bruder ist, nicht weil er Deine Schwester ist

@Dini1909
Ich will dir nicht zu nahe treten, aber schriebst du nicht von einem Partner?

Bundeskanzleri schrieb:Ich will dir nicht zu nahe treten, aber schriebst du nicht von einem Partner?

Ja, den gibt es, wir führen eine Fernbeziehung, sehen uns nur selten.

Er baut sich gerade bei sich ein Freundeskreis auf, er schafft es was ich in meinem Dorf nicht schaffe.

@Dini1909
Und könnt ihr euch nicht zusammentun?
Also gemeinsame Wohnung, oder dass du aus deinem Dorf wegziehst?
Das klingt recht belastet.

Vielleicht tut dir ein Umzug gut.

Dini1909 schrieb:Ja, den gibt es, wir führen eine Fernbeziehung, sehen uns nur selten

So eine Zeit hab ich auch noch in Erinnerung.

Dini1909 schrieb:Er baut sich gerade bei sich ein Freundeskreis auf, er schafft es was ich in meinem Dorf nicht schaffe.

Genau mit solchen Sachen tue ich mich echt schwer und ist mir auch oft nicht möglich wegen Job

Vanille29 schrieb:Genau mit solchen Sachen tue ich mich echt schwer und ist mir auch oft nicht möglich wegen Job

Auf dem Land würde ich da nicht mal die Schwierigkeiten bei einem selber suchen.
Ich finde dass es auf dem Dorf sehr extrem ist was das anbelangt.
Entweder du bist radikal drin oder radikal draussen.
Zwischendinger gibts da wenige.
Und da die Freundeskreise gerade dort auch ziemlich gesetzt sind ist da auch keine Änderung zu erwarten.
Wobei man als kleiner Trost sagen kann: Auch die Integration kann manchmal sehr nervig sein.
Hab ich gestern wieder erlebt.

Berryl schrieb:Entweder du bist radikal drin oder radikal draussen.
Zwischendinger gibts da wenige.

Hat aber auch viel mit der mundpropaganda zutun
Gerüchte sprechen sich weitreichend herum , was positiv oder negativ sein kann.
Aber kleine feier zum einstand, wie @Bundeskanzleri es erwähnte , kan schon sehr förderlich zur Integration sein.

Vanille29 schrieb:Hat aber auch viel mit der mundpropaganda zutun
Gerüchte sprechen sich weitreichend herum , was positiv oder negativ sein kann.

Vollkommen egal wennst mal drin bist.
Also zumindest wennst keinen umbringst.
Da wird eventuell mal ein-zwei Wochen geredet und das wars.
Konsequenzen hat es keine.
So zumindest mein empfinden.

Berryl schrieb:wird eventuell mal ein-zwei Wochen geredet und das wars.

Für Nachbarschaft reicht das auch, so ist mein Empfinden.
Aber es ist gut so eine Art freundliche Basis zu haben.

Berryl schrieb:Konsequenzen hat es keine

Meine Erfahrung is da anders. Da wird schon hinterrücks gemauschelt oder der Zugang zu bestimmten Aktivitäten verwehrt . Da wird man dann auchmal vom grillen der bekannten ausgeladen wenn dein Ruf nicht so prall ist. Allerdings legt sich das wieder wenn jemand anderes etwas verzapft.
Kurzum... es kam in unserem Dorf schonmal gut und gern vor das man im tante Emma Laden schräg angeguckt wurde wenn die eigene Familie wieder einen polizeieinsatz verursachte . Jeder wusste aber aus welchen Verhältnissen ich stammte

So lange man über mich redet, bin ich im Gespräch.
You can call me a son of a bitch. As long as you spell my name correctly. Grundregel der PR!
Folglich stört es mich nicht, wenn andere über mich lästern.

Ich tu es ja selbst gerne. Am liebsten mit anderer scharfzüngigen Lebewesen zusammen, beispielsweise mit Frau und Freundin. Zu dritt sind wir der mehrsprachige Partyschreck mit hohem Unterhaltungswert - zumindest für uns.

Berryl schrieb: Entweder du bist radikal drin oder radikal draussen.
Zwischendinger gibts da wenige.

Ich wohne ja auch auf einem Dorf - das mag für den "harten Kern" zutreffen. Tatsächlich gibt es aber auch viele Zugezogene - erst im Neubaugebiet, dann fingen sie an, die Häuser der Einheimischen aufzukaufen und wohnen nun auch "mittendrin" - daher gibt es diesen verschworenen Kern gar nicht mehr. Aus meiner Grundschulklasse sind wir noch zu dritt, die hier sind, der Rest ist in die Großstädte abgewandert, oder eben woanders hin.

Ich glaube, im Erwachsenenalter gehen viele Freundschaften über Stadien: Fremde - sehr entfernte Bekannte - entfernte Bekannte - Bekannte - Freunde. Viele bleiben auf dem Stadium Bekannte.

Mit fällt auf, dass du dich sehr auf die Rolle "behindert und deshalb ausgegrenzt" festlegst. Manchmal hilft tatsächich nur ein Umzug. Andererseits: Gibt es im Dorf denn niemand unter "sehr entfernte Bekannte" - den man eventuell "aktiveren" könnte.

Wenn eure Infrastruktur so schlecht ist - was machen die anderen Dorfbewohner denn am Freitag- oder Samstagabend? Bei uns gibt es da schon eine "gute Infrastruktur" - zahlreiche Dorffeste, jetzt tobt die fünfte Jahreszeit, viele sind in Kirche oder Vereinen sehr aktiv ....

Doors schrieb:Ich tu es ja selbst gerne. Am liebsten mit anderer scharfzüngigen Lebewesen zusammen, beispielsweise mit Frau und Freundin. Zu dritt sind wir der mehrsprachige Partyschreck mit hohem Unterhaltungswert - zumindest für uns.

Obwohl ich dich nicht kenne - ich kann es mir sehr lebhaft vorstellen.

MissMary schrieb am 21.01.2023:glaube, im Erwachsenenalter gehen viele Freundschaften über Stadien: Fremde - sehr entfernte Bekannte - entfernte Bekannte - Bekannte - Freunde. Viele bleiben auf dem Stadium Bekannte.

Ja, als Kind war man schnell "Freund" und auch schnell wieder entfreundet.

Ich habe aus den letzten Jahren einige sehr gute Bekannte gesammelt durch die Kinder, den Beruf.
Viele hätten das Zeug zu einer Freundin gehabt.

Und doch reicht es nicht bei vielen, sich anlasslos zu treffen. Da braucht es den Grund sich zu begegnen.
Seit meinem Umzug hier aufs Land besuche ich z.B. Yogakurse. Und es dauert echt lange, bis sich was Neues aufbaut.
Jeder hat ja seine Kreise und keinen Bedarf an neuen Freunden.

Natürlich sind Freundschaften abgestuft. Mit Jugendfreunden* verbindet mich heute beispielsweise nicht mehr viel. Sind ja auch nicht mehr viele von ihnen am Leben. Mit Freunden aus politischer oder kultureller Arbeit verbinden mich andere Dinge als mit anderen Menschen.

Im Laufe von über 60 Jahren habe ich gelernt, dass Freundschaften wie Partnerschaften eher eine temporäre, situationsabhängige und wandelbare Sache sind. So, wie es "LebensabschnittspartnerInnen" gibt, so gibt es auch "Lebensabschnittsfreundschaften". Meine Freunde aus Teeny-Tagen sind schon lange nicht mehr meine Freunde - man entwickelt sich weiter und damit oft auch weiter auseinander.

Lebenssituationen verändern sich, durch Partnerschaften, Kinder, Jobwechsel, Umzüge, Auswanderung, Krankheit und Tod. Diese Veränderungen haben fast immer auch Auswirkungen auf Freundschaften. Vor allem im letztgenannten Fall.

Nicht immer können und wollen die Beteiligten dann eine Freundschaft im bisherigen Mass weiter pflegen. Dann findet man entweder andere Wege, die Beziehung fortzusetzen - oder man trennt sich, bzw. verliert sich einfach so aus den Augen.

Freundschaften haben keine gesetzliche Kündigungsfrist. Da ist sozusagen täglich Probezeit - und man kann Freunde täglich ohne Angabe von Gründen feuern.

Wer nicht gerade als Einsiedler auf einer einsamen Insel hockt, sondern rege am Leben teilnimmt, wird jedoch rasch wieder neue Freundschaften knüpfen.

In meinen "Wanderjahren", in denen ich berufsbedingt ziemlich oft den Wohnort wechseln musste, mich (und meine kleine Tochter) jedesmal neu integrieren musste, habe ich geguckt, wo ich mich einbringen kann. Das reichte von Nachbarschaftshilfe über ehrenamtliches Engagement, Mitgliedschaft in Vereinen, Bürgerinitiativen, Parteien bis hin zum Elternbeirat in Kita bzw. Schule. Ergänzt wurde das dann durch berufliche Kontakte, und so knüpfte sich langsam aber sicher ein soziales Netz. Tja, und dann mussten wir wieder umziehen und von vorne beginnen.

Ganz sicher bringt es nichts, zu Hause sitzen zu bleiben und darauf zu warten, dass jemand an der Tür klingelt und sagt: "Guten Tag, ich möchte gern Dein Freund sein." Es klingeln höchstens die Zeugen Jehovas - und wer will schon solche Freunde.

Mann bzw. Frau muss raus und unter's Volk. Sich engagieren oder neudeutsch "einbringen" - als Mutter/Vater in der Krabbelgruppe oder Kita, in der Schule, im Verein, in einer Bürgerinitiative, einer Partei, meinetwegen auch in einer Kirchengemeinde. Nur unter Leuten trifft man Leute. Natürlich ist das wie bei einer Lotterie - ein Haufen Nieten, aber auch mal ein Hauptgewinn. Interessen können verbinden, sexuelle Neigungen oder politische Anschauungen, obskure Hobbies, kuriose Sammelleidenschaften oder gemeinsamer Aberglaube. Da findet sich immer was.


* Näheres dazu in meinem Blog:

Outtake One – Josies Totenbuch (Beitrag von ThoFra)

Ende der Werbe-Einblendung. :D