Doors schrieb: Der Nachteil ist allerdings, dass wir hier oben oft "Schietwetter" haben, und niemand sich bei Regen und Sturm auf eine Bank setzen mag. Aber dafür gibt es eben durchaus telefonische Kontakte nach dem Motto: "Fährst Du irgendwann nächste Woche mal nach Flensburg/Niebüll/Husum? Könntest Du mich dann mitnehmen?" - Und das funktioniert.
Das gibt es bei uns auch: Bänkle nur in einer Richtung, zurück keine Busverbindung. Oder Bänkle ohne Regen- oder Sonnenschutz. Oder ... Bin mal gespannt, wie das mit den Bänkle weitergeht, v.a. bei den Spritpreisen haben die bestimmt bald mehr Zulauf.
off-peak schrieb:Das muss nicht unbedingt Angst um den SUV sein, sondern ist vermutlich einfach Gedankenlosigkeit und allgemein fehlende Hilfsbereitschaft. Genau so kann es aber auch sein das sie meinen, es gebe ja eh Busse
Es ist für einen selbst halt bequemer und man selbst hat keinen Mehrwert dadurch, dass man Leuten hilft. Ich glaube, das ist tatsächlich die Einstellung von vielen Leuten und leider scheint man auch so gut durchs Leben zu kommen. Man überlegt gar nicht ... Gerade beim Autofahren. Meine Schwester regt sich schon jahrelang auf, dass ihre Kinder im Nachbardorf in den Kindergarten gehen müssen (bei uns war alles voll). Es gibt Familien, denen das auch passiert ist, es klappt aber nicht, eine funktionierende Fahrgemeinschaft zu gründen - morgens, weil es Leute gibt, für die es eine unzumutbare Herausforderung darstellt, so aufzustehen, dass man auch mit einem Zwischenstop gut vor 9 am Kindergarten ist (und um 9.05 Uhr, also nach der offiziellen Bringzeit, mit Vollgas angebraust kommen) und auch Mittags fährt man lieber in Kolonne von Dorf A nach B und wieder nach A, als eine Absprache einzugehen.
off-peak schrieb:Erfahrungsgemäß ist die Hilfsbereitschaft dort größer, wo allgemein weniger Reichtum herrscht, weil da noch jeder Einzelne eben weiß, wie schwer es ohne Auto ist, in den nächsten Ort zu kommen oder für ältere oder gehbehinderte Menschen, nur kurz einzukaufen.
Ich glaube tatsächlich, dass beruflich erfolgreiche und gut situierte Leute den Blick dafür verlieren und einfach mehrheitlich auch keine sozial schwachen Leute im Freundeskreis haben. Und sie einfach auch unbeholfen sind.
Ich habe früher regelmäßig für eine Familie Samstagabends gebabysittet, Teil des Übergaberituals war, dass ich mit zum Abendessen eingeladen wurde (und sie bezahlten diese Zeit sogar als Arbeitszeit, also total nett). Es wurde also was Warmes gekocht. Zu meinem Entsetzten wurde beim Tischabräumen die Mülltonne aufgemacht und sämtliche Essensreste wurden einfach entsorgt. Das passierte völlig gedankenlos. Mir hätte das total geholfen, die mitnehmen zu dürfen, aber ich traute mich nicht danach zu fragen, weil ich mich nicht als "arm" outen wollte. Sie haben sie mir nicht angeboten, vermutlich, weil sie nicht als Snobs dastehen wollten, die die Babysitterin mit dem übrigen Essen abfüttern.
Ich habe das dann immer so geregelt, dass ich angeboten habe, kurz abzuräumen, während sie sich schon fertigmachen. Das wollte die Mutter erst nicht, weil sie ja wollte, dass ich mich mit den Kindern beschäftige und sie wollte mich nicht zur Hausangestellten dekradieren. Daher war es immer ein Eiertanz ... Ich habe oft gesagt "das mache ich nachher, wenn die Kinder schlafen ... Ich mache es echt gerne ...". Dann habe ich das Essen heimlich mitgenommen.
off-peak schrieb:Da mittlerweile fast jeder ein Auto besitzt oder einen Verwandten mit einem solchen, denken nur mehr sehr wenige daran, von sich aus stehen zu bleiben und Hilfe anzubieten. Und wer das längere Zeit macht, der wird auch allgemein mürrischer, wenn er um Hilfe gebeten wird. Manieren im sozialen Umgang sind erlernt und müssen geübt werden. Wer nicht übt, wer rastet, der rostet auch.
Ich glaube aber tatsächlich auch, dass die Hilfsbereitschaft einfach abnimmt. Warum auch immer. Vielleicht hat das wirklich was mit dem Wohlstand zu tun.
off-peak schrieb:Gar nicht absichtlich böse, sondern einfach, weil man nicht mehr bewusst sozial anständig ist. Oder die entsprechenden Manieren nie erlernt hat, und daher in den entsprechenden Situationen auch nicht weiß, wie man damit umgeht.
Es ist halt heute auch in, sich durchsetzen zu können und Ellbogen zu haben. Wenn ich so an die 1970er und 1980er zurückdenke - da wurdest du als Mädchen primär so erzogen, dass du die Klappe halten sollst. Daher einerseits gut - andererseits überreguliert es in die andere Richtung.
off-peak schrieb: Rückblickend habe ich noch vor Jahrzehnten jede Menge Menschen getroffen, die von sich aus Hilfe angeboten haben, und dafür sogar jede Menge Umwege in Kauf nahmen. Mittlerweile treffe ich auf jede Menge, die sich weigern, zu helfen, wenn man sie bittet. Die fühlen sich einfach nur belästigt und wollen nichts damit zu tun haben.
Ja, es ist, als ob sich die Gesellschaft in zwei Gruppen geteilt hat. Es gibt Leute, die ihr gesamtes Leben nach der win win Situation optimieren. Wenn der Kontakt mit entsprechenden Leuten keinen Mehrwert gibt, dann wird der einfach gestrichen. Gibt glücklicherweise auch noch andere.
off-peak schrieb: Man sollte auch nicht die Sicht der Helfer übersehen, in so einem Fall könne sich die, und da gar nicht mal zu Unrecht, auch ausgenutzt vorkommen.
Ja, das stimmt auch.
off-peak schrieb:Eine kleine Aufmerksamkeit hie und da wäre ja auch nett gewesen.
Ja, ein Lächeln oder ein Danke hätte ja schon gereicht. Heute bereue ich, dass ich ihr das nicht rückgemeldet habe. Damals wollte ich nicht so lehrerhaft rüberkommen. Aber manche Leute brauchen manchmal einfach diesen "Schub".