vincent schrieb:Ist echt komisch. Keiner hat Probleme zu sagen, dass er feminine/maskuline Züge hat. Aber die Meisten leugnen widerum in einem anderen Kontext, dass diese Stereotypen überhaupt existieren..
Genau das ist die interessante Frage, denn im Prinzip wird der Mensch der sich selbst erkannt hat, auch erkennen das er/sie/es bis auf biologische Unterschiede keine eigentlichen Eigenschaften besitzt, der nackte Mensch ohne Eigenschaften ist eben weder maskulin noch feminin, er hat einfach nur biologische Eigenschaften die einen männlich oder weiblich erscheinen lassen.
Daher sind alle psychologischen und kulturellen Stereotype Teil eines Entwicklungsprozesses, es sind mehr konditionierte Eigenschaften der Menschen. Nur hat eben das Gehirn auch eine spezifische hormonelle Chemie die sich im Verhalten äußert. Wenn man es ganz genau nimmt ist jeder Mensch zu einem gewissen Grad androgyn oder gar Transgender, es gibt Kerneigenschaften die alle Menschen verbinden, doch es gibt eben auch eindeutige Unterschiede die ein Mensch durch seine Individualität oder Kultur zeigt. Damit gehen auch die Stereotype einher die sich entwickelt haben. Ich würde sogar soweit gehen das wir so ziemlich alle Stereotype dem religiös geprägten Patriarchat verdanken. Im Laufe der Jahrtausende hat dies sogar Einfluss auf die Evolution des Menschen gehabt und die Unterschiede zwischen den Geschlechtern wurden immer extremer. Schaut man sich unsere Artverwandten Primaten genauer an, so wird man feststellen das dort kaum Unterschiede bestehen, auch wenn es natürlich klare Rollenverteilungen gibt, nur ist es bei den Bonobos eben sogar der Fall das diese in einem Matriarchat leben und Männchen wie Weibchen recht ähnliche soziale Rollen übernehmen.
Der Mensch hat sich über die letzten Jahrtausende sehr stark mit einer Abgrenzung der Geschlechter beschäftigt und das hat sich sogar bis auf biologische Ebene ausgeschlagen. Ich sag es mal so, die sekundären Geschlechtsmerkmale wurden nicht nur stärker betont sondern sie "wuchsen" mit der Zeit sogar. Sein es die Brüste der Frau oder der Muskelaufbau des Mannes. So wurden auch die tertiären Geschlechtsmerkmale beton und strikt getrennt "Gender", was sich im Verhalten äußert (hypermaskulin/hyperfeminin).
Der eigentliche Mensch ist eigenschaftslos, völlig egal was äußere und innere Geschlechtsmerkmale auch vorhanden sein mögen. Daher ist dieses Thema auch mehr als die Benennung der eigenen Eigenschaften, sondern auch eine Selbstanalyse, so auch ein Hinterfragen der ganzen Trennung zwischen den Geschlechtern, denen man spezifische Eigenschaften anerzieht und konditioniert. Was nicht bedeutet das man auf diese verzichten muss, im Gegenteil, sie können auch eine Bereicherung im Leben sein, denn es sind diese Eigenschaften die die Vielfalt unter den Menschen schaffen. Dabei muss nix schwarz oder weiß und polar sein, es kann auch ein ganzes Spektrum an Möglichkeiten und Kombinationen geben, Androgynität ist ein solches Spektrum, darin befindet sich der Mensch von maskuliner Frau, bis zum femininen Mann oder auch Menschen denen man ihr biologisches/soziales Geschlecht überhaupt nicht ansieht und erkennt.
Daher ist das Thema komplexer als man denkt, es geht an das Fundament all unserer Kulturen und Traditionen auf das unsere Zivilisation gegründet wurde. Im Kern sind wir alle nackte Menschen ohne Eigenschaften und unsere Kultur ist unser Betriebssystem, alles andere unterliegt dem vielfältigen Wechselbad der Hormone und Gene
;)Dini1909 schrieb:Maskuliner Mann? Männer sind doch generell, wenn sie nicht homosexuell etc. sind maskulin oder irre ich mich da. Bei der Frau ist das nicht ganz so da gebe ich dir recht, aber es heißt aber auch nicht das wenn Frau nur Hosen trägt bzw. sich eher sportlich anzieht das sie genauso Feminin gilt als wenn Frau nur Rock trägt.
Maskulin ist ein Mann der z.B. seine sekundären und tertiären Geschlechtsmerkmale/Stereotype betont. Feminin ist eine Frau die gleiches tut. Der Mann ist biologisch männlich, meist auch maskulin in seiner Erscheinung, jedoch kann es auch möglich sein das dieser feminine Merkmale betont, verkörpert und auch äußert. Ich z.B. bin ein eher femininer Mann, ich habe feminine Eigenschaften die sich z.B. durch starke Empathie äußern, ein sanftes Auftreten, dann und wann feminine Kleidung. Ich habe nur wenige maskuline Eigenschaften, jedoch bin ich klar männlich (physisch), wenn auch etwas "zart". Das hat nichts mit der Sexualität eines Menschen zutun, ich selbst bin heterosexuell (mit ner Prise Bi *g*). Ein homosexueller Mann kann zum einen hypermaskulin sein, kann aber auch feminin sein oder unisex/metrosexuell, da ist alles möglich, gleiches gilt für lesbische Frauen, da reicht auch das Spektrum von feminin bis maskulin im Auftreten. Daher ist Gender ≠ Sex.
Die Wahl der Kleidung ist eine sehr individuelle und kulturelle Frage, früher trugen bei den alten Ägyptern alle Röcke, egal ob Männlein oder Weiblein, bei einigen Naturvölkern ist es noch immer so. Ob eine Frau Hose oder Rock trägt hängt von ihrem Geschmack und Befinden ab, beim Mann ist das schon komplizierter, denn da ist der soziale Druck höher, denn in religiös (monotheistisch) geprägten Kulturen herrscht strickte Geschlechter Trennung, da ist es schwerer für Männer ihre femininen Seiten zu verkörpern. Im Abendland ist das leider noch etwas in den Köpfen verankert, was jedoch zur Zeit der Aufklärung und Renaissance anders aussah, da war es sogar gern gesehen das Männer ihre feminine Seite betonen durften (auch wenn das schon wieder purer Kitsch war *g*).
Also lange Rede kurzer Sinn, die Wahl der Kleidung ist eine im Kern kulturelle Frage, doch vom einzelnen Menschen abhängige, individuelle Frage. Eben des persönlichen Geschmacks und Empfindens, worin man sich wohl fühlt, was zweckmäßig ist und was dann und wann eben auch mal geschlechtliche Stereotype bedient und betont oder mit ihnen spielt
;)Dini1909 schrieb:Was verstehst du unter Androgyn? Das ist noch nichts weiter als wieder sie ( die Menschen ) in die sparte Fenimin oder maskulin einzuordnen, oder ?
Nein, androgyn sind die Menschen die zwischen diesen Polaritäten "schweben", Androgynität füllt das ganze Spektrum an Möglichkeiten "dazwischen", es ist wie mit einem Prisma, scheit durch dieses das weiße Licht, so offenbart sich ein ganzes Farbspektrum. Androgynität reicht von biologischen Merkmalen bis zu sozialen/psychologischen Eigenschaften. Natürlich kann dabei eine Frau maskulin sein und ein Mann feminin, doch bei der Androgynität bedarf es keiner solcher Schubladen mehr. Ganz im Gegensatz zur Transsexualität wo sich ein Mensch durchaus nach einer klaren Einordnung sehnt, denn da ist das Gehirn zum Leid des betroffenen im biologisch gegensätzlichen Körper geboren. Eine transsexuelle Frau will später auch als Frau erkannt und anerkannt werden. Eine androgyne Frau oder ein androgyner Mann wird solche Fragen mit einer gewissen Gleichgültigkeit betrachten, man will oder kann sich nicht 100%ig festlegen, man sollte auch niemanden dazu zwingen, gleiches gilt auch für die Intersexualität.
Dini1909 schrieb:Nein werde ich nicht, da man das heutzutage gar nicht mehr machen kann, da Frauen hauptsächlich auch sich nehmen wir mal dein Wortgebrauch " maskulin " kleiden. Früher könnte man das noch einordnen da sich doch viele Frauen sehr weiblich angezogen haben (50er,60er)
Eine Selbsteinschätzung ist mehr eine Art von Selbsterforschung, mir geht es dabei nicht nur um die Frage der Kleiderwahl, es geht auch um soziale und psychologische Fragen. Ganz einfach betrachtet, Maskulinität ist eine psychologische Eigenschaft die auch für Entschlossenheit und einen starken Willen stehen kann, so kann Femininität für Empathie und Einfühlungsvermögen stehen. Jeder Mensch hat ein bisschen von beiden Eigenschaften, mal stärker, mal schwächer ausgeprägt, manchmal auch einfach nur eine Frage der Laune und momentanen Gefühlslage. Die Selbsteinschätzung beginnt dabei, sich selbst zu fragen wann und wie welche dieser Eigenschaften in Erscheinung treten. Jeder Mensch hat feminine und maskuline Eigenschaften, nur gibt es manche die diesen Gedanken allein schon verdrängen. Meist Männer die angst vor ihrer femininen Seite haben, denn man(n) könnte ja Schwäche zeigen. Dabei ist in meinen Augen die Empathie die größte Stärke eines Menschen, denn erst sie zeichnet den Menschen als soziales Wesen aus, ohne Empathie würde keiner in seinem Leben Hilfsbereitschaft oder auch mal Selbstlosigkeit zeigen und in manchen Situationen großen Mut beweisen.
Hi.So.Ka schrieb:Ich dachte, die Begriffe "maskulin" und "feminin" würden eher genutzt, um die Wirkung einer Person auf dem Level ihres Charakters und/oder ihrer optischen Wirkung zu beschreiben - den Link zur sexuellen Orientierung verstehe ich gerade nicht.
Absolut richtig erkannt! Dieser "Link" ist das Resultat von Kultur und Tradition, daher wurde dies in die Köpfe der Menschen gebrannt. Ich selbst betrachte den Menschen egal welchen biologischen Geschlechts immer als Wesen das feminine, wie auch maskuline Eigenschaften in unterschiedlich starker Ausprägung besitzt. Das ist auch die Kernfrage dieses Themas
:)