Die Jugend von Heute - Am Ende?
09.01.2014 um 07:51Guten Morgen! :)
Vor einiger Zeit habe ich diesen - zugebenermaßen etwas satirischen Text zum Zustand der deutschen Jugend verfasst.
Lest ihn euch gerne durch und sagt mir danach: Was denkt ihr über die deutsche Jugend? Ist es wirklich alles so schlimm, seht ihr Lichtblicke? Wie sieht es in Deutschland in 10 Jahren aus?
Das alles sind Fragen, die mich interessieren. Bin selber fast noch Jugendlicher :) Gerade erst ins Erwachsenenalter aufgestiegen :)
Viel Spaß:
Am Ende siegt das Alter doch
„Die Russen kommen! Raus hier!“, Sieglinde Matresen schlägt wild mit den Armen um sich und hat einen wirren Blick. „Die Russen.. sie kommen uns holen.“ Da betritt auch schon eine Altenpflegerin das Zimmer der alten Dame. „Ruhig Frau Matresen. Sie müssen keine Angst haben. Sie werden doch hier von uns umsorgt. Machen sie sich keine Sorgen.“ Doch Frau Matresen nimmt die Pflegerin kaum war. Sie gestikuliert mit ihren Händen in der Luft herum und stößt immer unverständlichere Wortfetzen aus. Wer ist diese Sieglinde Matresen?
Eine alte Frau. Um genau zu sein, 83 Jahre alt. Einst im Osten von Deutschland aufgewachsen und dann von den Russen vertrieben worden. Sie hat die Härte des Krieges und des Lebens allgemein mehr als einmal erfahren dürfen. Doch jetzt ist sie seit drei Jahren demenzkrank. Zuerst wurde sie noch von ihrem aufopferungsvollen Mann Fritz gepflegt. Doch vor zwei Jahren verstarb dieser plötzlich und unerwartet am einem Herzinfarkt. Die Angehörigen hat-ten gedacht, dass Sieglinde diesen Schicksalsschlag nicht überwinden könnte und auch sie bald sterben würde. Allen Ängsten zum Trotz war die Entscheidung unüberwindlich, dass sie in ein Pflegeheim verlegt werden musste. So sehr sie auch an all den Einrichtungsgegenstän-den und ihrem, noch bis ins hohe Alter von ihr selbst gemachtem, Garten. Ihre Zurechnungs-fähigkeit schwand von Tag zu Tag und es war nur noch eine Frage der Zeit bis sie sich in ei-ner unüberlegten Handlung vielleicht eine ernsthafte Verletzung zugezogen hätte. In ihrem Alter konnte dies den Tod bedeuten. Ältere Menschen brauchen bekanntlich um einiges län-ger bis sie wieder voll ständig gesund sind. Lange zögerten ihre Angehörigen diesen Schritt hinaus, weil auch sie wussten, was für eine Umstellung es für Sieglinde bedeuten würde, nach dem Verlust ihres geliebten Mannes auch noch auf ihr mit vielen Erinnerungen und Gefühlen verbundenes Haus zu verlassen. Im Herbst vergangenen Jahres verschlimmerte sich ihre De-menz dann so schlagartig, dass sie sogar zeitweilig einige Menschen aus ihrem Umfeld nicht mehr wiedererkannte. Man brachte sie ins Pflegeheim für Demenzkranke. Vermutlich bekam sie damals schon gar nicht mehr viel mit von diesem Umbruch in ihrem Leben, denn sie ließ sich häufig gar nicht mehr ansprechen.
Ja. Es steht seit einigen Jahren ernst um Sieglinde Matresen. Hin und wieder hört man die Ärzte schon scherzen, dass ja eh bald ein Zimmer frei werde. Man sagte ihr höchstens noch einige Monate voraus. Lange sollte sie nicht mehr zu leben haben, dass schien aus medizini-scher Sicht offensichtlich. Doch nun hatte sie wieder einen ihrer Anfälle. Schon in der Nach-kriegszeit litt sie immer wieder an Albträumen. Die Erlebnisse, die sie im Krieg gemacht hat-te, konnte sie immer noch nicht gänzlich verarbeiten. Und so spukten sie ihr des Nachts und des Tags immer wieder durch den Kopf. Beim Psychologen war sie schon etliche Male gewe-sen. Doch nun war es sowieso zu spät. Eine geordnete Unterhaltung konnte man mit Frau Matresen nicht mehr führen. Trotzdem versuchten die Pfleger immer wieder auf sie einzuge-hen, indem sie zum Beispiel mit ihr sprachen oder einfach nur neben ihr saßen und ihr Gesell-schaft leisteten.
„Beruhigen sie sich. Legen sie sich erst einmal hin Frau Matresen“, redet die Pflegerin Frau Matresen gut zu. Doch Sieglinde schlägt nur noch um so wilder mit den Armen. Schlägt der Pflegerin sogar, vermutlich unabsichtlich, die Hand ins Gesicht. Frau Streskazow, die deutsch-russische Pflegerin, ruft nach einem männlichen Pfleger, der ihr helfen soll, die alte Dame wieder zu beruhigen. Nachdem sich Sieglinde nicht zur Ruhe bringen lässt, spritzt der Pfleger ihr ein Beruhigungsmittel, woraufhin sie einschläft.
Innerhalb der nächsten Tage verschlechtert sich der Gesundheitszustand von Frau Matresen drastisch. Sie liegt den ganzen Tag im Bett, hat kaum noch Appetit und hat die meiste Zeit sogar die Augen geschlossen. Das Pflegepersonal ahnt schon, dass der Tod der alten Dame nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.
Es werden schon Überlegungen angestellt Frau Matresen vielleicht in ein Hospiz zu verlagern um ihr wenigstens die Sterbephase noch einigermaßen angenehm zu gestalten. Doch man ist sich einig, dass zuerst die nächsten Tage abgewartet wird, um dann zu beurteilen, wie es sich mit dem Gesundheitszustand von Frau Matresen verhält.
Eine Woche später geht es ihr noch schlechter. Sie bewegt sich kaum noch, das Sprechen hat sie schon lange eingestellt. Der Pfarrer des Dorfes war bereits bei ihr, doch ein Gespräch lies sich mit der im späten Stadium demenzkranken Frau nicht mehr führen. Ein Großteil der An-gehörigen hatte bereits alle Termine abgesagt, die in den nächsten Tagen bevorstanden, um, falls Frau Matresen in den nächsten Tagen verstarb, schnell vor Ort sein zu können.
Doch Frau Matresen sollte nicht sterben. Noch nicht jetzt. Gott hatte noch eine Aufgabe für sie.
Als Information für den Leser: Wir befinden uns aktuell im Jahre 2017. Es sind enorme Kli-maveränderungen eingetreten. Der Wirtschaft geht es weltweit so schlecht wie nie zu vor. Einstige Supermächte wie die USA, China und Russland sind hinter einen Großteil der Ent-wicklungsländer zurückgefallen. Um es einfach auszudrücken: Die Lage ist katastrophal.
Vorstände der großen deutschen Konzerne suchen händeringend nach Konzepten diese nega-tive Entwicklung zu stoppen. Mittwoch ist ein Treffen geplant, auf dem die Vorstandsvorsit-zenden der DAX-Konzerne zusammentreffen um gemeinsam eine Lösung für die überbor-denden Probleme auszuarbeiten. Im Anschluss ist noch eine Pressekonferenz geplant auf e-ventuelle Beschlüsse und Entscheidungen bzw. Vorschläge bekannt gegeben werden sollen. Schalten wir uns kurz in den Sitzungssaal um zu hören, worüber dort debattiert wird.
„Herzlich Willkommen. Sehr verehrte Damen und Herren. Sie wissen, wieso wir heute hier zusammengekommen sind. Die Lage ist so ernst wie nie. Das Wohlergehen Deutschlands steht auf dem Spiel. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu spät sein. Zur Zeit befinden wir uns in einer sich immer schneller drehenden Abwärtsspirale. Heute wollen wir Ideen, Vor-schläge und Konzepte austauschen, wie diese Entwicklung aufhaltbar ist. Zu diesem Zwecke, habe ich heute Herrn Prof. Dr. Wallingrodt als Gastredner eingeladen. Er hat einige Bücher verfasst, die sich mit den Problemen befassen, über die wir heute diskutieren wollen. Sicher-lich wird er uns einige Anregungen geben, die wir dann in unsere Gespräche mit einfließen lassen können. Aber nun begrüße ich Herrn Prof. Dr. Wallingrodt.
(gemäßigter Applaus)
„Herr Professor, sie haben das Wort.“
(Prof. Wallingrodt klopft einige Mal sanft auf das Mikrofon, das an seinem Rednerpult ange-bracht ist, um sich von dessen Funktionstüchtigkeit zu überzeugen und holt daraufhin aus einem vorher auf dem Boden abgestellten Lederkoffer ein Etui, dem er eine Brille entnimmt, die er vor sich hinlegt.)
„Meine sehr verehrten Damen und Herren. Vielen Dank für ihre Einladung. Ich bin mir dem Ernst der Lage durchaus bewusst. Unserer Wirtschaft geht es so schlecht wie nie zu-vor. Wir müssen unseren großen Worten auch Taten folgen lassen. Beginnen wir bei der Ursachenforschung. Weshalb geht es unserer Wirtschaft so schlecht? Darüber könnte man jetzt ewig diskutieren, aber genau das halte ich an dieser Stelle für äußerst überflüssig. Problem einzig und allein ist die mangelnde Qualität der in Deutschland tätigen Arbeits-plätze. Nachdem jetzt nach und nach, die Jugendlichen von vor zwanzig bis fünfundzwan-zig Jahren einen Großteil der Arbeitsplätze übernommen haben, geht es nur noch bergab mit unserer Wirtschaft. Dieser Vorgang ist auf der ganzen Welt zu beobachten. Kein Grund für Deutschland dem jetzt nicht endlich den Riegel vor zuschieben.
Es braucht wieder qualitativ hochwertige Arbeitnehmer und Arbeitgeber. So wie damals. Ich kann mich noch sehr gut erinnern. An die Nachkriegszeit.
(Herr Wallingrodts Gesichtsausdruck wird auf einmal anders. Vorher noch ernsthaft, jetzt plötzlich nachdenklich und beinahe melancholisch.)
Wir packten damals alle zusammen an und bauten Deutschland wieder auf. Das Wirt-schaftswunder vollbrachten wir. Jeder einzelne von uns. Unsere zerstörten Existenzen bau-ten wir in mühsamer Schwerstarbeit wieder auf. Und das soll jetzt alles durch die stümper-hafte Arbeit der heutigen Arbeitskräfte zu Grunde gehen? Nein. Da will ich und werde ich nicht mitmachen. Und was ich ihnen jetzt vorschlage wird vielleicht den einen oder ande-ren unter ihnen stutzig machen, aber ich halte es für den einzig richtigen Weg den Teufels-kreislauf der sich in Deutschland in Gang gesetzt hat, noch aufzuhalten.
Alle Vorstände, die sie jetzt hier versammelt sind, entlassen sie sämtliche Arbeitskräfte, die zur Zeit in ihren Betrieben tätig sind. Gehen sie in die Altenheime, in die Pflegeanstalten, rekrutieren sie von dort die nötigen Arbeitskräfte, die sie brauchen. Ich sage ihnen, inner-halb von kürzester Zeit blüht es in ihrem Unternehmen wieder.“
In den nächsten Tagen gibt es auf Deutschlands Straßen massenhaft Protest gegen die Pläne von Herrn Wallingrodt. Niemand möchte auf seinen Arbeitsplatz verzichten. Doch die Vor-stände haben nach einiger Überlegung entschieden, die Ideen des Professors anzunehmen. Noch sind die meisten Arbeitnehmer in ihren Betrieben tätig, denn die meisten Unternehmen haben in ihren Arbeitsverträgen einen Kündigungsschutz von einigen Wochen festgelegt.
Einige später schwirren bereits Hundertschaften von Akquisiteuren der einzelnen Unterneh-men in die ortsansässigen Senioren und Pflegeheime aus.
Ein Akquisiteur einer Elektrogerätefirma besucht auch Frau Matresen. Es ist früher Nachmit-tag als Herr Mangkok das Zimmer der alten Dame betritt. Diese schlägt mit aller größter Mü-he die Augen auf um den eingetretenen Gast zu begutachten. Herr Mangkok setzt sich, milde lächelnd auf einen Stuhl, der nahe des Bettes von Frau Matresen steht.
„Haben sie schon vom Grund meines Besuches erfahren, Frau Matresen?“
Die alte Frau schüttelt mühsam mit dem Kopf.
„Morgen beginnt für sie die Arbeit in unserem Unternehmen. Wir bitten sie deshalb unter dieses Formular Unterschrift zu setzen, damit wir sie als neue Mitarbeiterin in unserem Kon-zern begrüßen dürfen.
Sieglinde wusste in diesem Augenblick nicht wie ihr geschah. Schon seit Monaten hatte sie nicht mehr klar denken können und war kaum noch in der Lage gewesen, sich ihres Verstan-des zu bedienen. Doch plötzlich kamen alle Erinnerungen wieder hoch. Wie war das damals gewesen. Als man sie entlassen hatte. Jahrelang war sie in einem Unternehmen der Textil-branche tätig gewesen. Hatte dort als Sekretärin immer gute Arbeit geleistet. Und dann, hatte man sie einfach gegen eine jüngere ausgetauscht. Die jungen Leute, die sollten ja damals alles besser können. Seien angeblich lernfähiger und flexibler. Was ich nicht alles erlebt hab im Vergleich zu diesen Grünschnäbeln, hatte sich Frau Matresen damals gedacht. Und trotzdem, sie war gekündigt worden. Einen neuen Arbeitsplatz hatte sie damals nicht mehr finden kön-nen. Keiner wollte einer alten Frau noch einen Arbeitsplatz anbieten.
Und jetzt wollte man sie wieder arbeiten lassen, dachte Sieglinde sich? Sie spürte wie die Le-bensgeister zurückkehrten. Sie merkte, wie sie von einer unglaublichen Kraft durchströmt wurde.
„Es ist so, dass die heutige Generation keine ordentliche Arbeit mehr leistet. Wir würden uns deshalb freuen, wenn wir auf sie setzen können Frau Matresen. Ein zukunftsorientiertes Un-ternehmen, wie das unsere eines ist, kann es sich nicht länger erlauben, auf junge Arbeitskräf-te zu setzen. Mit einer solchen Inkompetenz wie diese Personen allesamt, wahrlich allesamt, ohne eine Ausnahme, zu Werke gehen, ist unser Konzern gesetz den Fall wir bleiben unserem Kurs treu, dem Untergang geweiht.“
Plötzlich ist Frau Matresen wieder in der Lage zu sprechen: „Sie wissen nicht was für eine Situation es damals für mich war. Plötzlich wurde man achtlos zur Seite geschoben. Ja, zum alten Eisen wurde man gezählt. Respektlos behandelt und wie Dreck behandelt. Schön war das nicht für uns, ganz und gar nicht. Wir wussten doch, dass wir mehr verstanden von der Welt, als diese jungen Dinger, die uns da ersetzen sollten.“
„Dann wären sie also bereit?“
Frau Matresen springt aus dem Bett, als sei sie nie krank gewesen, läuft ans Fenster, reist es auf, ballt die Faust und ruft mit einem vor Tatendrang stark verzerrten Gesichtsausdruck:
„Ja! Ich nehme es mit euch allen auf! Ab heute wird wieder Disziplin und Ordnung auf der Tagesordnung stehen. Wo ist der Vertrag?“
„Hier. Lesen sie sich eben das hier durch und dann unterschreiben sie bitte hier unten
Mit Vor- und Nachnamen.“
Schon nach einigen Minuten hat sich Frau Matresen den Vertrag durchgelesen und unter-schreibt ihn. Schon am nächsten Tag, sagt man ihr, solle sie sich in der Firmenzentrale einfin-den.
Ihre Angehörigen, die erwartet hatten, ihr am nächsten Tag vermutlich den letzten Besuch am Sterbebett abzustatten, und schon bei einem Bestattungsunternehmer angerufen hatten, sind überaus erstaunt, über diesen plötzlichen Wandel.
Frau Matresen packt mit einer rasanten Geschwindigkeit alle ihre Sachen zusammen und gleich darauf nach Berlin zu reisen, wo sie sich am nächsten Morgen in der Firmenzentrale des Unternehmens einfinden soll. Von Demenz und Gebrechlichkeit ist keine Spur mehr. Der energische Blick, der voller Kraft und Entschlossenheit steckt, ist wieder in die Augen der alten Frau zurückgekehrt.
Am nächsten Tag steht Frau Matresen pünktlich vor dem Firmengebäude. Sie wird schon er-wartet. Der Vorstand erwartet Sieglinde bereits.
„Schön, dass sie gekommen sind Frau Matresen. Ich werde ihnen ihren neuen Arbeitsplatz zeigen. Folgen sie mir bitte.“
Frau Matresen folgt Herrn Kacynski in das Gebäude. Sie fahren mit dem Aufzug in den vier-ten Stock, wo sich eine Menge Leute tummeln und ein lauter Geräuschpegel herrscht.
„Sie werden in den nächsten Monaten diese Abteilung leiten. Dann werden wir sehen, ob wir sie vielleicht in eine noch höhere Abteilung versetzen können.“
„Allen modernen Kram raus!“ Das sind Frau Matresens erste Worte als sie das Kommando im vierten Stock übernommen hat. Und schon greift sie sich einen der Computer, öffnet das Fenster, und schmeißt ihn auf die Straße. „Dieser Quatsch taugt nichts!“, keift sie wutent-brannt. „Helft mir, diesen Schund hier raus zuwerfen.“
„Aber wir haben gerade Mittagspause.“
„Nein, haben sie ab heute nicht mehr. Wir arbeiten durch. Modernes spielt ab heute in dieser Abteilung keine Rolle mehr. Alles was damals gut war, hat sich bewährt. Also führen wir ab jetzt diese Dinge alle wieder ein und schaffen dieses elektronische Teufelszeug ab.“
Rasant erfolgt der Aufstieg der Sieglinde Matresen von Abteilung zu Abteilung. Mit ihrem rigorosen wie stockkonservativen Kurs scheint sie äußerst erfolgreich zu sein. Und Erfolg gibt schließlich Recht.
Sämtliche elektronische Geräte sind aus dem Unternehmen entfernt, es wird alles wieder mit Schreibmaschinen eingetippt. Mobiltelefone sind verboten. Mittagspausen gibt es nicht mehr. Es wird grundsätzlich nur Deutsch gesprochen, indem auf englische Modewörter konsequent verzichtet wird.
Frau Matresens Methoden erscheinen auf den ersten Blick altmodisch, doch führen sie die Firma auf den richtigen Kurs. Und auch alle anderen Firmen die einst dem Rat des Professors folgten sind heute wieder so erfolgreich wie eh und je. Sie erkannten richtigerweise, dass in den längst abgeschriebenen Menschen doch noch so ein immenses Potential und so ein enor-me Erfahrung steckt, dass sie es mit Leichtigkeit mit den Jugendlichen und Halbstarken auf-nehmen können, die zwar vielleicht flexibler, also ohne jeglichen Standpunkt Meinungen be-liebig austauschen, kommunikativer, also gut inhaltlose Gespräche führen können, und besser mit „modernen Medien“ umgehen können, also wissen wie man einen Fernseher einschaltet, aber sonst der alten Generation hoffnungslos unterlegen ist, die noch Werte wie Disziplin und Anstand kennt und auch im täglichen Leben anwendet.
Frau Matresen stirbt schließlich im Alter von 121 Jahren.
Eine Frau, die es schaffte, ein zerstörtes Deutschland zweimal wiederaufzubauen.
-----------
Nicht allzu ernst nehmen :))
Vor einiger Zeit habe ich diesen - zugebenermaßen etwas satirischen Text zum Zustand der deutschen Jugend verfasst.
Lest ihn euch gerne durch und sagt mir danach: Was denkt ihr über die deutsche Jugend? Ist es wirklich alles so schlimm, seht ihr Lichtblicke? Wie sieht es in Deutschland in 10 Jahren aus?
Das alles sind Fragen, die mich interessieren. Bin selber fast noch Jugendlicher :) Gerade erst ins Erwachsenenalter aufgestiegen :)
Viel Spaß:
Am Ende siegt das Alter doch
„Die Russen kommen! Raus hier!“, Sieglinde Matresen schlägt wild mit den Armen um sich und hat einen wirren Blick. „Die Russen.. sie kommen uns holen.“ Da betritt auch schon eine Altenpflegerin das Zimmer der alten Dame. „Ruhig Frau Matresen. Sie müssen keine Angst haben. Sie werden doch hier von uns umsorgt. Machen sie sich keine Sorgen.“ Doch Frau Matresen nimmt die Pflegerin kaum war. Sie gestikuliert mit ihren Händen in der Luft herum und stößt immer unverständlichere Wortfetzen aus. Wer ist diese Sieglinde Matresen?
Eine alte Frau. Um genau zu sein, 83 Jahre alt. Einst im Osten von Deutschland aufgewachsen und dann von den Russen vertrieben worden. Sie hat die Härte des Krieges und des Lebens allgemein mehr als einmal erfahren dürfen. Doch jetzt ist sie seit drei Jahren demenzkrank. Zuerst wurde sie noch von ihrem aufopferungsvollen Mann Fritz gepflegt. Doch vor zwei Jahren verstarb dieser plötzlich und unerwartet am einem Herzinfarkt. Die Angehörigen hat-ten gedacht, dass Sieglinde diesen Schicksalsschlag nicht überwinden könnte und auch sie bald sterben würde. Allen Ängsten zum Trotz war die Entscheidung unüberwindlich, dass sie in ein Pflegeheim verlegt werden musste. So sehr sie auch an all den Einrichtungsgegenstän-den und ihrem, noch bis ins hohe Alter von ihr selbst gemachtem, Garten. Ihre Zurechnungs-fähigkeit schwand von Tag zu Tag und es war nur noch eine Frage der Zeit bis sie sich in ei-ner unüberlegten Handlung vielleicht eine ernsthafte Verletzung zugezogen hätte. In ihrem Alter konnte dies den Tod bedeuten. Ältere Menschen brauchen bekanntlich um einiges län-ger bis sie wieder voll ständig gesund sind. Lange zögerten ihre Angehörigen diesen Schritt hinaus, weil auch sie wussten, was für eine Umstellung es für Sieglinde bedeuten würde, nach dem Verlust ihres geliebten Mannes auch noch auf ihr mit vielen Erinnerungen und Gefühlen verbundenes Haus zu verlassen. Im Herbst vergangenen Jahres verschlimmerte sich ihre De-menz dann so schlagartig, dass sie sogar zeitweilig einige Menschen aus ihrem Umfeld nicht mehr wiedererkannte. Man brachte sie ins Pflegeheim für Demenzkranke. Vermutlich bekam sie damals schon gar nicht mehr viel mit von diesem Umbruch in ihrem Leben, denn sie ließ sich häufig gar nicht mehr ansprechen.
Ja. Es steht seit einigen Jahren ernst um Sieglinde Matresen. Hin und wieder hört man die Ärzte schon scherzen, dass ja eh bald ein Zimmer frei werde. Man sagte ihr höchstens noch einige Monate voraus. Lange sollte sie nicht mehr zu leben haben, dass schien aus medizini-scher Sicht offensichtlich. Doch nun hatte sie wieder einen ihrer Anfälle. Schon in der Nach-kriegszeit litt sie immer wieder an Albträumen. Die Erlebnisse, die sie im Krieg gemacht hat-te, konnte sie immer noch nicht gänzlich verarbeiten. Und so spukten sie ihr des Nachts und des Tags immer wieder durch den Kopf. Beim Psychologen war sie schon etliche Male gewe-sen. Doch nun war es sowieso zu spät. Eine geordnete Unterhaltung konnte man mit Frau Matresen nicht mehr führen. Trotzdem versuchten die Pfleger immer wieder auf sie einzuge-hen, indem sie zum Beispiel mit ihr sprachen oder einfach nur neben ihr saßen und ihr Gesell-schaft leisteten.
„Beruhigen sie sich. Legen sie sich erst einmal hin Frau Matresen“, redet die Pflegerin Frau Matresen gut zu. Doch Sieglinde schlägt nur noch um so wilder mit den Armen. Schlägt der Pflegerin sogar, vermutlich unabsichtlich, die Hand ins Gesicht. Frau Streskazow, die deutsch-russische Pflegerin, ruft nach einem männlichen Pfleger, der ihr helfen soll, die alte Dame wieder zu beruhigen. Nachdem sich Sieglinde nicht zur Ruhe bringen lässt, spritzt der Pfleger ihr ein Beruhigungsmittel, woraufhin sie einschläft.
Innerhalb der nächsten Tage verschlechtert sich der Gesundheitszustand von Frau Matresen drastisch. Sie liegt den ganzen Tag im Bett, hat kaum noch Appetit und hat die meiste Zeit sogar die Augen geschlossen. Das Pflegepersonal ahnt schon, dass der Tod der alten Dame nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.
Es werden schon Überlegungen angestellt Frau Matresen vielleicht in ein Hospiz zu verlagern um ihr wenigstens die Sterbephase noch einigermaßen angenehm zu gestalten. Doch man ist sich einig, dass zuerst die nächsten Tage abgewartet wird, um dann zu beurteilen, wie es sich mit dem Gesundheitszustand von Frau Matresen verhält.
Eine Woche später geht es ihr noch schlechter. Sie bewegt sich kaum noch, das Sprechen hat sie schon lange eingestellt. Der Pfarrer des Dorfes war bereits bei ihr, doch ein Gespräch lies sich mit der im späten Stadium demenzkranken Frau nicht mehr führen. Ein Großteil der An-gehörigen hatte bereits alle Termine abgesagt, die in den nächsten Tagen bevorstanden, um, falls Frau Matresen in den nächsten Tagen verstarb, schnell vor Ort sein zu können.
Doch Frau Matresen sollte nicht sterben. Noch nicht jetzt. Gott hatte noch eine Aufgabe für sie.
Als Information für den Leser: Wir befinden uns aktuell im Jahre 2017. Es sind enorme Kli-maveränderungen eingetreten. Der Wirtschaft geht es weltweit so schlecht wie nie zu vor. Einstige Supermächte wie die USA, China und Russland sind hinter einen Großteil der Ent-wicklungsländer zurückgefallen. Um es einfach auszudrücken: Die Lage ist katastrophal.
Vorstände der großen deutschen Konzerne suchen händeringend nach Konzepten diese nega-tive Entwicklung zu stoppen. Mittwoch ist ein Treffen geplant, auf dem die Vorstandsvorsit-zenden der DAX-Konzerne zusammentreffen um gemeinsam eine Lösung für die überbor-denden Probleme auszuarbeiten. Im Anschluss ist noch eine Pressekonferenz geplant auf e-ventuelle Beschlüsse und Entscheidungen bzw. Vorschläge bekannt gegeben werden sollen. Schalten wir uns kurz in den Sitzungssaal um zu hören, worüber dort debattiert wird.
„Herzlich Willkommen. Sehr verehrte Damen und Herren. Sie wissen, wieso wir heute hier zusammengekommen sind. Die Lage ist so ernst wie nie. Das Wohlergehen Deutschlands steht auf dem Spiel. Wenn wir jetzt nicht handeln, wird es zu spät sein. Zur Zeit befinden wir uns in einer sich immer schneller drehenden Abwärtsspirale. Heute wollen wir Ideen, Vor-schläge und Konzepte austauschen, wie diese Entwicklung aufhaltbar ist. Zu diesem Zwecke, habe ich heute Herrn Prof. Dr. Wallingrodt als Gastredner eingeladen. Er hat einige Bücher verfasst, die sich mit den Problemen befassen, über die wir heute diskutieren wollen. Sicher-lich wird er uns einige Anregungen geben, die wir dann in unsere Gespräche mit einfließen lassen können. Aber nun begrüße ich Herrn Prof. Dr. Wallingrodt.
(gemäßigter Applaus)
„Herr Professor, sie haben das Wort.“
(Prof. Wallingrodt klopft einige Mal sanft auf das Mikrofon, das an seinem Rednerpult ange-bracht ist, um sich von dessen Funktionstüchtigkeit zu überzeugen und holt daraufhin aus einem vorher auf dem Boden abgestellten Lederkoffer ein Etui, dem er eine Brille entnimmt, die er vor sich hinlegt.)
„Meine sehr verehrten Damen und Herren. Vielen Dank für ihre Einladung. Ich bin mir dem Ernst der Lage durchaus bewusst. Unserer Wirtschaft geht es so schlecht wie nie zu-vor. Wir müssen unseren großen Worten auch Taten folgen lassen. Beginnen wir bei der Ursachenforschung. Weshalb geht es unserer Wirtschaft so schlecht? Darüber könnte man jetzt ewig diskutieren, aber genau das halte ich an dieser Stelle für äußerst überflüssig. Problem einzig und allein ist die mangelnde Qualität der in Deutschland tätigen Arbeits-plätze. Nachdem jetzt nach und nach, die Jugendlichen von vor zwanzig bis fünfundzwan-zig Jahren einen Großteil der Arbeitsplätze übernommen haben, geht es nur noch bergab mit unserer Wirtschaft. Dieser Vorgang ist auf der ganzen Welt zu beobachten. Kein Grund für Deutschland dem jetzt nicht endlich den Riegel vor zuschieben.
Es braucht wieder qualitativ hochwertige Arbeitnehmer und Arbeitgeber. So wie damals. Ich kann mich noch sehr gut erinnern. An die Nachkriegszeit.
(Herr Wallingrodts Gesichtsausdruck wird auf einmal anders. Vorher noch ernsthaft, jetzt plötzlich nachdenklich und beinahe melancholisch.)
Wir packten damals alle zusammen an und bauten Deutschland wieder auf. Das Wirt-schaftswunder vollbrachten wir. Jeder einzelne von uns. Unsere zerstörten Existenzen bau-ten wir in mühsamer Schwerstarbeit wieder auf. Und das soll jetzt alles durch die stümper-hafte Arbeit der heutigen Arbeitskräfte zu Grunde gehen? Nein. Da will ich und werde ich nicht mitmachen. Und was ich ihnen jetzt vorschlage wird vielleicht den einen oder ande-ren unter ihnen stutzig machen, aber ich halte es für den einzig richtigen Weg den Teufels-kreislauf der sich in Deutschland in Gang gesetzt hat, noch aufzuhalten.
Alle Vorstände, die sie jetzt hier versammelt sind, entlassen sie sämtliche Arbeitskräfte, die zur Zeit in ihren Betrieben tätig sind. Gehen sie in die Altenheime, in die Pflegeanstalten, rekrutieren sie von dort die nötigen Arbeitskräfte, die sie brauchen. Ich sage ihnen, inner-halb von kürzester Zeit blüht es in ihrem Unternehmen wieder.“
In den nächsten Tagen gibt es auf Deutschlands Straßen massenhaft Protest gegen die Pläne von Herrn Wallingrodt. Niemand möchte auf seinen Arbeitsplatz verzichten. Doch die Vor-stände haben nach einiger Überlegung entschieden, die Ideen des Professors anzunehmen. Noch sind die meisten Arbeitnehmer in ihren Betrieben tätig, denn die meisten Unternehmen haben in ihren Arbeitsverträgen einen Kündigungsschutz von einigen Wochen festgelegt.
Einige später schwirren bereits Hundertschaften von Akquisiteuren der einzelnen Unterneh-men in die ortsansässigen Senioren und Pflegeheime aus.
Ein Akquisiteur einer Elektrogerätefirma besucht auch Frau Matresen. Es ist früher Nachmit-tag als Herr Mangkok das Zimmer der alten Dame betritt. Diese schlägt mit aller größter Mü-he die Augen auf um den eingetretenen Gast zu begutachten. Herr Mangkok setzt sich, milde lächelnd auf einen Stuhl, der nahe des Bettes von Frau Matresen steht.
„Haben sie schon vom Grund meines Besuches erfahren, Frau Matresen?“
Die alte Frau schüttelt mühsam mit dem Kopf.
„Morgen beginnt für sie die Arbeit in unserem Unternehmen. Wir bitten sie deshalb unter dieses Formular Unterschrift zu setzen, damit wir sie als neue Mitarbeiterin in unserem Kon-zern begrüßen dürfen.
Sieglinde wusste in diesem Augenblick nicht wie ihr geschah. Schon seit Monaten hatte sie nicht mehr klar denken können und war kaum noch in der Lage gewesen, sich ihres Verstan-des zu bedienen. Doch plötzlich kamen alle Erinnerungen wieder hoch. Wie war das damals gewesen. Als man sie entlassen hatte. Jahrelang war sie in einem Unternehmen der Textil-branche tätig gewesen. Hatte dort als Sekretärin immer gute Arbeit geleistet. Und dann, hatte man sie einfach gegen eine jüngere ausgetauscht. Die jungen Leute, die sollten ja damals alles besser können. Seien angeblich lernfähiger und flexibler. Was ich nicht alles erlebt hab im Vergleich zu diesen Grünschnäbeln, hatte sich Frau Matresen damals gedacht. Und trotzdem, sie war gekündigt worden. Einen neuen Arbeitsplatz hatte sie damals nicht mehr finden kön-nen. Keiner wollte einer alten Frau noch einen Arbeitsplatz anbieten.
Und jetzt wollte man sie wieder arbeiten lassen, dachte Sieglinde sich? Sie spürte wie die Le-bensgeister zurückkehrten. Sie merkte, wie sie von einer unglaublichen Kraft durchströmt wurde.
„Es ist so, dass die heutige Generation keine ordentliche Arbeit mehr leistet. Wir würden uns deshalb freuen, wenn wir auf sie setzen können Frau Matresen. Ein zukunftsorientiertes Un-ternehmen, wie das unsere eines ist, kann es sich nicht länger erlauben, auf junge Arbeitskräf-te zu setzen. Mit einer solchen Inkompetenz wie diese Personen allesamt, wahrlich allesamt, ohne eine Ausnahme, zu Werke gehen, ist unser Konzern gesetz den Fall wir bleiben unserem Kurs treu, dem Untergang geweiht.“
Plötzlich ist Frau Matresen wieder in der Lage zu sprechen: „Sie wissen nicht was für eine Situation es damals für mich war. Plötzlich wurde man achtlos zur Seite geschoben. Ja, zum alten Eisen wurde man gezählt. Respektlos behandelt und wie Dreck behandelt. Schön war das nicht für uns, ganz und gar nicht. Wir wussten doch, dass wir mehr verstanden von der Welt, als diese jungen Dinger, die uns da ersetzen sollten.“
„Dann wären sie also bereit?“
Frau Matresen springt aus dem Bett, als sei sie nie krank gewesen, läuft ans Fenster, reist es auf, ballt die Faust und ruft mit einem vor Tatendrang stark verzerrten Gesichtsausdruck:
„Ja! Ich nehme es mit euch allen auf! Ab heute wird wieder Disziplin und Ordnung auf der Tagesordnung stehen. Wo ist der Vertrag?“
„Hier. Lesen sie sich eben das hier durch und dann unterschreiben sie bitte hier unten
Mit Vor- und Nachnamen.“
Schon nach einigen Minuten hat sich Frau Matresen den Vertrag durchgelesen und unter-schreibt ihn. Schon am nächsten Tag, sagt man ihr, solle sie sich in der Firmenzentrale einfin-den.
Ihre Angehörigen, die erwartet hatten, ihr am nächsten Tag vermutlich den letzten Besuch am Sterbebett abzustatten, und schon bei einem Bestattungsunternehmer angerufen hatten, sind überaus erstaunt, über diesen plötzlichen Wandel.
Frau Matresen packt mit einer rasanten Geschwindigkeit alle ihre Sachen zusammen und gleich darauf nach Berlin zu reisen, wo sie sich am nächsten Morgen in der Firmenzentrale des Unternehmens einfinden soll. Von Demenz und Gebrechlichkeit ist keine Spur mehr. Der energische Blick, der voller Kraft und Entschlossenheit steckt, ist wieder in die Augen der alten Frau zurückgekehrt.
Am nächsten Tag steht Frau Matresen pünktlich vor dem Firmengebäude. Sie wird schon er-wartet. Der Vorstand erwartet Sieglinde bereits.
„Schön, dass sie gekommen sind Frau Matresen. Ich werde ihnen ihren neuen Arbeitsplatz zeigen. Folgen sie mir bitte.“
Frau Matresen folgt Herrn Kacynski in das Gebäude. Sie fahren mit dem Aufzug in den vier-ten Stock, wo sich eine Menge Leute tummeln und ein lauter Geräuschpegel herrscht.
„Sie werden in den nächsten Monaten diese Abteilung leiten. Dann werden wir sehen, ob wir sie vielleicht in eine noch höhere Abteilung versetzen können.“
„Allen modernen Kram raus!“ Das sind Frau Matresens erste Worte als sie das Kommando im vierten Stock übernommen hat. Und schon greift sie sich einen der Computer, öffnet das Fenster, und schmeißt ihn auf die Straße. „Dieser Quatsch taugt nichts!“, keift sie wutent-brannt. „Helft mir, diesen Schund hier raus zuwerfen.“
„Aber wir haben gerade Mittagspause.“
„Nein, haben sie ab heute nicht mehr. Wir arbeiten durch. Modernes spielt ab heute in dieser Abteilung keine Rolle mehr. Alles was damals gut war, hat sich bewährt. Also führen wir ab jetzt diese Dinge alle wieder ein und schaffen dieses elektronische Teufelszeug ab.“
Rasant erfolgt der Aufstieg der Sieglinde Matresen von Abteilung zu Abteilung. Mit ihrem rigorosen wie stockkonservativen Kurs scheint sie äußerst erfolgreich zu sein. Und Erfolg gibt schließlich Recht.
Sämtliche elektronische Geräte sind aus dem Unternehmen entfernt, es wird alles wieder mit Schreibmaschinen eingetippt. Mobiltelefone sind verboten. Mittagspausen gibt es nicht mehr. Es wird grundsätzlich nur Deutsch gesprochen, indem auf englische Modewörter konsequent verzichtet wird.
Frau Matresens Methoden erscheinen auf den ersten Blick altmodisch, doch führen sie die Firma auf den richtigen Kurs. Und auch alle anderen Firmen die einst dem Rat des Professors folgten sind heute wieder so erfolgreich wie eh und je. Sie erkannten richtigerweise, dass in den längst abgeschriebenen Menschen doch noch so ein immenses Potential und so ein enor-me Erfahrung steckt, dass sie es mit Leichtigkeit mit den Jugendlichen und Halbstarken auf-nehmen können, die zwar vielleicht flexibler, also ohne jeglichen Standpunkt Meinungen be-liebig austauschen, kommunikativer, also gut inhaltlose Gespräche führen können, und besser mit „modernen Medien“ umgehen können, also wissen wie man einen Fernseher einschaltet, aber sonst der alten Generation hoffnungslos unterlegen ist, die noch Werte wie Disziplin und Anstand kennt und auch im täglichen Leben anwendet.
Frau Matresen stirbt schließlich im Alter von 121 Jahren.
Eine Frau, die es schaffte, ein zerstörtes Deutschland zweimal wiederaufzubauen.
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Nicht allzu ernst nehmen :))