Ist die Jugend so schlimm wie in dieser Geschichte?
03.04.2015 um 14:35Die Jugend dreht durch
„Opa, Opa, ich muss dich was Wichtiges fragen“,
so stürmt die 15-jährige Emily auf ihren Großvater zu, der im Wohnzimmer auf seinem alten Ledersessel Platz genommen hat, und gerade im Begriff war, die Tageszeitung aufzuschlagen.
„Ruhig Blut, mein Kind, was gibt es denn?“
„Opa, ich hatte dir doch mal von Christina erzählt.“
„Die Schwester im Feldlazarett vor Kursk?“
„Nein, Opa, die mit den Markenschuhen.“
„Ach, ich hatte damals nur ein Dutzend Wollemarken erhalten. Schuhmarken gab es nur im Tausch gegen drei Buttermarken.“
„Die hat Schuhe von New Yorker, die hat sonst keiner aus meiner Klasse.“
„Ja, was ist denn jetzt mit ihr?“
„Opa, die hat in zwei Tagen Geburtstag und jetzt darf sie aber nicht zuhause feiern, weil ihr Bruder das ganze Haus braucht.“
„Hat der auch Geburtstag?“
„Nein, der muss seine Beliebtheit auffrischen, der hat seit einem Monat keine Party mehr gemacht.“
„Dann musst du ja ziemlich unbeliebt sein?“
„Nein, Opa. Ich habe mir noch keinen hohen Beliebtheitsrang erarbeitet, deswegen brauch ich nicht so viel zu leisten um meinen Rang zu halten.“
„Ich hatte damals den Offiziersrang inne.“
„Cool, hattest du Markenkleidung, oder warum?“
„Nein, weil ich der Hölle Kursk gekämpft habe!“
„Es gibt keine Hölle Opa, das hatten wir gerade in Ethik. Das hat die evantholische Kirche erfunden, damit die Briefe ihre Ablässe kriegen, damit Luther sich irgendne Kirche bauen kann.“
Ihr Opa blickt sie lächelnd an: „Da weißt du aber schon eine Menge.“
„Ja, hab ich alles in der Schule gelernt! Ich habe eine eins in Ethik!“
„In der letzten Arbeit?“
„Ja, die haben wir vorgestern wiederbekommen. Da ging es um diesen Zöllner Luther oder so.“
„Wie bist du sonst so in der Schule?“
„Ich bin sehr intelligent.“
„Warum, weißt du so viel?“
„Nö, aber ich hab viele 1sen. Warst du früher auch so gut?“
„Nein, so gut nicht, Emily.“
„Komisch, ich fands immer ziemlich schlau, was du so sagst.
Alles auswendig gelernt wahrscheinlich.“
Da wendet sich Emily plötzlich zur Tür.
„Opa, ich muss gleich zum Bahnhof, mit Freunden Schwimmbad gehen. Also wir müssen das schnell besprechen jetzt.“
„Immer ruhig mit den jungen Pferden. Also Christina?“
„Ja, ich muss mich dringend bei ihr beliebt machen. Sie hat 4 allerbeste Freundinnen, 6 beste und noch 20 Freundinnen. Sie sammelt viel schneller als ich.”
Da entgegnet ihr Opa mit fester Stimme: „Vor Sewastopol auf Krim, hatte ich drei Kameraden, auf die ich mich immer verlassen konnte. Du weißt gar nicht, was ich denen alles zu verdanken habe.
Leutnant Grotemburg, ein Held! Wir mussten einmal zu dritt gegen eine ganze Kompanie von bolschewistischen Panzergrenadieren kämpfen. Wir verstecken uns im Schützengraben, er teilt an uns beide Panzerfäuste aus und dann haben wir aus dem Hinterhalt angegriffen.
Siegmund, also Grotemburg, erwischt plötzlich die Kugel einer Stalinorgel, er sackt in sich zusammen.
Er hat mein Leben gerettet und dafür sein eigenes geopfert, ein wahrhaft selbstloser Held!“
„Opa, drei, das ist voll wenig. Damit kommst du auf Party echt nicht an. Du brauchst paar mehr.“
„Worüber redest du denn so mit deinen allerbesten Freundinnen?“
„Ach, ich kann mit den über alles reden. Vor denen brauch ich nichts verbergen. Ich kann denen echt vertrauen.“
„Über was redet ihr denn so?“
„Das ist privat!!“
„Sag doch mal.“
„Nö.“
„Bitte, ist es wirklich so geheim?“
„Ja.“
„Komm, nur eine Sache.“
„Hmmmm, ok. Lisa hat mir neulich was ganz privates anvertraut.“
„Was denn?“
„Bei DSDS, wen sie hat Telefon gemacht.“
„Warum sprichst du immer so komisch? Kannst du kein Deutsch mehr?“
„Doch, aber so reden ist cool, das machen Ausländer auch. Ich verschreib mich auch dauernd in Arbeiten.“
„Kannst du keine Rechtschreibung?“
„Doch, aber das ist cool kein Deutsch zu können. Genauso wie Türken, die sind voll cool.“
„Ich liebe die Deutsche Sprache sehr.“
„Ich hasse Deutschland.“
„Warum?“
„Das stand auf 'nem Aufkleber in der Schule. Wo immer die Punks und so stehen.“
„Was sind Punks?“
„Das sind Leute, die hassen Kapitalosophie oder so. Die wollen das ändern, weil die das scheiße finden.“
„Warum mögen die das nicht?“
„Weil die das voll scheiße finden. Dann gibt’s noch Visus, Emos, Gothics und Nazis, die haben Juden getötet, deswegen müssen wir die Nazis vergasen, hat neulich Mike gesagt, der ist Punk.“
„Und was bist du?“
„Ich warte auf den nächsten Trend, den übernehm ich dann sofort. Ich war bis jetzt immer zu langsam, wenn n neuer Trend aufkam, das hatten dann immer schon zu viele übernommen, das war nicht mehr cool.“
„Achso.“
Emily fängt plötzlich laut zu lachen an. „Warum lachst du? Ich habe doch nur ‚Achso’ gesagt.“
„Sorry Opa, ich dachte eben kurz an ne Party, ich wusste nicht, dass ich mit dich rede.“
„Was machst du denn auf Partys?“
„Ja, weißt du, ne. Die Gespräche sind meistens total langweilig. Aber das darf ich mir nicht anmerken lassen, deswegen lache ich immer so alle fünf Minuten einmal, damit die merken, dass ich ihre Witze lustig finden, dann kann ich mich schneller beliebt machen.“
„Warum willst du dich beliebt machen?“
Emily guckt verständnislos: „Warum ich das will?“
„Ja.“
„Das ist an der Schule wie Geld, so was braucht man.“
„Achso, du sprichst von sozialem Kapital. Hast du schon mal überlegt, das zu verzinsen oder in einen Fonds anzulegen?“
„Du laberst scheiße Opa.“
„Warum?“
„Weil das scheiße ist, was du laberst.“
„Was hab ich denn gesagt?“
„Irgendeinen Scheiß, der out ist. Ich rede nur über Dinge, die in sind.“
„Was interessiert dich denn zurzeit?“
„Nichts.“
„Aber über was redest du dann?“
„Über die Dinge, die in sind. Ist mir egal ob das interessant ist oder nicht. Interessant ist alles was in ist, für mich. Deswegen mach ich morgens immer I-net an und guck bei Bravo bei Charts, was da läuft und kauf mir das bei Musicload.de“ „Warum das denn? Ich dachte Musik kriegt man auch kostenlos.“
„Ich kaufe immer nur die offizielle Version, das ist Orginal und viel cooler. Saugen machen nur die Opfer, die haben keinen Style.“
„Aber dann sparst du doch was.“
„Sparen bei Sachen, die nicht offiziell verkauft werden, ist uncool. Sparen kann man nur bei ALDI und LIDL und REWE, die sind cool.“
„Warum sind diese Ramschläden cool?“
„Ey, ALDI ist einfach cool, das sagen auch die Leute aus der Werbung.“
„Aus der Werbung?“
„Ja, ich liebe Werbung!!“
„Warum das denn?“
„Ja, die sagen meiner Clique, welche Sachen cool sind. Die Filme und so die dazwischen kommen, zwischen der Werbung nerven immer voll. Und ich kaufe nichts, was keine Marke ist. Außerdem kauf ich alles im Geschäft, nie im Internet, das ist nur zum chatten. Wenn man was im Internet kauft, ist für Opfer. Weil das ist nicht so offiziell und man spart und verarscht Marken. Marken sind cool und die Leute voll cool bei Marken, die haben voll Status, die darf man nicht verarschen. Nur Opfer verarschen kann man. Zum Beispiel Kleidung bei Karstadt, die haben Rabatte auf Marken. Das ist voll uncool.“
„Was hast du eigentlich für Lieblingsbeschäftigungen?“
„Hobbys? Shopping, Shopping, Shopping.“, sagt Emily und lächelt voller Stolz.
„Hast du so einen hohen Verbrauch?“
„Nö, aber das ist cool.“
„Hilgegard, machst du mir bitte noch einen frischen Orangensaft, die Orangen liegen in dem blauen Karton unten im Keller links.“
„Orangen sind voll cool, hihi.“
„Ich hab mit Oma geredet, Emily.“
„Ok, sorry, ich muss auf jedes Gesprächsangebot eingehen, das man mir macht. Nutze jede Chance um deine Beliebtheit zu steigern, das ist mein Motto. Opa weißt du ne, wenn dich jemand anspricht, der bietet dir Kapital an, wie du sagst. Das kannst du nicht so entgehen lassen. Und so was wie „Nein“ oder so darf man eh nie in Gesprächen sagen. Das kippt sofort deinen Rang.“
Oma Hildegard kommt mit einer großen Kanne Orangensaft:
„Hier, Emily, für dich hab ich auch noch ein Glas mitgebracht. Ich weiß ja, wie durstig du immer bist, soll ich dir gleich was einschenken?“
„Ja, Oma, gib mal Glas her.“
„Hildegard, bringst du mir bitte noch meine Sivaxenytan-Pillen?“
„Nicht die Laxotan?“
„Nein, die Revitali-Aktividol bitte.“
„Das ist echt cool, worüber ihr redet.“, schaltet sich Lisa ein und setzt ihr bestes Lächeln auf.
„Emily, du bist hier nicht auf der Party.“
„Oh, sorry, hab ich schon wieder vergessen. Aber du bist ja eh Nazi.“
„Nazi??“
„Ja, die sind scheiße, stand auch auf so nem Sticker.“
„Was haben die getan?“
„Die haben Juden umgebracht.“
„Haben sie?“
„Ja, weißt du das nicht, du Scheißjude?“
„Was erlaubst du dir, Jude als Schimpfwort zu verwenden?“
„Juden sind scheiße. Sagen die immer bei Southpark. Die haben auch Schwule und so mit Erdgas oder so getötet.“
„Ja, das war eine schlimme Zeit.“
„Ihh, Opa, sag das nicht so schwul. Wir sind gegen Rassismus an unser Schule, so was machen nur Scheißdeutsche.“
„Du bist doch selbst Deutsche, Emily.“
„Ja, aber Rassismus ist scheiße. So was machen nur Behinderte.“ „Habt ihr Behinderte an eurer Schule?“
„Ja, so ein Scheißopfer, Ernst, den mobben alle nur. Voll das Mopfer.“
"Hast du was gegen Behinderte? Ich dachte du bist gegen Rassismus.“
„Ja, Rassismus heißt Türken dissen. Und Türken sind cool und außerdem viel zu stark, die will eh keiner dissen. Behinderte sind voll eklig, die kann man ruhig dissen, das sind Mopfer.“
„Weißt du was die Nazis mit Behinderten gemacht haben?“
„Ja, voll scheiße, die Scheißnazis. Nazis raus! Wir müssen auch so was mit Gas mit denen machen.“
„Hast du denn gar keinen Charakter?“
„Auf Charakter achte ich nicht so, das zählt bei mir so 30 %, ich achte eher auf Aussehen und so. So witzig sein und immer gute Laune, das ist wichtig und so.“
Plötzlich schaut Emilys Opa äußerst erbost drein: „Ich hatte dich ja aufgrund deiner Schulnoten immer für ein sehr intelligentes Mädchen gehalten. Nun bin ich aber der Meinung, du hättest mal eine ordentliche Tracht Prügel verdient.“
„Sowas würden nur Opfer machen. Ich würde hatte Angst.“
„Ja, ich hätte auch Angst. Würde, würde, würde. Eine Tat zählt mehr als 1000 Worte, das war auch auf Krim immer unser Gebot.“
„Willst du battle oder was Opa? Du Opfer.“ Dafür setzt es eine Ohrfeige.
„Ey schlag mich nicht Opa, ich bin kein Opfer wie Ernst und so. Ist verboten mich zu schlagen.“ „Jetzt bist du eines.“
Und Opa schlägt ein zweites Mal zu.
Darauf nimmt Opa Emilys Sachen, öffnet die Tür und schmeißt sie raus. „Und du gehst gleich mit, lass dich hier nie wieder blicken!“
Da geht Emily zu Hildegard in die Küche, öffnet das Regal mit den Gläsern und wischt mit einem Schwung alle Gläser aus dem Regal, sodass sie klirrend zu Boden fallen.
„Emily!“ kreischt Hildegard.
Doch Emily hört nichts mehr.
Sie ist bereits bei der Kommode mit dem guten alten Porzellan angelangt. Sie schließt die Tür auf, nimmt einen großen Stapel kostbarer Teller, und schmettert ihn auf den Boden.
„Genug ist genug, jetzt reicht es!“, brüllt da Hildegard, schnappt sich ihren alten Besen und versetzt Emily hinterrücks einen saftigen Schlag.
Emily wird später vom Krankenwagen auf die Intensivstation gebracht.
„Opa, Opa, ich muss dich was Wichtiges fragen“,
so stürmt die 15-jährige Emily auf ihren Großvater zu, der im Wohnzimmer auf seinem alten Ledersessel Platz genommen hat, und gerade im Begriff war, die Tageszeitung aufzuschlagen.
„Ruhig Blut, mein Kind, was gibt es denn?“
„Opa, ich hatte dir doch mal von Christina erzählt.“
„Die Schwester im Feldlazarett vor Kursk?“
„Nein, Opa, die mit den Markenschuhen.“
„Ach, ich hatte damals nur ein Dutzend Wollemarken erhalten. Schuhmarken gab es nur im Tausch gegen drei Buttermarken.“
„Die hat Schuhe von New Yorker, die hat sonst keiner aus meiner Klasse.“
„Ja, was ist denn jetzt mit ihr?“
„Opa, die hat in zwei Tagen Geburtstag und jetzt darf sie aber nicht zuhause feiern, weil ihr Bruder das ganze Haus braucht.“
„Hat der auch Geburtstag?“
„Nein, der muss seine Beliebtheit auffrischen, der hat seit einem Monat keine Party mehr gemacht.“
„Dann musst du ja ziemlich unbeliebt sein?“
„Nein, Opa. Ich habe mir noch keinen hohen Beliebtheitsrang erarbeitet, deswegen brauch ich nicht so viel zu leisten um meinen Rang zu halten.“
„Ich hatte damals den Offiziersrang inne.“
„Cool, hattest du Markenkleidung, oder warum?“
„Nein, weil ich der Hölle Kursk gekämpft habe!“
„Es gibt keine Hölle Opa, das hatten wir gerade in Ethik. Das hat die evantholische Kirche erfunden, damit die Briefe ihre Ablässe kriegen, damit Luther sich irgendne Kirche bauen kann.“
Ihr Opa blickt sie lächelnd an: „Da weißt du aber schon eine Menge.“
„Ja, hab ich alles in der Schule gelernt! Ich habe eine eins in Ethik!“
„In der letzten Arbeit?“
„Ja, die haben wir vorgestern wiederbekommen. Da ging es um diesen Zöllner Luther oder so.“
„Wie bist du sonst so in der Schule?“
„Ich bin sehr intelligent.“
„Warum, weißt du so viel?“
„Nö, aber ich hab viele 1sen. Warst du früher auch so gut?“
„Nein, so gut nicht, Emily.“
„Komisch, ich fands immer ziemlich schlau, was du so sagst.
Alles auswendig gelernt wahrscheinlich.“
Da wendet sich Emily plötzlich zur Tür.
„Opa, ich muss gleich zum Bahnhof, mit Freunden Schwimmbad gehen. Also wir müssen das schnell besprechen jetzt.“
„Immer ruhig mit den jungen Pferden. Also Christina?“
„Ja, ich muss mich dringend bei ihr beliebt machen. Sie hat 4 allerbeste Freundinnen, 6 beste und noch 20 Freundinnen. Sie sammelt viel schneller als ich.”
Da entgegnet ihr Opa mit fester Stimme: „Vor Sewastopol auf Krim, hatte ich drei Kameraden, auf die ich mich immer verlassen konnte. Du weißt gar nicht, was ich denen alles zu verdanken habe.
Leutnant Grotemburg, ein Held! Wir mussten einmal zu dritt gegen eine ganze Kompanie von bolschewistischen Panzergrenadieren kämpfen. Wir verstecken uns im Schützengraben, er teilt an uns beide Panzerfäuste aus und dann haben wir aus dem Hinterhalt angegriffen.
Siegmund, also Grotemburg, erwischt plötzlich die Kugel einer Stalinorgel, er sackt in sich zusammen.
Er hat mein Leben gerettet und dafür sein eigenes geopfert, ein wahrhaft selbstloser Held!“
„Opa, drei, das ist voll wenig. Damit kommst du auf Party echt nicht an. Du brauchst paar mehr.“
„Worüber redest du denn so mit deinen allerbesten Freundinnen?“
„Ach, ich kann mit den über alles reden. Vor denen brauch ich nichts verbergen. Ich kann denen echt vertrauen.“
„Über was redet ihr denn so?“
„Das ist privat!!“
„Sag doch mal.“
„Nö.“
„Bitte, ist es wirklich so geheim?“
„Ja.“
„Komm, nur eine Sache.“
„Hmmmm, ok. Lisa hat mir neulich was ganz privates anvertraut.“
„Was denn?“
„Bei DSDS, wen sie hat Telefon gemacht.“
„Warum sprichst du immer so komisch? Kannst du kein Deutsch mehr?“
„Doch, aber so reden ist cool, das machen Ausländer auch. Ich verschreib mich auch dauernd in Arbeiten.“
„Kannst du keine Rechtschreibung?“
„Doch, aber das ist cool kein Deutsch zu können. Genauso wie Türken, die sind voll cool.“
„Ich liebe die Deutsche Sprache sehr.“
„Ich hasse Deutschland.“
„Warum?“
„Das stand auf 'nem Aufkleber in der Schule. Wo immer die Punks und so stehen.“
„Was sind Punks?“
„Das sind Leute, die hassen Kapitalosophie oder so. Die wollen das ändern, weil die das scheiße finden.“
„Warum mögen die das nicht?“
„Weil die das voll scheiße finden. Dann gibt’s noch Visus, Emos, Gothics und Nazis, die haben Juden getötet, deswegen müssen wir die Nazis vergasen, hat neulich Mike gesagt, der ist Punk.“
„Und was bist du?“
„Ich warte auf den nächsten Trend, den übernehm ich dann sofort. Ich war bis jetzt immer zu langsam, wenn n neuer Trend aufkam, das hatten dann immer schon zu viele übernommen, das war nicht mehr cool.“
„Achso.“
Emily fängt plötzlich laut zu lachen an. „Warum lachst du? Ich habe doch nur ‚Achso’ gesagt.“
„Sorry Opa, ich dachte eben kurz an ne Party, ich wusste nicht, dass ich mit dich rede.“
„Was machst du denn auf Partys?“
„Ja, weißt du, ne. Die Gespräche sind meistens total langweilig. Aber das darf ich mir nicht anmerken lassen, deswegen lache ich immer so alle fünf Minuten einmal, damit die merken, dass ich ihre Witze lustig finden, dann kann ich mich schneller beliebt machen.“
„Warum willst du dich beliebt machen?“
Emily guckt verständnislos: „Warum ich das will?“
„Ja.“
„Das ist an der Schule wie Geld, so was braucht man.“
„Achso, du sprichst von sozialem Kapital. Hast du schon mal überlegt, das zu verzinsen oder in einen Fonds anzulegen?“
„Du laberst scheiße Opa.“
„Warum?“
„Weil das scheiße ist, was du laberst.“
„Was hab ich denn gesagt?“
„Irgendeinen Scheiß, der out ist. Ich rede nur über Dinge, die in sind.“
„Was interessiert dich denn zurzeit?“
„Nichts.“
„Aber über was redest du dann?“
„Über die Dinge, die in sind. Ist mir egal ob das interessant ist oder nicht. Interessant ist alles was in ist, für mich. Deswegen mach ich morgens immer I-net an und guck bei Bravo bei Charts, was da läuft und kauf mir das bei Musicload.de“ „Warum das denn? Ich dachte Musik kriegt man auch kostenlos.“
„Ich kaufe immer nur die offizielle Version, das ist Orginal und viel cooler. Saugen machen nur die Opfer, die haben keinen Style.“
„Aber dann sparst du doch was.“
„Sparen bei Sachen, die nicht offiziell verkauft werden, ist uncool. Sparen kann man nur bei ALDI und LIDL und REWE, die sind cool.“
„Warum sind diese Ramschläden cool?“
„Ey, ALDI ist einfach cool, das sagen auch die Leute aus der Werbung.“
„Aus der Werbung?“
„Ja, ich liebe Werbung!!“
„Warum das denn?“
„Ja, die sagen meiner Clique, welche Sachen cool sind. Die Filme und so die dazwischen kommen, zwischen der Werbung nerven immer voll. Und ich kaufe nichts, was keine Marke ist. Außerdem kauf ich alles im Geschäft, nie im Internet, das ist nur zum chatten. Wenn man was im Internet kauft, ist für Opfer. Weil das ist nicht so offiziell und man spart und verarscht Marken. Marken sind cool und die Leute voll cool bei Marken, die haben voll Status, die darf man nicht verarschen. Nur Opfer verarschen kann man. Zum Beispiel Kleidung bei Karstadt, die haben Rabatte auf Marken. Das ist voll uncool.“
„Was hast du eigentlich für Lieblingsbeschäftigungen?“
„Hobbys? Shopping, Shopping, Shopping.“, sagt Emily und lächelt voller Stolz.
„Hast du so einen hohen Verbrauch?“
„Nö, aber das ist cool.“
„Hilgegard, machst du mir bitte noch einen frischen Orangensaft, die Orangen liegen in dem blauen Karton unten im Keller links.“
„Orangen sind voll cool, hihi.“
„Ich hab mit Oma geredet, Emily.“
„Ok, sorry, ich muss auf jedes Gesprächsangebot eingehen, das man mir macht. Nutze jede Chance um deine Beliebtheit zu steigern, das ist mein Motto. Opa weißt du ne, wenn dich jemand anspricht, der bietet dir Kapital an, wie du sagst. Das kannst du nicht so entgehen lassen. Und so was wie „Nein“ oder so darf man eh nie in Gesprächen sagen. Das kippt sofort deinen Rang.“
Oma Hildegard kommt mit einer großen Kanne Orangensaft:
„Hier, Emily, für dich hab ich auch noch ein Glas mitgebracht. Ich weiß ja, wie durstig du immer bist, soll ich dir gleich was einschenken?“
„Ja, Oma, gib mal Glas her.“
„Hildegard, bringst du mir bitte noch meine Sivaxenytan-Pillen?“
„Nicht die Laxotan?“
„Nein, die Revitali-Aktividol bitte.“
„Das ist echt cool, worüber ihr redet.“, schaltet sich Lisa ein und setzt ihr bestes Lächeln auf.
„Emily, du bist hier nicht auf der Party.“
„Oh, sorry, hab ich schon wieder vergessen. Aber du bist ja eh Nazi.“
„Nazi??“
„Ja, die sind scheiße, stand auch auf so nem Sticker.“
„Was haben die getan?“
„Die haben Juden umgebracht.“
„Haben sie?“
„Ja, weißt du das nicht, du Scheißjude?“
„Was erlaubst du dir, Jude als Schimpfwort zu verwenden?“
„Juden sind scheiße. Sagen die immer bei Southpark. Die haben auch Schwule und so mit Erdgas oder so getötet.“
„Ja, das war eine schlimme Zeit.“
„Ihh, Opa, sag das nicht so schwul. Wir sind gegen Rassismus an unser Schule, so was machen nur Scheißdeutsche.“
„Du bist doch selbst Deutsche, Emily.“
„Ja, aber Rassismus ist scheiße. So was machen nur Behinderte.“ „Habt ihr Behinderte an eurer Schule?“
„Ja, so ein Scheißopfer, Ernst, den mobben alle nur. Voll das Mopfer.“
"Hast du was gegen Behinderte? Ich dachte du bist gegen Rassismus.“
„Ja, Rassismus heißt Türken dissen. Und Türken sind cool und außerdem viel zu stark, die will eh keiner dissen. Behinderte sind voll eklig, die kann man ruhig dissen, das sind Mopfer.“
„Weißt du was die Nazis mit Behinderten gemacht haben?“
„Ja, voll scheiße, die Scheißnazis. Nazis raus! Wir müssen auch so was mit Gas mit denen machen.“
„Hast du denn gar keinen Charakter?“
„Auf Charakter achte ich nicht so, das zählt bei mir so 30 %, ich achte eher auf Aussehen und so. So witzig sein und immer gute Laune, das ist wichtig und so.“
Plötzlich schaut Emilys Opa äußerst erbost drein: „Ich hatte dich ja aufgrund deiner Schulnoten immer für ein sehr intelligentes Mädchen gehalten. Nun bin ich aber der Meinung, du hättest mal eine ordentliche Tracht Prügel verdient.“
„Sowas würden nur Opfer machen. Ich würde hatte Angst.“
„Ja, ich hätte auch Angst. Würde, würde, würde. Eine Tat zählt mehr als 1000 Worte, das war auch auf Krim immer unser Gebot.“
„Willst du battle oder was Opa? Du Opfer.“ Dafür setzt es eine Ohrfeige.
„Ey schlag mich nicht Opa, ich bin kein Opfer wie Ernst und so. Ist verboten mich zu schlagen.“ „Jetzt bist du eines.“
Und Opa schlägt ein zweites Mal zu.
Darauf nimmt Opa Emilys Sachen, öffnet die Tür und schmeißt sie raus. „Und du gehst gleich mit, lass dich hier nie wieder blicken!“
Da geht Emily zu Hildegard in die Küche, öffnet das Regal mit den Gläsern und wischt mit einem Schwung alle Gläser aus dem Regal, sodass sie klirrend zu Boden fallen.
„Emily!“ kreischt Hildegard.
Doch Emily hört nichts mehr.
Sie ist bereits bei der Kommode mit dem guten alten Porzellan angelangt. Sie schließt die Tür auf, nimmt einen großen Stapel kostbarer Teller, und schmettert ihn auf den Boden.
„Genug ist genug, jetzt reicht es!“, brüllt da Hildegard, schnappt sich ihren alten Besen und versetzt Emily hinterrücks einen saftigen Schlag.
Emily wird später vom Krankenwagen auf die Intensivstation gebracht.