KFB schrieb:Wenn ein Mann gegenüber einem anderen Grenzen überschreitet. Ist man da sensibler oder ähnlich gleichgültig, wie es in deinem Artikel beschrieben wurde?
Das kann ich dir gar nicht sagen. Privat ist ja immer was anderes, als in der Szene. Von einer Frau bin ich noch nie belästigt worden.
Ich persönlich habe mich auch nie akut bedroht gefühlt oder sowas in der Art. Teilweise sind die Annäherungsversuche sehr offensiv, oder ich würde sagen "direkter"?
Bei den blauen Seiten bekomme ich zumindest ständig unaufgefordert Schwanzbilder unterschiedlicher Qualität geschickt, also eigentlich immer wenn ich da online bin. Das, oder vergleichbares.
Die gucke ich mir dann durchaus interessiert an, beschäftige mich aber weiter nicht damit.
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Einmal gab es eine Situation, das war in einem Praktikum, während meiner Zeit als Student. Da gab es einen Kollegen, der unheimlich beliebt war; sehr engagiert und der Liebling aller Frauen, fast wie ein Maskottchen.
Da war ich Anfang 20, der wird so 10, 15 Jahre älter gewesen sein als ich. Und das war wirklich der Inbegriff eine unattraktiven Mannes für mich.
Der Typ hat mich offensiv angegraben. Ich war sehr schüchtern und habe irgendwie gar nicht darauf reagiert glaube ich, obwohl ich eine körperliche Abscheu gegen den hatte.
Der ging an mir vorbei, obwohl es ein Umweg war und strich mir durch den Nacken; nannte mich "Hübscher"; kam unpassend nah an mich heran; kam in die Küche und schloss die Türe wenn ich darin war, um mir etwas zu essen zu machen; lud mich zu sich nach Hause ein, akzeptierte dann aber nicht, wenn ich versuchte die Situation möglichst klein zu halten, indem ich log keine Zeit zu haben, sondern fragte immer wieder. Ständig erzählte er mir von seinen Fetisch-Abenteuern im Berghain und beschrieb die Klamotten, die er dabei trug. Er war keine körperliche Bedrohung für mich. Er war klein und mager. Aber lüsternd und irgendwie überall wo ich war.
Eines Tages machte ich diesbezüglich eine Bemerkung gegenüber einer jungen Psychologin, die dort als Honorarkraft gelegentlich arbeitete. Ich weiß nicht mehr was ich sagte, aber sie horchte irgendwie kurz auf und fragte nach. Ich habe dann irgendwie ihr gegenüber problematisiert, dass ich mich nicht traue ihn deutlich zurück zu weisen, weil er ja so beliebt war.
Sie sagte dann sehr eindringlich zu mir, "das ist genau die Atmosphäre, in der sexuelle Belästigung entsteht, der Frauen so oft ausgesetzt sind" und erklärte mir, wie problematisch gerade meine Annahme sei, er sei ja so beliebt und sonst ja so nett, dass ich das aushalten müsste. "Du hast Grenzen und die zählen" sagte sie zu mir.
Ich habe dann einen Fehler gemacht. Bzw. was heißt Fehler? Vielleicht nicht überlegt gehandelt. Ich habe recht zeitnah und ohne jeden Rahmen, d.h. zwischendurch meiner Anleiterin andeutungsweise davon erzählt. Und ich hab sofort gemerkt, dass sie sich mit dem Kollegen solidarisierte. Sie sagte nicht viel, aber wirkte irgendwie spöttisch, als sie etwas in der Art erwiderte, "ich hätte das sicher falsch verstanden"
Ich war aber auch nicht souverän in dem Moment
1. war ich sehr jung
2. suchte ich wirklich bei mir, ob ich etwas falsches ausgesendet hatte oder mich anstellte
3. Hätte ich die Situation tatsächlich vollkommen anders eingeordnet, wenn ich den attraktiv gefunden hätte, was mirirgendwie ein schlechtes Gewissen machte (ich bin doch sonst auch kein Kind von Traurigkeit, darf ich mich überhaupt beschweren...?)
Von da an änderte sich die Atmosphäre. Ich wurde nicht gemobbt, aber fühlte mich wie jemand, der bei einer Intrige oder beim dreisten Lügen ertappt worden war. Alle Freundlichkeit war dahin. Der Typ ignorierte mich von da und und bestätigte die anderen durch sein Verhalten darin, dass ich mich nur angestellt hätte.
ich glaube es wäre anders gelaufen, hätte ich in einer entsprechenden Situation direkt laut und deutlich gesagt "Hör auf, es nervt". Ohne irgendwen zu schonen und ohne kontrollieren zu wollen, was dann passiert. Denn so wirkte ich wirklich unehrlich.
Heute würde ich das hin kriegen.