Die gesellschaftliche Norm und wenn man nicht dazu gehört

Doors schrieb:Na, von den Normen weicht aber ein Grossteil der Lebensentwürfe ab. Wir sind doch nicht mehr in den Fünfzigern!

Dass ein gesellschaftlicher Wandel stattgefunden hat, ist klar. Immer mehr Menschen weichen vom eingestaubten klassischen Werdegang und Lebensmodell ab.
Nichtsdestotrotz müssen sich heutzutage immer noch Männer und insbesondere Frauen, so mein Eindruck, rechtfertigen, wenn sie nicht meiner eben vorgenannten Norm entsprechen. Unfreiwillig oder freiwillig nicht entsprechen.

Auch Paare übrigens, die partout nicht heiraten wollen, müssen sich dafür rechtfertigen, warum sie nicht wollen.

@rhapsody3004
Ist das so? Also ich komm vom Dorf und aus erzkatholischer Gegend. Aber dass sich jemand rechtfertigen müsste, unverheiratet mit jemand zusammenzuleben oder dass jemand schräg angeguckt wird, wenn er WG wohnt etc, wär mir nicht bekannt. Es mag einzelne Spinner geben, aber die Norm sind die nicht.
Wichtig ist einfach, dass man sich in kleinen Dörfern nicht abkapselt, sondern ganz entspannt mit allen anderen lebt und jeden akzeptiert, wie er eben ist.

@Doors

Es gibt aber immer mal Schnittstellen, wo man wieder in den 50er Jahren ankommt.

Wer als unverheiratetes Paar eine hochwertige Wohnung mieten möchte, auf die sich auch vergleichbare verheiratete Paare bewerben, wird sich schon anstrengen müssen. Da steckt jetzt zwar nicht mehr die Idee 'Höllenfeuer' hinter, aber die Idee, dass verheiratete Paare das möglicherweise stabilere Lebensmodell sind.

rhapsody3004 schrieb:Musste jetzt schon von vielen Frauen lesen, dass sie schief angeguckt werden und sich für ihr Leben rechtfertigen müssen - bei Arbeitskollegen aber auch bei Freunden und Bekannten.
Warum keine Kinder?
Wie, immer noch nicht verheiratet?
Warum nicht mal einen Freund/Lebensgefährten?
Warum Warum Warum...?

das kenne ich gut, und denke dass hier Frauen noch teilweise "schiefer" angeguckt werden als Männer.

rhapsody3004 schrieb:Eine gesellschaftliche Norm ist zb. diese hier bzw. wird folgendes darunter verstanden: Heiraten, Kinderkriegen und das i tüpfelchen wäre ein spießiges Häuschen mit Garten im Vorort und einen gesellschaftlich hochgeschätzten Beruf bei Mann und Frau.

Also ein typisches Leben, Lebensmodell, ein typischer Werdegang insbesondere in konservativ-bürgerlichen Kreisen.

so ist es. Bei vielen steht man gleich besser da wenn man das einmal geschafft hat.
"Wie noch kein Auto?", "Aber Kinder willst du doch auch mal, ist doch normal" oder "naja ewig alleine bleiben is nix, komm Such dir doch ne Frau" "das kann doch nicht ewig so weitergehen, junge" sind so Sätze die da oft fallen...
Auch in der Verwandtschaft öfters mal.
und das Schlimme ist man knabbert tatsächlich daran, zweifelt an sich und fragt sich was man nur alles falsch gemacht hat...

knopper schrieb:Auch in der Verwandtschaft öfters mal.
und das Schlimme ist man knabbert tatsächlich daran, zweifelt an sich und fragt sich was man nur alles falsch gemacht hat...

Und hast du schon Sachen herausfinden können, die du falsch gemacht hast oder die falsch gelaufen sein könnten, durch dich gesteuert?

@Streuselchen

nö das hält dann auch meist nur eine Weile an, und dann fühlt man sich wieder wohl in seiner Haut. Es ist halt nur in dem Moment wo man dieser Person gegenübersteht und damit konfrontiert wird.
Also dieses anklagende nach dem Motto "nun guck dich doch mal an"....

@knopper
Sowas sagen vermutlich die, die seit sie 16 sind mit dem gleichen Partner oder Partnerin zusammen sind (was völlig ok ist), aber dann andere belehren wollen, sich jetzt krampfhaft mal wen zu suchen... Am besten noch Personen vorschlagen..... die wär doch was für Dich.... 😉

@sacredheart

sacredheart schrieb:Wenn meine Jungs plötzlich in so einem Kaftan rumlaufen würden, würde sich bei mir schon eine stressbedingte Blässe einstellen

Daher ist ja auch diese uralte Elternweisheit, soferne Kinder nicht wirklich psychisch krank wären, ein recht probates Mittel gegen Rebellionen: Cool bleiben. Nicht meckern. Kurz beachten, Interesse zeigen, und akzeptieren oder zumindest so tun.
Diese Haltung verkürzt solche Phasen recht schnell oder, wenn sie ernster gemeint sind, wird sich der Nachwuchs dann immerhin nicht unverstanden fühlen.

@knopper

Das hängt glaube ich oft auch mit der aktuellen Lebenssituation der Beteiligten zusammen.

So als ganz junger Erwachsener erlebte ich mal ein paar harte Brüche im Leben, war kein Spaß. Ein großer Teil meines aktuellen Freundeskreises war aber damals in einer Phase von Abenden mit Gesellschaftsspielen in Pärchenrunde, wo auch gerne freiwerdende Immobilien schon mal diskutiert wurden oder Bauvorhaben. Man schenkte sich dann gegenseitig auch so liebevolle selbstgemachte Sachen und alles war Harmonie und Wohlbefinden. Das sah wohl aus, wie die Sparkassen Reklamen dieser Zeit. Weil es mir aber völlig anders ging, hätte ich bei so viel heiler Welt Attitüde kotzen können.

Von denen konnte keiner was dafür. Es war ja nicht deren schuld, dass in meinem Leben viel Mist passiert war.

Allerdings hielt deren Phase 'Die Leute von der Shilo Ranch' auch nicht ewig an und so kam man irgendwann auch wieder auf Augenhöhe und mein Leben kam ja auch wieder ins Lot.

Wie sagte schon Jonathan Aaron Steel: Some people never go crazy, but truly born liars they must be.

off-peak schrieb:Daher ist ja auch diese uralte Elternweisheit, soferne Kinder nicht wirklich psychisch krank wären, ein recht probates Mittel gegen Rebellionen: Cool bleiben.

@off-peak

Da ist schon viel dran. Wenn ich meine eigene rebellische Phase bedenke als Metaller (bin ich ja auch heute noch) war die obwohl meine Eltern das gar nicht lustig fanden, völlig harmlos. Da hätten die sich viel Stress gar nicht machen brauchen.

Irgendwie war in deren Kopf aber Metal mit Drogen verknüpft und so wurde ich öfters examiniert, ob ich was genommen hätte, ob mir jemand was angeboten hätte. In Wirklichkeit hatte ich meine ganze Jugend über null Kontakt zu Drogen und habe mit Mitte 20 gerade ein einziges Mal eine Tüte geraucht (aber natürlich nicht inhaliert, kicher), fand das sinnlos und feddich.

Meinen Kindern hingegen würde ich manchmal gerne sagen: Nun seid doch gefälligst mal ein bisschen unangepasster. Ihr seid doch auch nur einmal jung. Aber mir erscheint die aktuelle Jugend eher viel braver, als es in den 80ern noch üblich war.

Grundsätzlich habe ich viel Sympathie dafür, in jungen Jahren mal ein bißchen die Kuh fliegen zu lassen. Wenn man mal mit 90 Jahren nicht mehr viel machen kann, dann bleibt ja daran wenigstens die Erinnerung.

Ich möchte nicht auf meine Jugend zurückblicken und als Höhepunkt erzählen:

Damals war ich mal so crazy drauf, da habe ich morgens Elmex genommen und abends Aronal. War ne wilde Zeit damals...

sacredheart schrieb:Da steckt jetzt zwar nicht mehr die Idee 'Höllenfeuer' hinter, aber die Idee, dass verheiratete Paare das möglicherweise stabilere Lebensmodell sind.

Ich habe meine zweite Frau auch geheiratet, weil die Bank es so wollte. Die wollten mein Haus als Sicherheit, weil meine Frau nichts "belastbares" hatte.

Aber das irgendwer sonst einen zur Ehe drängt, scheint mir dann doch Schnee von gestern. Solche Zwänge haben wir hier nicht mal auf dem Dorf.

@Doors

Es war auch kein Zwang. Aber wir hatten schon vor der Ehe ein sehr schönes Haus gemietet, auf das sich in 2 Tagen mal eben 80 Kandidaten gemeldet hatten. Weil unsere durchaus weltoffenen Vermieter aber besonders eine langfristige Lösung wollten, wurden erst mal die Unverheirateten aussortiert. Ich war dann aber besonders penetrant und weil wir uns gut verstanden, hat es dann doch geklappt. In erster Instanz landeten wir aber in der B Probe.

sacredheart schrieb:Irgendwie war in deren Kopf aber Metal mit Drogen verknüpft und so wurde ich öfters examiniert, ob ich was genommen hätte,

Haha.
Als ich diese Phase hatte ( Metal, dunkle Klamotten usw) wurde ich sehr oft von meinen Lehrern zum Gespräch bestellt.
Der Reli Lehrer wollte immer rausfinden ob ich etwas mit dem Satanismus zu tun habe.

Und warum das alles!?
Weil ich plötzlich nicht mehr wie ein kleines braves Mädchen aussah

@Cherokeerose
Auf die Frage des Lehrers hab ich selbstverständlich mit "Jawohl" geantwortet und dachte mir, dass mein "Obsessed By Cruelty" Shirt in Kombination mit Patronengurt, sumerischer Dämonen Ritualhalskette, Eisernem Kreuz Pin an der Jacke und textsicherem Zitieren von Venom Texten scheinbar noch nicht ausreichte 😉
@sacredheart
Von Drogen hab ich auch immer die Finger gelassen. Hab lieber Sport gemacht

@rhapsody3004

rhapsody3004 schrieb:wäre ein spießiges Häuschen mit Garten

Hey, hey, hey. So ein spießiges Häuschen oder eine Wohnung ist das Vernünftigste und Beste, das man sich im Leben zulegen kann.
Man hat eine Wohnung, aus der einem keiner rausschmeißen kann.
Ich bin sehr froh über die "Spießigkeit" meiner Eltern, denn wenn die Mieten so weiter steigen, dann kann ich sie eines Tages nicht mehr zahlen, wenn ich von meiner Rente noch etwas mehr übrig haben möchte als nur Futter und Dach über dem Kopp. Dann ab ins Elternhaus! Der Erhalt eines ganzes Hauses kostet dann nur mehr die Hälfte der Miete einer kleinen Wohnung.

Leute, die meinen, eigenen Wohnraum zugunsten irgendwelcher rebellischer Haltungen gegen Spießigkeit ablehnen zu müssen, haben sich das ganz offensichtlich noch nie so richtig durch gerechnet.

abberline schrieb:Auf die Frage des Lehrers hab ich selbstverständlich mit "Jawohl" geantwortet

Hehe
Ich habe immer mit Gegenfragen geantwortet

@sacredheart

sacredheart schrieb:Aber mir erscheint die aktuelle Jugend eher viel braver, als es in den 80ern noch üblich war.

Heißt für mich nur, dass sie wohl fühlen, mit dem, was sie haben. Dagegen ist ja nichts einzuwenden.

off-peak schrieb:Hey, hey, hey. So ein spießiges Häuschen oder eine Wohnung ist das Vernünftigste und Beste, das man sich im Leben zulegen kann.
Man hat eine Wohnung, aus der einem keiner rausschmeißen kann.
Ich bin sehr froh über die "Spießigkeit" meiner Eltern, denn wenn die Mieten so weiter steigen, dann kann ich sie eines Tages nicht mehr zahlen, wenn ich von meiner Rente noch etwas mehr übrig haben möchte als nur Futter und Dach über dem Kopp. Dann ab ins Elternhaus! Der Erhalt eines ganzes Hauses kostet dann nur mehr die Hälfte der Miete einer kleinen Wohnung.

Leute, die meinen, eigenen Wohnraum zugunsten irgendwelcher rebellischer Haltungen gegen Spießigkeit ablehnen zu müssen, haben sich das ganz offensichtlich noch nie so richtig durch gerechnet.

Hey, hey, hey...

Das Beispiel mit dem Häuschen im Grünen war doch nur dazu gedacht um das perfekte Bild, Leben, Lebensmodell zu komplementieren.
Ich selbst würde mir ein Häuschen im Grünen mit Nachbarn mindestens 50 Meter Luftlinie zu beiden Seiten entfernt wünschen. Metal aufdrehen bis der Arzt kommt.

Spießig ist/wäre für mich das Komplettpaket, siehe vorherige Beiträge von mir.
Der typische Werdegang in konservativ-bürgerlichen Kreisen und dass das quasi schon vorausgesetzt wird, eine feste Norm in diesen Kreisen ist.

Ps.
Ich würde aber nicht permanent stutzen, mähen etc. sondern mein Garten würde in die Richtung naturbelassen gehen - egal wie schief Nachbarn gucken würden. Und Craizy-Painting natürlich!

@rhapsody3004
Ist Metal heutzutage nicht auch schon etwas spießig? So Samstags beim Autowaschen, wenn keine Fussballreportage kommt. 😉 Dann wär ich für Dich ja schon ein wenig spießig. Aber das macht nix, denn eisern den Lebensstil wie mit 17 weiterzuführen, wäre recht befremdlich. Auch wenn winterliche Waldspaziergänge bei Nacht immer noch cool sind. Auch ohne Corpsepaint und Nagelarmbänder. 🤘😊
Und Rasen mähen ist allein deshalb schon vorteilhaft, wenn Kinder gerne Fußball spielen wollen, das Planschbecken gerade stehen soll oder ähnliches.
Wobei ich allerdings Natur und urigen Wald gleich ein paar Minuten entfernt hab und selbst immer viel im Wald bin.
@off-peak
@sacredheart
Ob die Jugend heute braver ist als in den 80ern weiß ich nicht, zumindest saß die Jugend der 80er nicht ständig vor Smartphones, im Internet und geisterte nicht in sozialen Medien rum.
Dafür war es mitunter ein Akt, ohne Internet und Co an relevante Neuigkeiten zu kommen, die jugendliche Metalfans interessierten. Nix youtube, Amazon und Co, sondern verrauschte BASF Kassetten.
Heute haben die Jugendlichen oftmals einen Informations-Overkill an allem und alles kommt mir kurzfristiger und schnelllebiger vor.

@abberline

Kommt auf das Subgenre an. Außerdem könnte ich mit diversen orchestralen Action- und Horrorscores nachlegen. Da dürfte dann auch der letzte Nachbar bei entsprechender Lautstärke die Flucht ergreifen oder die netten Beamte rufen.

Na ja, Kinder gäbe es bei mir ja schon mal nicht, von daher darf mein Rasen gerne so aussehen wie ich ihn haben will.

Mir geht es doch nur um diese spießigen Wohngegenden, in denen gefühlt jedes Haus, jede Terrasse einschließlich der Pflasterung, jeder Vorgarten, ja selbst die meisten Fahrzeuge etc. gleich unkreativ und langweilig aussehen und regelmäßig millimetergenau alles angepasst ist und wird.

Hätte ich in so einer Gegend ein Häuschen, dann würde ich schon aus Prinzip
aus diesem Schema ausbrechen wollen. Der zu erwartenden Norm in dieser Gegend absichtlich widersprechen wollen - egal wie doof Nachbarn gucken und lästern würden.
Kurz; ich würde mich aus Prinzip irgendwie von der Masse dort abheben wollen. Als alleiniger Bewohner eines Hauses, als Single, würde es schon losgehen. Und ich wette sogar, dass ich irgendwann mit der Frage konfrontiert werden würde, wo ich denn meine Frau gelassen hätte?