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11.02.2021 um 00:50Kate Tempest - The Bricks that Built the Houses
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Der Erstlings-Roman der Londoner Poetin und Rapperin Kate Tempest beginnt doppelt.
Im Prolog wird gegen ein "they" geschrieben, also gegen ein "sie", das anders als ein "wir" lebt, und das "sie" sind die Leute, die in einem Alltagstrott von Arbeit, Einkauf und Familie leben. Ein Klischee-Klassiker des Pseudoprotests: Arbeitssklaven und Konsumtrotteln.
Der zweite Einstieg besteht aus zwei Frauen und einem Mann in einem Fluchtauto nach einem Raub. Aufgeklärt wird diese Szene nie. Denn der Rest des Romans ist ein Rückblick und gelangt nie wieder zu dieser Szene zurück, es bleibt also Raum, um sich auszumalen, was da gerade abläuft.
Die drei im Auto sind Becky (Rebecca), Harry (Harriet) und Leon.
Becky ist eine 26-jährige Tänzerin, die sich mit kleinen Aufträgen rumschlägt, die weniger einbringen als einen Minimallohn. Für ihren Onkel arbeitet sie mehr oder weniger gratis in seinem Café, weil er sie angenommen hat, als ihre Familie auseinandergebrochen ist. Um überleben zu können, arbeitet sie als erotische Masseuse. Ihr Traum ist, in einem Ensemble zu tanzen, aber dafür ist sie zu alt. Ihr eifersüchtiger und als Absolvent eines Politikwissenschaftsstudiums arbeitsloser Freund Pete, der Bruder von Harry, der sie abgöttisch liebt, setzt seinen Stiefbruder an, um herauszufinden, ob Becky bei ihren Massagen "Extras" anbietet. Dieser etwas dümmliche Mensch genießt es bei einer Feier, bei der er Becky wieder sieht, deren Job rauszuposaunen.
Harry ist 30, hat einen Traum: ein eigenes Restaurant mit Kulturzentrum. Dafür will sie eine Million ansparen und dealt gemeinsam mit dem gleichaltrigen Kindheitsfreund Leon (einem intellektuellen, kampfsporttrainierten indigenen Venezolaner) in der gehobenen Mittelschicht mit Kokain. Als ihre Quelle (Pico) ins Gefängnis muss, wird sie bei einer Übergabe bedroht, mit Leon als Beschützer kann sie jedoch fliehen und stiehlt noch jede Menge Geld und Stoff. Obwohl der Vertreter ihres Lieferanten selbst betrogen wurde, will Pico das Geld zurück oder Harry für sich arbeiten lassen, was sie ablehnt. Damit endet der Harry-Teil, wie es dann zu der Autoflucht gekommen ist, muss man sich selbst ausmalen.
Becky und Harry? Die beiden treffen sich und verlieben sich ineinander. Becky, die schöne Tänzerin, und Harry, die bubenhafte Frau in Männerkleidung. Nach der Feier, bei der Beckys Nebenjob rausposaunt wird, touren die zwei mit einem Teil des gestohlenen Kokaingelds etwa ein Jahr lang durch Holland, Belgien, Frankreich und Deutschland, den Großteil legt Leon an. Kein Wunder, dass nach der Rückkehr nach London nichts mehr vorhanden ist, um das Geld vielleicht an Pico zurückzahlen zu können.
Ok. Ja. Verwirrend. Ist die Lektüre auch. Dazu kommen noch die Lebensgeschichten verschiedenster Familienmitglieder. So wird der Vater Beckys wegen Verführung Minderjähriger verurteilt. Dies wird als Framing dargestellt, da er als schwarzer Intellektueller und Politikwissenschafter die Meinung vertritt, dass sämtliches Privateigentum verstaatlicht gehört und die Masse die Macht übernehmen soll. Genauer wird es nie, aber sein Name ist ein Hammer: John Darke. Das klingt wie Jeanne D'Arc. Da hat Tempest zu tief in die sprachliche Klischeekiste gegriffen.
Der Roman erinnert streckenweise an Trainspotting, nur wollen diese Figuren eine Generation danach nicht mehr ausbrechen, ganz im Gegenteil, sie leben so, weil sie nicht in ein Erwachsenenleben mit ihren Kleinbürgerträumen reinkommen. Es gibt kein Ensemble, es gibt kein Restaurant, es gibt keine Politikwissenschaftskarriere. Daher die Projektionen des Scheiterns in einen nicht fassbaren Umbruch der Gesellschaft (in London) durch nie genannte, im Hintergrund arbeitende Mächte mit Kapital. Der Träume, die in diesem Roman scheitern, sind sehr wertkonservative Träume.
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Der Erstlings-Roman der Londoner Poetin und Rapperin Kate Tempest beginnt doppelt.
Im Prolog wird gegen ein "they" geschrieben, also gegen ein "sie", das anders als ein "wir" lebt, und das "sie" sind die Leute, die in einem Alltagstrott von Arbeit, Einkauf und Familie leben. Ein Klischee-Klassiker des Pseudoprotests: Arbeitssklaven und Konsumtrotteln.
Der zweite Einstieg besteht aus zwei Frauen und einem Mann in einem Fluchtauto nach einem Raub. Aufgeklärt wird diese Szene nie. Denn der Rest des Romans ist ein Rückblick und gelangt nie wieder zu dieser Szene zurück, es bleibt also Raum, um sich auszumalen, was da gerade abläuft.
Die drei im Auto sind Becky (Rebecca), Harry (Harriet) und Leon.
Becky ist eine 26-jährige Tänzerin, die sich mit kleinen Aufträgen rumschlägt, die weniger einbringen als einen Minimallohn. Für ihren Onkel arbeitet sie mehr oder weniger gratis in seinem Café, weil er sie angenommen hat, als ihre Familie auseinandergebrochen ist. Um überleben zu können, arbeitet sie als erotische Masseuse. Ihr Traum ist, in einem Ensemble zu tanzen, aber dafür ist sie zu alt. Ihr eifersüchtiger und als Absolvent eines Politikwissenschaftsstudiums arbeitsloser Freund Pete, der Bruder von Harry, der sie abgöttisch liebt, setzt seinen Stiefbruder an, um herauszufinden, ob Becky bei ihren Massagen "Extras" anbietet. Dieser etwas dümmliche Mensch genießt es bei einer Feier, bei der er Becky wieder sieht, deren Job rauszuposaunen.
Harry ist 30, hat einen Traum: ein eigenes Restaurant mit Kulturzentrum. Dafür will sie eine Million ansparen und dealt gemeinsam mit dem gleichaltrigen Kindheitsfreund Leon (einem intellektuellen, kampfsporttrainierten indigenen Venezolaner) in der gehobenen Mittelschicht mit Kokain. Als ihre Quelle (Pico) ins Gefängnis muss, wird sie bei einer Übergabe bedroht, mit Leon als Beschützer kann sie jedoch fliehen und stiehlt noch jede Menge Geld und Stoff. Obwohl der Vertreter ihres Lieferanten selbst betrogen wurde, will Pico das Geld zurück oder Harry für sich arbeiten lassen, was sie ablehnt. Damit endet der Harry-Teil, wie es dann zu der Autoflucht gekommen ist, muss man sich selbst ausmalen.
Becky und Harry? Die beiden treffen sich und verlieben sich ineinander. Becky, die schöne Tänzerin, und Harry, die bubenhafte Frau in Männerkleidung. Nach der Feier, bei der Beckys Nebenjob rausposaunt wird, touren die zwei mit einem Teil des gestohlenen Kokaingelds etwa ein Jahr lang durch Holland, Belgien, Frankreich und Deutschland, den Großteil legt Leon an. Kein Wunder, dass nach der Rückkehr nach London nichts mehr vorhanden ist, um das Geld vielleicht an Pico zurückzahlen zu können.
Ok. Ja. Verwirrend. Ist die Lektüre auch. Dazu kommen noch die Lebensgeschichten verschiedenster Familienmitglieder. So wird der Vater Beckys wegen Verführung Minderjähriger verurteilt. Dies wird als Framing dargestellt, da er als schwarzer Intellektueller und Politikwissenschafter die Meinung vertritt, dass sämtliches Privateigentum verstaatlicht gehört und die Masse die Macht übernehmen soll. Genauer wird es nie, aber sein Name ist ein Hammer: John Darke. Das klingt wie Jeanne D'Arc. Da hat Tempest zu tief in die sprachliche Klischeekiste gegriffen.
Der Roman erinnert streckenweise an Trainspotting, nur wollen diese Figuren eine Generation danach nicht mehr ausbrechen, ganz im Gegenteil, sie leben so, weil sie nicht in ein Erwachsenenleben mit ihren Kleinbürgerträumen reinkommen. Es gibt kein Ensemble, es gibt kein Restaurant, es gibt keine Politikwissenschaftskarriere. Daher die Projektionen des Scheiterns in einen nicht fassbaren Umbruch der Gesellschaft (in London) durch nie genannte, im Hintergrund arbeitende Mächte mit Kapital. Der Träume, die in diesem Roman scheitern, sind sehr wertkonservative Träume.
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11.02.2021 um 03:16In Alone Together, Turkle explores how technology is changing the way we communicate. In particular, Turkle raises concerns about the way in which genuine, organic social interactions become degraded through constant exposure to illusory meaningful exchanges with artificial intelligence. Underlying Turkle's central argument is the fact that the technological developments which have most contributed to the rise of inter-connectivity have at the same time bolstered a sense of alienation between people.(Wiki)
Erstauflage, schon relativ alt (10 Jahre) und merkt man auch schnell, das hat aber nicht nur mit dem Stoff auf sich und seiner Dynamik sondern auch damit dass es eine Art Komposition ist aus Beobachtungen und Forschung über Jahrzehnte. Auch wenn manche es dafür halten, das hat deutlich mehr Substanz als der übliche 0815-Anti-Tech, Nicht-mehr-meine-Zeit-Alles-so-fremd-hier-früher-war-alles-besser-Schreib und hat schon bald deshalb Ausnahmestellung. Gehört nicht in diese Reihe, auch ist das nicht ihr Hintergrund, Intention, Umfeld oder Zielgruppe: MIT, hat u.a. bei Google referiert. Ich hab von ihr bereits Evocative Objects gelesen und Second Self, in der Reihenfolge. Meine Motivation für dieses war jetzt glaub ich gar nicht mal so sehr die besondere Erfahrung dieser Zeiten im "Homeoffice" und vor dem Hintergrund Corona (viell. etwas) sondern kam gerade beim Betrachten alter bis sehr alter Filmaufnahmen öffentlicher/ungestellter Straßenszenen aus verschiedenen Jahrzehnten und so allerhand interessanter Unterschiede, die mir dabei auffielen. Im Vergleich zu (nicht nur Corona-) heute wie auch im Hinblick auf eine chronologische Entwicklung, einer Kontinuität. Zumindest ein Eindruck dem ich mich schwer entziehen kann. Vor allem in der Art, wie Menschen, selbst einander offenbar fremde, miteinander umgehen, körperlich, physisch, und nicht nur Frauen und Kinder sondern auch erwachsene Männer; oder wie sie sich auch generell, als konkrete Individuen im Raum bewegen, behaupten, manifestieren. Ganz merkwürdig, deutliche Kontraste, wobei ich das nicht oberflächlich verweben will, die Rede ist von Material bis zurück über hundert Jahre. Aber etwas ändert sich, grundlegend. Und auch die Technik kam (nur nicht für alle zeitgleich) peu-à-peu, kontinuierlich, auch wenn man das vergessen kann wo bald jedes neue Smartphone als Revolution vermarktet wird. Wir stecken da lange in einem Prozess, der hat gute Facetten und weniger gute, das ist ihr Gegenstand, eine umfassende, originelle und sehr interessante Beobachterin:
Wikipedia: Sherry Turkle
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12.02.2021 um 21:03Bet2Chill: Die Wettstrategie für Fußballexperten
Mir wurde das Buch auf https://www.sportwette.net empfohlen, da ich mir Wettstrategien aneignen wollte.
Ich bin zwar erst am Anfang aber es fängt sehr vielversprechend an weil der Autor eine eigene Strategie entwickelt hat, die man so nicht ohne weiteres woanders findet. Da die Bewertungen für das Buch auch ziemlich gut waren werde ich es natürlich so schnell wie möglich verschlingen.
Mir wurde das Buch auf https://www.sportwette.net empfohlen, da ich mir Wettstrategien aneignen wollte.
Ich bin zwar erst am Anfang aber es fängt sehr vielversprechend an weil der Autor eine eigene Strategie entwickelt hat, die man so nicht ohne weiteres woanders findet. Da die Bewertungen für das Buch auch ziemlich gut waren werde ich es natürlich so schnell wie möglich verschlingen.
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13.02.2021 um 13:58Ferdinand Raimund - Der Alpenkönig und der Menschenfeind
Uraufgeführt 1828 in Wien Leopoldstadt, spielt das Stück im tiefsten Biedermeier der Restaurationszeit, das Stegreiftheater war verboten, alle Texte mussten der Zensurbehörde vor Aufführung vorgelegt werden. Im Wiener Vorstadttheater war dies die Zeit des Ferdianand Raimund und Johann Nepumuk Nestroy.
Wie in vielen seiner Stücke wird auch hier die Menschenwelt mit einer korrigierend eingreifenden Feen- und Geisterwelt konfrontiert. Der Gutsbesitzer Rappelkopf ist ein unangenehmer Zeitgenosse: Er verbietet seiner Tochter die Ehe mit einem Künstler, er beschimpft und quält seine Bediensteten, er lässt niemanden ausreden und meint so, dass seine (vierte) Frau ihn mit Hilfe eines Angestellten ermorden lassen will.
In einem Anfall von Jähzorn verlässt Rappelkopf das Gutshaus und quartiert sich in einer Köhlerhütte ein, wo ihm der geisterhafte Alpenkönig Astragalus erscheint. Sie schließen einen Pakt, dass Astragalus als Rappelkopf ins Haus zurückkehrt und dieser ihn in der Gestalt des Bruders seiner Frau beobachtet. Rappelkopf ist über sein eigenes, nun vorgespieltes Verhalten so entsetzt, dass er im Tempel der Erkenntnis, in den die Familie von Astragalus geführt wird, Besserung verspricht, da er gesehen hat, wie sehr ihn alle trotzdem lieben. Und die Tochter darf ihren geliebten, nun auch nach einem Erbe vermögenden Künstler heiraten.
In den tieferen Ebenen des Stücks zeigt sich, dass es sich nicht bloß um eine Charakterkomödie handelt, sondern das Verhalten auch soziale Strukturen widerspiegelt.
Rappelkopf ist Gutsbesitzer geworden, weil er als städtischer Buchhändler von seinen Geschäftspartnern regelmäßig um Anteile und Gewinn betrogen wurde, auch in Italien investiertes Geld ist in Gefahr, aber am Ende durch den Bruder seiner Frau gerettet. Am Gutshof selbst verbringt er noch viel Zeit mit dem Lesen philosophischer Werke.
Das Verhalten Rappelkopfs gegenüber seiner Tochter zeigt eine Gesellschaft, in welcher der Vater des Hauses über die Ehe der Tochter entscheiden durfte, und die rüde Behandlung der Bediensteten offenbart deren Rechtlosigkeit.
Besonders drastisch ist die Szene bei der Köhlerhütte, die bewohnt ist. Rappelkopf gelangt zu ihr in seiner Rage an einem kalten, regnerischen Abend. Er wirft der Köhlerfamilie Geld vor die Füße, mit dem er die Hütte kaufen will. Von dem Geld geblendet, verlässt die Köhlerfamilie sofort ihren Unterstand, auch wenn sie ab sofort obdachlos im Regen steht. Damit verlieren wir das weitere Schicksal dieser am Rande der Gesellschaft stehenden Familie.
Zu Beginn des Stücks werden Vergnügungsjagden angeprangert. Astragalus ist mit seinen Alpengeistern jagen und entscheidet, dass die erlegten Tiere bedürftigen Familien vor die Tür gelegt werden müssen, um ihren Hunger zu lindern. Jagd sei nur statthaft, wenn sie einen Nutzen bringt.
Trotz seiner scheinbaren Oberflächlichkeit ist dies eine Komödie, die durchaus auch heutzutage noch eine interessante Lektüre bietet.
Auf YouTube finden sich eine Aufführung des Peuerbacher Schlosstheaters und eine Verfilmung mit Paul und Attila Hörbiger.
Uraufgeführt 1828 in Wien Leopoldstadt, spielt das Stück im tiefsten Biedermeier der Restaurationszeit, das Stegreiftheater war verboten, alle Texte mussten der Zensurbehörde vor Aufführung vorgelegt werden. Im Wiener Vorstadttheater war dies die Zeit des Ferdianand Raimund und Johann Nepumuk Nestroy.
Wie in vielen seiner Stücke wird auch hier die Menschenwelt mit einer korrigierend eingreifenden Feen- und Geisterwelt konfrontiert. Der Gutsbesitzer Rappelkopf ist ein unangenehmer Zeitgenosse: Er verbietet seiner Tochter die Ehe mit einem Künstler, er beschimpft und quält seine Bediensteten, er lässt niemanden ausreden und meint so, dass seine (vierte) Frau ihn mit Hilfe eines Angestellten ermorden lassen will.
In einem Anfall von Jähzorn verlässt Rappelkopf das Gutshaus und quartiert sich in einer Köhlerhütte ein, wo ihm der geisterhafte Alpenkönig Astragalus erscheint. Sie schließen einen Pakt, dass Astragalus als Rappelkopf ins Haus zurückkehrt und dieser ihn in der Gestalt des Bruders seiner Frau beobachtet. Rappelkopf ist über sein eigenes, nun vorgespieltes Verhalten so entsetzt, dass er im Tempel der Erkenntnis, in den die Familie von Astragalus geführt wird, Besserung verspricht, da er gesehen hat, wie sehr ihn alle trotzdem lieben. Und die Tochter darf ihren geliebten, nun auch nach einem Erbe vermögenden Künstler heiraten.
In den tieferen Ebenen des Stücks zeigt sich, dass es sich nicht bloß um eine Charakterkomödie handelt, sondern das Verhalten auch soziale Strukturen widerspiegelt.
Rappelkopf ist Gutsbesitzer geworden, weil er als städtischer Buchhändler von seinen Geschäftspartnern regelmäßig um Anteile und Gewinn betrogen wurde, auch in Italien investiertes Geld ist in Gefahr, aber am Ende durch den Bruder seiner Frau gerettet. Am Gutshof selbst verbringt er noch viel Zeit mit dem Lesen philosophischer Werke.
Das Verhalten Rappelkopfs gegenüber seiner Tochter zeigt eine Gesellschaft, in welcher der Vater des Hauses über die Ehe der Tochter entscheiden durfte, und die rüde Behandlung der Bediensteten offenbart deren Rechtlosigkeit.
Besonders drastisch ist die Szene bei der Köhlerhütte, die bewohnt ist. Rappelkopf gelangt zu ihr in seiner Rage an einem kalten, regnerischen Abend. Er wirft der Köhlerfamilie Geld vor die Füße, mit dem er die Hütte kaufen will. Von dem Geld geblendet, verlässt die Köhlerfamilie sofort ihren Unterstand, auch wenn sie ab sofort obdachlos im Regen steht. Damit verlieren wir das weitere Schicksal dieser am Rande der Gesellschaft stehenden Familie.
Zu Beginn des Stücks werden Vergnügungsjagden angeprangert. Astragalus ist mit seinen Alpengeistern jagen und entscheidet, dass die erlegten Tiere bedürftigen Familien vor die Tür gelegt werden müssen, um ihren Hunger zu lindern. Jagd sei nur statthaft, wenn sie einen Nutzen bringt.
Trotz seiner scheinbaren Oberflächlichkeit ist dies eine Komödie, die durchaus auch heutzutage noch eine interessante Lektüre bietet.
Auf YouTube finden sich eine Aufführung des Peuerbacher Schlosstheaters und eine Verfilmung mit Paul und Attila Hörbiger.
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14.02.2021 um 03:18Welches Buch lest ihr gerade?
14.02.2021 um 10:40Ich lese gerade Der absolute Leser: Hans Blumenberg. Eine intellektuelle Biographie
Ich mag gerne eigenes Denken lesen.
Ich mag gerne eigenes Denken lesen.
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16.02.2021 um 02:13Momentan lese ich bzw. arbeite Mathematik der Quanteninformatik von Wolfgang Scherer durch, habe mir auch mal Qiskit installiert und auf IBM Q Experience ein paar Algorithmen implementiert und dort über die Cloud auf dem Quantencomputer von IBM ausführen lassen zum Verständnis. Das Buch hilft auch maßgeblich dabei tatsächlich seriöse Publikationen von esoterischem Quantengaga zu unterscheiden. Und zu letzterem zähle ich durchaus auch populärwissenschaftlichen Unfug, der das Thema Quanteninformatik bzw. Quantencomputer unnötig in den Hype zieht und dabei völlig falsche Vorstellungen in die Köpfe der Laien setzt.
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16.02.2021 um 06:33XKetanX schrieb:esoterischem QuantengagaMeinst Du solche Bücher wie z.B. "Es werde Licht" von Frido und Christine Mann? Oder gibt es da noch "Besseres"?
https://www.spektrum.de/rezension/buchkritik-zu-es-werde-licht/1439444
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16.02.2021 um 06:34XKetanX schrieb:Momentan lese ich bzw. arbeite Mathematik der Quanteninformatik von Wolfgang Scherer durchLiest Du das aus beruflichen Gründen?
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16.02.2021 um 09:18@nairobi
Ich glaube, der derzeit leider gesperrte Forumsteilnehmer @XKetanX ist eine Art faustischer Universalgelehrter... Seine Leseliste ist wahrlich beeindruckend (und zu finden unter: "Zeig mir deine Bücher und ich sage dir wer du bist...").
Ich glaube, der derzeit leider gesperrte Forumsteilnehmer @XKetanX ist eine Art faustischer Universalgelehrter... Seine Leseliste ist wahrlich beeindruckend (und zu finden unter: "Zeig mir deine Bücher und ich sage dir wer du bist...").
XKetanX schrieb am 21.08.2020:Da ich zuvor an einer Dyskalkulie leidete und mir viele mathematische Konzepte unbekannt waren, holte ich dies nach, indem ich autodidaktisch den Schulstoff nochmal von vorne (also von null an) durcharbeitete.
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16.02.2021 um 09:21@KimByongsu danke. Ich wunderte mich etwas, denn ich persönlich würde so etwas freiwillig nicht lesen 😇
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16.02.2021 um 14:57Welches Buch lest ihr gerade?
17.02.2021 um 15:22@nairobi
Es sind Essays einer amerikanischen Schriftstellerin und Journalisten, die hierzulande bisher nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat die sie verdient hätte. Eine Autorin die man dem "New Journalism" zuordnen muss. Es sind Geschichten über die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft, ein Trip in die 60er und 70er, wie die Generation 30-50 den Staffelstab in die Hand bekam und nach dem amerikanischen Traum griff, wie er über ihnen hing wie eine gigantische Weihnachtkugel, auf den Boden fiel und in tausend Scherben zersprang. Wie man RFK wollte und Nixon bekam. Geschichten über den Glanz und Schmodder der wilden Küste wie auch der Ostküste, den Abglanz Hollywoods und des Summer of Love.
Man kann die Essays aber auch relativ zur Gegenwart lesen. Wie es heute die Generation x und die Millennials wieder versemmeln. Wie die Babyboomer ihren feuchten Traum wahr werden lassen wollen und die Generation Z ihnen zur Seite springt. Wie unsere Demokratien ausbluten. Wie beide, die einen weil sie die politische Macht in Händen halten und die anderen weil sie noch naiv sind, nicht verstehen, dass wirkliche Freiheit gewissen Grundsätzen und gesellschaftlichen Regeln unterliegt...und ohnehin bloß für das Individuum existieren kann.
Man muss das Buch aber nicht kryptisch und/oder analytisch lesen. Man kann auch einfach auf die Reise gehen und sich diese Geschichten erzählen lassen um zu leben. Wie es der Titel sagt. ;)
Es sind Essays einer amerikanischen Schriftstellerin und Journalisten, die hierzulande bisher nicht die Aufmerksamkeit bekommen hat die sie verdient hätte. Eine Autorin die man dem "New Journalism" zuordnen muss. Es sind Geschichten über die Spaltung der amerikanischen Gesellschaft, ein Trip in die 60er und 70er, wie die Generation 30-50 den Staffelstab in die Hand bekam und nach dem amerikanischen Traum griff, wie er über ihnen hing wie eine gigantische Weihnachtkugel, auf den Boden fiel und in tausend Scherben zersprang. Wie man RFK wollte und Nixon bekam. Geschichten über den Glanz und Schmodder der wilden Küste wie auch der Ostküste, den Abglanz Hollywoods und des Summer of Love.
Man kann die Essays aber auch relativ zur Gegenwart lesen. Wie es heute die Generation x und die Millennials wieder versemmeln. Wie die Babyboomer ihren feuchten Traum wahr werden lassen wollen und die Generation Z ihnen zur Seite springt. Wie unsere Demokratien ausbluten. Wie beide, die einen weil sie die politische Macht in Händen halten und die anderen weil sie noch naiv sind, nicht verstehen, dass wirkliche Freiheit gewissen Grundsätzen und gesellschaftlichen Regeln unterliegt...und ohnehin bloß für das Individuum existieren kann.
Man muss das Buch aber nicht kryptisch und/oder analytisch lesen. Man kann auch einfach auf die Reise gehen und sich diese Geschichten erzählen lassen um zu leben. Wie es der Titel sagt. ;)
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18.02.2021 um 17:32Walther Borgius - Die Schule. Ein Frevel an der Jugend
Der sich selbst als Anhänger eines Individualanarchismus sehende Ökonom Walther Borgius veröffentliche 1930, zwei Jahre vor seinem Tod und als Großvater, ein Pamphlet, in dem er die restlose Abschaffung der Schule als Institution fordert und argumentiert.
Die Schule sei nicht zum Zwecke der Bildung von Kindern und Jugendlichen gegründet und geführt, sondern sie sei eine Herrschaftsmittel des Staates, um gehorsame Staatsbürger heranzuziehen. Staat wie Schule sieht Borgius im Krieg begründet, und bereits sogenannte Jünglingsweihen in alten Gesellschaften hätten ausschließlich das Ziel gehabt, die männliche Jugend einer Herrschaft der älteren Männer zu unterwerfen, die historisch in den meisten Gesellschaften friedliche matriarchalische Ordnungen abgelöst hätten.
Diese These belegt er durch Schulordnungen wie Schulpraxis in verschiedenen Zeiten und Ländern, vom Pietismus über Preußen bis ins republikanische Deutschland, aber auch in den USA und Australien. Gezeigt wird seine These auch anhand junger totalitärer Staaten wie dem faschistischen Italien und der Sowjetunion.
Nach der historischen Abhandlung folgt eine Demontierung der Wichtigkeit der verschiedenen Schulfächer. Vieles würde den Kindern und Jugendlichen zu früh präsentiert, sodass ein Interesse gar nicht geweckt werden kann. Anderes sei unnötiges Wissen, das nur mit einem erheblichen Aufwand erworben werden kann, was Zeit stiehlt, in der Kinder und Jugendliche tun könnten, was sie wirklich interessiert und ihnen nützlich wäre.
Rechtlich stellt er Kinder sehr detailliert mit Römischen Sklaven gleich. Selbst zur Verkaufbarkeit gäbe es eine Parallele: Kinder können zur Adoption freigegeben werden.
Als Alternative sieht Borgius die Gründung von Landheimen, in denen Kinder unter sich aufwachsen und sich selbst organisieren können. Ältere unterrichten Jüngere in dem, was sie gerade interessiert, und Unterricht habe individuell und nicht in einem Klassenverband zu erfolgen. Erwachsene haben in solchen Kinder-Heimstätten nur die Funktion, Aufpasser zu sein, dass kein Unglück geschieht. Der Aufenthalt in solchen Heimstätten ist nicht Pflicht, die Kinder entscheiden selbst, ob sie dort leben wollen oder in ihrer Familie.
Gänzlich stimmig sind Borgius' Vorstellungen als Libertärer nicht, da manche eine Machtorganisation benötigten. Vor allem seine über die Schule hinausgehenden Gesellschaftsvorstellungen sind davon betroffen. So soll "die Fortpflanzung von Alkoholikern, Syphilitikern und anderen konstitutionell minderwertigen Personen eingeschränkt werden". Als Anhänger eines Systems, das wir heute bedingungsloses Grundeinkommen nennen, sieht Borgius für ein solches zwei Grundvoraussetzungen: 1. Hohe technologische Entwicklung in der Produktion und 2. einen radikalen Bevölkerungsschwund. Letzterer wird zweimal im Buch angesprochen.
Der sich selbst als Anhänger eines Individualanarchismus sehende Ökonom Walther Borgius veröffentliche 1930, zwei Jahre vor seinem Tod und als Großvater, ein Pamphlet, in dem er die restlose Abschaffung der Schule als Institution fordert und argumentiert.
Die Schule sei nicht zum Zwecke der Bildung von Kindern und Jugendlichen gegründet und geführt, sondern sie sei eine Herrschaftsmittel des Staates, um gehorsame Staatsbürger heranzuziehen. Staat wie Schule sieht Borgius im Krieg begründet, und bereits sogenannte Jünglingsweihen in alten Gesellschaften hätten ausschließlich das Ziel gehabt, die männliche Jugend einer Herrschaft der älteren Männer zu unterwerfen, die historisch in den meisten Gesellschaften friedliche matriarchalische Ordnungen abgelöst hätten.
Diese These belegt er durch Schulordnungen wie Schulpraxis in verschiedenen Zeiten und Ländern, vom Pietismus über Preußen bis ins republikanische Deutschland, aber auch in den USA und Australien. Gezeigt wird seine These auch anhand junger totalitärer Staaten wie dem faschistischen Italien und der Sowjetunion.
Nach der historischen Abhandlung folgt eine Demontierung der Wichtigkeit der verschiedenen Schulfächer. Vieles würde den Kindern und Jugendlichen zu früh präsentiert, sodass ein Interesse gar nicht geweckt werden kann. Anderes sei unnötiges Wissen, das nur mit einem erheblichen Aufwand erworben werden kann, was Zeit stiehlt, in der Kinder und Jugendliche tun könnten, was sie wirklich interessiert und ihnen nützlich wäre.
Rechtlich stellt er Kinder sehr detailliert mit Römischen Sklaven gleich. Selbst zur Verkaufbarkeit gäbe es eine Parallele: Kinder können zur Adoption freigegeben werden.
Als Alternative sieht Borgius die Gründung von Landheimen, in denen Kinder unter sich aufwachsen und sich selbst organisieren können. Ältere unterrichten Jüngere in dem, was sie gerade interessiert, und Unterricht habe individuell und nicht in einem Klassenverband zu erfolgen. Erwachsene haben in solchen Kinder-Heimstätten nur die Funktion, Aufpasser zu sein, dass kein Unglück geschieht. Der Aufenthalt in solchen Heimstätten ist nicht Pflicht, die Kinder entscheiden selbst, ob sie dort leben wollen oder in ihrer Familie.
Gänzlich stimmig sind Borgius' Vorstellungen als Libertärer nicht, da manche eine Machtorganisation benötigten. Vor allem seine über die Schule hinausgehenden Gesellschaftsvorstellungen sind davon betroffen. So soll "die Fortpflanzung von Alkoholikern, Syphilitikern und anderen konstitutionell minderwertigen Personen eingeschränkt werden". Als Anhänger eines Systems, das wir heute bedingungsloses Grundeinkommen nennen, sieht Borgius für ein solches zwei Grundvoraussetzungen: 1. Hohe technologische Entwicklung in der Produktion und 2. einen radikalen Bevölkerungsschwund. Letzterer wird zweimal im Buch angesprochen.
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18.02.2021 um 17:36Ich lese gerade "Magie Heute - Berichte aus der Praxis" von Frater VD, Josef Knecht , Harry Eilenstein und Axel Büdenbender.
https://images.app.goo.gl/7BSAaf9AXr1th1rx6
https://images.app.goo.gl/7BSAaf9AXr1th1rx6
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19.02.2021 um 09:31Alle Menschen werden Brüder (Deutsch) Gebundene Ausgabe – 2. Februar 1974
von Johannes Mario Simmel
»Ich weiß, daß sich Abgründe auftun werden, wenn Sie zu erzählen beginnen. Aber Sie müssen erzählen, denn ich muß die Wahrheit kennen, die ganze Wahrheit.« Das sagt Staatsanwalt Paradin zu Richard Mark, dem ehemals gefeierten Romanautor, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt. Und Richard Mark erzählt: Von Lillian Lombard, seiner großen Liebe; von seinem Bruder Werner, der ihn ermorden lassen will und den er selbst ans Messer liefert; von allen Menschen, die unlösbar mit seinem tragischen Schicksal verbunden sind. Es ist nicht nur das Leben des Richard Mark, das Johannes Mario Simmel lebendig werden läßt. Es ist die jüngste Vergangenheit und die Gegenwart unseres Volkes, unseres Landes, mit der der Autor uns schonungslos konfrontiert.
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Ich lese es zum 2. mal. Hab es vor vielen Jahren schon ein mal gelesen- alle Bücher von Simmel
von Johannes Mario Simmel
»Ich weiß, daß sich Abgründe auftun werden, wenn Sie zu erzählen beginnen. Aber Sie müssen erzählen, denn ich muß die Wahrheit kennen, die ganze Wahrheit.« Das sagt Staatsanwalt Paradin zu Richard Mark, dem ehemals gefeierten Romanautor, der jetzt in Untersuchungshaft sitzt. Und Richard Mark erzählt: Von Lillian Lombard, seiner großen Liebe; von seinem Bruder Werner, der ihn ermorden lassen will und den er selbst ans Messer liefert; von allen Menschen, die unlösbar mit seinem tragischen Schicksal verbunden sind. Es ist nicht nur das Leben des Richard Mark, das Johannes Mario Simmel lebendig werden läßt. Es ist die jüngste Vergangenheit und die Gegenwart unseres Volkes, unseres Landes, mit der der Autor uns schonungslos konfrontiert.
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Ich lese es zum 2. mal. Hab es vor vielen Jahren schon ein mal gelesen- alle Bücher von Simmel
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20.02.2021 um 14:18Ich habe mir vorgenommen, demnächst "The Handmaid's Tale" und den Nachfolgeroman "The Testaments" von Margaret Atwood zu lesen. Ich kenne ja nur die Fernsehserie und möchte wissen, wie die Geschichte im Roman erzählt wird.
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21.02.2021 um 03:38(Kurz off-topic):
@KimByongsu
Ich werde mir das Werk mal evtl. durchlesen. Ich halte jedoch solche Titel wie "Es werde Licht" schon eher abschreckend, erahnt man ja meistens schon, dass das sich auf eine esoterische New-Age bzw. christliche Richtung hinbewegt, was wiederum den materialistischen Wissenschaften eher nicht zu Gute kommt. Es gibt sicherlich auch vieles an philosophischen Fragen, die die Quantenphysik (zurecht) aufgeworfen hat und auch immer noch aufwirft. Aber manche übertreiben es eben, und schießen über das Ziel hinaus. Hoffen wir mal, dass es dieses Buch nicht tut und sich klar an seine Grenzen hält (wenn es denn den Anspruch erhebt wissenschaftlich sein zu wollen) und diese nicht einfach sinnlos überschreitet.
Deshalb ziehe ich auch nüchterne Betrachtungen der Quantenphysik und Quanteninformatik vor, was natürlich bedeutet, dass man sich oft mit dem Rohmaterial selbst auseinandersetzen muss, der ziemlich trocken sein kann. Aber ist man erst einmal drin, kann man bei vielen populärwissenschaftlichen Artikeln oft nur noch lachen. Ja, wirklich. So verzerrt ist die Welt von Wissenschaftlern und jenen, die nur über Wissenschaft schreiben. Man nehme sich folgendes Beispiel an zwei Artikeln: https://www.focus.de/wissen/natur/physikalischer-durchbruch-physiker-kehren-die-zeit-um_id_10454069.html => Hier ist ein Artikel, in dem behauptet wird, dass angeblich Physiker es geschafft hätten mit einem Quantencomputer "die Zeit umzukehren". Diese Headlines haben sich wie ein Lauffeuer verbreitet, auch in viele Pop-Sci Magazine und alle sehnten schon bald die Zeitmaschine herbei. Aber es gab doch noch welche, die aufgepasst haben, und sich die Mühe gemacht haben diese Pop-Sci Headline direkt zu entkräften: https://www.technologyreview.com/2019/03/14/103311/no-ibm-didnt-just-reverse-time-with-a-quantum-computer/
Was meine Sperrung angeht: Ich wollte (wieder seit langem) etwas über die Riemannsche Vermutung lesen und fand dazu ein Thema hier und da sehe ich doch schon wieder diesen Gerhard Löffler, der seit JAHREN seinen Unsinn verbreitet, dass er diese Vermutung bewiesen haben will. BIS HEUTE lieferte er dazu keinerlei Beweise. Weder eine Beweisidee, noch sonst etwas. Schlimmer noch: Er hat nicht mal verstanden, was die Riemannsche Vermutung überhaupt ist. Und da ich diesem Gerhard schon auf etlichen anderen Foren begegnet bin, seine Argumente kontinuierlich gemeinsam mit anderen entkräftet habe, ist mir dann der Kragen geplatzt als der hier jetzt auch schon aufgetaucht ist. Und da bin ich dann in dem Thema etwas zu weit gegangen mit meiner Wortwahl. Daher die Drei-Tage-Sperrung.
@nairobi
Auch sehe ich (trotz des zu starken Hypes) die Quanteninformatik und den Quantencomputer durchaus als ein wichtiges Feld der Zukunft an. Ob ein solcher Computer jemals mal bei uns zuhause stehen wird, steht noch in den Sternen. (aber undenkbar ist es auf den ersten Blick nicht, wenn man die historische Entwicklung des klassischen Computers betrachtet; Aber Analogien sollte man nicht zwangsläufig als 100%ige Richtschnur nehmen) Sollte IBM ihre Roadmap, die sie letztens (erneut über Video-Erklärung) vorgestellt haben, einhalten, könnten sie es in den nächsten drei Jahren (2023) schaffen einen Quantenprozessor zu bauen, der um die 1000 Qubits hat. (Es gibt hier jedoch ein großes ABER, was zum Problem werden könnte. Es hat hauptsächlich etwas mit Quantenfehlerkorrektur zu tun) Ich halte das für ein sehr hoch gestecktes Ziel, und bin daher da erst mal skeptisch. (Bisher ist IBM's Quantencomputer mit den meisten Qubits der "Hummingbird" mit 65 Qubits. In drei Jahren also auf 1000 Qubits zu kommen ist schon ganz schön gewagt)
Im Anhang ist ein Bild von der Roadmap.
So, aber genug geschrieben jetzt. Ich will jetzt nicht noch weiter off-topic gehen. :D
MfG,
XKetanX
@KimByongsu
KimByongsu schrieb am 16.02.2021:Meinst Du solche Bücher wie z.B. "Es werde Licht" von Frido und Christine Mann? Oder gibt es da noch "Besseres"?Ich will erst einmal festhalten, dass ich bei weitem kein reiner Materialist bin. Dennoch muss ich sagen, dass, wenn man einen solchen Versuch wagt wie der Autor, man dies auch so tut, dass dieser 1.) apriorisch zu keinen Widersprüchen führt (ABER Widerspruchsfreiheit allein ist noch kein eindeutiger Beweis), 2.) sich mit (subjektiven) Erfahrungstatsachen deckt und 3.) empirische Nachweise erbringt. Ich habe über die Einleitung dieses Buches gerade etwas drüber gelesen. Ich finde darin wichtige humanistische Denkansätze, auch halte ich seinen Denkansatz bzgl. "Idealismus und Materialismus" für sinnvoll (ich verfolge auch selbst ein solches Ziel). Man muss hier aber sehr stur und streng mit sich selbst sein, sonst verfällt man sehr leicht in Träumereien.
Ich werde mir das Werk mal evtl. durchlesen. Ich halte jedoch solche Titel wie "Es werde Licht" schon eher abschreckend, erahnt man ja meistens schon, dass das sich auf eine esoterische New-Age bzw. christliche Richtung hinbewegt, was wiederum den materialistischen Wissenschaften eher nicht zu Gute kommt. Es gibt sicherlich auch vieles an philosophischen Fragen, die die Quantenphysik (zurecht) aufgeworfen hat und auch immer noch aufwirft. Aber manche übertreiben es eben, und schießen über das Ziel hinaus. Hoffen wir mal, dass es dieses Buch nicht tut und sich klar an seine Grenzen hält (wenn es denn den Anspruch erhebt wissenschaftlich sein zu wollen) und diese nicht einfach sinnlos überschreitet.
Deshalb ziehe ich auch nüchterne Betrachtungen der Quantenphysik und Quanteninformatik vor, was natürlich bedeutet, dass man sich oft mit dem Rohmaterial selbst auseinandersetzen muss, der ziemlich trocken sein kann. Aber ist man erst einmal drin, kann man bei vielen populärwissenschaftlichen Artikeln oft nur noch lachen. Ja, wirklich. So verzerrt ist die Welt von Wissenschaftlern und jenen, die nur über Wissenschaft schreiben. Man nehme sich folgendes Beispiel an zwei Artikeln: https://www.focus.de/wissen/natur/physikalischer-durchbruch-physiker-kehren-die-zeit-um_id_10454069.html => Hier ist ein Artikel, in dem behauptet wird, dass angeblich Physiker es geschafft hätten mit einem Quantencomputer "die Zeit umzukehren". Diese Headlines haben sich wie ein Lauffeuer verbreitet, auch in viele Pop-Sci Magazine und alle sehnten schon bald die Zeitmaschine herbei. Aber es gab doch noch welche, die aufgepasst haben, und sich die Mühe gemacht haben diese Pop-Sci Headline direkt zu entkräften: https://www.technologyreview.com/2019/03/14/103311/no-ibm-didnt-just-reverse-time-with-a-quantum-computer/
KimByongsu schrieb am 16.02.2021:Ich glaube, der derzeit leider gesperrte Forumsteilnehmer @XKetanX ist eine Art faustischer Universalgelehrter...Ohh, so weit würde ich jetzt nicht gehen (falls das jetzt kein Sarkasmus war :P ) Ich denke, dass ich noch sehr viel zu lernen hab. Ich bin gerade erst 23. Ich habe daher eher das Gefühl, dass ich mein Potential noch lange nicht ausgeschöpft habe. Und dann müssen wir auch sagen, dass es einen Universalgelehrten heutzutage ja nun wirklich nicht mehr geben kann, außer man ist vielleicht extrem hochbegabt. Das Wissen ist so exponentiell angestiegen in den letzten Jahrhunderten, dass es praktisch unmöglich ist heute ein ganzes Fach wissenstechnisch komplett abzudecken. Alleine die Mathematik hat als Teilgebiete ja nicht nur Lineare Algebra oder Analysis.
Was meine Sperrung angeht: Ich wollte (wieder seit langem) etwas über die Riemannsche Vermutung lesen und fand dazu ein Thema hier und da sehe ich doch schon wieder diesen Gerhard Löffler, der seit JAHREN seinen Unsinn verbreitet, dass er diese Vermutung bewiesen haben will. BIS HEUTE lieferte er dazu keinerlei Beweise. Weder eine Beweisidee, noch sonst etwas. Schlimmer noch: Er hat nicht mal verstanden, was die Riemannsche Vermutung überhaupt ist. Und da ich diesem Gerhard schon auf etlichen anderen Foren begegnet bin, seine Argumente kontinuierlich gemeinsam mit anderen entkräftet habe, ist mir dann der Kragen geplatzt als der hier jetzt auch schon aufgetaucht ist. Und da bin ich dann in dem Thema etwas zu weit gegangen mit meiner Wortwahl. Daher die Drei-Tage-Sperrung.
@nairobi
nairobi schrieb am 16.02.2021:Liest Du das aus beruflichen Gründen?Ich lese es hauptsächlich aus freiwilliger Basis (es hat mit meinem Informatikstudium, welches ja nur klassische Informatik behandelt, auch nur indirekt zu tun) und weil ich auch ein wissenschaftliches Interesse daran hege. Gut, freiwillig würden sich das nur die wenigsten antun, aber ich finde es interessant. Ich mag es auch gerne in solchen abstrakten Konzepten zu denken und mir dann gleichzeitig zu versuchen daraus anschauliche Bilder im Kopf zu machen. Gerade letzteres ist mir wichtig, denn reine Theorie nützt nichts, wenn man nicht doch irgendwie an Anwendungsfälle denken kann, wie z.B. "Quaternionen" um das Gimbal-Lock Problem in 3D-Anwendungen am Computer zu lösen.
Auch sehe ich (trotz des zu starken Hypes) die Quanteninformatik und den Quantencomputer durchaus als ein wichtiges Feld der Zukunft an. Ob ein solcher Computer jemals mal bei uns zuhause stehen wird, steht noch in den Sternen. (aber undenkbar ist es auf den ersten Blick nicht, wenn man die historische Entwicklung des klassischen Computers betrachtet; Aber Analogien sollte man nicht zwangsläufig als 100%ige Richtschnur nehmen) Sollte IBM ihre Roadmap, die sie letztens (erneut über Video-Erklärung) vorgestellt haben, einhalten, könnten sie es in den nächsten drei Jahren (2023) schaffen einen Quantenprozessor zu bauen, der um die 1000 Qubits hat. (Es gibt hier jedoch ein großes ABER, was zum Problem werden könnte. Es hat hauptsächlich etwas mit Quantenfehlerkorrektur zu tun) Ich halte das für ein sehr hoch gestecktes Ziel, und bin daher da erst mal skeptisch. (Bisher ist IBM's Quantencomputer mit den meisten Qubits der "Hummingbird" mit 65 Qubits. In drei Jahren also auf 1000 Qubits zu kommen ist schon ganz schön gewagt)
Im Anhang ist ein Bild von der Roadmap.
So, aber genug geschrieben jetzt. Ich will jetzt nicht noch weiter off-topic gehen. :D
MfG,
XKetanX