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Welches Buch lest ihr gerade?

7.318 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

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25.11.2018 um 19:52
@towel_42
@Groucho

Bin auch nicht so der Krimi Fan aber die zwei - drei Bücher von Vargas die ich gelesen habe waren echt in Ordnung.

Glaube das waren “Fliehe weit und schnell“ ( der hiess doch so?), “es fährt kein Zug nach Gare du Nord“ ..... und der dritte fällt mir nicht mehr ein :cry:

Mir hat ihr Schreibstil sehr zu gesagt :)


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25.11.2018 um 20:08
Zitat von King_KyussKing_Kyuss schrieb:Mir hat ihr Schreibstil sehr zu gesagt
Mir haben das schrullige Personal und die bizarren Fälle sehr zugesagt.
Mit Adamsberg musste ich mich auch erst anfreunden. Beim ersten Roman ging er mir noch ein wenig auf den Geist.


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07.12.2018 um 19:36
Ich habe heute bei meinem örtlichen Bücherhändler folgendes Buch entdeckt:

Justin Cronin - Der Übergang

Das Mädchen Amy ist gerade einmal sechs Jahre alt, als es von zwei FBI-Agenten entführt und auf ein geheimes medizinisches Versuchsgelände verschleppt wird. Man hat lange nach Amy gesucht: der optimalen Versuchsperson für ein mysteriöses Experiment, das nichts Geringeres zum Ziel hat, als Menschen unsterblich zu machen. Doch dann geht irgendetwas schief – völlig schief. Von einem Tag auf den anderen rast die Welt dem Untergang entgegen. Und nur eine kann die Menschheit vielleicht noch retten: Amy Harper Bellafonte.

Teil 1 einer Trilogie, jeder Band geht über 1.000 Seiten. Der Schreibstil erinnert sehr an Stephen King und macht Spass zu lesen. Ich bin jetzt bei Kapitel 3 und bin sehr gespannt was noch kommen wird. Ich werde wenn ich fertig bin noch mal etwas dazu schreiben.


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07.12.2018 um 23:10
image

Nele Neuhaus hat auserzählt. Ich bin total enttäuscht. Uninspiriert und unsorgfältig.
Mein Empfinden.


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08.12.2018 um 11:14
Franz Kafka - Ein Hungerkünstler

Hunger

Eine vielleicht nicht ganz so bekannte Erzählung von Kafka aus dem Jahr 1922, jedoch wie praktisch alle Texte von Kafka von einer sprachlichen wie kompositorischen Perfektion, die mich immer wieder erstaunen lässt.

Der Inhalt ist rasch dargestellt: ein ehemals beliebter und erfolgreicher Hungerkünstler verliert seine Attraktivität beim Publikum und nach einer Ochsentour durch Europa als Jahrmarktattraktion fristet er in einem Zirkuskäfig, der sich bei den Stallungen befindet, sein ärmliches Dasein, bis er schließlich vergessen wird und verhungert.

Nicht nur dass Kafka die wirklich existierenden Hungerkünstler thematisiert, der Bezugsrahmen geht weit über das Thema hinaus; von der sozialen Wirklichkeit nach dem Ersten Weltkrieg über die soziale Stellung des Künstlers im allgemeinen, das Verhältnis des Künstlers zu seinem Werk und - wie auch in der Parabel Auf der Galerie - die Brutalität und der Egoismus des Publikums als Menge und Masse.

Die Erzählung online:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/erzahlungen-i-9763/21

Über das Phänomen Hungerkünstler anfang des 20. Jahrhunderts:
Wikipedia: Hungerkünstler


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10.12.2018 um 21:25
Deepak Chopra - Wege aus der Sucht

Gottfried Wilhelm Leibniz - Monadologie und andere metaphysische Schriften


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11.12.2018 um 15:56
Atlantis - Stephen King

Etwas untypisch für Stephen King, weniger gruselig dafür mehr wie Pop-Literatur,ich fins gut geschrieben.


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11.12.2018 um 16:09
Agatha-ChristieDas-fehlende-Glied-in-der


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14.12.2018 um 11:33
Hallo Leute! Starte grad mit dem Buch, hat das von euch schon jemand gelesen?

Greets Simme
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17.12.2018 um 21:17
Dietmar Neutatz - Träume und Alpträume

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Dieses Buch des Freiburger Historikers Neutatz über die russische Geschichte des 20. Jahrhunderts aus dem Jahr 2014 bricht 2000 ab. Als Historiker fühlt er sich, wie Neutatz am Ende schreibt, nicht mehr befugt zu interpretieren, die verstärkte Orientierung auf ein Präsidialsystem historisch einzureihen; vermutlich wohl weil die Putin-Ära noch nicht abgeschlossen ist.

Eingeteilt wird das dicke Werk in drei Teile: Zarismus von 1890 bis 1917 inklusive März bis Oktober - die kommunistische Herrschaft - Post-Kommunismus der Jelzin-Ära.

Gestützt ist der Text hauptsächlich auf Sekundärliteratur, es werden praktisch keine neuen Archivstudien eingebunden, und somit wendet es sich weniger an das Fachpublikum, sondern ist eine - interpretatorisch manchmal unausgewogenes (von der Verteidigung Breschnews bis zur Kritik an Gorbatschow, keine Marktwirtschaft eingeführt zu haben) - an das interessierte Laienpublikum gerichtete Gesamtschau, die auch eigentümliche Gewichtungen birgt: den Weltausstellungsbeiträgen der Sowjetunion bzw. Russlands ist ein viel größerer Raum gegeben als zum Beispiel der Katastrophe von Tschernobyl.

Dennoch geht es als Einführung in die Geschichte Russlands in seinen Grundzügen für mich durch, auch wenn die in der Einleitung versprochene Gewichtung der Ränder nur sehr kursorisch vorkommt. Es bleibt ein Werk, das sich hauptsächlich auf die politische Geschichte und deren Protagonisten stürzt, dazu kommt noch etwas Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Ränder finden sich höchstens bei Exkursionen nach Tschetschenien oder bei Verfassungsanalysen zu autonomen Republiken.

Die politische Geschichte der Wirtschaftsentwicklung der Sowjetunion bietet dann doch Informationen, die es wert sind festgehalten zu werden, da sie in dieser Form nur selten zu lesen sind:

- Die Industrialisierung ab 1927 war kein Stalin-Diktat, sondern ein Beschluss des Parteitags
- Die Zwangskollektivierung ab 1929 war kein Stalin-Diktat, sondern ein Beschluss des Politbüros
- Dass Kriegsgefangene sowjetische Soldaten als Verräter gesehen werden, war ein Stalin-Dekret 1941
- 1947 wurde ein Eheverbot von Sowjetbürgern mit Ausländern verfügt
- 1957 wurde die Macht der Zensurbehörde über Stalins Anordnungen hinaus erweitert
- 1961 wurde ein "Parasitengesetz" gegen Arbeitsscheue verabschiedet
- Chrustschow verschärfte die Russifizierung auf dem Gesamtgebiet der Sowjetunion
- 1962 wurde ein Massaker bei einem Streik in Novotscherkassk verübt
- Chrustschows Wohnbauprogramm schuf Wohnraum für 100 Mio. Menschen
- Breschnews Grundsatz "Vertrauen in die Kader" führte zur Verkrustung der Entscheidungselite
- Breschnews Grundsatz des "entwickelten Sozialismus" führte zur Stagnation der Wirtschaftsentwicklung

Gorbatschow wird nur sehr kursorisch abgehandelt und sein Fehler, einen voll entwickelten Markt zu ermöglichen, ist die Kernanalyse von Neutatz. Da warte ich auf Spezialisten, die diese Komplexität überzeugender einordnen können. Die Beschreibung der Gorbatschow-Jahre ist ok, aber geht nicht über Bekanntes hinaus.

Die Jelzin-Ära bietet neben Verarmung, Verschärfung der Kluft zwischen Reich und Arm sowie der Verstärkung des präsidialen Elements (zuerst Putsch gegen Gorbatschow und die KPdSU, danach Abschuss des Obersten Sowjets 1993 und Einführung einer legislativen Komponente im Präsidialamt) hauptsächlich einen Überblick über die wichtigsten Privatisierungsmaßnahmen:

1. Vouchersytem 1992 bis Juli 1994 (die Voucher-Aktien wurden aufgekauft => Bereicherung Weniger)

2. Die Bürgschaft von Staatskrediten bei Privatbanken 1995-1998 durch Energie- und Rüstungsbetriebe führte zur Oligarchisierung, da Kredite oft nicht zurückgezahlt werden konnten und die Bankeninhaber sich diese krallen konnten.

3. Der "kleine Mann" wurde durch automatischen Übergang von Mietwohnungen, Hoflandparzellen und Datschen in den Besitz der Mieter/Pächter abgespeist, wodurch zumindest Wohnsorgen gemildert wurden bzw. bei Top-Lage eine wirtschaftliche Absicherung möglich war.

Dennoch fehlen tiefergehende Analysen, wie sich die Oligarchenseilschaften bzw. die "Kreml-Familie" bilden konnten.

Fazit: Umfangreich, über lange Strecken interessant, aber der Tiefgang fehlt. Aber das liegt vermutlich auch am Konzept. Aber 600 Seiten Text und 80 Seiten Anmerkungsapparat sind vermutlich zu wenig für 100 Jahre russische Geschichte.


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18.12.2018 um 17:18
 KK 9433Original anzeigen (0,3 MB)

Die Kapitel:

Von Doktoren und Pharaonen
In Keilschrift steht geschrieben
Rom und Hellas
Gesund mit dem Buch der Bücher
Geheimnisvolles Indien
Heilkunst im Reich der Mitte
Arabische Medizin
Manitous Apotheke
Paracelsus und Hahnemann
Von der Weidenrinde zum Aspirin
Natur im Vormarsch


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18.12.2018 um 22:07
Johann Wolfgang von Goethe - Mahomet

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Mahomet als machtbesessener, meuchelmörderischer, hinterhältiger, notgeiler, totalitärer Machtmensch, der absolute Gefolgschaft erheischt. Das ist Goethes Verdikt auf den Schultern von Voltaire in diesem Fünfakter, in dem alle in fünfhebigen Jamben sprechen.

Mahomet ist seit fünfzehn Jahren aus Mekka vertrieben, wo Sopir als Shefir herrscht. Bei der ursprünglichen Auseinandersetzung wurde Mahomets Sohn getötet, im Gegenzug Sopirs Kinder (Palmira und Seide) von Mahomet entführt und als Geiseln aufgezogen, ohne von ihrem leiblichen Vater zu erfahren.

Das Stück beginnt damit, dass Palmira und Seide rückentführt sind, ohne dass diese oder Sopir wissen, wer sie sind. Mahomet lässt ein Ultimatum für die Machtübernahme in Mekka überbringen, in dem er Sopir vor die Wahl stellt: Übertritt zum Islam und Anerkennung einer Diktatur Mahomets im Gegenzug für das Leben seiner Kinder. Sopir lehnt ab.

Plan B Mahomets: Er treibt Seide - der in Palmira verliebt ist, ohne zu wissen, dass sie seine Schwester ist - dazu, seinen Vater Sopir zu ermorden, da dies der Wille Allahs sei und Seide nur durch diese Tat Palmira seine Liebe beantworten werde. Der notgeile Mahomet plant jedoch, Seide wegen dieses Mordes zu verhaften und sich Palmira selbst unter den Nagel (besser: Schwanz) zu reißen.

Seide führt den Mordanschlag durch, doch Sopir ist nur schwer verwundet und kann seinen beiden Kindern enthüllen, wer sie sind. Daraufhin enthüllt Seide der Bevölkerung von Mekka die Machenschaften Mahomets, die sich gegen diesen totalitären Religionsfanatiker wenden, wird jedoch vergiftet, woraufhin Seide in der Öffentlichkeit immer schwächer wird und stirbt. Mahomet kann dies der Masse als Wille und Rache Allahs verkaufen. Sie frisst diesen Schmarrn.

Am Ende bleibt nur noch eine erschütterte Palmira zurück, die Mahomet entgegensteht und verzweifelt versucht, der Menge die Wahrheit zu vermitteln und zum Kampf gegen den Usurpator aufzurufen:
Auf! Mekka! Auf! Medina! Asien
Bewaffne dich, die Wut, die Heuchelei
Zu strafen.
Mahomet selbst hat vor dieser letzten Gegnerin, die zuvor noch sein feuchter Männertraum war, panische Angst und ruft aus:
Wehret ihr!
Doch als niemand ihr folgt und Mahomet triumphiert, nimmt sie sich das Leben, und ihre letzten Worte zu Mahomet sind:
Ich sterbe, fort!
Dich nicht zu sehen ist das größte Glück.
Die Welt ist für Tyrannen, lebe du!
Voltaires Original stammt aus 1741, Goethe hat es 1802 bearbeitet und verweist auf eine Schaffensperiode, in der Goethe sich bereits abgewendet hat von der optimistischen Weltsicht einer Iphigenie. Das humanistische aufklärerische Ideal ist nicht lebensfähig, es wird von totalitären Herrschern und Gesellschaften auch physisch vernichtet. Ein Thema, das sich bis zu seiner letzten Veröffentlichung, dem Ende von Faust 2 durchzieht.

Es wäre langsam an der Zeit, dass Goethes pessimistische Weltsicht seiner späten Werke sich nicht permanent bewahrheitet.

Der Text online:
http://gutenberg.spiegel.de/buch/mahomet-trauerspiel-in-funf-aufzugen-nach-voltaire-7258/1


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19.12.2018 um 21:12
Anton Kuh - Juden und Deutsche

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Etwas wirr, der Text des Prager jüdischen Wiener aus dem Jahr 1921.

Letztlich sieht er eine Wesensverwandtschaft von Deutschen und Juden, die in der patriarchalen Gesellschaft beider gegründet sieht. Er selbst tritt für freie Beziehungen, Abschaffung der Ehe und Individualismus ein, was nach Umsetzung eine Art Idealgesellschaft in Harmonie zwischen Deutschen und Juden hervorrufen könne, die er zum Teil im Krieg bei Briten, Franzosen und Italienern gesehen hat: Juden sahen sich als Briten, Franzosen, Italiener.

Seitenhiebe gibt es gegen den deutschen Militarismus wie auch gegen alle möglichen jüdischen Selbstverständnisse (Zionismus, Assimilierung, vorgeblichen Selbsthass - da wird in die Klischeekiste gegriffen) wie auch gegen deutsch(sprachig)e Kultur jüdischer und nicht jüdischer Provenienz: gegen Goethe, Heine, Börne, Thomas Mann. Einzig Nietzsche kommt gut weg, den er von deutschen Nationalisten vereinnahmt sieht.

Interessant ist, dass er bereits die frühen Nationalsozialisten im Radar hat. In einem Satz erwähnt er die Hakenkreuzfahnen im Zusammenhanb mit deutschem Pogrom-Antisemitismus. Gleichzeitig bekommen aber auch (historisch) die jüdischen Aufklärer wie die (zeitgenössisch) Liberalen ihr Fett weg. Das Rote Kreuz ist zynisch, da es in die Militärgesellschaft eingeliedert wird, um Pogromopfer hinter die Front zu tragen, und Rathenau sei auch so ein Anbiederer wie Jahrhunderte zuvor ein Moses Mendelssohn, der zum Vorbild Lessings Nathan des Weisen wird.

Schlau werde ich nicht aus dem Text, aber nachdem das nationalsozialistische Deutschland mit seiner Judenvernichtung Europa zu einem Kontinent werden hat lassen, der sich selbst nicht mehr kennt, liegt das wohl weniger an dem Text als an mir und meiner Post-Holocaust-Sozialisierung. Der Text ist ein totes Zeugnis einer vergangenen Zeit. Und das ist zutiefst zu bedauern. Es hätte was zu diskutieren gegeben.


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Mila_ ehemaliges Mitglied

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20.12.2018 um 00:01
Calming Signals von Turid Ragaas


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23.12.2018 um 22:25
Atiq Rahimi - Verflucht sei Dostojewski

684

"Eine Kupplerin zu töten ist in unserer hochheiligen Justiz kein Verbrechen."

Rassul tötet - Dostojewskis Verbrechen und Strafe in Dauerschleife im Schädel - eine Geldverleiherin und Kupplerin, die seine Verlobte Suphia angestellt hat und ihre Mädchen auch als Nutten ausnutzt, um sie zu befreien und ihr Geld zu stehlen, damit er seine Familie und der Suphias (in beiden ist der Vater verstorben) aushalten zu können. An Geld und Schmuck kommt er jedoch nicht, da eine Frau in blauer Burka, deren Identität nie aufgedeckt wird, seiner Mordtat in die Quere kommt und Rassul fliehen muss.

Von Schuld geplagt verstummt er, entfremdet sich von seiner Familie und Suphia, versumpft in Haschischhöhlen, setzt einem Wächter des Mausoleums von Schah-e Do Schamschera Wali eine Pistole an die Schläfe, weil er Suphia als Hure vertrieben hat und stellt sich schließlich selbst der Staatsanwaltschaft und dem Gericht, um seine Schuld zu sühnen. Dort findet er seine Stimme wieder.

Zunächst wollen sie ihn davonjagen (siehe Eingangszitat), doch dann beginnt die Scharia-Mühle des postsowjetischen Afghanistan der 90er Jahre zu mahlen. Der Richter sieht Sippenhaftung, weil Rassuls Vater Kommunist war, und verhängt folgende Strafe:
"Morgen schwärzt ihr ihm das Gesicht, bevor ihr ihn öffentlich bestraft: Ihr schlagt ihm wegen Diebstahls die rechte Hand ab, dann hängt ihr ihn! Ihr peitscht die dreckige Leiche aus, als Lektiion für alle: Das ist die Strafe, die vorgesehen ist für die Überlebenden des alten Regimes, die Unheil und Verderben verbreiten!"
Als sich ein Warlord und sein Cousin für ihn einsetzen, folgt ein kafkaesk skurriler Streit um Rechtsauslegung der Scharia.
"Entweder bist du naiv, oder du hast nie in diesem Land gelebt, oder du weißt nichts über den Islam und seine fiqh. Du weißt, dass das Verbrechen, jemanden zu töten, der Scharia zufolge in den Bereich der qisas fällt: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Das ist alles. Die Entscheidung liegt bei der Familie des Opfers. Du als Kommunist hingegen bist ein fitna, ein Abtrünniger. Bei dir kommen die hudud-Gesetze, die Grenzstrafen, zur Anwendung, die sich vom göttlichen Recht ableiten. Du bist nicht, was du bist. Du bist nur, was deine Eltern sind, dein Stamm."
Und bezüglich des Mordes an der Vermieterin, Pflandleiherin und Zuhälterin ist Parwaiz, der Sicherheitswarlord von Kabul, noch deutlicher:
"Mord ist ein Verbrechen, wenn das Opfer unschuldig ist. Diese Frau musste bestraft werden. Sie hat deine Familie, deiner namus, unrecht getan. Sie hat dich entehrt. Was du getan hast, nennt man Rache. Niemand hat das Recht, dich als Mörder zu verurteilen."
Das Ende des Romans wird schließlich undurchsichtig. Parwaiz erhängt sich und hinterlässt eine Notiz an seine Anhänger: "Trauert um mich, aber rächt mich nicht." Er will den Wahnsinn der Scharia mit seinem Tod brechen.

Der Richter wird von einer nicht genannten Autorität seines Amtes enthoben, das Urteil gegen Rassul scheint nichtig zu sein. Er unterhält sich am Ende mit dem Gerichtsdiener, der ihn fragt, warum er das Geld nicht genommen habe.

Rahimi schreibt eine sehr dringliche Anklage gegen die Praktiken der Scharia und dem Wahnsinn der islamischen Fanatiker, die Frauen in blaue Burkas zwingt, auch wenn er diesem Faktum durch die unerkannte Frau einen klassischen Krimi-Aspekt entlockt, der jedoch nie aufgelöst wird.

Infolinks im Spoiler
Der Autor:
Wikipedia: Atiq Rahimi
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/im-gespraech-exilautor-atiq-rahimi-afghanistan-ist-wie-star-wars-11765046.html (Interview)

Verlagsinfo:
https://www.ullstein-buchverlage.de/nc/buch/details/verflucht-sei-dostojewski-9783548611631.html

Rezensionen:
https://www.deutschlandfunkkultur.de/das-verlorenste-land-der-welt.950.de.html?dram:article_id=141320
https://www.tagesspiegel.de/kultur/bringt-dieses-spiel-zu-ende/6624752.html
https://de.qantara.de/inhalt/atiq-rahimi-verflucht-sei-dostojewski-schuld-ohne-suehne



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25.12.2018 um 22:03
Jim Thompson - The Criminal

246694

In diesem Noir ist nicht ein einzelner Psychopath der Protagonist, sondern die kollektive Psychopathie einer Kleinstadt. Thompson komponiert streng jedes Kapitel aus der Ich-Perspektive einer Figur.

Inhaltliches Setting: ein 14-jähriges Mädchen namens Josie wird in der Wildnis zwischen Stadtrand und Golf-Anlage ermordet aufgefunden, Robert, ihr 15-jähriger Nachbar und Spielkamerad aus der Vorstadtsiedlung, der mit ihr an eben jenem Ort vormittags noch mit ihr geschlafen hat, ist der Hauptverdächtige. Die zeitliche Einordnung: sein tete-a-tete um 9 Uhr, der Mord um Mittag. Der Junge gibt an, nach dem Sex in Richtung Golfplatz gegangen zu sein, um als Caddie etwas Geld zu verdienen, aber von einer Anhöhe aus gesehen zu haben, dass es zu viele Caddies und zu wenige Spieler gegeben hätte, er daher die Zeit dort abgesessen habe, bis er nach Hause habe können, denn er habe die Schule geschwänzt gehabt.

Aufgelöst wird der Fall nicht, aber wir lernen eine Stadt kennen, in der jede und jeder seinen Egoismen nachgeht und in der jede und jeder sich gegenseitig niedermacht, aber gleichzeitig wird die Form gewahrt, der subtile Kampf jedoch ist allgegenwärtig, und niemand - bis hin zu Familienmitgliedern - ist wirklich kommunikationsfähig.

- Die Männer prahlen gegenseitig, wer besser im Beruf dasteht.
- Frauen machen sich gegenseitig als Rabenmütter und hässliche Entlein nieder.
- Ehefrauen und Ehemänner, Väter, Mütter und Kinder verabscheuen sich.
- Nach der Tat wissen alle, dass Robert immer schon eigentümlich war.
- Eine örtliche Zeitung macht Robert zum Mörder, um die Auflagenzahl in die Höhe zu treiben.
- Innerhalb der Zeitung herrscht ein Grabenkampf, um sich die Karriereleiter raufzudienen.
- Der Staatsanwalt erzwingt von Robert wegen des Drucks von der Zeitung ein Geständnis.

Einzig der Verteidiger von Robert, Kossmeyer, ist in dieser psychopathischen Kakophonie an Einzelinteressen, die aus persönlicher Sicht nachvollziehbar sind, da jede und jeder ein bitteres Schicksal durchmacht, ein Lichtblick und der wahre Protagonist, der versucht, Ideale zu leben. Und genau deswegen ist er subtil wegen seiner jüdischen Abstammung Antisemitismus ausgesetzt. Und wie praktisch alle Gemeinheiten wird auch diese versucht zu verniedlichen: "I'm just kidding."

Jede ausgelebte Niedertracht wird in diesem kleinen Ort Kenton Hills (fiktiv? Anspielung auf Kenton Hills in Covington, KY?) versucht als Spaß zu verniedlichen.

Nach dem erpressten Geständnis geht er zu Robert in die Zelle und konfrontiert diesen mit der einfachen Gegenüberstellung, dass eine seiner Aussagen eine Lüge sei: er habe Josie nicht ermordet (ihm gegenüber) oder er habe Josie getötet (dem Staatsanwalt gegenüber). Der Fall wird letztlich nicht gelöst, das ist aber nicht wichtig, da es Thompson wohl um etwas ganz anderes ging, und eines seiner Hauptanliegen legt er Kasselmeier in den Mund:
It's difficult to place a rope around a man's neck: the law, slowly evolving through the centuries, winding its way up through dungeons and torture chambers, emerging at last into the sunlight, intended to be difficult.
Ein Plädoyer in der Hoffnung, dass nicht Mobs und Gerüchte richten, sondern der Rechtsstaat historisch die Oberhand behalten wird.


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26.12.2018 um 10:24
Herfried Münkler: Der Dreißigjährige Krieg: Europäische Katastrophe, deutsches Trauma 1618–1648

Sehr interessante Gesamtbetrachtung


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26.12.2018 um 11:37
Die Verwirrungen des Zöglings Törleß von Robert Musil

Klassiker aus der Jahrhundertwende. Laut Tablet habe ich 5,4 Stunden gelesen, für 240 Seiten.

Ich will das Buch gar nicht lange charakterisieren. Es geht um Törleß, der in ein Internat kommt. Ein anderer Zögling hat Geld gestohlen. Törleß und zwei andere wissen davon und benutzen es als Druckmittel. Sie haben den Dieb in der Hand. Sie treiben Spielchen mit ihm, abends, wenn alle schlafen, schleichen sie sich in eine Kammer. Es kommt zu einer Mischung aus psychischen Experimenten und homoerotisch aufgeladenen Spielchen. Für Törleß sind das sehr tiefgründige Erfahrungen, die sein ganzes Wesen einnehmen. Das Ende wird hier nicht verraten.
"Was sich außerhalb vorbereitet und von ferne herannaht, ist wie ein nebliges Meer voll riesenhafter, wechselnder Gestalten; was an ihn herantritt, Handlung wird, an seinem Leben sich stößt, ist klar und klein, von menschlichen Dimensionen und menschlichen Linien. Und zwischen dem Leben, das man lebt, und dem Leben, das man fühlt, ahnt, von ferne sieht, liegt wie ein enges Tor die unsichtbare Grenze, in dem sich die Bilder der Ereignisse zusammendrücken müssen, um in den Menschen einzugehen."

"So blieb nur eine zärtliche Stimmung davon zurück, wie sie um die Weihnachtszeit in einem Haus herrscht, wo die Kinder wissen, daß die Geschenke schon da sind, aber noch dort hinter der geheimnisvollen Tür versperrt, durch deren Fugen man nur hier und da einen Strahl vom Lichterglanze dringen sieht."
Die Aussage des Buches ist etwas Schwieriger zu fassen. Ich fand das Gleichnis gut, das im Buch präsentiert wird: So wie Gleichungen mit Irrationalen Zahlen, die es gar nicht geben kann (die Wurzel einer negativen Zahl etwa), zu einem festen Ergebnis aufgelöst werden können, so ist es manchmal auch im Leben. Man muss durch unerklärliche Erfahrungen gehen, um ein gefestigtes Leben führen zu können.

Weiß nicht, ob ich das Buch empfehlen soll. Ich bereue keineswegs, es gelesen zu haben, aber das beste Buch war es auch nicht. Die Schreibweise ist sehr blümerant, aber wirkt dennoch nicht überflüssig aufgebauscht. Vielleicht war es gar nicht der Inhalt, der mir gefallen hat, sondern mehr die Erzählweise.


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26.12.2018 um 18:22
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:Rassul tötet - Dostojewskis Verbrechen und Strafe in Dauerschleife im Schädel - eine Geldverleiherin und Kupplerin, die seine Verlobte Suphia angestellt hat und ihre Mädchen auch als Nutten ausnutzt, um sie zu befreien und ihr Geld zu stehlen, damit er seine Familie und der Suphias (in beiden ist der Vater verstorben) aushalten zu können.
Dostojewskis Schuld und Sühne (Verbrechen und Strafe) scheint in arabischen Ländern ziemlich populär zu sein.
Saddam Hussein hatte, als er gefangenommen wurde, ein Exemplar dabei.
(Falls dieser Bericht des Spiegel stimmt :) )
Auf der Kommode neben dem Bett in der zweieinhalb mal vier Meter kleinen Behausung stapelt sich klassische arabische Dichtkunst ("Disziplin", "Sünde") neben Dostojewskis "Schuld und Sühne" und einem Buch über Traumdeutung. In der Kommode steht ein Paar billige Schuhe. Daneben liegen drei neue, unausgepackte Boxershorts und zwei T-Shirts.
...Zwei Männer fallen den Soldaten in die Hände, als sie vom Gelände fliehen wollen. Der eine ist der Koch, der andere der Chauffeur Saddams. Aber wo ist Saddam selbst? Wieder wird der Dicke befragt, und nun sagt er, der flüchtige Diktator verstecke sich wahrscheinlich in einem unterirdischen Verlies neben der Hütte. Es ist 20.15 Uhr.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-29527552.html (Archiv-Version vom 15.11.2015)


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27.12.2018 um 00:35
@Narrenschiffer

Darf ich fragen, wie deine Lesegeschwindigkeit aussieht? Ganz klassisch Wörter je Minute.

Ich finde das beeindruckend, wie viele Stunden liest du am Tag?
Fand das damals bei meinem Philosophie-Lehrer auch faszinierend. Er hatte einen festen Tagesablauf, i.d.R. hieß dies, von 19 bis 23 Uhr lesen. Er hatte allerdings keinen Fernseher ubd nutzte das Internet auch ausschließlich zum arbeiten.


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