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Welches Buch lest ihr gerade?

7.321 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Welches Buch lest ihr gerade?

16.10.2019 um 14:22
@blutfeder
Das stimmt, es ist eine gute Ergänzung zu den Büchern wie Lords of Chaos, die eher die Geschehnisse der frühen 90er beleuchten.


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16.10.2019 um 14:55
@abberline
Ich bevorzuge eher die Bücher von Patterson

Lords of Chaos ist zwar nicht schlecht, aber reitet mir zu sehr auf den Morden herum, zu viel Varg, zu viel Möbus.

Unheilige Allianzen ist da sogar noch schlimmer und stellt auch Slayer und Motörhead in die rechte Ecke


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16.10.2019 um 15:03
@blutfeder
Unheilige Allianzen braucht kein Mensch. Das wurde von Leuten geschrieben, die überhaupt keine Ahnung haben. Lauter Fehler drin und jede unwichtige Nazi Dorfcombo aus Sachsen wird als "wichtig für BM" verkauft.
Hab das Buch in die Ecke geschmissen und mich mit Hermann Hesse lesen abreagiert😊


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16.10.2019 um 15:28
@abberline
Ich lese es ganz gerne. Es ist amüsant was da zusammengeschrieben wurde

Aber die Sachen von Patterson sind einfach die besten, weil er wirklich sein ganzes Leben Quasi mit Black Metal verbracht hat.


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17.10.2019 um 03:13
@Lexter
Was du und @gardner hier über Das Haus von Danielewski geschrieben habt hat mich so neugierig auf das Buch gemacht dass ich mir das äußerst günstig über booklooker gekauft und es jetzt angefangen habe zu lesen. Was soll ich sagen, es ist ja richtig inspirierend und macht Freude am Lesen, gefällt mir sehr gut. Interessantes Buch, im passenden Moment entdeckt hier.

Herzlichen Dank für den Tipp. :-)


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17.10.2019 um 08:01
@Häresie
Gern geschehen. Ich hoffe, Du hältst durch und liest es bis zum Ende.
Ich hab mich damals ungefähr ab der Mitte zu sehr ablenken lassen und den Faden verloren.
Aber die ganze Aufmachung von dem Buch ist schon genial.


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17.10.2019 um 12:26
Zitat von gardnergardner schrieb:ch hab mich damals ungefähr ab der Mitte zu sehr ablenken lassen
Ich glaube ich weiß was du meinst, ein Roman mit derart vielen Fußnoten, Anmerkungen und Nebenerzählungen - sowas hab ich überhaupt noch nicht gelesen. Gestern hab ich kurz überlegt ob das stilistisches Mittel ist mit den Fußnoten, aber die genannte Literatur gibt es wohl tatsächlich.


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Dr.Manhattan Diskussionsleiter
ehemaliges Mitglied

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17.10.2019 um 12:35
ed88c7fb9bcab430 9783453009431-us

gutes ding ... aber zu viel gefasel rund um wertvollen inhalt.

ich schätze alan watts sehr ... aber die bio hätt ich mir nicht holen müssen.

trotzdem gibts auch n paar goldene gedanken


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17.10.2019 um 14:41
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Ein muss für jeden Fan des Death Metal und Grindcore.
Eine neue ausgabe mit mehr als 100 zusaätzlichen Seiten.
Jetzt muss ich nur nochmal Deicide sehen dass Glen Benton nochmal unterschreiben kann. Mein altes Buch ist leider abhanden gekommen


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17.10.2019 um 16:14
@Häresie
Nein, soweit ich weiß, ist ALLES von Danielewski konstruiert. Hier in der FAZ gab es mal eine gute Rezension dazu: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/vereinigte-staaten-virginia-mark-z-danielewski-das-haus-house-of-leaves-1493736.html

Was soll ich sagen? Jetzt hab ich doch glatt auch wieder Lust bekommen... :D


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17.10.2019 um 16:16
Zitat von LexterLexter schrieb:Was soll ich sagen? Jetzt hab ich doch glatt auch wieder Lust bekommen...
Dito.......verdammt!!!


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17.10.2019 um 16:16
@gardner
Hehe, dann sollten wir alle 3 intensiv lesen und uns dann austauschen, oder? ;)


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17.10.2019 um 16:17
@Lexter
Fix!!


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17.10.2019 um 21:42
Thomas Hettche - Pfaueninsel

9783462045994

Mit diesem Roman verbinde ich gemischte Gefühle. Einerseits sprachlich wunderschön, andererseits Pseudotiefe und Holzhammerprovokation.

Hauptfigur bzw. Hauptperson ist die kleinwüchisige Maria Dorothea Strakon (1800 - 1880), die als "Schlossfräulein" wirklich seit 1806 mit ihrem ebenfalls kleinwüchsigen Bruder Christian auf der Berliner Pfaueninsel im Gärtnerumfeld gelebt hat.

Worauf Hettche wirklich hinaus will, erschließt sich mir nicht.

Marias Leben wird in "Highlights", die sich über Jahrzehnte dehnen, erzählt: erster Sex mit ihrem Bruder; Liebe zum Gärtnersohn Gustav; Kind mit Gustav, Kind wird ihr weggenommen, vielleicht ist er 50 Jahre später ein aus Ceylon kommender Besucher; Gustav ermordet ihren Bruder im Palmenhaus, als er bei einer Feier sexuell auszuckt; Altersliebe zu einem Koch, den sie im sich industrialisierenden Berlin besucht (das einzige Mal, dass sie Berlin verlässt, und der Alterssex ist frustrierend); Tod bei einem Brand im Palmenhaus. Den Rest ihrer Zeit scheint sie nur zu lesen.

Der Rest ist eine monarchoid-romantische Begeisterung für das Natürliche, das zunächst durch Lenné (Gartenarchitekt) und Schinkel (Architekt des Palmenhauses) schon gestört wird, für Maria aber eine Idylle ist. Rationales Denken zerstört schließlich dieses Arkadien (kein Geld mehr da, die exotischen Tiere werden weggebracht, die exotischen Pflanzen gehen ein), und in Berlin wird industrialisiert. Kein Platz mehr für "Monstrositäten" wie Kängurus oder Schlossfräuleins.

Nett das Ganze, gut geschrieben, aber in die Tiefe geht der Roman nicht, dazu ist einfach eine zu lange Zeitspanne abgedeckt. Vielleicht hält Hettche es für tief, wenn Inzestsex pornographisch dargestellt wird, eine Kleinwüchsige dem König einen bläst und ein Kleinwüchsiger bei einer Feier seinen knallroten Schwanz rausholt. Diese Passagen zerstören das Lesevergnügen, da der Roman in diesen plötzlich sehr primitiv wirkt.


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18.10.2019 um 09:37
Zitat von LexterLexter schrieb:Nein, soweit ich weiß, ist ALLES von Danielewski konstruiert
Wtf?! :D
Große schöpferische Gabe, sehr beeindruckend.
Ich meine er fordert damit ja einfach die Konzentration ein die das Buch auch verdient.

Der Klappentext ist von Easton Ellis, ich weiß noch wie ich gewartet hab bis American Psycho vom Index genommen wurde, der hat ja auch diese Aufzählung der ganzen teueren Marken als Stilmittel gewählt und dem diese Leere und sexuelle Perversion gegenübergestellt, das hatte auch eine starke Wirkung auf mich als Leser, kannte ich so vorher auch nicht.

Da muss ich daran denken was ich in den einem Buch gelesen habe über klassische Musik: es geht gar nicht darum dass du als Musiker beim spielen diese großen Gefühle hast, du musst die Technik beherrschen so präzise wie ein Chirurg, um diese beim Hörenden zu erzeugen.
Genau das schaffen manche halt mit ihrer Art zu schreiben. Das ist beeindruckend.


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19.10.2019 um 10:32
Jeremias Gotthelf - Die schwarze Spinne

9783150064894

Diese berühmte Novelle spielt im Emmentaler Dorf Sumiswald, das vom Teufel heimgesucht wird und weil der Teufelslohn, ein ungetauftes Kind, nicht bezahlt worden ist, zweimal von einer schwarzen Spinne und ihren vielen Abkömmlingen verheert wird. Der Teufel kann abgewehrt werden, indem die Spinne in ein Loch eines Trägerpfostens eines Hauses gesperrt wird.

Diese Novelle könnte damit abgetan werden, dass sie xenophob und misogyn sei (mit dem Teufel verhandeln immer nur Frauen, die nicht aus dem Dorf stammen), doch dies greift viel zu kurz, denn der Teufel hat immer dann Zugang zur Gesellschaft, wenn diese sich beinahe in tyrannischer Weise zu spalten beginnt: der terroristische Ritter bzw. die hoffärtigen und die Knechte und Mägde quälenden reichen Bauern.
Wie sie früher von den Rittern geplagt worden waren, so wurden sie jetzt hart gegen das Gesinde und plagten dieses, und je weniger sie selbst arbeiteten, um so mehr muteten sie diesem zu, und je mehr sie Arbeit von Knechten und Mägden forderten, um so mehr behandelten sie dieselben wie unvernünftiges Vieh, und daß diese auch Seelen hätten, die zu wahren seien, dachten sie nicht. Wo viel Geld oder viel Hoffart ist, da fängt das Bauen an, einer schöner als der Andere, und wie früher die Ritter bauten, so bauten jetzt sie, und wie früher die Ritter sie plagten, so schonten sie jetzt weder Gesinde noch Vieh, wenn der Bauteufel über sie kam.
Es ist die einheimische Dorfgesellschaft, die in der zweiten Binnenhandlung Sündenböcke sucht für ihr eigenes Verfehlen, nicht Gotthelf. Und es sind diese Textpassagen, welche diese Novelle weit über ein religiöses Erbauungswerk hinaushebt.

Was viel eher vermittelt wird, ist die Ansicht, dass Gemeinwohl vor Eigennutz geht. Alle, die sich mit dem Teufel versuchen zu arrangieren, wollen Leid von sich oder ihrer eigenen Familie abwenden, jedoch diejenigen, die sich an Gott halten, setzen das Wohl der Gemeinde über ihr eigenes Leben. Beide, welche die Spinne in den Pfosten sperren, sterben bei diesem Unterfangen.

Jeremias Gotthelf (eingentlich Albert Bitzius), kalvinistischer Pfarrer und Reformpädagoge, setzt in diesem Werk wohl seine eigenen gesellschaftlichen Werte um, aber nicht als Lehrstück, sondern durchaus als spannend geschriebene Erzählung, die sich in manchen Passagen durchaus mit dem Horror-Genre messen kann:
[...] vom geweihten Wasser berührt, schrumpft mit entsetzlichem Zischen Christine zusammen wie Wolle im Feuer, wie Kalch im Wasser, schrumpft zischend, flammensprühend zusammen bis auf die schwarze, hochaufgeschwollene, grauenvolle Spinne in ihrem Gesichte, schrumpft mit dieser zusammen, zischt in diese hinein, und diese sitzt nun giftstrotzend, trotzig mitten auf dem Kinde und sprüht aus ihren Augen zornige Blitze dem Priester entgegen.
Online hier:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Gotthelf,+Jeremias/Erzählungen/Die+schwarze+Spinne


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19.10.2019 um 16:39
Neuhaus, Nele - Böser Wolf

Nele Neuhaus gehört zu meinen Lieblingsautorinnen, wenn es um Krimis geht. Schon der Anfang ist wieder vielversprechend...


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22.10.2019 um 23:28
Sherko Fatah - Der letzte Ort

1e4fc9160994e297 Fatah SDer letzte Ort 144750

Sherko Fatah wurde 1964 in Ost-Berlin als Sohn eines irakischen Kurden und einer Deutschen geboren, und dieser 2014 erschienene Roman thematisiert seine deutsch-irakische Zerrissenheit mit einer Entführungsgeschichte.

Der aus einer kommunistischen Familie stammende Albert ist aus Abenteuerlust in den Irak gezogen und arbeitet im Nationalmuseum mit, um antike Geschichtsschätze zu retten und zu katalogisieren, als er mit seinem irakischen Übersetzer Osama von Schiiten entführt wird. Diese übergeben die beiden an sunnitische Fundamentalisten, weil sie mit den beiden nicht so richtig was anzufangen wissen.

Einerseits geht es um die völlig zerrüttete politische Situation im Irak und um Kunsthandel, andererseits sind da die beiden Entführten unter erbärmlichsten Zuständen und quälendsten Folterungen.

Andererseits reden Albert und Osama über ihr Leben und auch den Verlust eines Staates. Albert hat die DDR verloren und erzählt Längen über seinen mit Reiserlaubnis ausgestatteten Vater und seine im Kopf wirre, verschwundene Schwester, die er liebt, und Osamas Irak ist von Fremden und von durchgeknallten Fanatikern beherrscht.

Nicht uninteressant, nur das Setup ist unstimmig. Wie es den beiden in dieser ihr Leben bedrohenden Situation wirklich geht, wird nur durch Äußerlichkeiten (Zittern, Fieber) beschrieben. Dass sie vermutlich psychisch total zerrüttet sind, kommt nicht rüber.

Bei so manchen Passagen hätte ich mir ein strengeres Lektorat gewünscht. Solche Passagen wie diese sind schon eher peinlich:
"Ich komme in Urlaubsstimmung", sagte Albert, ...

Landschaft aus Hügeln, sanft geschwungen wie ein Frauenkörper.

Das beste am Terroristsein ist wahrscheinlich, nicht mehr arbeiten zu müssen.
Und warum en detail beschrieben werden muss, wie der junge Osama sich einen über einer Penthouse-Seite einen runterholt, entzieht sich meinem Verständnis. Wird das den Autoren vom Lektorat eingeprügelt, Pornoszenen einzubauen?

Besser gelungen sind die Beschreibungen der politischen Situation im Irak sowie Motivationen und Pläne der jeweiligen Entführer.

Sherko Fatah scheint ein netter Mensch zu sein, daher waren auch die Kritiken nett. Naja, ich habe mich doch streckenweise gelangweilt und darüber reflektiert, ob ich jetzt ein Buch über von einem Österreicher in einem Keller eingesperrte und gefolterte Jugendliche schreiben soll, die über das Höhlengleichnis von Platon einen Disput führen.

Infolinks im Spoiler

Verlagsinfo:
https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Der-letzte-Ort/Sherko-Fatah/btb-Taschenbuch/e491583.rhd

Interview:
https://de.qantara.de/inhalt/der-neue-roman-der-letzte-ort-von-sherko-fatah-ein-buch-der-missverstaendnisse-zwischen-den

Rezensionen:
https://www.sueddeutsche.de/kultur/der-letzte-ort-von-sherko-fatah-irakisches-endspiel-1.2107471
https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/literatur/734795_Fatah-Sherko-Der-letzte-Ort.html
https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/rezensionen/belletristik/sinnsuche-im-irak-sherko-fatahs-neuer-roman-13169417.html




Ein Filmbeitrag des Bayerischen Rundfunks in diesem Spoiler

https://www.youtube.com/watch?v=5DCRycMrXTM (Video: Sherko Fatah: "Der letzte Ort" LeseZeichen 02.03.2015)




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23.10.2019 um 23:58
Friedrich Schiller - Wilhelm Tell

wilhelm tell titel

Eigentlich ist ja nur die Apfelgeschichte so richtig bekannt, dazu kommen noch die plattgewälzten Ein- und Zweizeiler, die in den Redewendungswortschatz übernommen sind, ohne dass man so richtig noch weiß, woher diese Sprüche kommen, aber dennoch oder vielleicht trotzdem steckt in diesem Stück viel mehr.

Es geht im ersten Aufzug schon los, dass Tell einen Mann vor den Schergen rettet, der einen Habsburgvogt mit er Axt erschlagen hat, da er in seiner Abwesenheit sich in sein Haus eingedrungen ist, sich nackt in die Wanne setzt und seine Frau vergewaltigen hat wollen. Mord? Notwehr?

Auch die Rache Tells an Geßler, der ihn wegen des nicht gegrüßten Huts den Apfel vom Kopf seines Sohns schießen lässt, als er aus dem Hinterhalt in der "hohlen Gasse" bei Küßnacht diesen mit einer Armbrust erschießt, lässt wieder fragen: Notwehr oder Rache? Schiller schwächt ab, da eine Frau, die vor Geßler kniet, um für die Freilassung ihres Mannes zu bitten, bedroht ist, von seinem Pferd zertrampelt zu werden.

Bereits früher erfahren wir, dass ein Vater geblendet worden ist, weil er nicht den Aufenthaltsort seines von der Obrigkeit verfolgten Sohns hat preisgeben wollen. Wir haben es also mit einem außer Rand und Band geratenen Terrorstaat zu tun, deren Schergen Subordinierte des Habsburger Königs Albrecht I. sind und freie Hand haben, die freien Bürger der Schweizer Kantone bis aufs Blut zu tratzen und den Freiheitsbrief König Rudolfs zu missachten, da Albrecht selbst diesen nicht mehr anerkannt hat. Völkerrechtsbruch würde heute gesagt werden.

Albrecht selbst wird 1308 von einem Neffen ermordet, der im letzten Aufzug bei Tell um Unterschlupf bittet, jedoch von diesem brüsk zurückgewiesen wird. Tell ist angeekelt von einem Familienmord aus "Ehrsucht" (Johannes Parricida fühlt sich um sein Königserbe betrogen), während er seine Tat als gerechte "Notwehr eines Vaters" betrachtet, der "Schrecklichste" vor seiner Familie abwendet.

In der letzten Szene spannt Schiller den Bogen der sagenhaften Schweizer Ereignisse zur Französischen Revolution. Der ehemalige Habsburg-Karrierist Freiherr von Rudenz wendet sich schwer enttäuscht von den Habsburgern ab, stellt sich gänzlich hinter die Ziele des Rütli-Schwurs und verlobt sich mit seiner schwerreichen adeligen Geliebten, die verkündet Bürgerin sein zu wollen. Rudenz selbst lässt seine Knechte frei. Adel und Unfreie werden gleiche Bürger. Damit beendet Schiller das Stück.

Dennoch ist es kein Hohelied auf kollektives politisches Handeln, Tell ist kein Mitglied des Rütlischwurs, sondern überzeugter Individualist. Und daran haben sich die totalitären Regime des 20. Jahrhunderts die Zähne ausgebissen, als sie versucht haben, das Stück zu instrumentalisieren. Die Nazis haben es zunächst als nationales Befreiungsdrama mit Pomp und Trara in ihre Ideologie zu integrieren versucht, bis Hitler persönlich das Stück über den "Schweizer Heckenschützen" verboten hat. Die leninistisch-stalinistische Totalitarismusabteilung war auch nicht grade begeistert, aber einen Schiller zu verbieten, so lächerlich wollten die Genossen sich dann auch nicht machen.

Sprachlich ist der Blankvers (alle sprechen in fünfhebigen Jamben) eine Wucht. Es leiert nicht und wirkt nicht gestelzt. Außer vielleicht bei sattsam bekannten Redewendungen: "Die Axt im Haus ..." Darüber sei hinweggesehen.

Absolut lesenswert.

Online hier:
http://www.zeno.org/Literatur/M/Schiller,+Friedrich/Dramen/Wilhelm+Tell?hl=schiller+tell

Ich habe die Version der Erstausgabe (Umschlagbild) gelesen.


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24.10.2019 um 21:19
Das öde Haus - ETA Hoffmann

In der Residenzstadt B. fällt Theodor ein altes, renovierungsbedürftiges Haus auf. Die anderen Häuser der Allee sind "gut instand", nur dieses sticht grau hervor. Jedes Mal, wenn er vorbeikommt, schaut er es an, bis er erfährt, das Haus gehöre zur nebenan gelegenen Konditorei. . Als er den Konditor darauf ansspricht, sagt ihm dieser, das Haus gehöre nicht zu ihm. Ein alter Hausverwalter der Gräfin würde es verwalten. Es stehe schon seit der Zeit dort, als hier noch ringsum Felder waren. Gelegentlich würde er lauten Lärm, manchmal auch Rauch vernehmen, mysteriöserweise aus diesem Hause kommend.

Der Hausverwalter kommt gerade in dem Moment in die Konditorei und er fällt durch seine Verwahrlosung und seine altmodische Sprache auf. Auf die Bitte, das Haus einmal betreten zu dürfen, wird Theodor nur schroff zurückgewiesen. Theodors Neugier ist geweckt. Eines Tages sieht er im Fenster des Hauses eine zarte Damenhand, wie sie ein langhalsiges Diamantglas vor den Vorhang auf den Sims stellt...

Das Nachtwerk von Hoffmann aus 1817 ist ein guter Zeitverteib, jedoch schwulstig geschrieben. Das öde Haus war ein Altbau, den es in der Prachtstraße "Unter den Linden" Nr. 9 noch bis 1869 im heutigen Berlin Mitte tatsächlich gab, neben der Konditorei Fuchs. Ein Kupferstich ist davon noch erhalten.

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